Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165654/7/Zo/Jo

Linz, 08.06.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn X vom 21.12.2010 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 01.12.2010, Zl. S-21850/10, wegen einer Übertretung der StVO nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 26.05.2011 zu Recht erkannt:

 

 

I.             Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.          Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in Höhe von 16 Euro zu bezahlen (das sind 20 % der von der Erstinstanz verhängten Geldstrafe).

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 13.04.2010 um 07.30 Uhr in L auf der L 123 bei Strkm 1,55 in Fahrtrichtung P als Lenker des KFZ mit dem Kennzeichen X einem Fußgänger, der erkennbar einen Schutzweg benützen wollte, das ungehinderte Überqueren der Fahrbahn nicht ermöglicht. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 9 Abs.2 StVO begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO eine Geldstrafe in Höhe von 80 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 8 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass die Schilderung des Polizisten nicht der Wahrheit entsprechen würde. Der Polizist sei von der Polizeistation kommend schnellen Schrittes zum Schutzweg gegangen und es sei für ihn nicht sofort erkennbar gewesen, dass dieser den Schutzweg überqueren wollte. Als er dies erkannte, habe er sich bereits so nahe am Schutzweg befunden, dass er vor diesem nicht mehr habe anhalten können.

 

3. Der Polizeidirektor von Linz hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat        (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 26.05.2011 an Ort und Stelle. An dieser haben der Berufungswerber und eine Vertreterin der Erstinstanz teilgenommen und es wurde der Meldungsleger RI X zum Sachverhalt befragt.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte zur Vorfallszeit seinen PKW in L auf der L 123 vom Kreisverkehr kommend in Fahrtrichtung P mit einer Geschwindigkeit von ca. 50 km/h. Gleichzeitig wollte der Polizeibeamte K den Schutzweg bei Strkm 1,55 überqueren. Strittig ist, in welche Richtung der Fußgänger gegangen ist und wie weit der Berufungswerber zu jenem Zeitpunkt vom Schutzweg entfernt war, als er die Querungsabsicht des Fußgängers erkennen konnte. Der Berufungswerber führte dazu aus, dass der Fußgänger vorerst im Wesentlichen parallel zur Fahrbahn auf dem Geh- und Radweg gegangen sei. Als  sich der Mann zum Schutzweg hinwendete und für den Berufungswerber erkennbar war, dass dieser den Schutzweg überqueren wollte, habe er sich noch ca. 30 m vom Schutzweg entfernt befunden. Er habe daher nicht mehr vor dem Schutzweg anhalten können.

 

 

Der Zeuge K führte hingegen an, dass er auf der südlichen Seite der L 123 gestanden sei. Er habe vorerst den Verkehr beobachtet und sich dann entschlossen, den Schutzweg zu überqueren. Ein in Richtung Kreisverkehr fahrender PKW-Lenker habe angehalten und ihm mit der Hand ein Zeichen gegeben. Er habe dann einen Schritt auf den Schutzweg gemacht bzw. sei gerade hinabgestiegen, als er von rechts, also vom Kreisverkehr kommend, den roten BMW gesehen habe. Dieser sei zu diesem Zeitpunkt ungefähr 50 m vom Schutzweg entfernt gewesen. Er habe gesehen, dass dieser PKW seine Geschwindigkeit nicht verringert habe, weshalb er stehen geblieben sei. Dieser PKW habe ihn also am Überqueren des Schutzweges gehindert.

 

4.2. Zu diesen unterschiedlichen Angaben wird in freier Beweiswürdigung Folgendes erwogen:

 

Sowohl der Zeuge als auch der Berufungswerber schildern den Vorfall während des gesamten Verfahrens im Wesentlichen jeweils gleich. Sie machten bei der mündlichen Verhandlung auch beide einen glaubwürdigen Eindruck und waren offenbar bemüht, den Vorfall so zu schildern, wie er sich ihrer Erinnerung nach zugetragen hat.

 

Letztlich darf bei der Beurteilung dieser unterschiedlichen Versionen aber nicht außer Acht gelassen werden, dass der Zeuge als Polizeibeamter zur Verkehrsüberwachung besonders ausgebildet ist und es zu seinen beruflichen Aufgaben gehört, relevante Vorfälle im Straßenverkehr genau zu beobachten und diese Beobachtungen festzuhalten. Im konkreten Fall befand sich der Zeuge gerade wegen der Überwachung des Schutzweges am Vorfallsort. Seinen Ausführungen kommt daher eine erhöhte Glaubwürdigkeit zu.

 

Hätte sich hingegen der Vorfall tatsächlich so zugetragen, wie ihn der Berufungswerber schildert, so würde dies bedeuten, dass der Zeuge bei seiner Einvernahme eine bewusst falsche Aussage (bezüglich der Querungsrichtung) gemacht hätte und sich damit der Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung ausgesetzt hätte. Dafür gibt es jedoch keinerlei Anhaltspunkte. Es ist auch eine Verwechslung mit einem anderen Vorfall auszuschließen, weil sich der Zeuge noch an die Fahrzeugmarke und die Farbe des PKW erinnern konnte.

 

Es ist daher als erwiesen anzusehen, dass sich der Berufungswerber zu jenem Zeitpunkt, als der Fußgänger erkennbar den Schutzweg betreten wollte noch ca. 50 m vom Schutzweg entfernt hat, und diesen ohne Verringern seiner Geschwindigkeit überquert hat.

 

 

Beim Lokalaugenschein wurde festgestellt, dass in Fahrtrichtung des Berufungswerbers der Schutzweg bereits von weitem zu sehen ist. Selbst wenn auf dem linken Fahrstreifen eine Fahrzeugkolonne bis zum Schutzweg zurückreichte, war der Zeuge für den Berufungswerber jedenfalls erkennbar.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.2 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges, das kein Schienenfahrzeug ist, einem Fußgänger oder Rollschuhfahrer, der sich auf einem Schutzweg befindet oder diesen erkennbar benützen will, dass unbehinderte und gefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Zu diesem Zweck darf sich der Lenker eines solchen Fahrzeuges einem Schutzweg nur mit einer solchen Geschwindigkeit nähern, dass er das Fahrzeug vor dem Schutzweg anhalten kann und er hat, falls erforderlich, vor dem Schutzweg anzuhalten.

 

5.2. Der Berufungswerber hat sein Fahrzeug nicht vor dem Schutzweg angehalten sondern diesen mit unverminderter Geschwindigkeit von ca. 50 km/h überquert, obwohl ein Fußgänger diesen erkennbar überqueren wollte. Zu jenem Zeitpunkt, als die Querungsabsicht des Fußgängers erkennbar war, befand sich der Berufungswerber noch ca. 50 m vom Schutzweg entfernt, sodass er sein Fahrzeug leicht hätte anhalten können. Er hat damit die ihm vorgeworfene Übertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Der Vollständigkeit halber ist noch Folgendes festzuhalten:

 

Selbst wenn man die Ausführungen des Berufungswerbers zugrunde legen würde, hätte er sich zu jenem Zeitpunkt, als ihm die Querungsabsicht des Fußgängers erkennbar war, noch ca. 30 m vom Schutzweg entfernt befunden. Er hat sich dem Schutzweg nach seinen eigenen Angaben mit einer Geschwindigkeit von ca. 50 km/h angenähert. Bei dieser Geschwindigkeit hätte er sein Fahrzeug mit einer normalen Betriebsbremsung (rechnerisch ergibt sich eine Bremsverzögerung von 3,2 m/sec²) vor dem Schutzweg anhalten können. Dazu ist der Berufungswerber noch auf die Bestimmung des § 9 Abs.2 StVO hinzuweisen, wonach er sich einem Schutzweg nur mit einer solchen Geschwindigkeit annähern kann, dass er erforderlichenfalls vor dem Schutzweg anhalten kann. Wenn er sich also einem Schutzweg, in dessen unmittelbarer Nähe sich ein Fußgänger befindet, mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h annähert, so erfordert dies jedenfalls eine besondere Aufmerksamkeit und ein bremsbereites Fahren. Seine beim Lokalaugenschein geäußerte Einschätzung, dass er bereits bei einer Entfernung von 30 m und einer Geschwindigkeit von 50 km/h nicht mehr rechtzeitig vor dem Schutzweg hätte anhalten können, steht daher im klaren Widerspruch zu seinen gesetzlichen Verpflichtungen.

 

Das Verfahren hat keine Umstände ergeben, welche das Verschulden des Berufungswerbers ausschließen würden, sodass gemäß § 5 Abs.1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die gesetzliche Höchststrafe für die gegenständliche Übertretung beträgt gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 726 Euro.

 

Der Berufungswerber weist zwei verkehrsrechtliche Vormerkungen aus den Jahren 2007 und 2008 auf, sodass ihm der Strafmilderungsgrund der absoluten Unbescholtenheit nicht zugute kommt. Sonstige Strafmilderungs- und Straferschwerungsgründe liegen nicht vor.

 

Die von der Erstinstanz verhängte Geldstrafe schöpft den gesetzlichen Strafrahmen zu 11 % aus. Im Hinblick auf das überdurchschnittliche Einkommen des Berufungswerbers ist sie keinesfalls überhöht. Sie erscheint in dieser Höhe durchaus angemessen und notwendig, um den Berufungswerber in Zukunft von ähnlichen Übertretungen abzuhalten. Auch generalpräventive Überlegungen sprechen gegen eine Herabsetzung der Geldstrafe.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

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