Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-252811/2/Gf/Mu

Linz, 28.07.2011

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung des x, vertreten durch die RAe x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 31. März 2011, Zl. SV96-6-2011-Sc, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 31. März 2011, Zl. SV96-6-2011-Sc, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 730 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 110 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 73 Euro) verhängt, weil er es als außenvertretungsbefugtes Organ einer GmbH zu vertreten habe, dass diese vom 13. November bis zum 1. Dezember 2010 in ihrem Lokal in Braunau eine Kellnerin beschäftigt habe, ohne dass jene zuvor beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet worden sei, da er die entsprechende Anmeldung erst am 2. Dezember 2010 durchgeführt habe. Dadurch habe er eine Übertretung des § 33 Abs. 1 des Allgemeinen Sozialver­sicherungsgesetzes, BGBl.Nr. 189/1955 in der im gegenständlichen Fall maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 150/2009 (im Folgenden: ASVG), begangen, weshalb er nach § 111 Abs. 2 ASVG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass das dem Rechtsmittelwerber angelastete deliktische Verhalten auf Grund entsprechender Erhebungen der Fremdenpolizei Braunau als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien. Seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung vom Amts wegen zu schätzen gewesen.

1.2. Gegen dieses ihm 5. April 2011 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 19. April 2011 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene
Berufung.

Darin führt der Rechtsmittelwerber aus, dass die Beweiswürdigung der belangten Behörde insofern unzutreffend sei, als die Kellnerin vor ihrer Anmeldung zur
Sozialversicherung tatsächlich keiner Beschäftigung nachgegangen sei. Obwohl sie dies im Zuge des erstbehördlichen Ermittlungsverfahrens mehrfach bestätigt habe, sei sie hierzu nicht zeugenschaftlich einvernommen worden.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu eine Herabsetzung der Strafe beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Braunau zu Zl. SV96-6-2011-Sc; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 


3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Nach § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber u.a. derjenige, für des­sen Rechnung jener Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittels­personen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 ASVG pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

Als Dienstnehmer ist nach § 4 Abs. 2 ASVG anzusehen, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 4 Abs. 4 Z. 1 lit. a ASVG stehen den Dienstnehmern i.S.d. § 4 Abs. 2 ASVG u.a. Personen, die sich auf Grund freier Dienstverträge für einen Dienst­geber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, dann gleich, wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen, es sei denn, dass sie auf Grund dieser Tätigkeit bereits nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 GSVG versichert sind.

 

Gemäß § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG handelt u.a. derjenige ordnungswidrig, der als Dienstgeber entgegen den Vorschriften des ASVG Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet. Eine solche Ordnungswidrigkeit ist nach § 111 Abs. 2 ASVG von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist.

 

In diesem Zusammenhang ist gemäß § 539a Abs. 1 ASVG für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall steht allseits unbestritten fest, dass der Rechtsmittelwerber die Kellnerin am 2. Dezember 2010 zur Sozialversicherung angemeldet hat. Da diese Anmeldung aus eigenem – und nicht etwa durch eine fremdenpolizeiliche oder finanzpolizeiliche Kontrolle veranlasst – erfolgte, wäre es selbst dann, wenn es zutrifft, dass die Dienstnehmerin diese Tätigkeit stundenweise auch schon im Zeitraum zwischen dem 13. November und dem 1. Dezember 2010 ausgeübt hat, unter Bedachtnahme auf die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers, den kurzen Tatzeitraum und die am 2. Dezember 2010
ohnedies aus freien Stücken erfolgte Anmeldung angezeigt gewesen, im hier vorliegenden Erstfall gemäß § 111 Abs. 2 zweiter Satz ASVG von der Verhängung einer Geldstrafe abzusehen und stattdessen bloß eine Ermahnung zu erteilen (vgl. auch VwSen-252768 vom 25. Juli 2011 und VwSen-252773 vom 26. Juli 2011).

 

3.3. Dazu kommt, dass ein stichhaltiger Nachweis für ein auch bereits im Zeitraum zwischen dem 13. November und dem 1. Dezember 2010 bestehendes Dienstverhältnis nicht vorliegt. Denn der Niederschrift der fremdenpolizeilichen Abteilung der BH Braunau vom 10. Jänner 2011, Zl. Sich40-23340, ist diesbezüglich nur zu entnehmen, dass die Kellnerin "am 13.11.2010 ..... zu arbeiten begonnen" hat, aber auch "derzeit" – also zum Zeitpunkt ihrer Einvernahme am 10. Jänner 2011 – "noch zum 'Probearbeiten' in diesem Betrieb beschäftigt" war. Somit kann schon auf Grund dieser Aussage nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass sie für den Zeitraum zwischen dem 13. November und dem 1. Dezember 2010 tatsächlich nicht entlohnt wurde.

 

Dazu kommt noch, dass der Beschwerdeführer dieser Kellnerin eine mit "11.12.2010" datierte Arbeitsbestätigung ausgestellt hat, aus der hervorgeht, dass sie "seit 02.12.2010" bei ihm als Dienstnehmerin beschäftigt ist; diese Bestätigung wurde nicht erst im Nachhinein erstellt, sondern – wie sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt ergibt – bereits im Zuge der aus Anlass einer Verlängerung des Visums erfolgten Einvernahme der Kellnerin am 10. Jänner 2011 vorgelegt.     

 

Selbst wenn gewisse Indizien darauf hindeuten, dass die Verantwortung des Rechtsmittelwerbers auch als bloße Schutzbehauptung gewertet werden könnte, durfte bei einer derartigen Beweislage aber nicht von der Erwiesenheit der ihm angelasteten Übertretung ausgegangen werden; vielmehr war gemäß Art. 6 Abs. 2  EMRK im Zweifel zu seinen Gunsten davon auszugehen, dass er diese Tat nicht begangen hat.

 

3.4. Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum