Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100809/20/Fra/Ka

Linz, 16.03.1993

VwSen - 100809/20/Fra/Ka Linz, am 16. März 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 3. Kammer (Vorsitz: Mag. Gallnbrunner, Berichter: Dr. Fragner, Beisitzerin: Mag. Bissenberger) über die Berufung des J M, B, L, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 1. Juli 1992, Az.VU/S/1252/92 W, hinsichtlich des Faktums 1 (§ 99 Abs.1 lit.a iVm § 5 Abs.1 StVO 1960) nach der am 10. Februar 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruchs und des Ausspruchs über die Barauslagen gemäß § 5 Abs. 9 StVO 1960 abgewiesen. Der Berufung wird jedoch hinsichtlich des Strafausspruchs insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 10.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf acht Tage herabgesetzt werden.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 51 und 51e Abs.1 VStG.

II. Der Kostenbeitrag für das Strafverfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 1.000 S. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

Rechtsgrundlage: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 1. Juli 1992, AZ.VU/S/1252/92 W, unter Punkt 1 über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1 lit.a iVm § 5 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 12.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Wochen) verhängt, weil er am 15. März 1992 um 23.35 Uhr in L, A, Fahrtrichtung S, Kilometer 6,3, den PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten und fahruntüchtigen Zustand gelenkt hat. Ferner wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren in Höhe von 10 % der verhängten Strafe sowie gemäß § 5 Abs.9 zum Ersatz der Auslagen für die Blutabnahme nach dem Alkomattest in Höhe von 960 S, zum Ersatz der Auslagen für den Alkomaten in Höhe von 10 S sowie für die Blutauswertung in Höhe von 1.398 S verpflichtet.

I.2. Gegen das unter I.1. angeführte Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Rechtsinstitut der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Sie hat das Rechtsmittel samt Verfahrensakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Dieser entscheidet, da hinsichtlich des gegenständlichen Faktums eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eine aus drei Mitgliedern bestehende Kammer. Hinsichtlich der weiteren im angefochtenen Straferkenntnis angeführten Fakten entscheidet, da wegen dieser Tatbestände jeweils 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, das zuständige Einzelmitglied.

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt sowie durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10. Februar 1993.

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Unstrittig ist, daß der Beschuldigte am 15. März 1992 um 23.35 Uhr in L, A, Fahrtrichtung S, Kilometer 6,3, den PKW gelenkt hat. Am 16. März 1992 um 0.27 Uhr und um 0.29 Uhr wurde in L, Wachzimmer Neue Heimat, Helmholzstraße 15 beim Beschuldigten eine Atemalkoholuntersuchung mittels Alkomat durchgeführt. Beide Messungen ergaben jeweils einen Atemluftalkoholgehalt von 0,74 mg/l. Eine anschließend beim Arzt Dr. Heinz Legrer, Andreas Hofer Straße Nr.2, in Linz am 16. März 1992 um 1.00 Uhr durchgeführte Blutabnahme ergab laut chemischem Befund der Bundesstaatlichen Bakteriologisch Serologischen Untersuchungsanstalt Linz vom 16. März 1992 einen Mittelwert von 1,81 %o Blutalkoholgehalt.

Der Beschuldigte hat nun diese Werte in objektiver Hinsicht niemals bestritten. Er vermutete lediglich, daß diese Werte infolge der von ihm eingenommenen Medikamente bzw. des Insulins zustandegekommen waren. Er sei schwer zuckerkrank und müsse morgens und abends jeweils neun bzw. sieben Tabletten einnehmen gegen seine Beschwerden in den Beinen, gegen Durchblutungsstörungen sowie gegen Herzbeschwerden. Darüber hinaus müsse er Insulin spritzen. Am Tattage habe er vor der Fahrt bereits die Tabletten genommen und auch Insulin gespritzt. Dann habe er zwei gespritzte Most und ein Seidel Bier (Dose) konsumiert. Laut Beilage zur Anzeige der BPD Linz vom 16. März 1992 hat der Beschuldigte am 15. März 1992 von 12.00 Uhr bis 13.00 Uhr zwei Seidel Most und am 15. März 1992 um 22.30 Uhr bis 23.00 Uhr eine Halbe Bier konsumiert.

Auf Grund dieser Vermutungen des Berufungswerbers hat der unabhängige Verwaltungssenat ein medizinisches Gutachten zu der Frage eingeholt, ob der beim Beschuldigten festgestellte Alkoholgehalt Folge der von ihm eingenommenen Medikamente bzw. des Insulins sein konnte. Bei der Berufungsverhandlung gab der Beschuldigte der medizinischen Amtssachverständigen Frau Dr. H eine Liste über angeblich am Tattage eingenommene Medikamente, welche er laut seinen Angaben täglich über ärztliche Anordnung einnehmen müsse.

Das medizinische Gutachten lautet wie folgt: "Zum vorgegebenen Beweisthema, ob der bei Herrn J M festgestellte Alkoholgehalt Folge der von ihm eingenommenen Medikamente bzw. des Insulins sein konnte, wird aus medizinischer Sicht folgendes festgestellt: Sowohl die Blutalkoholbestimmung, welche in Österreich nach zwei verschiedenen Methoden (Methode von Widmark und Gaschromatographie als Verfahren mit höchster Spezifität, wobei Fremdstoffe automatisch aufscheinen) durchgeführt wird, als auch die Atemalkoholbestimmung mittels Alkomat, bei welcher nach dem Prinzip der Infrarotabsorption der in der Ausatemluft enthaltene Alkoholdampf gemessen wird, arbeiten streng spezifisch. Streng spezifisch bedeutet, daß nur Ethanol, eben der in Getränken vorkommende Genußalkohol, bestimmt wird. Es ist wissenschaftlich erwiesen, daß durch Krankheiten und Stoffwechselstörungen keine relevanten Alkoholkonzentrationen entstehen und somit der bei Herrn Mayr gemessene Blutalkoholgehalt von 1,77 %o als niedrigster Wert, bzw. der Atemalkoholgehalt von 0,74 mg/l ausschließlich auf exogene Zufuhr alkoholischer Getränke zurückzuführen ist. Auch die geltend gemachten Medikamente Insulin Magnesium, Neurobion forte Dragees, Renitec, Delpral, Theospirex, Lintar, Halzion, Lexotanil und Prednisolon (lt. eigenen Angaben um ca. 20.00 Uhr eingenommen) enthalten entsprechend dem Austria Kodex (Auflistung sämtlicher in Österreich registrierter Arzneimittel) als Inhaltsstoff kein Ethanol und sind daher nicht in der Lage, eine Blut- oder Atemalkoholkonzentration hervorzurufen oder eine vorhandene Alkoholkonzentration zu verfälschen.

Es muß aber jedem Fahrzeuglenker bekannt sein, daß Alkohol mit Medikamenten kombiniert zu subjektiven Störungen im Sinne einer verstärkten Alkoholwirkung führen kann. Die von Herrn M angegebenen Medikamente wie u.a. Delpral und Halzion haben sedierende, d.h. dämpfende Wirkung, welche das Reaktionsvermögen so weit verändern kann, daß die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr beeinträchtigt wird. Dies gilt in verstärktem Maße im Zusammenwirken mit Alkohol. Jeder insulinpflichtige Diabetiker muß weiters darüber informiert sein, daß es unter Alkohol zu Hypoglykämien, d.h. Unterzuckerung bis hin zum Präkoma und Koma, welche lebensbedrohlich werden können und jede Verkehrsteilnahme verbieten, kommen kann.

Zusammenfassung: Der objektiv gemessene Blut- bzw. Atemalkoholgehalt ist ausschließlich auf den Genuß alkoholischer Getränke zurückzuführen. Durch die Medikamente kann die subjektive Wirkung des Alkohols noch erheblich gesteigert werden." Auf Grund dieses Gutachtens, welches nachvollziehbar und schlüssig ist und auch vom Berufungswerber in keinster Weise in Zweifel gezogen wurde, ist mit Sicherheit davon auszugehen, daß der beim Beschuldigten gemessene Blutbzw. Atemluftalkohol auf den Genuß alkoholischer Getränke zurückzuführen ist. Es werden daher die Angaben des Berufungswerbers bezüglich des Konsums von alkoholischen Getränken insofern als unglaubwürdig angesehen, als sie zumindest unvollständig sind. Mangelndes Verschulden an der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung konnte er somit nicht glaubhaft machen, weshalb der Schuldspruch zu bestätigen war. Der Ausspruch der Kosten bezüglich Alkomat, Blutabnahme und Blutauswertung stützt sich zu Recht auf § 5 Abs.9 StVO 1960, wobei eine Unangemessenheit dieser Kosten nicht zu konstatieren ist.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß die belangte Behörde bei der Festsetzung der Strafe keinen Umstand als straferschwerend gewertet hat. Der Strafmilderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit war dem Berufungswerber allerdings auch nicht mehr zugute zu halten. Sie hat die Strafe im untersten Bereich des gesetzlich vorgegebenen Strafrahmens festgesetzt. Grundsätzlich kann der belangten Behörde vom Aspekt des Unrechts- und Schuldgehalts der gegenständlichen Übertretung in bezug auf die Strafbemessung nicht entgegengetreten werden, zumal bekannt ist, daß die sogenannten Alkoholdelikte zu den häufigsten Ursachen von Verkehrsunfällen zählen und diese Übertretungen daher in besonderem Maße geeignet sind, die Interessen der Verkehrssicherheit zu schädigen. Im gegenständlichen Fall ist der Berufungswerber mit seinem PKW von der Straße abgekommen, was offensichtlich auf seine Alkoholisierung zurückzuführen war. Die Herabsetzung der Strafe erfolgte ausschließlich auf Grund des Umstandes der geringen Pension des Beschuldigten. Es wurde davon ausgegangen, daß dieser eine monatliche Pension von knapp 7.000 S bezieht, mit einer Lebensgefährtin, welche Witwe ist und eine kleine Witwenpension bezieht, zusammenlebt, sonst keine Sorgepflicht und kein Vermögen aufweist. Eine Herabsetzung auf die Mindeststrafe erschien schon auf Grund der Tatsache nicht vertretbar, daß der Berufungswerber einen hohen Alkoholgehalt aufgewiesen hat und daher das Verschulden als nicht geringfügig zu bewerten ist.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

 

 

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