Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-252630/7/Gf/Mu

Linz, 26.07.2011

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung des x, vertreten durch die RAe x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 5. Oktober 2010, Zl. SV96-245-2010, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialver­sicherungsgesetzes zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 5. Oktober 2010, Zl. SV96-245-2010, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden) verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH zu vertreten habe, dass von
dieser zwischen dem 1. Jänner 2006 und dem 24. März 2009 auf einer näher
bezeichneten Baustelle in Oberweis bei Gmunden drei ausländische Staatsangehörige mit Trockenausbauarbeiten gegen Entgelt beschäftigt worden seien, ohne dass diese zuvor beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet gewesen seien. Dadurch habe der Rechtsmittelwerber eine Übertretung des § 33 Abs. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl.Nr. 189/1955 in der im gegenständlichen Fall maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 33/2009 (im Folgenden: ASVG), begangen, weshalb er nach § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass dieses dem Rechtsmittelwerber angelastete deliktische Verhalten von Kontrollorganen des Finanzamtes Gmunden-Vöcklabruck festgestellt worden und daher als erwiesen anzusehen sei, dass die auf der Baustelle angetroffenen Ausländer nicht als eigenständige Unternehmer tätig geworden, sondern vielmehr in einem Dienstverhältnis zur GmbH des Beschwerdeführers gestanden seien.

Im Zuge der Strafbemessung sei seine bisherige Unbescholtenheit als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

1.2. Gegen dieses ihm am 7. Oktober 2010 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 20. Oktober 2010 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Darin wird vorgebracht, dass sich anhand der Begründung des Straferkenntnisses weder die tägliche Arbeitszeit noch die Gesamtdauer der Beschäftigung nachvollziehen lasse. Außerdem hätten die Ausländer von Anfang angegeben, die Arbeiten als eigenständige, über eine entsprechende gewerberechtliche Genehmigung verfügende und nach GSVG sozialversicherte Unternehmer im Rahmen eines Werkvertrages verrichtet zu haben. In diesem Zusammenhang würden auch entsprechende Abrechnungen existieren, deren Höhe jeweils belegen, dass es sich nicht um dienstnehmerähnliche Bezüge handle. Darüber hinaus sei dem Beschwerdeführer sowohl hinsichtlich der Auswahl der Arbeitskräfte als auch bezüglich der Arbeitszeitgestaltung keinerlei Weisungsbefugnis zugekommen; vielmehr habe ein fixer Fertigstellungstermin bestanden, wobei im Falle der Nichteinhaltung ebenso eine entsprechende Pönale zu leisten gewesen wäre wie dann, wenn die Ausländer den hinsichtlich der Ausführung der Arbeiten geschuldeten Erfolg nicht erzielt hätten. Dass die GmbH des Rechtsmittelwerbers den Ausländern sowohl das Material (Gipskartonplatten) als auch Arbeitskleidung zur Verfügung gestellt habe, spreche schon deshalb nicht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages, weil dies zwischen den Vertragsparteien aus Kostengründen so vereinbart worden sei.

Aus allen diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Linz-Land zu Zl. SV96-245-2010; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Im Rahmen dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesent­licher Sachverhalt festgestellt:

2.2.1. Am 24. März 2009 haben Aufsichtsorgane des Finanzamtes Gmunden-Vöckla­bruck im Zuge einer gegen 14:10 Uhr durchgeführten Kontrolle einer Baustelle in der x-Str. 1 in Oberweis festgestellt, dass dort drei polnische Staatsangehörige, die nicht nach dem ASVG zur Sozialversicherung angemeldet waren, für das Unternehmen des Rechtsmittelwerbers diverse Trockenausbauarbeiten (Abladen und Verspachteln von Rigipsplatten) ausgeführt haben.

Der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses erstgenannte ausländische Staatsangehörige verfügte über eine Gewerbeberechtigung für die "Aufstellung und Montage von mobilen, statisch belanglosen Trenn- und Ständerwänden durch Schrauben oder Zusammenstecken von fertig bezogenen Elementen" und war auch in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem Gewerblichen
Sozialversicherungsgesetz (GSVG) pflichtversichert.

Für diverse Arbeitsstunden bzw. Arbeiten auf dieser Baustelle wurden diese Ausländer auf Grund entsprechender Rechnungen entweder pauschal oder entsprechend der Quadratmeterzahl der ausgebauten Fläche entlohnt.

2.2.2. Mit Schriftsatz vom 28. April 2009, Zl. 053/73044/1/2009, hat das Finanzamt Gmunden-Vöcklabruck eine entsprechende Anzeige erstattet und in dieser die Bestrafung des Rechtsmittelwerbers begehrt.

2.2.3. Mit diesen Ermittlungsergebnissen konfrontiert hat der damalige Rechtsvertreter der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 9. Juni 2009 eingewendet, dass die Ausländer nicht als Dienstnehmer, sondern auf Grund eines Werkver­trages tätig geworden, zum Tatzeitpunkt ohnehin nach GSVG pflichtversichert gewesen und auf Grund von zwei Teilrechnungen pauschal in einer Höhe von 10.800 Euro abgefunden worden seien.

