Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231138/4/BMa/Mu/Th

Linz, 16.07.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des X, geb. X, vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 18. August 2010, S-19.133/10-2, wegen einer Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.               Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.           Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.:   § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 135/2009 – AVG iVm. §§ 24, 45 Abs.1 Z2, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 135/2009 – VStG

Zu II.:  § 65 und 66 Abs.1 VStG


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde der Berufungsweber (im Folgenden: Bw) wie folge schuldig gesprochen und bestraft:

 

"Wie von Beamten der Polizeiinspektion Hörsching am 07.02.2010 anlässlich einer fremdenpolizeilichen Überprüfung festgestellt wurde, sind Sie Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes und Sie halten sich seit 28.10.2009 unrechtmäßig im Bundesgebiet von Österreich auf, da Sie weder aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz noch aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind, Sie nicht im Besitze eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, Ihnen eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz nicht zukommt und Sie nicht Inhaber einer Beschäftigungsbewilligung, Entsendebewilligung oder Anzeigebestätigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz sind.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 120 Abs. 1 Z. 2 FPG iVm § 31 Abs. 1 Z. 2-4 u. 6 FPG

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe in Euro          falls diese uneinbringlich ist,      Gemäß §

                                      Ersatzfreiheitsstrafe von

€ 1.000,--                      4 Tage                                       120 Abs. 1 FPG

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

100,-- Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 € angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

1.100,-- Euro."

 

1.2. Begründend führt die belangte Behörde aus, dass die dem Bw angelastete Tat auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens erwiesen sei. Nach Darlegung des Verwaltungsgeschehens und der relevanten Rechtsgrundlagen wird im Wesentlichen weiters vorgebracht, es stehe fest, dass sich der Bw unrechtmäßig in Österreich aufhalte.

 

Mildernd wurde bei der Strafbemessung die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit berücksichtigt. Der Strafbemessung wurde zugrunde gelegt, dass der Bw kein relevantes Vermögen besitze und weder Sorgenpflichten habe noch Einkommen beziehe.

 

1.3. Gegen diesen seinem Rechtsvertreter am 1. September 2010 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 9. September 2010 – und damit rechtzeitig – per Telefax eingebrachte Berufung vom selben Tag.

 

Darin verweist der Bw durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter zunächst auf seine umfangreichen Stellungnahmen und den Sachverhalt. Richtig sei, dass er am 28. Dezember 2001 nach Österreich eingereist sei und daher seit 8 Jahren bereits im Bundesgebiet lebe. Es treffe auch zu, dass sein Asylverfahren seit 27. Oktober 2009 rechtskräftig negativ abgeschlossen sei und derzeit kein Aufenthaltstitel vorliege, allerdings habe er einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gestellt, weshalb er in Kürze mit der Erteilung einer humanitären Niederlassungsbewilligung gemäß § 44 NAG rechne. Ebenso habe er seine überdurchschnittliche Integration bescheinigt. Zudem verfüge er über eine Beschäftigungsbewilligung und gehe einer aufrechten Beschäftigung nach. Er bekomme dafür ein Einkommen in Höhe von 1.400 Euro netto monatlich.

Unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ergebe sich, dass ein Antragsteller gemäß § 44 Abs.4 NAG nicht ausgewiesen werden könne, sodass auch ihm ein unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet nicht vorgeworfen werden könne, zumal er ein humanitäres Aufenthaltsrecht beanspruche.

 

Daher wird die Aufhebung des gegenständlichen Straferkenntnisses und in eventu die Unterbrechung des Verwaltungsstrafverfahrens bis zur endgültigen Entscheidung über die Erteilung der Niederlassungsbewilligung durch das Magistrat Linz beantragt.

 

2.1. Mit Schreiben vom 27. September 2010 hat die belangte Behörde den Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz zu S-19.133/10-2.

Da im angefochtenen Bescheid keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

2.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat die Einreisedaten des Bw erhoben. Gleichzeitig mit dem AI-Auszug übermittelte die BPD Linz eine Kopie des Bescheids der Bundespolizeidirektion Linz vom 14. Dezember 2010, Zl. 1016325/FRB, wonach gemäß § 66 Abs.3 FPG die Unzulässigkeit der Ausweisung des Bw gemäß § 53 und 66 FPG aus Gründen einer ansonst drohenden Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Dauer festgestellt wurde. Dieser Bescheid wurde am 29. Dezember 2010 rechtskräftig.

2.4. Da sich bereits aus dem vorgelegten Akt in Zusammenhang mit den Erhebungen des Unabhängigen Verwaltungssenats der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG von einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Folgender rechtlich relevante Sachverhalt wird festgestellt:

Der Bw ist ghanischer Staatsanghöriger und er reiste am 28. Dezember 2001 über unbekannt illegal in das Bundesgebiet ein. Am 2. Jänner 2002 stellte er einen Asylantrag. In weiterer Folge wurde sein Asylverfahren mit der Entscheidung des Asylgerichtshofes am 27. Oktober 2009 rechtskräftig negativ abgeschlossen.

Die Polizeiinspektion Hörsching erstattete am 10. Februar 2010, Zl. A1/0000003033/01/2010, Anzeige gegen den Bw, weil er, wie Beamte anlässlich einer Fahrzeugkontrolle am 7. Februar 2010 um 13.45 Uhr feststellten, sich seit der rechtskräftigen negativen Abweisung des Asylantrages rechtswidrig im Bundesgebiet aufhalte.

Die Bundespolizeidirektion Linz forderte den Bw mit Schriftstück vom 2. Juni 2010, Zl. S-19.133/10-2, zur Rechtfertigung auf und legte ihm damit die im Spruch zugrundeliegende Verwaltungsübertretung zur Last.

In seiner Stellungnahme vom 10. Juni 2010 rechtfertigte sich der Bw im Wesentlichen damit, dass es zwar zutreffe, das der objektive Tatbestand des unrechtmäßigen Aufenthaltes vorliege, allerdings lebe er nunmehr seit 8 Jahren in Österreich und sei bereits bei verschiedenen Firmen berufstätig gewesen. Seit über einem Jahr sei er bei der Fa. X GmbH tätig. Vom AMS Wels sei ihm eine Beschäftigungsbewilligung bis September 2010 ausgestellt worden. Darüber hinaus sei er der deutschen Sprache mächtig, u.a. habe er auch Deutschkurse beim BFI besucht. Seit seiner Einreise ins Bundesgebiet sei er unbescholten und integriert gewesen. Er sei nach wie vor sozial- und krankenversichert, zahle Steuern und Sozialversicherungsabgaben. Er sei ledig und habe keine Kinder. Auf Grund seiner langen Integration in Österreich und des Umstandes, dass sein Asylverfahren nunmehr in zweiter Instanz rechtskräftig negativ abgeschlossen worden sei, habe er bei der zuständigen Behörde einen Antrag für eine Niederlassungsbewilligung gemäß § 44 Abs.3 NAG gestellt.

Daraufhin erließ die belangte Behörde schließlich das angefochtene Straferkenntnis vom 18. August 2010.

Die Bundespolizeidirektion Linz stellte mit Bescheid vom 14. Dezember 2010, Zl. 1016325/FRB, fest, dass gemäß § 66 Abs.3 FPG die Ausweisung des Bw gemäß §§ 53 und 66 FPG aus Gründen einer ansonst drohenden Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Dauer unzulässig ist. Dieser Bescheid erwuchs am 29. Dezember 2010 in Rechtskraft.

 

3.2. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.2.1. Gemäß § 120 Abs.1 Z2 des Fremdenpolizeigesetzes,  BGBl. I Nr. 100/2005, in der zur Tatzeit geltenden Fassung, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 5.000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen, zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltsortes, bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.

 

Nach § 31 Abs.1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehe;

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt;

5. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)

6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs.5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs.3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

 

Gemäß § 66 Abs.2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMKR) insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren.

 

Wird die Ausweisung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 66 FPG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt, so hat die Behörde gemäß §§ 44a NAG von Amts wegen einen Aufenthaltstitel gemäß §§ 43 Abs.2 oder 44 Abs.3 NAG zu erteilen.

 

Gemäß § 44b Abs.3 letzter Satz NAG gelten jedoch Verfahren gemäß §§ 43 Abs.2 und 44 Abs.3 NAG über die Fälle des § 25 Abs.2 NAG hinaus als eingestellt, wenn der Fremde das Bundesgebiet verlassen hat.

