Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100805/8/Br/La

Linz, 08.10.1992

VwSen - 100805/8/Br/La Linz, am 8. Oktober 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn A G, wh. S, L, vertreten durch Dr. W L, Rechtsanwalt, S, S, vom 2.9.1992, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 12. August 1992, VerkR-96/4936/1991 wegen Übertretung des § 103 Abs.1 Z.1 iVm. § 101 Abs.1 lit.a des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: § 103 Abs.1 Z.1 iVm. 101 Abs.1 lit.a des Kraftfahrgesetzes 1967, BGBl. Nr. 267/1967 zul.geändert durch BGBl.Nr.695/1991 - KFG, § 63 Abs. 3, und § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51/1991 - AVG iVm. § 24, § 45 Abs.1 Z.1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 und § 65 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 - VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat mit Straferkenntnis vom 12. August 1992 über den Berufungswerber wegen der ihm angelasteten Übertretung des § 103 Abs. 1 Z.1 iVm. § 101 Abs.1 lit.a des Kraftfahrgesetzes 1967 - KFG, eine Geldstrafe von 3.500 S und für den Nichteinbringungsfall 5 Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er es als Geschäftsführer der Fa. G H OHG und somit als der für die Erfüllung der kraftfahrrechtlichen Vorschriften Verantwortliche es unterlassen habe, dafür zu sorgen, daß der LKW den hiefür in Betracht kommenden kraftfahrrechtlichen Vorschriften entsprochen hätte, da am 23.10.1991 um 11.15 h in S bei km 43,5 der B von Sicherheitswacheorganen, festgestellt worden sei, daß das höchstzulässige Gesamtgewicht von 22 t um 4,9 t überschritten worden wäre.

1.1. Begründend führte die Erstbehörde aus, gemäß § 103 Abs.1 Z.1 KFG habe der Zulassungsbesitzer eines Fahrzeuges (eines Kraftwagens mit Anhänger) dafür zu sorgen, daß dieses, und seine Beladung den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und auf Grund dessen erlassenen Verordnungen entspreche. Dies habe nicht zugetroffen. Es sei wohl aus den vorgelegten Aufzeichnungen hervorgegangen, daß im Oktober 1991 dieser LKW, insbesonders nach gegenständlicher Anzeigeerstattung mehrmals überprüft worden wäre. Der Berufungswerber sei vom Geschäftsführer der Fa. H GesmbH. & Co.KG., Herrn F H, als jener Baupolier namhaft gemacht worden, der für die Baustelle Golfplatz B H und auch für die Überwachung der Fahrzeuge im Sinne des KFG zuständig wäre. Im gegenständlichen Fall sei dem Berufungswerber als verantwortlichen Beauftragten eine nach § 134 KFG über den Zustand und die Beladung der Fahrzeuge eine verwaltungsstrafrechtlich sanktionierte Überwachungsfunktion zugekommen. Es sei dem Berufungswerber wohl zuzugestehen gewesen, daß er Überprüfungen des Fahrers durchgeführt habe, jedoch nicht in derart ausreichendem Ausmaß, daß es bei einer effektiven Überprüfung nicht zu Überladungen kommen hätte können. Aus diesem Grund habe der Berufungswerber die Übertretung zu vertreten gehabt.

2. Dagegen bringt der Berufungswerber zur Sache vor, er habe das (die) zugeteilte(n) Fahrzeug(e) laufend kontrolliert, wobei entsprechende Aufzeichnungen geführt worden seien. Tatsache dieser Bestrafung sei eine Fahrt gewesen, anläßlich derer der Fahrer bereits anhand des Wiegezettels die Überladung feststellen hätte können. Der Fahrer wäre auch in der Lage gewesen, die wiederholt gegebenen Anordnungen, das höchstzulässige Gesamtgewicht einzuhalten, zu befolgen. Die angefochtene Entscheidung gestehe zu, daß der Berufungswerber laufende Kontrollen durchgeführt habe, dies sei jedoch nicht in ausreichendem Ausmaße geschehen. Bei der Begründung der Estbehörde handle es sich lediglich um eine Scheinbegründung, bei der in unzulässiger Weise aus dem Endresultat, der objektiven Überladung, auf ein subjektives Verschulden geschlossen werde, wobei eine Vorgangsweise gewählt worden sei, die mit dem Gesetz der Logik überhaupt nicht in Einklang stünde. Folge man den Worten der Erstbehörde, dann seien Überladungen auszuschließen, wenn Kotrollen in ausreichendem Maße durchgeführt würden. Art und Intensität der Kontrollen des Berufungswerbers im Baustellenbereich und um den Baustellenbereich herum hätten nach der Logik überhaupt nichts damit zu tun, daß 10 km weiter in einer Schottergrube eine Überladung vorkommen könne oder nicht. Objekt der Bestrafung sei nicht eine erfolgte Überladung, sondern eine einzureichende (gemeint wohl: unzureichende) Pflichterfüllung hinsichtlich der Überwachung. Es sei daher Art und Umfang der vorgenommenen Überprüfung festzustellen und zu beurteilen und nicht ein Schluß aus einem gesetzlich mißbilligten, von einem Dritten herbeigeführten Erfolg zu ziehen.