2.2.4. In seiner Stellungnahme vom 13. Juli 2009, Zl. 053/73044/4/2010, hat sich das Finanzamt Gmunden-Vöcklabruck im Wesentlichen dahin geäußert, dass alle drei Ausländer jeweils Arbeitskleidung mit der Aufschrift der GmbH des Rechtsmittelwerbers getragen hätten; dass diese GmbH selbst keine Dienst­nehmer für den Trockenausbau beschäftige und das Arbeitsmaterial zur Ver­fügung gestellt habe, während die Ausländer lediglich ihre Arbeitskraft eingebracht – indem sie täglich zwischen 7 und 9 Stunden gearbeitet – und keine
Gesamtrechnung erstellt, sondern eine Entlohnung nach Quadratmeterpreisen vereinbart hätten; dass kein schriftlicher Werkvertrag habe vorgelegt werden können; und dass das Vorliegen einer Gewerbeberechtigung ein daneben be­stehendes Dienstverhältnis, bei dem die Merkmale persönlicher und wirtschaft­licher Abhängigkeit überwiegen, nicht ausschließe.

 

2.3. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Nach § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber i.S.d. diese Gesetzes u.a. derjenige, für dessen Rechnung jener Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in
einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 ASVG pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

Als Dienstnehmer ist nach § 4 Abs. 2 ASVG anzusehen, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persön­licher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 4 Abs. 4 Z. 1 lit. a ASVG stehen den Dienstnehmern i.S.d. § 4 Abs. 2 ASVG u.a. Personen, die sich auf Grund freier Dienstverträge für einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, dann gleich, wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen, es sei denn, dass sie auf Grund dieser Tätigkeit bereits nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 GSVG versichert sind.

 

Gemäß § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG handelt u.a. derjenige ordnungswidrig, der als Dienstgeber entgegen den Vorschriften des ASVG Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet. Eine solche Ordnungswidrigkeit ist nach § 111 Abs. 2 ASVG von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden straf­baren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist.

 

In diesem Zusammenhang ist gemäß § 539a Abs. 1 ASVG für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall geht schon aus den der Anzeige des Finanzamtes Gmunden-Vöcklabruck vom 28. April 2009, Zl. 053/73044/1/2009, beigelegten Personenblättern hervor, dass sowohl der im Spruch des angefochtenen Straf­erkenntnisses zweitangeführte als auch der drittangeführte Ausländer als ihren Arbeitgeber jeweils den erstangeführten Ausländer angegeben haben; und
Letzterer hat dort als Arbeitgeber sein eigenes Unternehmen angeführt.

 

In der Folge wurde vom Beschwerdeführer stets darauf hingewiesen, dass der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses erstangeführte Ausländer auf Grund einer entsprechenden gewerberechtlichen Bewilligung des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 22. März 2003 ein eigenständiges Unternehmen führt und jenes auf Grund eines Werkvertrages mit der GmbH des Rechtsmittelwerbers auf deren Baustelle die beanstandeten Trockenausbauarbeiten durchgeführt und auch entsprechend abgerechnet hat (vgl. die Stellungnahme vom 9. Juni 2009 samt Beilagen). Darüber hinaus hat die Sozialversicherungsanstalt der gewerb­lichen Wirtschaft – Landesstelle Oberösterreich über Aufforderung des Oö. Verwaltungssenates am 22. bzw. 25. Juli 2011 eine Versicherungsbestätigung vorgelegt, aus der hervorgeht, dass sowohl der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses erstangeführte Ausländer seit dem 1. April 2004 bis dato als auch der zweitangeführte Ausländer seit dem 10. Jänner 2005 bis dato einerseits in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG und andererseits in der Unfallversicherung nach dem ASVG pflichtversichert sind.

 

Damit kam aber insoweit jedenfalls die Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 4 Z. 1 lit. a ASVG zum Tragen, wonach gemäß GSVG pflichtversicherte Personen selbst dann, wenn sich diese auf Grund freier Dienstverträge für einen Dienst­geber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, schon ex lege nicht als Dienstnehmer i.S.d. § 4 Abs. 2 ASVG anzusehen sind.

 

Und dafür, dass der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zweit- bzw. drittangeführte Ausländer nicht als Dienstnehmer des erstangeführten Aus­länders, sondern des Unternehmens des Beschwerdeführers tätig geworden sind, haben sich auf Grund des Ermittlungsverfahrens keine stichhaltigen Nachweise ergeben, zumal es die Erstbehörde in diesem Zusammenhang insbesondere verabsäumt hat, zu dieser Frage die beiden Ausländer zeugenschaftlich und damit unter Wahrheitspflicht einzuvernehmen. Denn angesichts der Tatsache, dass ein Werkvertrag auch mündlich abgeschlossen werden kann, werden die bloßen
Indizien, dass die Arbeitskleidung und das Material seitens der GmbH des
Beschwerdeführers zur Verfügung gestellt wurden, dadurch aufgewogen, dass – wie dies bereits in der Anzeige festgestellt wurde – diese GmbH selbst "keine Dienstnehmer für den Trockenausbau beschäftigt.

 

Im Ergebnis hätte daher bei einer derartigen Beweislage allenfalls der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses erstangeführte Ausländer wegen einer Verletzung der Meldepflicht bezüglich der beiden anderen Ausländer, nicht jedoch der Rechtsmittelwerber bestraft werden dürfen.

3.3. Aus diesen Gründen war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungs­werber nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum