Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-531151/2/Bm/Ba

Linz, 28.06.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung der Frau P E, O,  gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 12. Mai 2011, Ge20-92-2010, mit dem Herrn J R die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Ocarina-Werkstätte im Standort  O, F, erteilt wurde, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG 1991) iVm § 42 AVG iVm § 359 Abs.4 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 30.3.2011 hat Herr J R um die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Ocarina-Werkstätte im Standort O, F, angesucht. Mit oben bezeichnetem Bescheid wurde diesem Ansuchen Folge gegeben und Herrn J R die gewerbebehördliche Genehmigung für dieses beabsich­tigte Vorhaben unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat Frau P E, vertreten durch ihre Tochter R T, innerhalb offener Frist Berufung eingebracht und darin im Wesentlichen ausgeführt, das Betriebsgebäude sei in bau- und gewerbebehörd­licher Sicht vor über 30 Jahren mit der Auflage genehmigt worden, dass zum Nachbargrundstück der Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) aus Sicht- und Brandschutz keine öffenbaren Fenster errichtet werden dürfen. Dieser Auflage sei durch den Einbau von Profilfenstern Rechnung getragen worden, zumal der Abstand zum Nachbargrundstück lediglich 60 cm betragen habe.

Im gegenständlichen Fall werde angeführt, dass ein Abstand von 1 m zum Nach­bargrundstück eingehalten werde, sodass eine Adaptierung der Fensteröffnun­gen möglich sei. Es treffe zu, dass eine Vermessung des Grundstückes im Jahr 2010 stattgefunden habe, die nur der Regulierung der Grundgrenze dienen sollte. Da die Bw nicht davon in Kenntnis gesetzt worden sei, dass sich die 40 cm Grund­stücksveränderungen gerade unter den Fensteröffnungen befinden, sei diese lapidare Veränderung der Grenzverläufe äußerst unglaubwürdig.

Im gewerbebehördlichen Gutachten werde jedoch der Einwendung der Anrainerin stattgegeben, dass die Fenster zur Nachbargrenze gegen die Einwirkung von Lichtimmissionen auf das Nachbargrundstück mit Folien etc. auszustatten seien sowie lärmerregende Tätigkeiten nur vorgenommen werden dürfen, wenn das südseitige Fenster geschlossen bleibe. Es werde somit nicht bestritten, dass es Gefährdungen gebe.

Die permanente Gefährdung aufgrund des Naheverhältnisses der Halle mit dem Nachbarhaus im Brandfalle werde einfach totgeschwiegen, obwohl sogar vor 30 Jahren auf den Brandschutz eingegangen worden sei und mit 40 cm Grundver­änderung diese Gefahr nicht aus der Welt geschafft werden könne, zumal der Verkaufsraum und das Museum weitgehend an den Wänden und der Decke mit Holz verkleidet seien.

Die Nachbarn seien alle daran interessiert, dass die gegenständliche Neubauruine einer Fertigstellung zugeführt werde und sollen durch die Forderung des Brand­schutzes keine finanziellen Belastungen entstehen. Daher werde vorgeschlagen, die erforderlichen Entlüftungen in die mechanische Belüftung im Untergeschoss einzubinden und die Fensterbeschläge zu entfernen.

Warum bei der Verhandlung vom Verhandlungsleiter in keinster Weise auf diese Forderung eingegangen worden sei, sei unklar.

Des Weiteren werde richtiggestellt, dass an der Verhandlung am 12.5.2011 Frau R T in Vertretung von der Grundeigentümerin P E teilgenommen habe.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat diese Berufung samt dem bezughabenden Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat als zuständige Berufungsbehörde vorgelegt und gleichzeitig darauf hingewiesen, dass von der Vertreterin der Bw im Zuge der mündlichen Verhandlung am 12.5.2011 nur Einwendungen laut Protokollierung vorgebracht wurden. Weiters wurde angemerkt, dass im gegenständlichen Objekt früher eine Kfz-Werkstätte betrieben wurde und die gewerbebehördliche Genehmigung der Kfz-Werkstätte erloschen ist.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt erster Instanz zu Ge20-92-2010.

Da sich bereits daraus der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Parteien überdies keinen entsprechenden Antrag gestellt haben, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

 

1.     das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,

 

2.     die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

 

3.     die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

 

4.     die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

 

5.     eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

Nach § 356 Abs.1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn eine mündliche Verhandlung anberaumt wird, den Nachbarn Gegenstand, Zeit und Ort der Ver­handlung sowie die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Parteistellung (§ 42 AVG) durch Anschlag in der Gemeinde (§ 41 AVG) und durch Anschlag in den der Betriebsanlage unmittelbar benachbarten Häusern bekanntzugeben. Die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden. Statt durch Hausanschlag kann die Bekanntgabe aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung der Nachbarn erfolgen. Der Eigentümer des Betriebsgrundstückes und die Eigentümer der an dieses Grundstück unmittelbar angrenzenden Grundstücke sind persönlich zu laden.

 

Gemäß § 42 Abs.1 hat eine gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemachte mündliche Verhandlung zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, wenn sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt.

Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.

 

5.2. Die am 12.5.2011 abgehaltene mündliche Verhandlung wurde im Sinne der §§ 41 und 42 AVG ordnungsgemäß kundgemacht und wurde darin auch auf die in § 42 AVG vorgesehenen Rechtsfolgen verwiesen.

 

Nach der geltenden Rechtslage kommt Nachbarn ex lege Parteistellung in den regulären Verfahren zur Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage zu und zwar auf Grund des § 8 AVG iVm den den Nachbarn zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechten gemäß § 74 Abs.2 Z 1, 2, 3 oder 5 der GewO 1994.

Erfolgt eine ordnungsgemäß kundgemachte mündliche Verhandlung betreffend die Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage so hat dies im Sinne der zitierten Rechtsvorschriften die Folge, dass Nachbarn ihre Parteistellung verlieren, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung zulässige Einwendungen erheben.

Durch die Erhebung zulässiger und rechtzeitiger Einwendungen von Nachbarn bleibt deren Parteistellung aufrecht. Dies aber nur in dem Rahmen und Umfang, soweit zulässige und rechtzeitige Einwendungen erhoben wurden.

Umgekehrt verlieren die Nachbarn ihre Stellung als Partei, wenn sie keine zulässigen und rechtzeitigen Einwendungen erhoben haben.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, liegt eine zulässige Einwendung im Sinne des § 42 Abs.1 AVG dann vor, wenn der Nachbar die Verletzung eines subjektiven Rechts geltend macht. Dem betreffen­den Vorbringen muss jedenfalls entnommen werden können, dass überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechts behauptet wird und ferner, welcher Art dieses Recht ist, wobei der Kreis der subjektiven Rechte, deren Verletzung in Betriebsanlagengenehmigungsverfahren zulässigerweise behauptet werden kann, sich aus § 74 Abs.2 Z 1, 2, 3 oder 5 GewO 1994 ergibt.

 

Das bedeutet, eine Einwendung im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren muss auf einen oder mehrere der in § 74 Abs.2 Z 1, 2, 3 oder 5 vorgeschriebenen Tat­bestände, im Fall des § 74 Abs.2 Z 2 auf einen oder mehrere dort vorgeschriebener Alternativtatbestände abgestellt sein (vgl. VwGH 19.9.1989, 86/04/0103). Die Beibehaltung der Parteistellung durch Nachbarn setzt somit das Vorliegen derart qualifizierter Einwendungen voraus (siehe hiezu VwGH 21.6.1993, 92/04/0144 und die dort zitierte Vorjudikatur).

 

Im gegenständlichen Fall hat die Bw keine solchen qualifizierten zulässigen Ein­wendungen bezogen auf die im gewerberechtlichen Betriebsanlagenge­nehmigungsverfahren ihr zustehenden subjektiv-öffentlichen Interessen im Grunde des § 74 Abs.2 Z 1, 2, 3 oder 5 GewO 1994 vorgebracht.

 

In der mündlichen Verhandlung am 12.5.2011 wurde von der Vertreterin der Bw folgende Stellungnahme abgegeben:

 

"Gegen die Erteilung der bau- und gewerbebehördlichen Genehmigung für den Einbau einer Ocarina-Werkstätte (Erzeugung und Vertrieb von Toninstrumenten) im Standort O, F (Errichtungs- und Betriebsbe­willigung) wird grundsätzlich kein Einwand erhoben. Zu meinem Grundstück ist jedoch die Beleuchtung blendfrei auszustatten."

Diese Stellungnahme ist keine rechtswirksame Einwendung, da dieses Vorbringen nicht erkennen lässt, dass eine Verletzung der Nachbarrechte geltend gemacht werden soll.

Vielmehr bringt die Vertreterin der Bw mit dieser Erklärung grundsätzlich die Zustimmung zum beantragten Vorhaben zum Ausdruck, zumal die von ihr vor­gebrachte Forderung einer blendfreien Ausstattung der Beleuchtung zu ihrem Grundstück hin im Genehmigungsbescheid auch vorge­schrieben wurde.

 

Die in der mündlichen Verhandlung abgegebene Erklärung stellt daher entsprechend der oben dargestellten Rechtslage keine Einwendung im Sinne des § 42 Abs.1 AVG dar, weshalb die Parteistellung der Bw im gegenständlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren nicht aufrecht erhalten wurde, zumal auch keine weiteren Einwendungen erhoben wurden.

Aber auch wenn man bei großzügiger Auslegung von einer zulässigen Einwendung betreffend Blendwirkung ausgeht, ist die Bw jedenfalls mit dem Berufungsvorbringen, das sich ausschließlich auf eine mögliche Brandgefahr stützt, als präkludiert anzusehen, da dieser Einwand im bisherigen Verfahren eben nicht vorgebracht wurde.   

 

Soweit die Bw vorbringt, es sei unklar, warum bei der Verhandlung vom Verhand­lungsleiter auf die Forderung betreffend Brandschutz nicht eingegangen worden sei, ist auszuführen, dass nach der über die mündliche Verhandlung aufgenommenen Niederschrift eine solche Forderung von der Vertreterin der Bw nicht vorgebracht wurde.

Die Verhandlungsschrift stellt eine öffentliche Urkunde dar und liefert den vollen Beweis über den Verlauf und den Gegenstand der betreffenden Amtshandlung.

Von der belangten Behörde wurde in der mit der Berufungsvorlage abgegebenen Stellungnahme darauf hingewiesen, dass von der Vertreterin der Bw im Zuge der mündlichen Verhandlung nur Einwendungen wie auch im Protokoll wiedergegeben, vorgebracht wurden.

 

Mangels Parteistellung war somit die Berufung als unzulässig zurückzuweisen und ist es damit der Berufungsbehörde verwehrt, in der Sache zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum