Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-100806/8/Bi/Fb

Linz, 10.11.1992

VwSen - 100806/8/Bi/Fb Linz, am 10. November 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des A F, E, P, vom 11. September 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kichdorf/Krems vom 5. August 1992, VerkR96/1282/1992/Bi/Ai, zu Recht:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldspruches bestätigt, jedoch von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird.

II. Es enfällt die Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 21 Abs.1 VStG, § 71 Abs.3 i.V.m. § 134 Abs.1 KFG 1967.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I. 1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat mit Straferkenntnis vom 5. August 1992, VerkR96/1282/1992/Bi/Ai, über Herrn A F wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 71 Abs.3 i.V.m. § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 1.500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt, weil er es, wie am 12. Februar 1992 gegen 17.05 Uhr in P, S B, Zufahrt H, festgestellt wurde, als Besitzer des ungültig gewordenen Führerscheines unterlassen hat, unverzüglich die Ausstellung eines neuen Führerscheines zu beantragen, da das Lichtbild den Besitzer nicht mehr einwandfrei erkennen läßt. Gleichzeitig wurde er zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz von 150 S verpflichtet.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Rechtsinstitut der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht, sondern durch ihre Berufungsvorlage die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates ausgelöst, der, da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden hat. Am 3. November 1992 wurde im Rahmen einer mündlichen Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Erstinstanz, Herrn B, vom Rechtsmittelwerber der Originalführerschein zur Einsichtnahme vorgelegt.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er sei seit längerem der Meinung, daß die ständigen Verkehrskontrollen durch Gendarmeriebeamte des Postens Pettenbach sowie die darauffolgenden Strafverfügungen durch die Bezirkshauptmannschaft in keiner Weise mehr den Charakter hätten, einer Erhöhung bzw. Wahrung der Verkehrssicherheit auf der Straße zu dienen. Er habe bislang nie Probleme mit Exekutivbeamten gehabt und nur in den drei Jahren, die er in Pettenbach wohne, habe der Stapel von Strafverfügungen durch die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf eine nicht unbeachtliche Höhe erreicht. Den Bestrebungen, bei der Auslegung von Gesetzestexten eine unnötige Kriminalisierung der Menschen hintanzuhalten und deshalb auch eventuell Gesetze zu ändern, scheine manchmal von einzelnen Exekutiv- und Verwaltungsbeamten dagegen gearbeitet zu werden, wobei Exekutivbeamte die Atmosphäre in einem kleinen Ort negativ genauso wie positiv beeinflussen könnten. Überdies habe der Verfassungsgerichtshof festgestellt, daß von einem Autofahrer nicht jedesmal eine neue Lenkerberechtigung verlangt werden könne, wenn er oder sie die Frisur wechsle. Würde der Buchstabe des Gesetzes bei allen Fahrzeuglenkern so übergenau genommen werden wie bei ihm, würden österreichweit Hunderttausende mit ungültigem Fahrdokument unterwegs sein. Den Beamten des Gendarmeriepostens Pettenbach sei sein Name in Verbindung mit seinen verschiedenen Arbeiten gegen die Zerstörung der Landschaft im K bekannt, und es sei unübersehbar, daß Verkehrskontrollen seither mit besonders großem Eifer durchgeführt worden seien.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde in den Originalführerschein des Rechtsmittelwerbers Einblick genommen, wobei festzustellen ist, daß das Dokument aus dem Jahr 1975 stammt und der Rechtsmittelwerber zu diesem Zeitpunkt längere Haare und einen Vollbart trug. Mittlerweile hat sich nicht nur die Frisur geändert, sondern auch der Bart wurde entfernt, sodaß objektiv keine Ähnlichkeit zwischen dem Führerscheinfoto und dem Rechtsmittelwerber erkennbar ist. Es ist daher davon auszugehen, daß der Rechtsmittelwerber auf dem Lichtbild im Führerschein nicht mehr einwandfrei zu erkennen ist, was von ihm im Prinzip auch nicht bestritten wurde. Er hat somit den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten. Der Rechtsmittelwerber hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung - nicht weil er seine Überzeugung geändert hat, sondern rein aus Zweckmäßigkeitsgründen - glaubwürdig versprochen, in allernächster Zeit die Ausstellung eines neuen Führerscheines zu beantragen. Er hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung einen guten Eindruck hinterlassen, sodaß seitens des unabhängigen Verwaltungssenates kein Zweifel daran besteht, daß er sein Versprechen einhält. Aus diesem Grund konnte schon aufgrund des Wegfalles spezialpräventiver Überlegungen und unter Berücksichtigung der Einkommenssituation von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden.

Grundsätzlich ist auszuführen, daß die gesetzlichen Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes für den Rechtsmittelwerber genauso gelten wie für andere Führerscheininhaber. Aus dem dem Verfahrensakt angeschlossenen Vormerkungsverzeichnis ergibt sich eine auffällige Häufung von Beanstandungen wegen § 71 Abs.3 KFG 1967, wobei die verhängten Strafen ein mit dem Unrechtsgehalt schwer in Einklang zu bringendes Ausmaß angenommen haben, was sich der Berufungswerber aufgrund seiner Uneinsichtigkeit zum überwiegenden Teil selbst zuzuschreiben hat. Ob es sich dabei tatsächlich um Ergebnisse dienstlichen Übereifers bestimmter Gendarmerieorgane handelt, vermag der unabhängige Verwaltungssenat nicht zu beurteilen. Da sich aber jeder Mensch im Laufe seines Lebens mit zunehmendem Alter auch vom Aussehen her verändert, was zur Folge hätte, daß jeder Führerscheinbesitzer im Intervall von jedenfalls 20 Jahren lediglich aufgrund des Fotos einen neuen Führerschein ausgestellt bekommen müßte, wird diese Bestimmung in der Praxis großzügig gehandelt.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über die Verfahrenskosten gründet sich auf die zitierten Gesetzesbestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Beilagen Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger 6

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum