Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522883/2/Fra/Gr

Linz, 05.07.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 31. Mai 2011, VerkR21-476-2010/Ah, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung für die Klasse B wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit und sonstiger Anordnungen, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Allgemeindes Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 3 Abs.1 Z.2, 7 Abs.3 Z.9, 7 Abs.4, 24 Abs.1 Z.1, 25 Abs.3, 29 Abs.3 und § 30 Abs.1 Führerscheingesetz 1997 - FSG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid dem Berufungswerber (Bw) wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit seine Lenkberechtigung der Klasse B für die Dauer von 3 Monaten, gerechnet ab dem Tag der Rechtskraft dieses Bescheides, entzogen. Darüber hinaus wurde ihm das Recht aberkannt, allenfalls von einem ausländischen Führerschein in Österreich während der oben angeführten Entziehungsdauer Gebrauch zu machen. Weiters wurde festgestellt, dass im Fall der Rechtskraft des Bescheides der Bw sofort seinen Führerschein entweder bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding oder bei seiner zuständigen Polizeiinspektion abzugeben hat.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Der Bw bringt vor, dass die im Bescheid angeführten Tatsachen der Wahrheit entsprechen. Er möchte anführen, dass er derzeit einer geregelten Arbeit als Schalungsbauer bei der Firma X nachgehe. Ihm wurde auch bereits zugesagt, dass er Anfang bis Mitte Juli als Vorarbeiter einen Firmenbus bekomme und er seine Leute an den Zusteigstellen abholen müsse. Eine Entziehung der Lenkberechtigung über einen Zeitraum von 3 Monaten würde den Verlust seiner Arbeitsstelle nach sich ziehen. Ihm sei klar, dass er in der Vergangenheit einige Fehler gemacht habe. Er ersuche jedoch, von der Entziehung der Lenkberechtigung abzusehen, da damit seine Existenz gefährdet wäre. Ohne Führerschein hätte er kaum Chancen, eine andere Arbeitsstelle zu finden. Er möchte noch darauf hinweisen, dass er regelmäßig die Untersuchungsergebnisse hinsichtlich seiner Leberwerte beibringe, aus denen ersichtlich sei, dass er bereits seit längerer Zeit keinen Alkohol mehr trinke. Ihm wäre auch sehr geholfen, wenn er die Maßnahme der Entziehungsdauer in den Wintermonaten verbüßen könnte.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding legte die Berufung samt Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vor. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates (§ 35 Abs.1 FSG), wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 7 Abs.1 Z.1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigtem Zustand gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z.9 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 zu gelten, wer u.a. eine strafbare Handlung wiederholt gemäß dem § 83 StGB begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.1 genannten und in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

4.2. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht ging die belangte Behörde im angefochtnen Bescheid davon aus, dass der Bw wegen eines Vorfalles vom 2. Oktober 2010 rechtskräftig wegen Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs.1 StGB verurteilt wurde. Es wurde eine Geldstrafe von 2160 Euro ausgesprochen. Der Bw hat in der Lagerhalle der Firma W Herrn X durch Versetzen eines Stoßes, sodass dieser zu Boden stürzte und Versetzen von Faustschlägen ins Gesicht, was eine Prellung am rechten Ellbogen, eine Beule am Hinterkopf und mehrere Kratzer im Gesicht sowie eine blutende Nase und Oberlippe zur Folge hatte, verletzt. Weiters wurde der Bw wegen eines Vorfalles am 4. September 2004 in Schärding wegen des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs.1 StGB zu einer Geldstrafe von 420 Euro verurteilt, weil er X, dadurch, dass er ihn zu Boden stieß und mehrere Faustschläge versetzte, am Körper verletzt hat, weil er eine Prellung am linken Jochbogen und eine Prellung am rechten Ellbogen mit Hautabschürfungen erlitten hat.

 

Die aufschiebende Wirkung einer Berufung wurde nicht aberkannt.

 

Grundsätzlich kann der Schlussfolgerung der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, dass der Bw offensichtlich schnell zur Anwendung von Gewalt neige und im Rahmen der Teilnahme am Straßenverkehr jederzeit kritische Situationen eintreten können, die ein Höchstmaß an Selbstbeherrschung abverlangen weshalb im Hinblick auf die wiederholten Gewalttätigkeiten nicht ausgeschlossen werden könne, dass sich die charakterlichen Eigenschaften im obigen Sinne auch im Rahmen der Teilnahme am Straßenverkehr bei einer kritischen Situation negativ gegenüber anderen auswirken.

 

Im konkreten Fall muss jedoch berücksichtigt werden, dass die erste strafbare Handlung nach dem StGB rund 6 Jahre und 10 Monate zurückliegt. In diesem Zeitraum ist der Bw nach der Aktenlage strafrechtlich nicht negativ in Erscheinung getreten und hat sich diesbezüglich offensichtlich wohl verhalten.

 

Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Lenkberechtigung nur dann entzogen werden darf, wenn aufgrund der Sach- u. Rechtslage im Entscheidungszeitpunkt anzunehmen ist, dass eine Verkehrsunzuverlässigkeit des Bw noch vorliegt und die Verkehrszuverlässigkeit nicht vor Ablauf von drei Monaten (gerechnet ab dem Wirksamwerden der Entziehung) eintreten wird (vgl. dazu die Rechtssprechung des VwGHz.B. 14. September 2004, 2004/11/0119).

 

Ist seit der Begehung der eine bestimmte Tatsache darstellenden strafbaren Handlung so viel Zeit verstrichen, dass die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit nicht mehr gerechtfertigt ist, darf die Lenkberechtigung nicht mehr entzogen werden, und zwar auch dann nicht, wenn die Erlassung des Entziehungsbescheides zu einem früheren Zeitpunkt mangels Abschlusses eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens nicht möglich gewesen ist (VwGH 23. April 2002,ZVR 2004/97).

 

Ausgehend vom Tatzeitpunkt 2. Oktober 2010 würde sich konkreten Fall bei Bestätigung der von der Bezirkshauptmannschaft Schärding verfügten drei-monatigen Entziehungsdauer eine angenommene Verkehrsunzuverlässigkeit des Bw von rund einem Jahr ergeben. Eine derartige lange der Verkehrsunzuverlässigkeit erscheint jedoch im konkreten Fall nicht prognostizierbar. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Bw im Zeitpunkt dieser Berufungsentscheidung seine Verkehrszuverlässigkeit wiedererlangt hat.

 

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

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