Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231103/2/Gf/Mu

Linz, 24.06.2011

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des x gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 30. April 2010, Zl. Sich96-4349-2009, wegen einer Übertretung des Sicherheitspolizeigesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 80 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 85 Stunden
herabgesetzt wird; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 8 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat hat der Berufungswerber keinen Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG; 65 Abs. 1VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 30. April 2010, Zl. Sich96-4349-2009, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geld­strafe in einer Höhe von 120 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 92 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag 12 Euro) verhängt, weil er am 20. Mai 2009 um 16:00 Uhr ein gegen ihn verhängtes Betretungsverbot missachtet habe. Dadurch habe er eine Übertretung des § 84 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 38a Abs. 2 des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl.Nr. 566/1991 i.d.F. BGBl.Nr. I 4/2008 (im Folgenden: SPG), begangen, weshalb er nach der erstgenannten Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der dem Beschwerdeführer angelastete Sachverhalt aufgrund einer Anzeige der zeugenschaftlich einvernommenen
Wohnungsinhaberin – seiner Mutter – sowie der einschreitenden Sicherheits­organe als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe hervorgekommen; die von ihm angegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien hingegen entsprechend berücksichtigt worden.

1.2. Gegen dieses ihm am 6. Mai 2010 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 14. Mai 2010 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Darin bringt der Rechtsmittelwerber vor, dass er das verfahrensgegenständliche Grundstück zum Tatzeitpunkt nicht betreten, sondern sich lediglich in einer Entfernung von 500 Meter von der Wohnung aufgehalten und sich zudem beim Eintreffen der Polizei von dieser wegbewegt habe.

Daher wird – erschließbar – die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Braunau zu Zl. Sich96-4349-2009; da sich der maßgebliche Sachverhalt – soweit entscheidungsrelevant – bereits aus diesem klären ließ, mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e VStG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 EMRK und i.V.m. dem Urteil des EGMR vom 12. Mai 2010, 32435/06 (Fall
"Kammerer"), von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Weil in dem diesem Verfahren zu Grunde liegenden Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, war im Rechtsmittelverfahren ein Einzelmitglied zur Entscheidung zuständig (vgl. § 51c VStG).

 

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 84 Abs. 1 Z. 2 SPG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 360 Euro zu bestrafen, der ein Betretungsverbot nach § 38a Abs. 2 SPG missachtet.

Gemäß § 38a Abs. 1 und 2 SPG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes dazu ermächtigt, einem Menschen, von dem eine entsprechende Gefahr ausgeht, das Betreten einer Wohnung, in der ein Gefährdeter wohnt, und deren unmittelbarer Umgebung zu untersagen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen, insbesondere wegen eines vorangegangenen gefährlichen Angriffs, anzunehmen ist, dass ein gefährlicher Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit bevorsteht; dieser Bereich ist nach Maßgabe der Erfordernisse eines wirkungsvollen vorbeugenden Schutzes zu bestimmen und die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben dem von einer derartigen Anordnung Betroffenen zur Kenntnis zu bringen, auf welchen räumlichen Bereich sich dieses Betretungsverbot bezieht.

3.2. Im gegenständlichen Fall wird auch vom Beschwerdeführer selbst nicht in Abrede gestellt, dass gegen ihn am 19. Mai 2009 um 23:30 Uhr auf Grund eines eskalierenden Familienstreits ein Betretungsverbot für das von ihm und seiner Mutter bewohnte Anwesen x in x verhängt wurde, das sowohl die Wohnung als auch das eingefriedete Grundstück umfasste.

Dass er diesen Bereich innerhalb der Zweiwochenfrist des § 38a Abs. 7 SPG, ja sogar noch vor dem Ablauf der in § 38a Abs. 6 SPG normierten 48-Stunden-Frist, nämlich bereits knapp 16 Stunden später dennoch – und zwar mit dem Hinweis, dass ihm dieses Verbot bewusst, "jedoch zu diesem Zeitpunkt egal" sei – wieder betreten hat, um sich einige persönliche Sachen abzuholen, ergibt sich nicht nur aus einem dementsprechenden Notruf seiner Mutter, sondern auch aus der
Zeugenaussage des einschreitenden Polizeibeamten sowie aus seiner eigenen noch im Zuge seiner Ersteinvernahme am Vorfallstag (20. Mai 2009) abgelegten Aussage.

Vor diesem Hintergrund kann daher sein späterer, erstmals (allenfalls nach entsprechender Rechtsberatung) in seinem Einspruch vom 7. Juli 2009 vorgebrachter – und zudem durch keinerlei Beweismittel belegter – Einwand dahin, dass er zur besagten Zeit nicht am besagten "Ort oder im Haus war", lediglich als eine objektiv nicht stichhaltige Schutzbehauptung qualifiziert werden.

Der Beschwerdeführer hat sohin insgesamt besehen tatbestandsmäßig und schuldhaft – nämlich: indem er das Haus trotz seines Wissens um das bestehende Verbot betreten hat, sogar mit qualifiziertem Vorsatz – gehandelt; seine Strafbarkeit ist daher gegeben.

3.3. Angesichts einer einschlägigen sonstiger rechtskräftiger Vormerkungen ist die belangte Behörde auch zutreffend davon ausgegangen, dass dem Rechtsmittelwerber der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht zugute zu halten ist.

Allerdings war im Sinne der mittlerweile ständigen Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts die nunmehr insgesamt überlange Verfahrensdauer als strafmildernd zu berücksichtigen.

3.4. Davon ausgehend war der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als die verhängte Geldstrafe auf 80 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe gemäß der durch § 16 Abs. 2 VStG vorgegebenen Relation auf 85 Stunden herabzusetzen war; im Übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde auf 8 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat war dem Berufungswerber hingegen nach § 65 VStG kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

 

 

 

 

 

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