Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110989/2/Wim/Rd/Bu

Linz, 27.06.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung der Frau X, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. X, X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshaupt­mann­schaft Schärding vom 28. Jänner 2011, VerkGe96-259-1-2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene           Straferkenntnis samt    Verfallsausspruch behoben und das           Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.      Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrens­kosten­beiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 28. Jänner 2011, VerkGe96-259-1-2010, wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 1.453 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z3 und § 7 Abs.1 GütbefG verhängt, weil sie als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufene der Statschechia spol (Unternehmer) mit dem Sitz in X, X, am 2.9.2010 gegen 9.35 Uhr auf der B 137, Strkm 60.000, Gemeindegebiet St. Florian am Inn, mit dem Sattelzugfahrzeug mit dem tschechischen Kennzeichen X und dem Sattelanhänger mit dem niederländischen Kennzeichen X, deren Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg überstiegen hat, Zulassungsbesitzer des Zugfahrzeuges: Statschechia spol, X, X, Lenker: X, eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (24 Paletten Material für die Waschmaschinenindustrie) von Österreich mit einem Zielort in Deutschland ohne die hierfür erforderliche Bewilligung durchgeführt hat.

 

Des Weiteren wurde verfügt, dass gemäß § 37 Abs.5 VStG die am 2.9.2010 von den Aufsichtsorganen der Polizeiinspektion Engelhartszell eingehobene vorläufige Sicherheit nach § 37a Abs.1 und Abs.2 Z2 VStG iVm § 24 GütbefG im Betrag von 1.453 Euro für verfallen erklärt und auf die Strafe angerechnet wird.  

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Firma X im Besitz einer Gemeinschaftslizenz sei und diese auch im Verfahren nachgereicht worden sei. Überdies sei der Lenker vom Meldungsleger nicht zur Aushändigung der beglaubigten Abschrift der Gemeinschaftslizenz aufgefordert worden. Es sei auch davon auszugehen, dass sich die gegenständliche Urkunde im Lkw befunden habe. Es sei natürlich möglich, dass sie der Lenker erst suchen musste und nicht sofort griffbereit war. Darüber hinaus erhalte jeder Lenker bei seiner Einstellung eine genaue Einschulung, insbesondere dahingehend, welche Dokumente er mit sich zu führen habe und dies auch vor Fahrtantritt zu kontrollieren habe. Die Einhaltung der Weisungen würden in kontinuierlichen Abständen von der Berufungswerberin selbst bzw von anderen Personen überprüft. Bei einer Verfehlung erfolge eine Nachschulung bzw bei weiteren Verfehlungen erfolge eine Ermahnung und werde in letzter Konsequenz die Entlassung ausgesprochen.

Selbst ausgehend, dass der Tatbestand in objektiver Hinsicht erfüllt worden sei, was jedoch bestritten werde, so liege jedenfalls nur ein äußerst geringes Verschulden der Berufungswerberin vor.

Es werde daher die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu der Ausspruch einer Ermahnung, in eventu die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe beantragt. Des Weiteren wird beantragt, den Verfall über die eingehobene Sicherheitsleistung für rechtsunwirksam zu erklären und die eingehobene Sicherheitsleistung an die Berufungswerberin rück zu überweisen.  

 


3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG Abstand genommen werden, zumal bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

4. Folgender Sachverhalt liegt der Entscheidung zugrunde:

Anlässlich der Amtshandlung wurde den Kontrollbeamten durch den Lenker ein Frachtbrief vorgelegt, aus dem entnommen werden kann, dass eine grenzüberschreitende gewerbsmäßige Güterbeförderung, und zwar von X (Fa. X) nach X (Fa. X) durch die X mit Sitz in X, durchgeführt wurde. Eine zur Durchführung dieses Gütertransportes notwendige Gemeinschaftslizenz konnte vom Fahrer trotz mehrmaligem Durchsuchen des Führerhauses nicht aufge­funden werden. In der schriftlichen Stellungnahme anlässlich der Aufforderung zur Rechtfertigung der Berufungswerberin vom 19. November 2010 wurde eine Kopie der beglaubigten Abschrift der Gemeinschaftslizenz mit der Nr. X, ausgestellt für X, X, gültig vom 1.5.2009 bis 1.5.2014, vorgelegt. Die Berufungswerberin war somit zum Tatzeitpunkt im Besitz einer gültigen Gemeinschaftslizenz.        

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 7 Abs.1 GütbefG ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer der folgenden Berechtigungen sind:

1.       Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92,

2.       Genehmigung aufgrund der Resolution des Rates der Europäischen           Konferenz der Verkehrsminister (CEMT) vom 14.6.1973,

3.       Bewilligung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie           für den Verkehr nach, durch oder aus Österreich,

4.       aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen vergebene Genehmigung des           Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie.

Eine solche Berechtigung ist jedoch nicht erforderlich, wenn eine anders lautende Anordnung nach Abs.4 ergangen ist.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z3 GütbefG begeht, abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der Gewerbeordnung 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer Beförderungen gemäß §§ 7 bis 9 ohne die hierfür erforderliche Berechtigung durchführt oder Gebote oder Verbote von zwischenstaatlichen Vereinbarungen nicht einhält.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z8 GütbefG begeht, abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der Gewerbeordnung 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer nicht dafür sorgt, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 erforderlichen Gemeinschaftslizenzen oder Fahrerbescheinigungen mitgeführt werden.

 

5.2. Von der belangten Behörde wurde im Spruch des nunmehr angefochtenen Straferkenntnisses der Berufungswerberin zur Last gelegt, dass sie als handelsrechtliche Geschäftsführerin der X mit dem Sitz in X am 2. September 2010 gegen 9.35 Uhr eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern von Österreich mit einem Zielort in Deutschland ohne die hiefür erforderliche Bewilligung, nämlich ohne Gemeinschaftslizenz, durchgeführt hat.  Der von der Berufungswerberin gesetzte Tatvorwurf wurde von der belangten Behörde unter die Strafnorm des § 23 Abs.1 Z3 iVm § 7 Abs.1 GütbefG subsumiert.

 

Diesbezüglich wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. November 2007, Zl. 2007/03/0127 (hier: betreffend Fahrerbescheinigungen), hingewiesen, wo ua auch ausgesprochen wurde, dass "für die Durchführung einer der Gemeinschaftslizenz unterliegenden grenzüberschreitenden Güterbeförde­rung, ohne dass der Unternehmer über eine Gemeinschaftslizenz verfügt, eine gesonderte Strafnorm in § 23 Abs.1 Z3 iVm § 7 Abs.1 Z1 GütbefG vorgesehen" ist.  

 

Die Berufungswerberin verfügte jedoch zum Tatzeitpunkt über eine gültige Gemeinschaftslizenz. Dies geht aus ihrer an die belangte Behörde gerichteten Rechtfertigung vom 19. November 2010, welcher auch eine entsprechende Kopie der Gemeinschaftslizenz angeschlossen war, hervor. Die Berufungs­werberin war somit im Besitz einer gültigen Gemeinschaftslizenz, hat aber jedoch - wie in § 23 Abs.1 Z8 GütbefG normiert - nicht dafür Sorge getragen, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 erforderliche Gemeinschaftslizenz mitgeführt wird.

Der Tatvorwurf des Nicht-dafür-Sorgetragens, dass die erforderliche Gemeinschaftslizenz mitgeführt wird, wurde der Berufungswerberin aber zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens zur Last gelegt.

Die Auseinandersetzung hinsichtlich der fehlenden Sorgepflicht der Berufungswerberin in der Begründung des gegenständlichen Straferkenntnisses bewirkt noch keinen Tatvorwurf nach § 23 Abs.1 Z8 GütbefG, welcher eine Spruchänderung durch den Oö. Verwaltungssenat rechtfertigen würde.

 

Es hat daher die Berufungswerberin die ihr zur Last gelegte Verwaltungsüber­tretung – nämlich den konkreten Gütertransport ohne Bewilligung durchgeführt zu haben - nicht begangen und war das Straferkenntnis samt Verfallsausspruch –siehe diesbezüglich die in Punkt 5.3. folgenden Ausführungen -  aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.

 

Auf die weiteren Berufungsausführungen zum Kontrollsystem war daher nicht mehr einzugehen.

 

5.3. Unbeschadet dessen wird zum Verfallsausspruch noch Nachstehendes ausgeführt:

 

Gemäß § 37 Abs.5 VStG kann die Sicherheit für verfallen erklärt werden, sobald sich die Strafverfolgung des Beschuldigten oder der Vollzug der Strafe als unmöglich erweist.

 

Die Berufungswerberin hat ihren Wohnsitz in Tschechien und besteht kein Vertrag über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen zwischen der Republik Österreich und der Republik Tschechien. Die Berufungswerberin ist im gegenständlichen Verfahren durch einen Rechtsvertreter vertreten und hat – auch ohne Bestehen eines Rechtshilfeabkommens – im gesamten Verfahren entsprechend mitgewirkt (vgl. hiezu VwGH vom 17.4.2009, 2006/03/0129-6). Es wurde ein Strafverfahren durchgeführt und abgeschlossen. Demnach ist eine Strafver­folgung gegenständlich nicht unmöglich und daher diese Voraussetzung nicht erfüllt.

 

Darüber hinaus stellte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 17.4.2009, Zl. 2007/03/0714, klar, dass im Hinblick auf die Garantien des Art.6 EMRK "ein Verfall nicht schon unter Berufung auf die Unmöglichkeit des Vollzugs einer allfällig zu verhängenden Strafe ausgesprochen werden darf", wenn die Durchführung eines Strafverfahrens möglich ist. Dies war gegenständlich der Fall. Überdies wurde von der Republik Tschechien der Rahmenbeschluss 2005/214/JI des Rates vom 24. Februar 2005 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen umgesetzt. Der Umstand, dass die Betretene ihren Wohnsitz in Tschechien hat, rechtfertigt also für sich allein nicht (mehr) die Anwendung des § 37a Abs.2 Z2 VStG bzw den Verfall nach § 37 VStG.

 

Es wäre daher – auch unabhängig von den Ausführungen in Punkt 5.2. – der Verfallsausspruch aufzuheben gewesen.     

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfällt gemäß § 66 VStG die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Kostenbeiträge.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Leopold Wimmer

 

 

 

 

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