3. Die Erstbehörde hat vom Institut der Berufungsvorentscheidung keinen Gebrauch gemacht und den Akt an den unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt. Da die verhängte Strafe unter 10.000 S liegt, hat dieser durch eines seiner Mitglieder in der Sache zu entscheiden. Gemäß § 51e Abs.1 VStG war eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen.

4. Gegenstand der Prüfung war für den unabhängigen Verwaltungssenat daher, in welchem Ausmaß die Überprüfung(en) stattgefunden hat (haben) und ob diese fallbezogen - im Sinne des Gesetzes als ausreichend erachtet werden können, bzw. ob vom Berufungswerber die Überladung hiedurch überhaupt verhindert werden hätte können.

4.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land, den Berufungsakt, Zl.: VerkR-96/4936/1991, und die Vorakte, VerkR-96/1888/1990 VerkR-96/5425/1990, VerkR-96/2960/1991 und VerkR-96/2936/1991, sowie durch Beweisaufnahme in der gemäß § 51e Z.1 VStG anberaumten öffentlichen mündlichen Verhandlung durch die Vernehmung des Fahrzeuglenkers Walter Bühringer als Zeugen und des Berufungswerbers als Verfahrenspartei im Beisein seines rechtsfreundlichen Vertreters.

4.2. Es ist sohin erwiesen, daß der Berufungswerber den LKW-Lenker W B sowohl regelmäßig hinsichtlich der Beladung der Fahrzeuge überprüft hatte und auch die generelle Anweisung an die Lenker bestanden hatte, die Fahrzeuge nicht zu überladen. Selbst am Tage gegenständlicher Tathandlung war ein anderes, dem Berufungswerber in diesem Sinne zur Aufsicht überantwortetes Fahrzeug überprüft worden und eine Überladung beanstandet worden.

Trotzdem hatte sich Walter Bühringer bereits mehrfach nicht an diese Anweisung gehalten. So wurde am 13.Dez.1990 der Lenker B, am 10.5.1991 abermals der Lenker B und am 22.6.1991 der Lenker W in der Kontrollsphäre des Berufungswerbers wegen einer Überladung zur Anzeige gebracht (die unter Pkt.4.1. zit. Vorakte). In all diesen Fällen hatten die Lenker anläßlich ihrer zeugenschaftlichen Vernehmung durch die Erstbehörde sowohl die regelmäßige Überprüfung der Fahrzeuge durch den Zulassungsbesitzer H, als auch durch den Berufungswerber, aber auch die strikte Anweisung die Fahrzeuge nicht zu überladen, bestätigt. So wie auch im gegenständlichen Fall wurde zum Ausdruck gebracht, daß die Lenker die Überladung jeweils ganz bewußt in Kauf genommen hatten. Auch anläßlich der Vernehmung des Zeugen B im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wurde vom Zeugen dargelegt, daß ihm die Überladung anhand des Wiegezettels bekannt war, er aber trotzdem gefahren ist. Dies belegt, daß diese Übertretung(en) ausschließlich in der Sphäre des (der) Lenker(s) liegen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, daß die Überladungen auch in Hinblick auf die in den zurückliegenden Verfahren, jeweils gleichgelagerten Verantwortungen, etwa in einer firmeninternen Absprache beruhen würden.

4.3. Der Berufungswerber bringt in seiner Aussage vor dem Mitglied des Verwaltungssenates glaubwürdig vor, daß er alles ihm Zumutbare unternommen hat, derartige Überladungen der ihm überantworteten Fahrzeuge zu vermeiden. Diesbezügliche Kontrollen wurden regelmäßig durchgeführt, wobei sich dies aus den vorgelegten Aufzeichnungen ergibt. In Zusammenschau mit den zeugenschaftlichen Angaben des damaligen Fahrzeuglenkers Walter Bühringer steht sohin fest, daß die Überladung ausschließlich in der Sphäre des Lenkers zu vertreten ist und dieser auf Grund einer Fehleinschätzung des spezifischen Gewichtes des Ladegutes zustandegekommen ist. Dies war dem Zeugen bereits nach der der Beladung folgenden, jedoch vom Beladeort entfernt gelegenen abwägens des Fahrzeuges, bekannt. Obwohl nunmehr bereits drei gleichartig gelagerte Fälle betreffend diesen Lenker (den Zeugen) vorliegen, kann daraus noch nicht der Schluß gezogen werden, daß ein Verschulden hinsichtlich der Auswahl eines geeigneten Mitarbeiters vorliegt. Der Berufungswerber führt in diesem Zusammenhang an, daß es sich bei Bühringer um einen wertvollen Mitarbeiter handelt. Aus den Aussagen kann geschlossen werden, daß es seitens der Fa. H gegenüber den Fahrern nicht gutiert wird, wenn solche Beanstandungen vorkommen. Dieses Vorbringen ist den Denkgesetzen entsprechend nachvollziebar.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

