Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-166074/11/Br/Gr

Linz, 04.07.2011

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, vertreten durch
Dr. X, Rechtsanwalt, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, vom 14. Mai 2011, Zl. VerkR96-4466-2011-Hai, nach der am 4.7.2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

I.     Die Berufung wird im Schuldspruch als unbegründet abgewiesen; die Geldstrafe wird jedoch auf 100 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 48 Stunden ermäßig.

 

II.   Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich auf 10 Euro. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenkostenbeitrag.

 

 

Rechtsgrundlagen:

I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 – AVG iVm 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungs­straf­gesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 – VStG.

II.:   § 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem o.a. Straferkenntnis wider den Berufungswerber eine Geldstrafe in Höhe von 200 Euro und im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 96 Stunden  verhängt, weil er am 04.01.2011 gegen 17.30 Uhr, als Lenker des PKW mit dem KZ X, in Vöcklabruck auf der B1, Höhe X, durch starkes Abbremsen seines KFZ einen Auffahrunfall eines nachkommenden Fahrzeuges verursachte und es unterlassen habe ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle zu verständigen, obwohl ein Identitätsnachweis unter den Unfallbeteiligten unterblieben ist.

 

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend folgendes aus:

Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben die im Abs.1 genannten Personen die nächste Polizeiinspektion vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs,1 genannten Personen, oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

 

Gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO.1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726,00 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer in anderer als der in Abs.2 lit.a bezeichneten Weise gegen die Bestimmungen des § 4 verstößt, insbesondere die Herbeiholung einer Hilfe nicht ermöglicht, den bei einem Verkehrsunfall entstandenen Sachschaden nicht meldet oder als Zeuge eines Verkehrsunfalls nicht Hilfe leistet.

 

Der im Spruch angeführte Sachverhalt stützt sich auf die Anzeige der Polizeiinspektion Vöcklabruck vom 09.01.2011, wobei jedoch der Verkehrsunfall von den Geschädigten zur Anzeige gebracht wurde.

 

Nachdem Ihnen der Ihnen angelastete Sachverhalt mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 21.01.2011 (hinterlegt am 27.01.2011) zur Last gelegt wurde, haben Sie vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. X nach Übermittlung des Verfahrensaktes sich dahingehend am 17.02.2011 gerechtfertigt, dass Sie von Ihrem Freund, weil dieser eine Panne auf der Wiener Bundesstraße 1 Höhe Agip-Tankstelle gehabt hätte, ersucht worden wären, ihm Abschlepphilfe zu leisten. Sie hätten am Unfallort rechtzeitig den Blinker betätigt, dass Sie zum rechten Fahrbahnrand zufahren würden und es in weiterer Folge zu einer Kollision zweier Fahrzeuge gekommen wäre, wobei jedoch Ihr Fahrzeug in keiner Weise beschädigt worden wäre. Sie wären jederzeit bereit gewesen Ihre Daten den Unfalllenkern Herrn X bzw. Frau X mitzuteilen. Weiters wäre das Kennzeichen Ihres Fahrzeuges jederzeit am Fahrzeug ablesbar gewesen und Ihr Führerschein wäre griffbereit gewesen und hätte an Ort und Stelle somit von den Unfalllenkern abgelesen werden können. Eine Vereinbarung, wonach Sie zur gegenüberliegenden Tankstelle hätten fahren sollen, wäre keinesfalls getroffen worden und es wären die Unfalllenker gewesen welche die Unfallstelle verlassen hätten. Sie wären somit davon ausgegangen, dass die beiden Unfalllenker sich Ihr Kennzeichen notiert hätten und diese Daten für diese ausreichend gewesen wären. Davon abgesehen stünde das Unfallgeschehen der beiden Unfalllenker in keinem ursächlichen Zusammenhang mit Ihrer Zufahrt zum rechten Fahrbahnrand. Sie hätten rechtzeitig geblinkt und wäre es den Unfalllenkern ohne Bremsung leicht möglich gewesen, an Ihrem PKW vorbei zu fahren. Die Vollbremsung von Herrn X wäre daher in keiner Weise notwendig gewesen.

 

Zur Klärung des Sachverhaltes wurden die Unfallbeteiligten einvernommen. Der zum Tatzeitpunkt hinter Ihrem Kraftfahrzeug Fahrende, Herr X, hat am 24.03.2011 zeugenschaftlich ausgesagt, dass sich auf der B1, welche zwei Fahrstreifen in Fahrtrichtung Timelkam aufweist, auf dem rechten Fahrstreifen bereits eine Fahrzeugkolonne gebildet hätte, weil ein Fahrzeug vermutlich aufgrund einer Panne den rechten Fahrstreifen mit eingeschalteter Warnblinkanlage blockiert hätte. Aufgrund dieser Verkehrssituation wäre er schon bremsbereit gefahren. Plötzlich hätten Sie mit Ihrem Kraftfahrzeug

auf Höhe des PKWs mit eingeschalteter Warnblinkanlage eine Vollbremsung gemacht, ohne dass dafür tatsächlich ein Grund vorgelegen wäre. Er hätte sein Fahrzeug noch rechtzeitig zum Stillstand bringen können, jedoch die hinter ihm fahrende Kraftfahrzeuglenkerin, Frau X, hätte ihr Fahrzeug nicht mehr rechtzeitig zum Stillstand bringen können und wäre auf sein Fahrzeug aufgefahren. Aufgrund des starken Verkehrsaufkommens auf der B1 hätten die Unfallbeteiligten mit Ihnen vereinbart, mit den Fahrzeugen bis zur nächsten Ampelkreuzung (ehemalige Lindlbauerkreuzung) in Fahrtrichtung Pichlwang zu fahren, dort rechts einzubiegen und auf die Parallelstraße zur B1 wieder zurück in Fahrtrichtung Vöcklabruck zur Agip-Tankstelle um keinen Stau zu verursachen und dort die notwendigen Daten auszutauschen. Vor dem Verlassen des Unfallortes hätte Herr X Frau X jedoch ersucht, von Ihrem Kraftfahrzeug (Unfallverursacher) das Kennzeichen zu notieren. Sie seien nicht zum vereinbarten Treffpunkt gekommen, hätten zwar die Agip-Tankstelle passiert und wären vorbeigefahren, jedoch hätten Sie Ihre Fahrt zum Unfallort fortgesetzt, vermutlich um Ihrem Freund oder Bekannten zu helfen. Die Vereinbarung, dass für den Datenaustausch die Agip-Tankstelle vereinbart worden wäre, hätten Sie auf alle Fälle verstanden und Sie hätten am Unfallort auch eingewilligt, dass Sie dort hinkommen würden. Dies wurde jedoch aus ihm unerklärlichen Gründen nicht eingehalten, weshalb er mit Frau X die Polizei verständigt hätte.

Der Zeugenaussage von Frau X vom 03.03.2011 ist zu entnehmen, dass sie hinter dem PKW von Herrn X nachgefahren wäre, als dieser plötzlich sein Kraftfahrzeug abgebremst hätte. Sie hätte absolut keinen Grund gesehen, warum Sie als Kraftfahrzeuglenker vor Herrn X eine Vollbremsung gemacht hätten. Durch dieses nicht nachvollziehbare Bremsmanöver von Ihnen konnte sie ihr Kraftfahrzeug nicht mehr rechtzeitig zum Stillstand bringen. Sie wäre zum gegenständlichen Tatzeitpunkt auf dem linken Fahrstreifen der B1 gefahren. Auf dem rechten Fahrstreifen hätte sich bereits eine Kolonne gebildet, weil ein Fahrzeug vermutlich aufgrund einer Panne den rechten Fahrstreifen blockiert hätte. Der Lenker dieses Kraftfahrzeuges hätte die Warnblinkanlage eingeschaltet gehabt. Die Vollbremsung von ihnen wurde noch auf dem linken Fahrstreifen getätigt. Aufgrund des starken Verkehrsaufkommens auf der B1 hätten die Unfallbeteiligten mit Ihnen vereinbart, bis zur nächsten Ampelkreuzung (ehemalige Lindlbauerkreuzung) in Fahrtrichtung Pichlwang zu fahren, dort rechts einzubiegen und auf der Parallelstraße zur B1 wieder zurück in Fahrtrichtung Vöcklabruck zur Agip-Tankstelle, um keinen Stau zu verursachen und dort die notwendigen Daten auszutauschen. Beim Verlassen des Unfallortes hätte ihr Herr X noch geraten, dass sie sich das Kennzeichen aufschreiben solle. Sie hätte auch noch eindeutig beobachten können, dass Sie mit ihnen bis zur Agip-Tankstellen gefahren wären, jedoch die ohne stehen zu bleiben passiert hätten und zum Unfallort zurückgefahren wären. Sie wären somit nicht zum vereinbarten Treffpunkt gekommen, wobei Sie die Vereinbarung, dass der Datenaustausch bei der Agip-Tankstelle erfolgen würde, auf alle Fälle verstanden hätten und Sie am Unfallort auch eingewilligt hätten, dass Sie dort hinkommen würden. Dies wäre jedoch aus ihr unerklärlichen Gründen von Ihnen nicht eingehalten worden.

