Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240826/2/Gf/Mu

Linz, 30.06.2011

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung des x, vertreten durch x, gegen das aus Anlass einer Übertretung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes erlassene Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 30. Mai 2011, Zl. SanLA96-18-2011, zu Recht:

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die zu Spruchpunkt 1) verhängte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe aufgehoben und stattdessen bloß eine Ermahnung erteilt wird; im Übrigen wird die Berufung hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG; § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Strafverfügung des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 28. März 2011, Zl. SanLA96-18-2011, wurden über den Beschwerdeführer zwei Geldstrafen in einer Höhe von jeweils 365 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 19 Stunden) verhängt, weil er es als Geschäftsführer einer GmbH zu vertreten habe, dass am 3. März 2011 in deren Konditoreibetrieb einerseits für die Reinigung der Arbeitsgeräte kein Gewerbegeschirrspüler oder Doppelspülbecken, sondern lediglich ein einwanniges Spülbecken (Spruchpunkt 1) und andererseits für das Personal-WC lediglich eine Kaltwasserzufuhr (Spruchpunkt 2) vorhanden gewesen sei. Dadurch habe er jeweils eine Übertretung des Art. III Anhang II Kapitel II Z. 2 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene, ABl.Nr. 139/2004 i.d.F. ABl.Nr. 109/2009 (im Folgenden: LMHV-EG), i.V.m. § 90 Abs. 3 Z. 1 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 13/2006, i.d.F. BGBl.Nr. I 95/2010 (im Folgenden: LMSVG), begangen, weshalb er nach der letztgenannten Vorschrift zu bestrafen gewesen sei.

 

1.2. Das Datum, zu dem dem Rechtsmittelwerber diese Strafverfügung zugekommen ist, lässt sich dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt nicht entnehmen; vielmehr geht diesbezüglich aus einem behördeninternen e-mail vom 27. April 2011 nur hervor, dass diese – entgegen § 48 Abs. 2 VStG i.V.m. § 21 ZustG – "per Gendis erstellt und daher ohne RSa zugestellt" wurde.

 

Aus der Tatsache, dass der Beschwerdeführer am 14. April 2011 mittels Telefax einen Einspruch gegen diese Strafverfügung erhoben hat, lässt sich jedoch schließen, dass ihm jene zuvor auch zugegangen sein muss. Zu diesem Zeitpunkt waren einerseits gemäß § 7 ZustG jedenfalls sämtliche vorangegangenen Zustellmängel als geheilt anzusehen; andererseits war zugunsten des Rechtsmittelwerbers unter einem davon auszugehen, dass dieses "tatsächliche Zukommen" (erst) an einem Tag erfolgt ist, der den am 14. April 2011 eingebrachten Einspruch als rechtzeitig i.S.d. § 49 Abs. 1 VStG erscheinen lässt; davon ist im Übrigen die belangte Behörde im vorerwähnten e-mail im Ergebnis auch selbst ausgegangen ("Wir müssen den Einspruch daher als rechtzeitig werten").

 

Zur inhaltlichen Begründung seines Einspruches hat der Rechtsmittelwerber vorgebracht, dass ohnehin bereits an den Planungen für einen neuen Betriebsstandort gearbeitet werde, weshalb hinsichtlich Spruchpunkt 1) um Minderung des Strafausmaßes bzw. gänzlichen Erlass der Strafe ersucht, während er hinsichtlich der zu Spruchpunkt 2) erfolgten Bestrafung "absolut einsichtig" sei und das behördliche "Handeln auch angemessen" finde.

 

Insgesamt besehen richtete sich dieser sohin als rechtzeitig anzusehende Einspruch daher lediglich gegen Spruchpunkt 1) der angefochtenen Strafverfügung und auch insofern nur gegen die Höhe des Strafausmaßes.

 

1.3. Mit dem (funktionell als Straferkenntnis zu qualifizierenden; vgl. dazu W. Hauer – O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Aufl., Wien 2004, 1599) "Bescheid" des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 30. Mai 2011, Zl. SanLA96-18-2011, wurde der gegen das unter Punkt 1) in der Strafverfügung vom 28. März 2011 festgesetzte Strafausmaß gerichtete Einspruch abgewiesen.

 

Begründend wurde dazu – auf das Wesentliche zusammengefasst – ausgeführt, dass ein Betriebsstillstand oder hohe (Investitions-)Kosten kein Argument für eine Herabsetzung der Strafe bilden könnten. Da ein Doppelspülbecken nach den einschlägigen Hygienevorschriften lediglich einen Mindeststandard bilde, an einen Konditoreibetrieb jedoch höhere Anforderungen zu stellen seien und ein einwanniges Spülbecken für einen solchen keinesfalls als eine geeignete Vorrichtung zum Reinigen von Arbeitsgeräten und Ausrüstungsgegenständen angesehen werden könne, liege sohin ein nicht bloß geringfügiger Verstoß gegen die durch die Strafdrohung geschützten öffentlichen Interessen vor. Dazu komme, dass der Beschwerdeführer seitens der Lebensmittelaufsichtsorgane schon öfter auf diese Missstände hingewiesen worden sei, er jene aber immer wieder bloß mit der Planung eines neuen Betriebsstandortes vertröstet habe, sodass ihn letztlich ein nicht als gering zu bewertendes Verschulden treffe. Angesichts des Umstandes, dass sich die verhängte Strafe ohnehin im untersten Bereich des bis 20.000 Euro reichenden gesetzlichen Strafrahmens bewege, habe daher – unter Berücksichtigung der von ihm bekannt gegebenen persönlichen Verhältnisse (monatliches Nettoeinkommen: 1.700 Euro; kein Vermögen; Sorgepflicht für 2 Kinder) – trotz seiner bisherigen Unbescholtenheit und des Nichtvorliegens von Erschwerungsgründen keine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe vorgenommen werden können.

 

1.4. Gegen dieses ihm am 3. Juni 2011 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 17. Juni 2010 – und damit rechtzeitig – unmittelbar bei der belangten Behörde mündlich eingebrachte Berufung.

 

Darin wird vorgebracht, dass das Ausmaß der beiden Geldstrafen als zu hoch angesehen wird, weil diese weder schuldangemessen seien noch der Schwere des Vergehens entsprächen.

 

Daher wird – erschließbar – eine Herabsetzung der Strafhöhe beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 30. Mai 2011, Zl. SanLA96-18-2011; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde und auch die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier eine den Betrag von 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 90 Abs. 3 Z. 1 LMSVG i.V.m. Teil 2 Z. 1 der Anlage zum LMSVG und i.V.m. Anhang II Kapitel II Z. 2 LMHV-EG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen, der als Lebensmittelunternehmer in Räumen, in denen Lebensmittel zubereitet, behandelt oder verarbeitet werden, keine geeigneten, aus korrosionsfreien Materialien hergestellten, leicht zu reinigenden sowie über eine angemessene Warm- und Kaltwasserzufuhr verfügenden Vorrichtungen zum Reinigen, Desinfizieren und Lagern von Arbeitsgeräten oder Ausrüstungen anbringt.

 

Nach Art. 3 LMHV-EG haben Lebensmittelunternehmer – d.s. Unternehmer, die im Bereich der Primärproduktion bzw. im Bereich der dieser folgenden Produktions-, Verarbeitungs- oder Vertriebsstufen (Sekundärstufe) tätig sind – generell sicherzustellen, dass auf allen ihrer Kontrolle unterstehenden Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen von Lebensmitteln die jeweils einschlägigen Hygienevorschriften der LMHV-EG erfüllt sind.

 

Gemäß Art. 4 Abs. 2 LMHV-EG haben Lebensmittelunternehmer, die auf einer Produktions-, Verarbeitungs- oder Vertriebsstufe von Lebensmitteln tätig sind, die den Arbeitsgängen der Primärproduktion nachgeordnet ist, die allgemeinen Hygienevorschriften gemäß Anhang II LMHV-EG sowie etwaige spezielle Anforderungen der LMHV-EG zu erfüllen.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall steht zunächst allseits unbestritten fest, dass die Konditorei des Rechtsmittelwerbers ein Lebensmittelunternehmen der Sekundärstufe i.S.d. des Art. 4 Abs. 2 LMHV-EG darstellt, sodass den Beschwerdeführer sowohl die allgemeine Anordnung des Art. 3 LMHV-EG als auch die spezifische Verpflichtung des Anhanges II Kapitel II Z. 2 LMHV-EG traf.

 

Davon abgesehen ist der Schuldspruch zu Punkt 1) des angefochtenen Straferkenntnisses ohnehin bereits dadurch in Rechtskraft erwachsen, dass der Rechtsmittelwerber diesen mit seinem lediglich gegen die Strafhöhe gerichteten Einspruch vom 14. April 2011 unberührt gelassen hat.

 

Es war daher im folgenden davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer die ihm spruchmäßig angelastete Tat begangen und auch strafrechtlich zu verantworten hat.

 

Seine Strafbarkeit ist daher gegeben. 

 

3.3. Hinsichtlich der Höhe der verhängten Strafe war zunächst zu Gunsten des Rechtsmittelwerbers – wie dies auch bereits in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses zum Ausdruck gebracht zum Ausdruck gebracht wurde – als strafmildernd zu berücksichtigen, dass dieser bisher nicht verwaltungsstrafrechtlich in Erscheinung getreten ist.

 

Außerdem wurde als Tatzeitraum lediglich 1 Tag – nämlich der 3. März 2011 – angelastet. In diesem Zusammenhang wurde zwar von der belangten Behörde auch ergänzend darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer seitens der Lebensmittelaufsichtsorgane schon öfter auf die hier in Rede stehenden Missstände hingewiesen worden sei und er jene immer wieder mit der Planung eines neuen Betriebsstandortes vertröstet habe; allerdings wurde dies dem Rechtsmittelwerber weder während des erstbehördlichen Verfahrens vorgehalten noch finden sich hierfür entsprechende Beweise in dem von ihr vorgelegten Akt.

 

Weiters trifft es mit Blick auf § 9 Abs. 7 VStG auch nicht zu, dass ein Betriebsstillstand oder hohe Investitionskosten kein Argument für eine Herabsetzung der Strafe bilden könnten.

 

Der zentrale materielle Tatvorwurf dahin, dass ein Doppelspülbecken nach einschlägigen Hygienevorschriften einen gewissen (Mindest-)Standard bildet, lässt sich zwar aus verschiedenen Regelungen mittelbar ableiten (vgl. beispielsweise die "Hygieneanforderungen auf Märkten" des Landes Oberösterreich vom März 2002); allerdings handelt es sich hierbei nicht um verbindliche, im Besonderen einen Lebensmittelunternehmer der Sekundärstufe i.S.d. des Art. 3 i.V.m. Art. 4 Abs. 2 LMHV-EG jedenfalls verpflichtende Rechtsnormen – geschweige denn um solche, auf die sich dessen strafrechtliche Verurteilung gründen ließe –, sondern bloß um Vorschriften, denen aus rechtlicher Sicht allenfalls empfehlender Charakter zukommt.

 

Schließlich hat die belangte Behörde auch nicht dargetan, dass und inwiefern dem Beschwerdeführer in Bezug auf den konkreten Tatvorwurf des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses eine grobe Fahrlässigkeit oder sogar vorsätzliches Handeln vorzuwerfen wäre.

 

Da die Übertretung nach dem Inhalt des von der belangten Behörde vorgelegten Aktes zudem auch keine bedeutenden Folgen nach sich gezogen hat, findet es der Oö. Verwaltungssenat unter Bedachtnahme auf die eher ungünstige Einkommenssituation des Rechtsmittelwerbers daher im Ergebnis als in gleicher Weise tat- und schuldangemessen, in dem hier vorliegenden Erstfall gemäß § 21 Abs. 1 VStG (noch) von der Verhängung einer Geldstrafe abzusehen und stattdessen bloß eine Ermahnung auszusprechen.

 

3.4. Insoweit war der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben; im Übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

4. Für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat war dem Beschwerdeführer hingegen nach § 65 VStG kein Kostenbeitrag für vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

 

VwSen-240826/2/Gf/Mu vom 30. Juni 2011, Erkenntnis

 

Rechtssatz 1

VStG §48 Abs2;

VStG §49;

ZustG §7;

ZustG §21

 

Eine entgegen § 48 Abs2 VStG iVm § 21 ZustG nicht zu eigenen Handen zugestellte Strafverfügung wird nach §7 ZustG jedenfalls mit dem Tag wirksam, an dem diese dem Beschuldigten tatsächlich zugekommen ist. Lässt sich dieser Tag ex post nicht mehr feststellen, so muss zugunsten des Beschuldigten davon ausgegangen werden, dass sein in der Folge per Telefax eingebrachter Einspruch jedenfalls rechtzeitig iSd § 49 Abs1 VStG ist.

 

Rechtssatz 2

VStG §49 Abs1, Abs2

 

Ein aus Anlass eines bloß gegen die Strafhöhe gerichteten Einspruches gegen eine Strafverfügung ergangener, explizit als "Bescheid" bezeichneter hoheitlicher Verwaltungsakt ist funktionell als Straferkenntnis zu qualifizieren (Hinweis auf Hauer-Leukauf, Verwaltungsverfahren6, 1599).

 

Rechtssatz 3

LebensmittelhygieneVO (EG) 852/2004 Art III Anh 2 Kap 2 Z 2

 

Weder aus Art III Anhang II Kapitel II Z 2 der LebensmittelhygieneVO (EG) noch aus anderen rechtlich verbindlichen Normen lässt sich ableiten, dass ein Doppelspülbecken einen Mindeststandard bilden würde, über den ein Lebensmittelunternehmen der Sekundärstufe iSd des Art3 iVm Art 4 Abs2 der LebensmittelhygieneVO jedenfalls verfügen müsste.

 

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