5.1. Der Zulassungsbesitzer eines Kraftfahrzeuges hat, wenn er selbst nicht in der Lage ist dafür zu sorgen, daß die Kraftfahrzeuge den Vorschriften entsprechen, andere Personen zu beauftragen, die für die Einhaltung der Vorschriften zu tragen haben. Durch die Einfügung des Abs.1a in den § 101 des KFG wurde eine zusätzliche (strafrechtliche) Verantwortlichkeit des Anordnungsbefugten eingeführt. Der Lenker und der Zulassungsbesitzer des Kfz wurden dadurch der ihnen obliegenden Verpflichtungen, etwa hinsichtlich der Beladung des Kfz, nicht enthoben. Hat sich der Zulassungsbesitzer eines "Anordnungsbefugten" bedient, trifft ihn nur dann kein Verschulden, wenn er sowohl bei der Auswahl der von ihm beauftragten Person, als auch bei deren Überwachung "alles vorgekehrt hat, wodurch er bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit den gesetzwidrigen Erfolg hätte verhindern können (VwGH; Zl.: 635/76 v.15.11.1976, Slg 9180 A/1976 u. Zl.: 2538/76 v. 8.4.1977). Dieser Maßstab an Aufmerksamkeit hat analog auch im Verhältnis der beauftragten Person zum Lenker Anwendung zu finden.

5.1.1. Das Beweisverfahren hat im Ergebnis erbracht, daß regelmäßige Überprüfungen der Lenker durch den Berufungswerber vorgenommen wurden und anhand der Aufzeichnungen sogar am 23.10.1991 bei einem anderen LKW (Kennzeichen) eine Überladung festgestellt wurde. Dies belegt, daß die Überprüfungstätigkeit durchaus als effizient erachtet werden konnte und diese objektiv geeignet waren Überladungen weitestgehend zu vermeiden. Die Überwachungspflicht kann naturgemäß nicht so umfangreich gedeutet werden, daß der Verantwortliche gleichsam bei jedem Beladevorgang an jeder Schottergrube zugegen sein müßte. Selbst der Umstand, daß der Berufungswerber wegen derartiger Übertretungen bereits mehrfach bestraft wurde, vermag keinen Schluß darauf zuzulassen, daß ihm anläßlich dieses Falles ein Schuldvorwurf zu machen ist. Diese Ansicht wird auch durch die Aussage des Lenkers gestützt, welcher laut eigener Angabe die Überladung schlechthin in Kauf genommen hatte. Die Überladung war für den Berufungswerber nicht zu verhindern gewesen (VwGH 16.5.1977, ZVR 1977/262). Ein in diesem (diesen) Fall (Fällen) vorliegender qualifizierter Schuldvorwurf gegenüber dem Lenker nämlich bewußtes Überladen - kann nicht als die Folge einer unzureichenden Überprüfung gedeutet werden. Selbst bei Aufwendung der höchstmöglichen (objektiven) Sorgfalt(-spflicht) kann ein vorsätzliches Fehlverhalten eines Mitarbeiters nicht vermieden werden. "Die objektiven Sorgfaltspflichten legen immer nur das Mindestmaß der anzuwendenden Sorgfalt fest. In atypischen Situationen wird von einem einsichtigen u. besonnenen Menschen in der Lage des Täters ein erhöhtes Maß an Sorgfalt verlangt. Andererseits muß man sich hüten, die Anforderungen an die objektive Sorgfalt zu überspannen. Nicht schon die Versäumung bloßer Sorgfalstmöglichkeiten, sondern die Verletzung solcher Sorgfaltspflichten, die die Rechtsordnung nach den gesamten Umständen des Falles vernüftigerweise auferlegen darf, machen das Wesen der objektiven Sorgfaltswidrigkeit aus (vgl. VwGH 12.6.1989, 88/10/0169)." Die Annahme einer Verletzung der Sorgfaltspflicht in diesem Fall würde im Ergebnis dem, auch für das Verwaltungsstrafrecht geltende "Schuldprinzip" zuwiderlaufen (Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Aufl. zu § 5 VStG wiedergegebene Judikatur Seite 706 bzw. 705 E 3). Diese Ansicht läßt jedoch eine, allenfalls künftighin zu stellende Frage, eines "Auswahlverschuldens", im Hinblick auf die charakterliche Eignung eines immer wieder vorsätzlich gegen kraftfahrrechtliche Vorschriften verstoßenden Lenkers, unberührt (§ 66 Abs.2 KFG). Auf einen derartigen Aspekt sei der Berufungswerber in diesem Zusammenhang hingewiesen. Im Falle weiterer derartiger Übertretungen könnte die Frage eines Auswahlverschuldens durchaus einmal zum Tragen kommen (siehe zit. Judikatur unter 5.1.).

Mangels eines nachweisbaren Verschuldens war dieses Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof oder beim Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Für den O.Ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r 6

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