Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-252636/2/Gf/Mu

Linz, 20.07.2011

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung des x, vertreten durch die RAe x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 14. Oktober 2010, Zl. SV-63/2010, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 14. Oktober 2010, Zl. SV-63/2010, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 750 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 96 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 75 Euro) verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer KG zu vertreten habe, dass diese vom 1. September bis zum 27. Oktober 2009 in ihrem Lokal in Enns einen ausländischen Staatsangehörigen als Pizzakoch gegen Entgelt beschäftigt habe, ohne dass dieser zuvor beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet gewesen seien. Dadurch habe der Rechtsmittelwerber eine Übertretung des § 33 Abs. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl.Nr. 189/1955 in der im gegenständlichen Fall maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 33/2009 (im Folgenden: ASVG), begangen, weshalb er nach § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass dieses dem Rechtsmittelwerber angelastete deliktische Verhalten von Kontrollorganen des Finanzamtes Linz festgestellt worden und daher als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung sei seine bisherige Unbescholtenheit als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

1.2. Gegen dieses ihm am 19. Oktober 2010 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 28. Oktober 2010 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Darin wird vorgebracht, dass der Beschwerdeführer nicht handelsrechtlicher Geschäftsführer, sondern persönlich haftender Gesellschafter der verfahrensgegenständlichen KG sei, sodass sich der Spruch insoweit als im Lichte des § 44a VStG rechtswidrig erweise. Außerdem habe der Rechtsmittelwerber seinen Mietvertrag mit Wirkung ab 1. September 2009 beendet, sodass der im Zuge der Lokalkontrolle betretene Ausländer seine Tätigkeit als Pizzakoch auf eigene Rechnung durchgeführt und hierfür auch eine entsprechende gewerberechtliche Genehmigung beantragt hatte. Bis zum 31. August 2009 sei dieser hingegen als Dienstnehmer bei der GKK gemeldet gewesen, sodass dem Beschwerdeführer allenfalls bloß die ab 1. September 2009 nicht vorgenommene Abmeldung hätte angelastet werden dürfen. Schließlich sei der Betriebssitz nach dem Tatzeitpunkt verlegt worden, sodass die belangte Behörde zur Erlassung des angefochtenen Bescheides örtlich nicht zuständig gewesen sei.

Aus allen diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Stadt Steyr zu Zl. SV-63/2010; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Nach § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber i.S.d. ASVG u.a. derjenige, für dessen Rechnung jener Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

Als Dienstnehmer i.S.d. ASVG ist nach § 4 Abs. 2 leg.cit. anzusehen, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 4 Abs. 4 Z. 1 lit. a ASVG stehen den Dienstnehmern i.S.d. § 4 Abs. 2 ASVG u.a. Personen, die sich auf Grund freier Dienstverträge für einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, dann gleich, wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen, es sei denn, dass sie auf Grund dieser Tätigkeit bereits nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 GSVG versichert sind.

 

Gemäß § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG handelt u.a. derjenige ordnungswidrig, der als Dienstgeber entgegen den Vorschriften des ASVG Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet. Eine solche Ordnungswidrigkeit ist nach § 111 Abs. 2 ASVG von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist.

 

In diesem Zusammenhang ist gemäß § 539a Abs. 1 ASVG für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall liegt zwar der angelastete Tatzeitraum – 1. September bis 27. Oktober 2009 – noch vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 111 Abs. 5 ASVG (31. Dezember 2009), der anordnet, dass eine Verwaltungsübertretung gemäß § 111 Abs. 1 ASVG als im Sprengel jener Bezirksverwaltungsbehörde begangen gilt, in dem der Sitz des Betriebes des Dienstgebers liegt; das angefochtene Straferkenntnis ist jedoch erst nach dem 31. Dezember 2009 ergangen, sodass zu diesem Zeitpunkt zu dessen Erlassung jene Bezirksverwaltungsbehörde zuständig war, in dessen Sprengel der Betriebssitz des Dienstgebers zum Tatzeitpunkt lag.

 

Diesbezüglich geht die belangte Behörde – wie sich aus dem Spruch des Straferkenntnisses zweifelsfrei ergibt – selbst davon aus, dass der Betriebssitz der KG des Rechtsmittelwerbers bis zum 17. März 2010 in E, und erst nach diesem Tag in S, also innerhalb des Sprengels der Erstbehörde, lag.

3.3. Somit wurde das angefochtene Straferkenntnis von einer örtlich unzuständigen Behörde erlassen, sodass der gegenständlichen Berufung schon aus diesem Grund gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG einzustellen war (vgl. z.B. VwGH vom 23. April 1992, Zl. 92/09/0062, und vom 14. März 1995, Zl. 92/07/0162).

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungs­werber nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.


Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum