Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100808/2/Br/La

Linz, 17.09.1992

VwSen - 100808/2/Br/La Linz, am 17. September 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn W H, wh. P, A, vom 8.September 1992, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 25. August 1992, VerkR96/1340/1992, wegen Übertretung des § 52a Z.11a StVO iVm. § 99 Abs.3a der Straßenverkehrsordnung 1960 StVO, zu Recht:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt. Der Spruch wird dahingehend präzisiert, daß der Vorfallsort zu lauten hat "..... gegenüber Nr. 36......", anstatt ".....gegen Nr. 36." II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden 60 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 52a Z.11a iVm. § 99 Abs.3a der Straßenverkehrsordnung 1960, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 615/1991 - StVO; § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51/1991 - AVG, iVm. § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 - VStG.

Zu II.: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit Straferkenntnis vom 25. August 1992 über den Berufungswerber wegen Übertretung des § 52a Z.11a StVO eine Geldstrafe von 300 S und für den Nichteinbringungsfall 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 3.3.1992 um 15.45 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen in L, J "gegen.Nr." in Richtung stadtauswärts gelenkt und dabei in diesem Bereich die durch das Vorschriftszeichen "Zonenbeschränkung" (erlaubte Höchstgeschwindigkeit) von 30 km/h um 12 km/h überschritten hätte. Begründend führt die Erstbehörde aus, daß die Übertretung auf Grund der Radarmessung als erwiesen anzusehen sei. Der Einspruch des Berufungswerbers sei im wesentlichen damit begründet worden, daß die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung für die Durchführung des Strafverfahrens nicht zuständig wäre. Auch wäre die Verordnung der 30 km/h-Zone gesetzwidrig und nicht ordnungsgemäß kundgemacht, da die Abmessungen der Vorschriftszeichen nicht den dafür vorgesehenen Bestimmungen entsprechen würden. Hiezu habe die Erstbehörde erwogen, daß gemäß § 29a VStG 1950 die zuständige Behörde (gemeint wohl: Tatortbehörde) das Strafverfahren oder den Strafvollzug an jene sachlich zuständige Behörde übertragen könne, in deren Sprengel der Beschuldigte seinen Wohnsitz oder Aufenthalt habe. Im konkreten Fall habe die Bundespolizeidirektion Linz als zuständige Behörde das gegenständliche Strafverfahren der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung als für den Berufungswerber zuständige Wohnsitzbehörde rechtswirksam übertragen. Zur Meinung der gesetzwidrigen Verordnung sei zu sagen, daß die "Tempo 30 km/h-Zone" gemäß § 43 der Straßenverkehrsordnung 1960 rechtsgültig verordnet worden sei. Zum Vorbringen des Berufungswerbers, diese Verordnung wäre nicht rechtmäßig kundgemacht worden und das Verkehrszeichen würde in seinen Abmessungen nicht den dafür vorgesehenen Bestimmungen entsprechen, sei zu erwidern, daß das Verkehrszeichen "Zonenbeschränkung" nicht in der Verkehrszeichenverordnung aufscheine und deshalb auch keine vorgeschriebenen Abmessungen existierten. Vorschriften bezüglich Abmessungen hätten den Zweck, die sichere Ablesbarkeit eines Verkehrszeichens zu gewährleisten. Da Tempo 30 km/h-Zonen nur im Ortsgebiet auftreten würden und dort lediglich Geschwindigkeiten bis zu 50 km/h gefahren werden dürften, sei bei den derzeitigen Abmessungen der Vorschriftszeichen "Tempo 30 km/h-Zone" eine ausreichende Ablesbarkeit gegeben. Sohin sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen. Das Strafausmaß sei gemäß § 19 VStG unter Berücksichtigung der persönlichen Situation und der Schwere der Übertretung festgesetzt worden. Erschwerend sei die bereits einschlägige Vormerkung zu werten gewesen. Mildernde Umstände seien nicht zutage getreten.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig Berufung erhoben und führt in dieser wie folgt aus: "1) Sachverhaltsfestellung: Ich bin am 3.3.1992 über die D in die J eingebogen und Richtung U gefahren. 2) Ich stelle den Antrag der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge der Berufung stattgeben und das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung VerkR96/1340/1992 aufheben. Weiters gebe ich die Anregung der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge einen Gesetzessprüfungsantrag gemäß dem Punkt 1b) der Berufungsbegründung und einen Verordnungsprüfungsantrag gemäß dem Punkt 4) der Berufungsbegründung beim Verfassungsgerichtshof einbringen. 3) Begründung: 1a) Gem. § 27/1 VStG ist diejenige Behörde örtlich zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist. Dies ist im gegenständlichen Fall die Bundespolizeidirektion Linz und nicht die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung. Gem. §29a VStG darf die zuständige Behörde das Strafverfahren an die sachlich zuständige Behörde, in deren Sprengel der Beschuldigte seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat, übertragen, aber nur, wenn dadurch das Verfahren wesentlich vereinfacht oder beschleunigt wird. Durch die Übertragung im gegenständlichen Fall wird und wurde das nicht bewirkt. Es ist anzumerken, daß sich die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung ebenfalls in Linz befindet und zwar unwesentlich von der Bundespolizeidirektion entfernt, sodaß sich nicht einmal für meine Stellungnahme- bzw. Rechtfertigungsmöglichkeit eine örtliche Vereinfachung ergab, da ich so oder so nach Linz fahren mußte. Weiters kann gar nicht mehr in Frage gestellt werden, bei der derzeitigen Dauer des Verfahrens (Tat 3.3.1992 Strafverfügung Anfang September), daß durch die Übertragung das Verfahren w e s e n t l i c h beschleunigt wurde. Trotz der Tatsache, daß ich darauf schon im Einspruch aufmerksam gemacht habe, hat die Behörde diesbezüglich keine Ermittlungen durchgeführt und somit das Ermittlungsverfahren in einem wesentlichen Punkt unterlassen. Gemäß der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes liegt hier willkürliche und somit gleichheitswidrige Vollziehung vor. 1b) § 29a VStG verstößt gegen Art. 18 Abs.1 B-VG, da er im Hinblick auf die Art der Beschleunigung und der Vereinfachung des Verfahrens nicht ausreichend determiniert ist und den Behörden zuviel Freiraum läßt. 2) Gemäß StVO sind Verkehrszeichen in einer solchen Art und Größe anzubringen, daß sie von den Lenkern herannahender Fahrzeuge leicht und rechtzeitig erkannt werden können. Diese Bestimmung der StVO ist nicht ausreichend determiniert, um unmittelbar, ohne Verordnung, die Art und Größe von Verkehrszeichen festzulegen. Die zuständige Behörde hätte Art und Größe zu verordnen. Dies ist anscheinend nicht erfolgt. Keinesfalls kann es einem Amt des Magistrates überlassen sein, über Art und Größe von Straßenverkehrszeichen zu bestimmen. 3) In meinem Einspruch habe ich geltend gemacht, daß die Verordnung über die gegenständliche "30 km/h Zone" vorschriftswidrig ist. Trotzdem hat die Behörde erster Instanz bisher nicht ermittelt, ob das Verkehrszeichen "30 km/h Zone" in der D stadtauswärts gesetzmäßig (Abstand vom Straßenrand etc.) bzw. der Verordnung entsprechend aufgestellt wurde. Laut der vom Magistrat vorgelegten Verordnung umfaßt die Zone die ganze D. Tatsächlich befindet sich das Verkehrszeichen erst nach Überquerung der Straßenbahnschienen. 4) Gemäß StVO darf (gemeint wohl: dürfen) zur Fernhaltung von Belästigungen usw. durch Verordnung für bestimmte Gebiete, Straßen oder Straßenstrecken Verkehrsbeschränkungen erlassen werden. Die D als auch die J K, besonders an der Stelle an der ich zu schnell gefahren bin, zeichnen sich durch besondere Breite aus. Auch befindet sich in der Umgebung des Tatortes weder eine Schule noch ein Kindergarten oder eine andere schützenswerte Einrichtung. Allein die Tatsache, daß es sich dort hauptsächlich um Wohngebiet handelt, wie übrigens jede Stadt hauptsächlich Wohngebiet ist, (die Bevölkerungsdichte ist dort auch nicht besonders hoch) rechtfertigt meines Erachtens die Verordnung der Zone nicht, da der Gesetzgeber für übliche Verhältnisse die generelle 50 km/h Beschränkung geschaffen hat. Es müßte sich hier schon um eine außergewöhnliche Belastung handeln, und von solchen ist weit und breit nichts zu bemerken. Ganz im Gegenteil handelt es sich hier nicht um eine Durchzugsstraße, sondern um eine mit mäßigem Verkehrsaufkommen. Weiters spricht die StVO von einem Fernhalten der Belästigungen und nicht von einer Verminderung etc. Die Verordnung ist daher gesetzwidrig. 8.September 1992 (eh.Unterschrift) Wo H." 2.1. Hinsichtlich der über den Berufungsantrag hinausgehenden, im Schriftsatz des Berufungswerbers getätigten Anregungen war mangels subjektives Recht auf Einleitung diesbezüglicher Maßnahmen nicht abzusprechen. Folglich wird jedoch auch zu diesen Fragen, erläuternd ausgeführt.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich, da vom Berufungswerber ausschließlich nur unrichtige rechtliche Beurteilungen durch die Erstbehörde behauptet werden und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vom Berufungswerber nicht ausdrücklich verlangt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, Zl.: VerkR96/1340/1992, welchem auch die Verordnung der Landeshauptstadt Linz, Zl.: 101-5/19, angeschlossen ist (ONr.1). Beigeschafft wurden auch die dieser Verordnung zugrundeliegenden Untersuchungsergebnisse betreffend die Lärmentwicklung, den Schadstoffausstoß, sowie Unfallstatistiken, basierend auf Vergleichsuntersuchungen bei Fahrgeschwindigkeiten von 30 und 50 km/h (ONr.2); ebenfalls wurde vom erkennenden Einzelmitglied des unabhängigen Verwaltungssenates ein Lokalaugenschein an der Vorfallsörtlichkeit und der Örtlichkeiten der Aufstellung der Verkehrszeichen (§ 52a Z.11a StVO) vorgenommen (Handskizze v.15.9.1992, 18.45 h, ONr. 3).

4.1. Dem Berufungswerber wurde am 5. Oktober 1992 Akteneinsicht gewährt und ihm die Möglichkeit zur Äußerung eröffnet. Vom Berufungswerber wurde neuerlich die Übertretung nicht bestritten, sondern lediglich hinsichtlich der Verordnung, welche bezüglich des fraglichen Bereiches nur "D" nennt und diese nicht näher umschreibt, Bedenken geäußert.

5. Es ist sohin erwiesen, daß der Berufungswerber in P wohnhaft ist und er zur fraglichen Zeit am fraglichen Ort das oben bezeichnete Fahrzeug gelenkt hat und die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 12 km/h, überschritten hat. Diese Sachverhaltsfeststellung ergibt sich aus der unbestritten gebliebenen Aktenlage und den ergänzend aufgenommenen Beweisen.

Der fragliche Straßenzug ist ca. 9 Meter breit und kann beidseitig beparkt werden, sodaß diesfalls für beide Fahrtrichtungen für den fließenden Verkehr eine Breite von ca. 5 Metern verfügbar bleibt. An der Vorfallsörtlichkeit findet sich 20 - 30 Meter rechtsseitig eine Wohnhausanlage, ca. 8 - 10 Meter linksseitig ein Lebensmittelgeschäft. In Fahrtrichtung des Berufungswerbers findet sich das Verkehrszeichen (§ 52a Z.11a StVO) ca. 600 Meter vor der Kreuzung D Straße - Straße am rechten Fahrbahnrand aufgestellt. Etwa 100 Meter nach dieser Kreuzung (links) liegt die Nr. 36 (Vorfallsort). Von der Einmündung F Straße in Richtung stadtauwärts gesehen ist das Verkehrszeichen "Zonenbeschränkung" in identer Weise (genaueres unter 7.1.4.) angebracht. Der Vorfallsort befindet sich aus dieser Richtung gesehen etwa 400 Meter stadtauswärts.