 

Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 05.04.2011 wurden Ihnen die zwei Zeugenaussagen (persönlich übernommen am 08.04.2011 durch Ihre rechtsfreundliche Vertretung) noch nachweislich zur Kenntnis gebracht, woraufhin Sie mit Eingabe vom 08.04.2011 noch vorbrachten, dass Sie keine Vollbremsung eingeleitet hätten. Sie hätten lediglich Ihr Fahrzeug unter Setzen des rechten Fahrtrichtungsanzeigers nach rechts vor das Pannenfahrzeug gelenkt, und wären somit in keiner Weise für den nachfolgenden Auffahrunfall verantwortlich. Abgesehen davon wäre keinesfalls die Agip-Tankstelle als Treffpunkt für die Unfallaufnahme vereinbart worden. Jedenfalls hätten Sie dies nicht so verstanden. Dazu müsse auch darauf hingewiesen werden, dass Sie der deutschen Sprache nur sehr eingeschränkt mächtig wären.

 

Seitens der einvernommenen Zeugen, Herrn X und Frau X wäre darauf hinzuweisen, dass Sie den Unfallort gar nicht verlassen hätten, zumal Sie nicht zum vereinbarten Treffpunkt für den Datenaustausch gekommen wären, sondern Ihre Fahrt zum Unfallort fortgesetzt hätten. Dies würde bedeuten, dass Sie nach wie vor am Unfallort

anwesend gewesen wären und es daher an den Zeugen Herrn X und Frau X gelegen wäre, sich ebenfalls zum Unfallort zu begeben, um dort die Daten aufzunehmen. Aus all diesen Gründen ersuchten Sie, das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren gegen Sie einzustellen.

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

 

Die im Spruch angelastete Verwaltungsübertretung ist aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere durch die Zeugenaussagen der Unfallbeteiligten, als erwiesen anzunehmen. Herr X und Frau X haben mit Ihnen am gegenständlichen Tatort vereinbart, dass ein Anhalten aufgrund der Verkehrssituation -Bildung eines Staus - auf der stark befahrenen B1 schwer möglich gewesen wäre, weshalb die in der Parallelstraße gelegenen Agip-Tankstelle als Treffpunkt für den Datenaustausch vereinbart worden ist. Aus Ihrem anschließenden Verhalten - Fahren mit Ihrem Kraftfahrzeug bis zur nächsten Ampelkreuzung (ehemalige Lindlbauerkreuzung) in Fahrtrichtung Pichlwang - rechts Einbiegen und auf der Parallelstraße zur B1 wieder zurück in Fahrtrichtung Vöcklabruck zur Agip-Tankstelle, jedoch Passieren der Agip-Tankstelle und Zurückbegeben zum Unfallort - geht eindeutig hervor, dass Sie die vorher am Unfallort getroffene Vereinbarung hinsichtlich Treffpunkt für den Identitätsnachweis verstanden haben und davon abgeleitet werden kann, dass Sie der deutschen Sprache mächtig waren, weshalb Sie eine Übertretung nach § 4 Abs. 5 StVO zu verantworten haben.

