Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165894/2/Kei/Bb/Th

Linz, 12.07.2011

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des Herrn X, vom 10. März 2011, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 17. Februar 2011, GZ VerkR96-18420-2010-Heme, wegen mehrerer Verwaltungsübertretungen nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Die Berufung wird hinsichtlich Faktum 1) abgewiesen und das erstinstanzliche Straferkenntnis diesbezüglich vollinhaltlich bestätigt. 

 

Hinsichtlich Faktum 2) des angefochtenen Straferkenntnisses wird der Berufung stattgegeben, dieser Spruchpunkt wird behoben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren wird gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

II.               Der Berufungswerber hat betreffend Faktum 1) zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten in der Höhe von 5 Euro für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in der Höhe von 10 Euro (= 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten. 

 

Betreffend Faktum 2) entfällt die Verpflichtung zur Leistung von jeglichen Verfahrenskostenbeiträgen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm

§§ 19, 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991  - VStG.

zu II.: §§ 64 Abs.1 und 2 und 66 Abs.1 VStG.


 

Entscheidungsgründe:

 

 

Zu I.:

 

1. Mit dem Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 17. Februar 2011, GZ VerkR96-18420-2010-Heme, wurde Herr X (der Berufungswerber) wie folgt für schuldig befunden (auszugsweise Wiedergabe):

 

"1) Sie haben auf einer Straßenstrecke, die durch das Vorschriftszeichen "ÜBERHOLEN VERBOTEN" gekennzeichnet ist, ein mehrspuriges Kraftfahrzeug überholt.

 

2) Sie haben ein Fahrzeug überholt, obwohl nicht einwandfrei erkennbar war, ob das Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr eingeordnet werden kann, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern.

 

Tatort: Gemeinde Lenzing, B 151 Attersee Straße, bei km 4,600.

Tatzeit: 10.07.2010, 14.45 Uhr.

Fahrzeug:

Kennzeichen X, PKW, BMW 318D, grau."

 

Der Berufungswerber habe dadurch 1) § 16 Abs.2 lit.a StVO und 2) § 16 Abs.1 lit.c StVO verletzt.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Berufungswerber jeweils gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO eine Geld­strafe in der Höhe von 1) 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) und 2) 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) verhängt. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages erster Instanz in der Höhe von insgesamt 10 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis, zugestellt am 4. März 2011, hat der Berufungswerber – mit Schriftsatz vom 10. März 2011 – fristgerecht Berufung erhoben.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hat den Verwaltungsstrafakt samt Berufungsschrift mit Vorlageschreiben vom 29. März 2011, GZ VerkR96-18420-2010-Heme, dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates (§ 51 Abs.1 VStG), wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck und in die Berufung.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte unterbleiben, da hinsichtlich Faktum 1) der maßgebliche Sachverhalt vollständig geklärt vorliegt und sich im Hinblick auf Faktum 2) bereits aus der Aktenlage ergibt, dass dieser Spruchpunkt des angefochtenen Straferkenntnisses aufzuheben ist. Im Übrigen wurde eine Verhandlung weder vom Berufungswerber noch von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als Verfahrenspartei beantragt.

 

4.1.  Es ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der seiner Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 10. Juli 2010 um 14.45 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen X in Lenzing, auf der Attersee Straße (B 151), bei Strkm 4,600, in Fahrtrichtung Seewalchen.

 

Er wurde anlässlich dieser Fahrt von einem anderen Verkehrsteilnehmer angezeigt, zumal er trotz beschildertem Überholverbot eine Kolonne  - bestehend aus mehreren Fahrzeugen - überholte. Der Überholvorgang wurde vom Berufungswerber unmittelbar nach der ersten Verkehrsinsel begonnen und kurz vor der zweiten Verkehrsinsel auf Höhe der Firma Wozabal beendet, indem sich der Berufungswerber auf dem Fahrstreifen in Richtung Seewalchen vor dem Pkw des Anzeigers einordnete und dieser dadurch zum Abbremsen seines Fahrzeuges genötigt wurde.

 

4.2. An diesen Angaben des Anzeigers vermag nicht gezweifelt werden. Sie wurden anlässlich der Anzeigeerstattung bei der Polizeiinspektion Lenzing sachlich und überzeugend vorgetragen und überdies von einer weiteren Fahrzeuginsassin im Pkw des Privatanzeigers beobachtet. Der Anzeiger vermittelte keinesfalls den Eindruck, dass er in seiner Darstellung übertrieben hätte oder er damit den Berufungswerber gar wahrheitswidrig zu belasten geneigt gewesen sein könnte. Der Berufungswerber vermochte den Anzeigefakten nicht entgegen zu treten.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat darüber in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 16 Abs.2 lit.a StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges mehrspurige Kraftfahrzeuge auf Straßenstrecken, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichnet sind, nicht überholen.

Gemäß § 16 Abs.1 lit.c StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen wenn er nicht einwandfrei erkennen kann, dass er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen kann, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern.

 

5.2. Auf Grund der nachvollziehbaren Darstellung des Privatanzeigers über den Verlauf und die Ereignisse der gegenständlichen Fahrt und der Überlegungen im Rahmen der Beweiswürdigung, gilt für den Oö. Verwaltungssenat als erwiesen festgestellt, dass der Berufungswerber im beschilderten Überholverbot eine Fahrzeugkolonne überholt und damit die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung nach § 16 Abs.2 lit.a StVO (Faktum 1) des Straferkenntnisses) begangen hat. Die Berufungsinstanz ist der Anschauung, dass einem geprüften Kraftfahrzeuglenker – wie dem Anzeiger - zugebilligt werden kann, eine richtige Feststellung darüber treffen zu können, ob ein Kraftfahrzeuglenker einen Überholvorgang im beschilderten Überholverbot durchführt. Es ist der objektive Tatbestand dieser dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretung erfüllt.

 

Umstände, welche das Verschulden des Berufungswerbers an dieser Übertretung ausschließen könnten, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Es wird dem Berufungswerber ein schuldhaftes Verhalten in Form von Fahrlässigkeit vorgeworfen. Er hat damit auch die subjektive Tatseite der gegenständlichen Verwaltungsübertretung verwirklicht. Der Schuldspruch durch die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck ist daher in diesem Spruchpunkt zu Recht erfolgt.

 

5.3. Bezüglich des Vorwurfes der Verwaltungsübertretung nach § 16 Abs.1 lit.c StVO ist festzuhalten, dass die Entscheidung über die Zulässigkeit des Überholmanövers aus der Sicht des § 16 Abs.1 lit.c StVO grundsätzlich die Feststellung jener Umstände voraussetzt, die für die Länge der für den geplanten Überholvorgang benötigten Strecke von Bedeutung sind, das sind in erster Linie die Geschwindigkeiten des Überholenden und des zu überholenden Fahrzeuges, bei mehreren zu überholenden Fahrzeugen deren Anzahl und Tiefenabstand. Ferner sind Feststellungen über die dem Lenker des überholenden Fahrzeuges zur Zeit des Beginnes des Überholvorganges zur Verfügung stehenden Sichtstrecke erforderlich.

 

Schließlich sind noch Feststellungen über das Vorhandensein allfälliger bereits im Zeitpunkt des Beginnes des Überholmanövers dem Lenker erkennbarer Hindernisse zu treffen, die unter Berücksichtigung der erforderlichen Überholstrecke einem gefahrlosen Wiedereinordnen in den Verkehr entgegenstehen können (vgl. z. B. VwGH 12. März 1986, 85/03/0152; UVS Oberösterreich 27. Dezember 2010, VwSen-165554).

 

Dem gegenständlichen Verfahrensakt sind insbesondere weder die Geschwindigkeiten des Fahrzeuges des Berufungswerbers und der von ihm überholten Fahrzeuge, noch die Anzahl und der Tiefenabstand dieser Fahrzeuge noch die bei Beginn des Überholvorganges zur Verfügung stehenden Sichtstrecke zu entnehmen. Die dem Berufungswerber zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nach § 16 Abs.1 lit.c StVO kann dadurch nicht bewiesen werden. Es war daher hinsichtlich dieses Faktums der Berufung stattzugeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

 

5.4. Zur Straffestsetzung hinsichtlich Faktum 1) ist festzustellen, dass gemäß     § 19 Abs.1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach der anzuwendenden Verwaltungsstrafbestimmung des § 99 Abs.3 lit.a StVO begeht, wer als Lenker eines Fahrzeuges unter anderem diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt und sein Verhalten nicht nach den Abs.1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat für das gegenständliche Delikt (§ 16 Abs.2 lit.a StVO) eine Geldstrafe in der Höhe von 50 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 60 Stunden, verhängt.

 

Strafmildernd wurde kein Umstand gewertet, auch straferschwerende Umstände wurden nicht festgestellt.

 

Darüber hinaus wurden der Strafbemessung die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Berufungswerbers zu Grunde gelegt, wobei ein monatliches Nettoeinkommen in der Höhe von ca. 1300 Euro, kein Vermögen und keine Sorgepflichten angenommen und berücksichtigt wurde.

 

Von diesen angeführten Grundlagen wird auch durch den Oö. Verwaltungssenat ausgegangen.

 

Die Schutzfunktion des § 16 Abs.2 lit.a StVO besteht darin, nicht nur einen gefahrlosen Gegenverkehr zu ermöglichen, sondern auch alle Schäden und Gefahren zu verhindern, die beim Überholen und der Wiedereinordnung entstehen können. Durch Missachtung des Überholverbotes hat der Berufungswerber diesen Schutzzweck verletzt, sodass es daher sowohl aus spezial- als auch generalpräventiven Überlegungen einer spürbaren Strafe bedarf, um den Berufungswerber selbst, als auch die Allgemeinheit darauf hinzuweisen, dass die Einhaltung von behördlich verordneten Überholverboten von wesentlicher Bedeutung ist.

 

Der Oö. Verwaltungssenat ist daher der Überzeugung, dass die von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck verhängte Geldstrafe im Ausmaß von 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) tat- und schuldangemessen und auch erforderlich ist, um den Berufungswerber von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten und ihm den Unrechtsgehalt der von ihm begangenen Übertretung vor Augen zu führen. ist. Die Geldstrafe liegt an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens und beträgt lediglich 6,8 % der möglichen Höchststrafe (726 Euro - § 99 Abs.3 lit.a StVO). Eine Herabsetzung der Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe kam daher nicht in Betracht.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch (Spruchpunkt II.) angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr.  Michael  K e i n b e r g e r

 

 

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