6. In der Sache selbst hat der Verwaltungssenat erwogen:

6.1. Grundsätzlich muß von einem Fahrzeuglenker erwartet werden können, daß dieser die Vorschriften des Straßenverkehrs zu beachten in der Lage ist und diese auch beachtet. Wie immer nun die vom Berufungswerber vorgebrachten Argumente verstanden werden könnten, finden sich darin keine Anhaltspunkte, daß die Geschwindigkeitsüberschreitung nicht begangen worden wäre. Unter Punkt 4. seines Berufungsvorbringens gibt der Berufungswerber die Übertretung sogar zu, indem er ausführt "... an der Stelle wo ich zu schnell gefahren bin." 6.1.1. An dieser Stelle muß wohl doch bemerkt werden, daß das Berufungsvorbringen teilweise unschlüssig und nicht zur Gänze nachvollziehbar ist. Unverständlich ist, warum der Berufungswerber sich durch die Abtretung des Verfahrens an die Wohnsitzbehörde beschwert erachtet, wenn er doch selbst ausführt, daß sein Wohnort - wenn auch nur unwesentlich, aber doch - näher der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung als der BPD-Linz in der Nietzschestraße liegt. Unbegründet in diesem Zusammenhang ist, welche Ermittlungen "in einem wesentlichen Punkt" (Seite 2 der Berufung) die Erstbehörde diesbezüglich unterlassen hätte. Nicht nachvollziehbar bleibt, worin der Berufungswerber durch die Abtretung zu seiner Wohnsitzbehörde eine Gleichheitswidrigkeit in der Vollziehung erblickt. Unrichtig ist die Behauptung, die Strafverfügung sei erst Anfang September erlassen worden, wo diese doch bereits am 20.3.1992 ausgefertigt und am 27.3.1992 vom Berufungswerber eigenhändig übernommen wurde.

7. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

7.1. Gemäß § 29a VStG kann, wenn hiedurch das Verfahren wesentlich vereinfacht oder beschleunigt wird, die zuständige Behörde das Strafverfahren oder den Strafvollzug an jene sachlich zuständige Behörde übertragen, in deren Sprengel der Beschuldigte seinen Wohnsitz hat. Gegen § 29a VStG bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (VwGH 14.2.1984, 83/04/0212). Eine Übertragung eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen einer im Straßenverkehr begangenen Übertretung an die Wohnsitzbehörde des Beschuldigten läßt grundsätzlich eine wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens erwarten (VwGH 17.5.1989, 88/03/0254 u. VwGH 29.1.1992, 91/03/0272 sowie 91/03/0273 vgl. z.B. die in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Aufl. zu § 29a VStG im Entscheidungsteil unter 8 b und c sowie 18 b wiedergegebene Judikatur, S. 859 bzw. 861 f). Durch die Abtretung gemäß § 29a VStG wurde die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung zur Sachentscheidung zuständig. Es könnte nicht im Sinne einer sparsamen, ökonomischen und sinnvollen Verwaltungsführung sein, müßte die Behörde im Falle einer beabsichtigten Abtretung erst Ermittlungen führen, ob nicht etwa zufällig, z.B. wegen eines vorübergehend auch anderen Aufenthaltes des Betroffenen, für diesen vielleicht die Führung des Verfahrens durch die Tatortbehörde, günstiger wäre.

7.1.1. Gemäß § 43 StVO 1960 wurde von der Landeshauptstadt Linz mit 30.7.1990 unter Zl.: 101-5/19, ua. auch der Straßenzug Straße als "Zone" erklärt. In dieser wurde neben einem Fahrverbot für einspurige Kraftfahrzeuge in der Zeit von 23.00 Uhr bis 05.00 Uhr auch als erlaubte Höchstgeschwindigkeit 30 km/h festgesetzt. Als Motiv für dieses Vorgehen findet sich im Akt der Schutz der Bevölkerung vor Verkehrslärm, Abgasen und Senkung der Unfallgefahren. Schon an diesem Punkt wird festgestellt, daß sich für den unabhängigen Verwaltungssenat kein Anhaltspunkt ergibt, daß diese Verordnung nicht in § 43 StVO 1960 ihre Deckung fände. Ist doch gerade der Lärm in vielfach anerkannter Weise eine erhebliche Beeinträchtigung für das Wohlbefinden und die Lebensqualität der Menschen.

7.1.2. In den vorliegenden Untersuchungen (ONr.2) an deren Schlüssigkeit es nicht zu zweifeln gilt, kommt unmißverständlich zum Ausdruck, daß sich bei 15 zum Vergleich herangezogenen Fahrzeugen durchgehend Lärmreduktionen bei einer Fahrgeschwindigkeit von 30 km/h, gegenüber einer Geschwindigkeit von 50 km/h ergeben hatten, wobei diese ja nach Fahrzeugtype zwischen 4 und 7 dB lagen (Tabelle 3, Seite 4 der Beilage ONr.2). Ebenso steht laut den vom Amt für Umweltschutz des Magistrates der Stadt Linz durchgeführten Messungen fest, daß auch die Emission von "CO, HC und NOx im Mittelwert von 17,5%, 10,4% und 31, 8% bei Tempo 30 anstatt 50 reduziert" werden. Die Reduzierung der Unfallsneigung, insbesonders jedoch der Unfallsfolgen, ist ebenfalls statistische Tatsache und bedarf eigentlich keiner weiteren Ausführung, zumal sich wenigstens die geringeren Unfallfolgen mit den physikalischen Gesetzen von selbst erklären.

7.1.3. Gemäß § 43 Abs.2 lit.b StVO hat die Behörde zur Fernhaltung von Gefahren oder Belästigungen, insbesonders durch Lärm, Geruch oder Schadstoffe, wenn und insoweit es zum Schutz der Bevölkerung oder der Umwelt oder aus anderen wichtigen Gründen erforderlich ist, durch Verordnung a) für bestimmte Gebiete, Straßen oder Straßenstrecken, für alle oder bestimmte Fahrzeugarten oder für Fahrzeuge mit bestimmten Ladungen dauernde oder zweitweise Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote zu erlassen. . . . . .

7.1.3.1. Mit dieser Bestimmung sind auch Geschwindigkeitsbeschränkungen aus Umweltschutzgründen möglich. Es kann kein Zweifel bestehen, daß es sich bei den in der Verordnung genannten Motiven nicht um "wichtige Gründe" handelt, welche diese Maßnahme rechtfertigen und dem Schutz der Bevölkerung dienen. Nur durch derartige Maßnahmen kann das gesetzlich gebotene Ziel, der Schutz der Bevölkerung, erreicht werden. Die hier diskutierte Rechtsmaterie ist bei Beachtung der der Rechtsordnung inhärenten Auslegungsregeln wohl nur, so sich überhaupt über den Wortlaut hinausgehende Möglichkeiten für das Verständnis der Aussage ergeben, im Zweifel i m S i n n e der S i c h e r h e i t und des größtmöglichen Schutzes der Bevölkerung zu verstehen; die Aspekte der Sicherheit müssen wohl möglichst extensiv erfaßt sein und müssen diesbezügliche gesetzliche Bestimmungen als Imperativ an den Verordnungsgeber gerichtet erachtet werden ( Bydlinski in: Rummel, ABGB-Kommentar, RN 21 ff zu § 6).

Die Beeinträchtigung der motorisierten Verkehrsteilnehmer durch die Geschwindigkeitsbeschränkung im verbauten Gebiet bzw. auf einem lokalen Bereich steht in keinem Verhältnis zu der mit der damit verbundenen Erhöhung der Lebensqualität der Wohnbevölkerung und der nicht motorisierten Verkehrsteilnehmer. Analog hiezu führt der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis B 123,426/90, 8.10.1990 (= ZfVB 1991/4 1920) aus, daß die Erlassung einer Verordnung "im Hinblick auf die in § 43 Abs.2 StVO genannten Voraussetzungen ("zur Fernhaltung von Gefahren oder Belästigungen insbesondere durch Lärm...... wenn für die Bevölkerung..... erforderlich ist") im überwiegenden öffentlichen Interesse (sofern gegenüber dem Lärmschutz als mit dem Nachtfahrverbot angestrebten Zweck die Bedeutung der Verkehrsbeziehungen und Verkehrserfordernisse, auf die gemäß dem letzten Satz des § 43 Abs.2 StVO Bedacht zu nehmen ist, zurücktritt; VfSlg 8086/1977 = ZfVB 1977/6/2490) liegen." Da im "Allgemeininteresse" liegende Eigentumsbeschränkungen jedenfalls verfassungsrechtlich zulässig sind (VfSlg 9911/1983 = ZfVB 1984/2/844), ist gegen Nachtfahrverbote aus verfassungsrechtlicher Sicht nichts einzuwenden, wenn sie den durch § 43 Abs.2 StVO genannten Voraussetzungen genügen. Dies belegt, daß eben dem Schutz der Bevölkerung ein bedeutender Stellenwert einzuräumen ist. Im hier vorliegenden Problem werden jedoch die Interessen der Fahrzeuglenker in einem ungleich geringerem Ausmaß betroffen als die wohl schwerer wiegenden Interessen der Wirtschaft im Falle des Nachtfahrverbotes beeinträchtigt wurden. Unter Grundlegung des erreichbaren Geschwindigkeitsdurchschnittes in den Ballungszentren wird durch diese Verordnung der Fahrzeugverkehr de facto überhaupt nicht negativ beeinträchtigt. Betreffend diesen Straßenzug bestehen aus der Sicht des unabhängigen Verwaltungssenates keine Bedenken hinsichtlich einer mangelnden gesetzlichen Deckung gegenständlicher Verordnung.

7.1.4. Diese Beschränkung wurde durch Anbringen des Verkehrszeichens gemäß § 52a Z.11a StVO 1960 kundgemacht. Das Verkehrszeichen befindet sich in Fahrtrichtung des Berufungswerbers ca. 600 Meter vor der Kreuzung Straße sowie unmittelbar am Beginn der Straße, einen Meter vom rechten Fahrbahnrand und ca. 1,5 Meter schräg zur Kante des Fußgängerüberganges (in Richtung stadtauswärts), 400 Meter vor der Örtlichkeit Nr. 36. Die Tafel (§ 52a Z.11a) ist in einer Höhe von ca. 1,90 m (unterer Rand) angebracht. Darüber findet sich die Zusatztafel betreffend die zeitliche Beschränkung des Fahrverbotes mit einspurigen Kfz und wieder darüber liegend die bezügliche Fahrverbotstafel. Der Durchmesser der äußeren Kreisscheibe beträgt ca. 38 cm. Die Aufstellung dieser Tafel entspricht laut ha. Feststellungen der Vorschrift des § 48 Abs.5 StVO 1960. Sie ist für jeden Verkehrsteilnehmer gut sicht- und erkennbar aufgestellt.

Auch ein Kundmachungsmangel ist sohin nicht erkennbar.

8. Der unabhängige Verwaltungssenat sieht daher keine Veranlassung, diesbezüglich an den Verfassungsgerichtshof mit Normenprüfungsanträgen heranzutreten. Im Lichte obiger Ausführungen müßte solchen Anträgen der Erfolg wohl versagt bleiben.

9. Im Hinblick auf die vom unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zu VwSen 100235 mit 20. November 1991 mit ähnlichem Bezug getroffene Entscheidung lag nur eine Berufung gegen das Ausmaß der verhängten Strafe zugrunde. Dort schien die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG zwingend geboten. Auf Grund der Faktenlage vermochte sohin in jenem Fall im Hinblick auf den Unrechtsgehalt nichts ausgesagt zu werden. Gegenständlicher Entscheidung liegt jedoch ein offenkundig anders strukturierte(r) Straßenzug (Zone) zugrunde (beidseitig beparkbar und für den fließenden Verkehr lediglich eine verbleibende Breite von etwa 5 Metern sowie keine Durchzugsstraße).

Auf Grund des konkreten Antrages, die bezügliche Verordnung auf ihre Gesetzmäßigkeit amtswegig überprüfen zu lassen, wurde daher im vorliegenden Fall, durchaus im Sinne der Bürgernähe, diese Frage konkret und umfassend erörtert.

10. Grundsätzlich ist bei der Strafzumessung gemäß § 19 VStG Grundlage stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden. Im übrigen ist zur Strafzumessung schließlich anzumerken, daß von der Erstbehörde die Strafe nach h. Ansicht ohnedies sehr niedrig bemessen wurde, zumal nach der Aktenlage nicht einmal der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit heranzuziehen gewesen ist. Selbst wenn die Geschwindigkeitsüberschreitung als nicht eklatant anzusehen ist, war sie mit nachteiligen Folgen, nämlich einer Beeinträchtigung der Umwelt durch die Erzeugung von unnötigem Lärm und Abgasen, verbunden. Die verhängte Strafe erscheint nicht zuletzt auch aus Gründen der Spezialprävention erforderlich zu sein um den Berufungswerber künftighin von derartigen Übertretungen abzuhalten.

11. Der Spruch war zu berichtigen, weil im Straferkenntnis, offenkundig auf Grund eines Schreibfehlers, der berichtigte Teil als "gegen Nr." bezeichnet wurde. Obwohl die Nr. 36 sich in Fahrtrichtung des Berufungswerberfahrzeuges befindet, ist die Tatortbeschreibung mit "gegenüber" unmißverständlich, weil sich neben der Fahrbahn zwei Grünstreifen mit einem etwa in der Mitte derselben ein ca. 5 Meter breiter Gehsteig befindet, das Haus Nr. 36 sohin etwa 20 bis 30 Meter rechts vom Fahrbahnrand befindet. In der Strafverfügung vom 20.3.1992 wurde jedoch der Tatort im Sinne der nunmehrigen Berichtigung und gemäß den Erfordernissen nach § 44a VStG zur Last gelegt.

12. Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

13. Der Ausspruch über die Kostenentscheidung gründet in der unter II. bezogenen Gesetzesstelle.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig. H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof oder beim Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Beilagen Für den O.Ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r 6

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