 

Laut Ihren eigenen Angaben (siehe Anzeige Angaben des Beteiligten) haben Sie selbst ausgesagt, dass Sie am gegenständlichen Tatort auf Höhe des PKW Ihres Freundes, welcher aufgrund einer Panne am rechten Fahrstreifen der B1 zum Stillstand gekommen ist abgebremst haben, weil Sie sich vor diesem eingeordnet haben. Aufgrund der von Ihnen getätigten Erstaussage geht somit eindeutig hervor, dass Sie auf dem linken Fahrstreifen eine Bremsung eingeleitet haben, wodurch es zu einem Auffahrunfall der nachfolgenden Kraftfahrzeuglenker gekommen ist. Der Tatbestand nach § 4 Abs. 5 StVO ist somit gegeben, zumal Ihnen der Umstand, dass Sie einen Verkehrsunfall mit Sachschaden durch Ihre Vollbremsung ausgelöst haben, zu Bewusstsein gekommen ist und trotzdem dem Identitätsaustausch beim vereinbarten Treffpunkt nicht nachgekommen sind.

 

Der an einem Unfall Beteiligten wird daher von seinen durch § 4 nominierten Verpflichtungen nicht befreit, wenn er lediglich bestreitet, dass sein Verhalten am Unfallort mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei (VwGH 08.04.1981, ZsVB 1982/4/1347).

 

Der Tatbestand des § 4 Abs. 5 StVO ist laut einer höchstgerichtlichen Entscheidung schon dann gegeben, wenn dem Täter objektive Umstände zum Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte (VwGH 22.03.1991, ZVR 1992/19).

 

Die Tatsache, dass die Unfallsbeteiligten die Möglichkeit hatten, den Namen und die Anschrift von Ihnen vom Fahrzeug abzulesen bzw. das Kennzeichen des Fahrzeuges zu notieren stellt keinen Nachweis der Identität im Sinne des § 4 Abs. 5 StVO dar (VwGH 30.05.1990, 89/03/0108).

 

Die im Spruch angelastete Verwaltungsübertretung ist aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere durch die Zeugenaussagen der Unfallbeteiligten als erwiesen anzunehmen, weshalb wie im Spruch angeführt zu entscheiden war.

 

Zu den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen haben Sie keine Angaben gemacht. Es war daher von folgender Schätzung auszugehen: monatliches Nettoeinkommen von ca. 1500 Euro, keine Sorgepflichten und kein Vermögen. Zur Strafbemessung ist anzuführen, dass die Höhe der Geldstrafe für diese Übertretung als angemessen erscheint, um Sie als Verkehrsteilnehmer von weiteren Übertretungen dieser

 

Art abzuhalten. Strafmildernde Umstände lagen nicht vor. Straferschwerend war zu werten, dass Sie nicht mehr unbescholten sind.

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.“

 

 

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit der durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufungsausführungen:

"In umseits bezeichneter Rechtssache erhebe ich gegen das Straferkenntnis der BH Vöcklabruck vom 14.5.2011, VerkR96-4466-2011 innerhalb offener Frist durch meinen bevollmächtigten Verteidiger die

 

Berufung:

 

Das gegenständliche Straferkenntnis wird in seinem gesamten Umfang nach angefochten.

Als Berufungsgrund wird unrichtige Tatsachenfeststellung sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht.

 

Bekämpft wird die Feststellung der Erstbehörde, dass ein Treffpunkt vereinbart worden wäre, wo der Identitätsnachweis vorgenommen werden sollte. Abgesehen davon, dass dazu keinerlei Veranlassung bestand, da die Unfalllenker offensichtlich in der Lage waren an Ort und Stelle das Kennzeichen des Beschuldigen zu notieren und wären sie daher auch in der Lage gewesen, die Personalien des Beschuldigten aufzunehmen, welche er ihnen mitgeteilt hätte, hätten sie die Unfallstelle nicht verlassen. Es bestand für den Beschuldigten keine Verpflichtung, die Unfallstelle zu verlassen um den Unfalllenkern an einem anderen Ort seine Personalien mitzuteilen. Eine derartige Vereinbarung wurde auch keinesfalls getroffen, jedenfalls hat der Beschuldigte nichts in diese Richtung verstanden.

Wenn die Unfalllenker darauf hinweisen, dass der Beschuldigte zur Unfallstelle zurück gefahren wäre, ist es unverständlich, warum sie ihm nicht ebenfalls zur Unfallstelle gefolgt sind und dort die Personalien aufgenommen haben. Das gesamte Vorbringen der beiden Unfalllenker erscheint daher insgesamt unschlüssig und wird darauf hingewiesen, dass es die Unfalllenker selbst waren, welche den Unfallort verlassen haben, ohne zuvor die Personalien aufzunehmen. Gestellt wird daher der

 

ANTRAG

 

der Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben bzw. das gegen den Beschuldigten eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Lambach, 1.6.2011                                                                                                X"

 

 

2.1. Damit vermag er jedoch eine Rechtswidrigkeit des Schuldspruches nicht aufzuzeigen!

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser ist durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 51c VStG).

 

 

4. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war angesichts des vom Berufungswerber bestrittenen Tatvorwurfes durchzuführen (§ 51e Abs.1 Z1 VStG).  

Beweis erhoben wurde durch Verlesen des erstinstanzlichen Akteninhaltes, darin insbesondere der Erörterung der Aktenlage, sowie durch zeugenschaftliche Vernehmung von Frau X. Mangels der Anführung einer Zustelladresse im Berufungsschriftsatz wurde zwecks Feststellung einer ladungsfähigen Adresse mit dem Berufungswerber an der im Akt angeführten Mobiltelefonnummer Kontakt aufgenommen.

Sowohl die  Behörde erster Instanz als auch der Berufungswerber nahmen aus dienstlichen bzw. beruflichen Gründen an der Berufungsverhandlung nicht teil.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Unbestritten ist, dass der Berufungswerber sein Fahrzeug für die nachfolgenden Verkehrsteilnehmer jedenfalls unerwartet abbremste und es folglich zwischen den ihm nachfolgenden Fahrzeugen zu einem Auffahrunfall gekommen ist. Der Grund für die plötzliche Bremsung war offenbar, weil ein Bekannter des Berufungswerbers im dortigen Bereich eine Panne hatte.

Dadurch ist es zum Auffahren des Nachfolgeverkehrs, nämlich des Fahrzeuges der Zeugin X auf den vor ihr fahrenden Pkw des X gekommen. Letzter konnte gerade noch ein Auffahren auch auf den Pkw des Berufungswerbers verhindern.

Aufgrund des starken Verkehrsaufkommens und des zu vermeidenden Staus verständigten sich die Beteiligten zur Unfallaufnahme zur gegenüber gelegenen Tankstelle zu fahren. Der Berufungswerber fuhr jedoch an der Tankstelle vorbei und machte in der Folge von diesem Vorfall auch keine Meldung bei der nächsten Polizeidienststelle.

 

 

 

5.1. Die Zeugin X schilderte auch anlässlich der Berufungsverhandlung den Vorfall im Ergebnis inhaltsgleich wie sie dies auch schon gegenüber der Behörde erster Instanz tat. Das plötzliche Abbremsen des dritten vor ihr fahrenden KFZ, jenes des Berufungswerbers, sei die Ursache für ihr Auffahren auf das Fahrzeug von X gewesen. Wegen des bereits bestehenden Staus am rechten Fahrstreifen, wo das Fahrzeug liegen geblieben war, dessen Lenker der Berufungswerber offenbar zu Hilfe kommen wollte, vereinbarte man zwecks Identitätsnachweis zur gegenüberliegenden Tankstelle zu fahren. Schon bei dieser Gelegenheit notierte sich die Zeugin das Kennzeichen des Berufungswerbers. Dies blieb dem Berufungswerber ebenfalls nicht verborgen.

Der Berufungswerber fuhr anschließend wohl gemeinsam mit den Unfallbeteiligten in Richtung der gegenüberliegenden Tankstelle, fuhr jedoch daran vorbei und begab sich wieder zu dem auf der gegenüberliegenden Straßenseite liegen gebliebenen Fahrzeug an die Unfallstelle zurück.

Die Zeugin X und der ebenfalls Unfallbetroffene X warteten dort im Sichtbereich zum Berufungswerber mehre Minuten vergeblich auf dessen Zurückkommen. Sodann wurde von dort die Polizei verständigt und nachfolgend auf der Polizeiinspektion die Unfallanzeige erstattet.

Die Zeugin legte darüber hinaus auch durchaus glaubwürdig dar, dass der Berufungswerber sehr wohl verstanden habe, dass es einerseits um seine unfallursächliche Beteiligung und im Zusammenhang damit um die Bekanntgabe seiner Identität gegangen ist. Anlässlich des Telefonates konnte sich auch die Berufungsbehörde vom durchaus guten Deutsch des Berufungswerbers überzeugen.

Gemäß der Angaben der Zeugin, die sowohl im Einklang mit ihren Angaben vor der Behörde erster Instanz vom 3.3.2011, als auch der des X vom 24.3.2011 sind, besteht aus der Sicht kein Zweifel an der Kenntnis des Berufungswerbers über dessen unfallursächlichen Bremsung als auch der von ihm verlangten Nachweises seiner Identität und der Versicherungsdaten.

Dass er es letztlich trotzdem unterlassen hat hiervon zumindest noch selbst die Polizei zu verständigen bestreitet nicht einmal er selbst.

Das er sich allenfalls als Ausländer über die Rechtslage nicht im Klaren gewesen sein mag sei dahingestellt, ist aber nicht entschuldigend. Worin sein plötzlicher Sinneswandel motiviert war letztlich doch nicht seiner Zusage zu folgen sich mit den Unfallbeteiligten auszutauschen, nämlich mit den beiden anderen Unfallbeteiligten an der Tankstelle wie vereinbart anzuhalten, kann auf sich bewenden. Der ebenfalls auch persönlich zur Berufungsverhandlung geladene Berufungswerber erschien letztlich nicht, weil er angeblich, was im übrigen unbelegt blieb, von seinem Arbeitgeber nicht frei bekommen hätte.

 

 

 

5.2. Zur Rechtslage:

Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die in Abs.1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Als Verkehrsunfall gilt jedes plötzliche, mit dem Straßenverkehr ursächlich zusammenhängende Ereignis anzusehen, welches sich auf Straßen mit öffentlichem Verkehr zuträgt und einen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat (VwGH 20.4.2001, 99/02/0176 u.a.).

Die Anhalte- und Meldepflicht setzt einerseits einen Vorfall (Verkehrsunfall) und andererseits ein Wissen (müssen) eines solchen voraus. Dabei ist aber nicht unbedingt das positive Wissen vom Verkehrsunfall und vom ursächlichen Zusammenhang erforderlich, sondern es genügt – da der Anwendungsbereich des § 4 StVO in diesem Zusammenhang nicht ausdrücklich auf die Schuldform des Vorsatzes beschränkt ist (§ 5 VStG) – wenn die betreffende Person bei gehöriger Aufmerksamkeit den Verkehrsunfall und den ursächlichen Zusammenhang hätte erkennen können (siehe Pürstl - Somereder, Kommentar zur StVO, 11. Auflage, S 69 Rn 34, sowie – unter vielen – VwGH 23.5.2002, 2001/03/0417, VwGH 13.2.1991, 90/03/0114 mit Hinweis auf VwGH 9.9.1981, 81/03/0125 u. VwGH 31.1.1986, 85/18/0367).

Gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer in anderer als der in Abs.2 lit.a bezeichneten Weise gegen die Bestimmungen des § 4 verstößt, insbesondere die Herbeiholung einer Hilfe nicht ermöglicht, den bei einem Verkehrsunfall entstandenen Sachschaden nicht meldet oder als Zeuge eines Verkehrsunfalls nicht Hilfe leistet.

 

 

 

6. Zur Strafzumessung:

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

 

6.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Indem mit der Unterlassung der Meldepflicht ohne unnötigen Aufschub aufwändige Erhebungen ausgelöst werden, ist einem derartigen Fehlverhalten ein durchaus erheblicher Unwertgehalt zuzuordnen. Es scheint daher insbesondere aus generalpräventiven Überlegungen eine entsprechende Geldstrafe angemessen, wobei jedoch angesichts des geringen Monatseinkommens des Berufungswerbers als Asylwerber und dessen allfälligen tatsächlichen – wenn auch nicht unverschuldeten – Irrtums in der einschlägigen Rechtslage, auch mit der nunmehr verhängten Geldstrafe das Auslangen gefunden werden kann.  Der Berufungswerber ist verwaltungsstrafrechtlich nicht mehr unbescholten, sodass ihm ein sonstiger Milderungsgrund  nicht mehr zu Gute kommt.

 

 

Sohin war die Berufung im Schuldspruch abzuweisen im Strafausspruch jedoch insbesondere am Maßstab der wirtschaftlichen Verhältnisse und der neu zu bewerten gewesenen Tatschuld entsprechend zu reduzieren.

 

                                          Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

                                                      Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichts­hof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220  Euro zu entrichten.

 

 

                                                           

Dr.  B l e i e r

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum