Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-390301/2/Gf/Mu

Linz, 27.06.2011

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des x gegen das Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg vom 15. November 2010, Zl. BMVIT-635540/0629/10, wegen einer Übertretung des Telekommunikationsgesetzes zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe mit 250 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe mit 2 Stunden neu festgesetzt wird; im Übrigen wird diese hingegen als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 25 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG; § 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg vom 15. November 2010, Zl.  Zl. BMVIT-635540/0629/10, wurde über den
Beschwerdeführer eine Geldstrafe in einer Höhe von 370 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage; Verfahrenskostenbeitrag: 37 Euro) verhängt, weil er es als zur Vertretung nach außen berufenes Organ einer GmbH zu verantworten habe, dass diese am 19. Juli 2010 um 16:04 Uhr ohne vorherige Einwilligung der Gesprächspartnerin einen Anruf zu Werbezwecken (Teilnahme an einem Gewinnspiel) vorgenommen habe. Dadurch habe er eine Übertretung des § 107 Abs. 1 i.V.m. § 109 Abs. 3 Z. 19 des Telekommunikationsgesetzes, BGBl.Nr.I 70/2003, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 65/2009 (im Folgenden: TKG), begangen, weshalb er nach der letztgenannten Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der dem Rechtsmittelwerber angelastete Sachverhalt auf Grund einer entsprechenden Anzeige der Gesprächspartnerin sowie im Wege des von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung sei seine bisherige Unbescholtenheit als mildernd zu werten und seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

1.2. Gegen dieses ihm am 22. November 2010 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 24. November 2010 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Darin wendet der Beschwerdeführer unter Vorlage einer entsprechenden Auftragsbestätigung ein, dass er die Rufnummer der Gesprächspartnerin zuvor, nämlich am 15. Oktober 2010, entgeltlich von einem schweizerischen Unternehmen erworben habe, wobei sie anlässlich einer früheren aktiven Mitwirkung bei einer Werbeaktion eines anderen Unternehmens der Weitergabe ihrer Daten durch jenes explizit zugestimmt habe (sog. "opt-in"). Dass sich die Gesprächspartnerin nun daran offensichtlich nicht mehr erinnern könne, sei eine in vergleichbaren Fällen sehr häufig auftretende Erscheinung; dies ändere jedoch nichts daran, dass objektiv besehen eine dem Gesetz entsprechende Einwilligung vorliege. Davon abgesehen sei es ihr ohnedies freigestanden, das Werbeangebot abzulehnen, was sie ja auch getan habe.

Daher wird – erschließbar – die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg zu Zl. BMVIT-635540/0629/10; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde und auch die Verfahrensparteien einen dementsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Gemäß § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch
ein Einzelmitglied zu entscheiden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 109 Abs. 3 Z. 19 i.V.m. § 107 Abs. 1 TKG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 37.000 Euro zu bestrafen, der ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers einen Anruf zu Werbezwecken tätigt.

3.2. Im vorliegenden Fall wird vom Beschwerdeführer selbst gar nicht in Abrede gestellt, dass der verfahrensgegenständliche Anruf zum Zweck der Werbung für die Teilnahme an einem Gewinnspiel erfolgte.

Hinsichtlich der Zulässigkeit von Anrufen zu Werbezwecken bzw. der Zusendung von elektronischer Post (einschließlich SMS) zum Zweck der Direktwerbung geht § 107 TKG von einem System des sog. "opt-in" aus, d.h. dass eine vorangehende Einwilligung des Teilnehmers bzw. Verbrauchers vorliegen muss (und nicht von einer "opt-out"-Variante, d.h., dass der Anruf bzw. die Zusendung zunächst und weitere Anrufe bzw. Übermittlungen solange zulässig sind, bis der Kommunikationspartner ausdrücklich seinen Widerruf erklärt hat; vgl. dazu auch die E zur RV, 128 BlgNR 22. GP, S. 20). Im  Besonderen ist daher nach § 107 Abs. 1 TKG ein Anruf zu Werbezwecken a priori unzulässig, wenn keine vorangehende Einwilligung des Teilnehmers vorliegt. Ob diese Voraussetzung im konkreten Fall gegeben war, hat naturgemäß der Anrufer – und nicht umgekehrt: der Angerufene oder die Behörde deren Nichtvorliegen im Wege eines Erkundungsbeweises – zu belegen.

Diesem Erfordernis entspricht die hier vom Beschwerdeführer seinem Berufungsschriftsatz angeschlossene "Auftragsbestätigung/Lieferschein Adressen" jedoch schon deshalb nicht, weil aus dieser nur hervorgeht, dass ihm am 15. Oktober 2010 zu einem Preis von 650 Euro pro tausend Adressen insgesamt 3.000 jeweils aus Anrede, Vorname, Nachname, Adresse, Postleitzahl, Ort, Land und Telefonnummer bestehende Datensätze per e-mail übermittelt wurden. Dass sich darunter auch der entsprechende Datensatz jener im gegenständlichen Fall die Anzeige erstattet habenden Gesprächspartnerin befunden hat, lässt sich daraus jedoch nicht ableiten; erst recht gilt dies hinsichtlich des Umstandes, dass diese ihre Einwilligung zu Anrufen für Werbezwecke erteilt hätte.

Vor diesem Hintergrund ergibt sich daher insgesamt, dass der Rechtsmittelwerber kein Nachweis für eine entsprechende Einverständniserklärung erbracht hat, sodass sein Werbezwecken dienender Anruf i.S.d. § 107 Abs. 1 TKG unzulässig war.

Davon ausgehend hat er sohin tatbestandsmäßig und indem er die von einem Unternehmer zu erwartende Sorgfaltspflicht dahin, sich über das tatsächliche und zweifelsfreie Bestehen einer entsprechenden Einwilligung Gewissheit zu verschaffen, vermissen ließ, zumindest fahrlässig und damit schuldhaft gehandelt.

Seine Strafbarkeit ist daher gegeben.

3.3. Im Zuge der Strafbemessung hat die belangte Behörde zwar bereits die bisherige Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers als strafmildernd berücksichtigt. Allerdings war darüber hinaus im Sinne der mittlerweile ständigen Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts auch die nunmehr insgesamt überlange Verfahrensdauer als ein besonderer Milderungsgrund entsprechend zu veranschlagen.

3.4. Davon ausgehend war der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als die verhängte Geldstrafe auf 250 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe gemäß der durch § 16 Abs. 2 VStG vorgegebenen Relation auf 2 Stunden herabzusetzen war; im Übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde nach § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf 25 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat war dem Beschwerdeführer hingegen gemäß § 65 VStG kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.


Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

 

VwSen-390301/2/Gf/Mu vom 27. Juni 2011, Erkenntnis

 

TKG §107

 

§ 107 TKG geht hinsichtlich der Zulässigkeit von Anrufen zu Werbezwecken bzw der Zusendung von elektronischer Post (einschließlich SMS) zum Zweck der Direktwerbung von einem System des sogenannten "opt-in" aus, dh dass eine vorangehende Einwilligung des Teilnehmers bzw Verbrauchers vorliegen muss (und nicht von einer "opt-out"-Variante, dh, dass der Anruf bzw die Zusendung zunächst sowie weitere Anrufe bzw Übermittlungen solange zulässig wären, bis der Kommunikationspartner ausdrücklich seinen Widerruf erklärt hat; vgl dazu auch die ErläutRV 128 BlgNR 22. GP 20). Im  Besonderen ist daher nach §107 Abs1 TKG ein Anruf zu Werbezwecken a priori unzulässig, wenn keine vorangehende Einwilligung des Teilnehmers vorliegt. Ob diese Voraussetzung im konkreten Fall jeweils gegeben war, hat der Anrufer – und nicht umgekehrt: der Angerufene oder die Behörde deren Nichtvorliegen im Wege eines Erkundungsbeweises – entsprechend zu belegen.

 

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