Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166042/6/Br/Th

Linz, 14.06.2011

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau X, vertreten durch RAin. Maga. X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 15.04.2011, Zl. VerkR96-42297-2009/Dea/Pi, wegen Übertretung nach § 103 Abs.1 Z3 lit.a KFG 1967, nach der am 14.6.2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung,  zu Recht erkannt:

 

 

I.                Der Berufung wird stattgegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 – VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis über die Berufungswerberin wegen Übertretung nach § 103 Abs.1 Z3 lit.a iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 250 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 96 Stunden verhängt, weil sie am 25.08.2009, 11:30 Uhr, im Ortsgebiet von Traun, den Pkw mit dem Kennzeichen X ihrem Ehemann X zum Lenken überlassen gehabt habe, obwohl dieser zu diesem Zeitpunkt über keine gültige Lenkberechtigung verfügte.  

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz folgte der Verantwortung der Berufungswerberin nicht, wonach diese nicht wusste, dass die befristete Lenkberechtigung des Ehemannes bzw. die hierfür ausgestellte Bestätigung der Behörde zu diesem Zeitpunkt noch nicht verlängert bzw. letztere bereits wieder abgelaufen war. Die Behörde verwies auf ein Urteil des OGH v. 4.6.1987, 7 Ob 29/87. Dieses besage, dass sich der Überlasser eines Kraftfahrzeuges über die Lenkberechtigung jener Person zu überzeugen habe der das Fahrzeug überlassen wird. Es sei daran ein strenger Maßstab anzulegen.

Die Behörde hielt offenbar das diesbezügliche Wissen der Berufungswerberin zweifelsfrei als erwiesen.

 

 

2. In der dagegen fristgerecht durch die ausgewiesene Rechtsvertreterin bei der Behörde erster Instanz eingebrachten Berufung wird in einer elf Seiten umfassenden Berufungsschrift neben sechs Eventualanträge im Hauptantrag die Verfahrenseinstellung begehrt.

Auf die weitwendigen und sich über weite Bereiche auf Formmängel reduzierende Berufungsausführungen ist hier nicht weiter einzugehen.

In der Substanz lassen sich die Ausführungen jedoch dahingehend zusammenfassen, dass die Berufungswerberin sich im guten Glauben an den Besitz einer gültigen Lenkberechtigung ihres Ehemannes befunden habe.

Sie sei seit fünfzehn Jahren nun verheiratet und ihr Ehemann war immer im Besitz einer Lenkberechtigung bzw. habe er die Verlängerungsanträge immer rechtzeitig gestellt. Da sein Gesundheitszustand stets stabil war haben die Verlängerungsvoraussetzungen immer bestanden und die Verlängerung sei auch immer erteilt worden.  Sie habe daher nicht gegen dieses Gesetz verstoßen.

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung samt Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Damit wurde die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates begründet, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme und auszugsweise Verlesung des erstinstanzlichen Verfahrensaktes.  

Beigeschafft wurde die dem Berufungswerber als Führerscheinersatz ausgestellte Bestätigung, sowie ein aktueller Auszug aus dem Führerscheinregister.

Anlässlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurden sowohl die Berufungswerberin als auch deren Ehegatte als ebenfalls bestrafter Lenker ihres KFZ ohne Lenkberechtigung zum Sachverhalt befragt.

Beide Berufungsverhandlungen wurden wegen des untrennbaren Sachzusammenhangs gemeinsam geführt, wobei gegen den Lenker unter der AZ: VwSen-166044 von h. eine gesonderte Berufungsentscheidung ergeht.

Die belangte Behörde nahm an der Berufungsverhandlung entschuldigt nicht teil.

 

 

3.2. Im Rahmen des Berufungsverfahrens legt die Berufungswerberin im Ergebnis im Einklang mit ihren Berufungsausführungen dar, vom Ablauf der Lenkberechtigung ihres Ehemanns keine Kenntnis gehabt zu haben. Ihr sei wohl die seit Jahren bestehende Befristung der Lenkberechtigung ihres Gatten bekannt gewesen. Diese sei jeweils fristgerecht verlängert worden, wobei sie in diesem Zusammenhang etwa vom Augenarzttermin ihres Gatten Kenntnis hatte.

Über das Ablaufdatum auch der zwischenzeitig ausgestellt gewesenen Ersatzbescheinigung habe sie jedoch keine Kenntnis gehabt.

Für sie habe es keinen sachlichen Grund zur Annahme  gegeben, dass ihr Ehemann im August 2009 ein KFZ nicht mehr hätte lenken dürfen. 

Diese Darstellung lässt sich auch mit der Darstellung ihres Ehemanns in Einklang bringen, der offenbar selbst den Ablauf der ihm ausgestellten Bescheinigung nicht kannte bzw. übersehen haben dürfte. Mit Blick darauf kann der Berufungswerberin als Ehefrau und Zulassungsbesitzerin in diesem Zusammenhang durchaus Gutgläubigkeit zugesonnen werden. Auch der Oö. Verwaltungssenat übersieht nicht, dass unter Ehegatten über die Frage der Verlängerung bzw. die Ausstellung der diesbezüglichen Bestätigung die vorübergehend noch zum Lenken berechtigte, wohl kaum bis ins letzte Detail besprochen werden dürfte. Wenn jedoch hier offenbar der Lenker selbst die abgelaufene Frist – wenn auch fahrlässig – nicht kannte, kann dies nicht zwangsläufig auch auf die Ehefrau als Zulassungsbesitzerin übertragen werden. Es ist wohl von einem Ehegatten nicht zu erwarten, dass er den Führerschein bzw. die Ersatzbescheinigung seines Partner kontrolliert bzw. darf er mangels ihm zugekommener Indizien darauf vertrauen, dass die erfahrungsgemäß bereits mehrfach klaglos erfolgte Verlängerung auch in diesem Fall vorgelegen ist.

Jedenfalls ist vor diesem Hintergrund zumindest im Zweifel von einem fehlenden Verschulden auszugehen gewesen.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 103 Abs.1 Z3 lit.a KFG darf der Zulassungsbesitzer das Lenken seines Kraftfahrzeuges oder die Verwendung seines Anhängers nur Personen überlassen, die u. a.  die erforderliche Lenkberechtigung besitzen. Die von der Behörde erster Instanz zitierte Judikatur des OGH bezieht sich offenkundig auf die Überlassung eines KFZ an eine fremde Person, jedoch genüg selbst die Erklärung eine Lenkberechtigung zu besitzen etwa dann, wenn besondere Umstände vorliegen, welche diese Behauptung als glaubwürdig erscheinen lassen. Das hier die Berufungswerberin  bei dem ihr vorliegenden Kenntnisstand auf den Besitz der Lenkberechtigung vertrauten durfte unterstützt demnach die zitierte Judikatur.

Die belangte Behörde scheint laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses jedoch von einem fahrlässigen Nichtwissen der abgelaufenen Lenkberechtigung ausgegangen zu sein.

Auch die Judikatur des VwGH stellt beim "Überlassen" des "Lenkens" im Sinne des lit.a leg.cit. zumindest auf bedingtem Vorsatz ab, das heißt, das Tatbild des § 103 Abs.1 Z3 lit.a KFG 1967 kann nur mit bedingtem Vorsatz verwirklicht werden (VwGH vom 20.5.2003, 2003/02/0055).

Im Hinblick darauf, dass die Berufungswerberin mit gutem Grund von der Verlängerung der Lenkberechtigung ausgegangen war kann vorsätzliches Verhalten im konkreten Fall jedenfalls nicht gesichert gelten, sodass letztlich spruchgemäß zu entscheiden war.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von € 220,-- zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

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