 

3.2.2. In dem jüngst ergangenen Erkenntnis vom 7. Oktober 2010, Zl. B 950/10, hielt der Verfassungsgerichtshof fest, dass im Zusammenhang mit der Interessensabwägung nach Art 8 EMRK bei einer in hohem Maße stattgefundenen Integration (z.B. längerer Aufenthalt in Österreich und gute Deutschkenntnisse der Familie) eine "integrationsmindernde" Wertung des Umstandes, dass der Aufenthalt nur auf Grund eines letztlich unberechtigten Asylantrages rechtmäßig war, nicht generell zulässig sei. Vielmehr sei zu berücksichtigen, dass die Integration der Beschwerdeführer während ihrer jeweils einzigen Asylverfahren erfolgte, die sieben Jahre lang ohne rechtskräftige Entscheidung gedauert hätten. Der Staat müsse Voraussetzungen schaffen, dass bis zur ersten rechtskräftigen Entscheidung nicht sieben Jahre verstreichen, wenn keine außergewöhnlich komplexen Rechtsfragen vorliegen und den Fremden die lange Dauer des Asylverfahrens nicht angelastet werden kann.

 

3.2.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 22. Oktober 2009, Zl. 2009/21/0293, ausgeführt, dass Anträge nach den §§ 43 Abs.2, 44 Abs.3 und 4 NAG den Aufenthalt im Bundesgebiet voraussetzen und daraus zwingend das Recht abzuleiten sei, die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer humanitären Niederlassungsbewilligung im Inland abwarten zu dürfen. Das vom Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis angenommene Abschiebeverbot wird nunmehr seit der mit 1. Jänner 2010 in Kraft getretenen Novelle BGBl I. Nr. 122/2009 nach den Voraussetzungen der Ausnahme des § 44 Abs.5 NAG geregelt.

 

3.3. Im vorliegenden Fall ist (wie im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen) – auch vom Bw – völlig unbestritten, dass er keinen der Tatbestände des § 31 Abs.1 FPG erfüllt, und dass somit der objektive Tatbestand des unrechtmäßigen Aufenthalts grundsätzlich vorliegt.

 

3.4. Das FPG enthält keine Regelung hinsichtlich des Verschuldens, weshalb § 5 Abs.1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismittel oder Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht.

 

Zur Einwendung, eine Bestrafung sei nicht zulässig, da dem Bw – weil er in Kürze mit der Erteilung einer humanitären Niederlassungsbewilligung gemäß § 44 Abs.4 NAG aufgrund erfolgter Integration rechne – die Tat subjektiv nicht vorwerfbar sei, wird festgestellt, dass mittlerweile mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 14. Dezember 2010, Zl. 1016325/FRB, festgestellt wurde, dass gemäß § 66 Abs.3 FPG die Ausweisung des Bw gemäß §§ 53 und 66 FPG  aus Gründen einer ansonst drohenden Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Dauer unzulässig ist.

 

Dem Bw kann daher ein schuldhaftes Verhalten nicht vorgeworfen werden, weil dem vom Verwaltungsgerichtshof postulierten "Bleiberecht nach dem NAG" zwangsläufig auch ein über den Abschiebeschutz und über die durch Antrag eingeleiteten Verfahren hinausgehender Inhalt zukommt. Denn wenn nach einer Interessenabwägung iSd Art. 8 EMRK die Ausweisung des Bw auf Dauer unzulässig ist, so müsste ihm von Amts wegen ein Aufenthaltstitel nach § 43 Abs.2 oder § 44 Abs.3 NAG erteilt werden. Dies ist allerdings nach § 44b Abs.3 letzter Satz NAG nur möglich, solange sich der Fremde im Bundesgebiet aufhält. Für den Bw lag somit eine entschuldigende Notstandssituation iSd § 6 VStG mit einem unauflöslichen Interessenkonflikt vor, wenn er einerseits zur Ausreise verpflichtet war und andererseits aber im Inland bleiben musste, damit die Verleihung eines Aufenthaltsrechtes infolge einer für den Bw positiven Ausweisungsentscheidung überhaupt möglich war.

 

Der Berufung war daher gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z 2 VStG einzustellen.

 

5. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

Mag. Bergmayr-Mann

 

 

 

Rechtssatz zu VwSen-231138/4/BMa/Mu/Th vom 13. Juli 2011:

 

ständige Rechtssprechung

 

 

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