Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166113/2/Fi/Bb/Kr

Linz, 25.07.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Johannes Fischer über die Berufung des X, vom 3. Juni 2011 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 16. Mai 2011,
GZ VerkR96-2166-2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), mit diesem Bescheid
zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Die Berufung wird im Schuldspruch abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insoweit bestätigt.

 

Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung insofern stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 40 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 14 Stunden herabgesetzt wird.

 

 

II.              Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten reduzieren sich auf 4 Euro (= 10 % der nunmehr verhängten Geldstrafe). Für das Berufungsverfahren hat der Berufungswerber keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm

§§ 24, 51 Abs.1 und 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

 

1. Mit dem Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 16. Mai 2011, GZ VerkR96-2166-2010, wurde X (der Berufungswerber) wie folgt für schuldig erkannt und bestraft (auszugsweise Wiedergabe):

 

"... Sie haben als Lenker eines Lastkraftwagens mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t entgegen dem Verbotszeichen "Überholen für Lastkraftfahrzeuge verboten" ein mehrspuriges Kraftfahrzeug überholt.

 

Tatort: Gemeinde Unterweitersdorf, B 310 Mühlviertlerstraße, km 21,100, Fahrtrichtung Freistadt.

Tatzeit: 08.07.2010, 12.00 Uhr.

Fahrzeuge:

Kennzeichen X, Sattelzugfahrzeug, Volvo FH-440

Kennzeichen X, Sattelanhänger, Langendorf Glastransporter."

 

Der Berufungswerber habe dadurch § 52 lit.a Z 4c StVO verletzt.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Berufungswerber gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO eine Geld­strafe in der Höhe 80 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 27 Stunden, verhängt. Weiters wurde der Berufungswerber zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in der Höhe von 8 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis, das am 25. Mai 2011 zugestellt wurde, hat der Berufungswerber fristgerecht – mit Schriftsatz vom 3. Juni 2011 – die als "Einspruch bezeichnete" Berufung datiert vom 3. Juni 2011 erhoben.

 

Der Berufungswerber führt darin im Wesentlichen an, dass er an dem vor ihm befindlichen Lkw vorbeigefahren sei, nachdem ihm der Lenker durch Zeichen zu verstehen gegeben habe, dass er ein Problem habe.

 

Er sei auch gewillt gewesen, das Bußgeld in Höhe von rund 35 Euro im Zuge der polizeilichen Anhaltung zu bezahlen, jedoch habe man seine EC-Karte nicht akzeptiert. Von einer höheren Strafe (nunmehr 80 Euro) sei keine Rede gewesen. Er ersucht zu berücksichtigen, dass er mittlerweile - seit 10. November 2011 - für insgesamt fünf Kinder sorgepflichtig ist.

 

 

3. Der Bezirkshauptmann von Freistadt hat die Berufungsschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes mit Vorlageschreiben vom 21. Juni 2011, GZ VerkR96-2166-2010, dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates (§ 51 Abs.1 VStG), wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Freistadt und in die Berufung.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte unterbleiben, da der im Verfahren relevante Sachverhalt ausreichend geklärt vorliegt. Überdies wurde weder vom Berufungswerber noch von der Bezirkshauptmannschaft Freistadt als Verfahrenspartei eine Verhandlung beantragt.

 

4.1. Es ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender rechtlich relevanter Sachverhalt, der seiner Entscheidung zu Grunde liegt: 

 

Der Berufungswerber lenkte am 8. Juli 2010 um 12.00 Uhr das Sattelkraftfahrzeug, Sattelzugfahrzeug mit dem Kennzeichen X und den Sattelanhänger mit dem Kennzeichen X, mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t, in der Gemeinde Unterweitersdorf, auf der Mühlviertler Straße (B 310) in Fahrtrichtung Freistadt.

 

Auf Höhe Strkm 21,100 überholte der Berufungswerber mit dem von ihm gelenkten Kraftfahrzeug trotz bestehendem "Überholverbot für Lastkraftfahrzeuge" gemäß § 52 lit.a Z 4c StVO einen vor ihm fahrenden Lkw.

 

4.2. Diese Feststellungen gründen auf den Angaben von Inspektoren der Autobahnpolizeiinspektion Neumarkt im Mühlkreis, die im Zuge ihres Verkehrsdienstes den Überholvorgang dienstlich wahrgenommen haben.

 

Der Berufungswerber bestreitet nicht, sich an dem vor ihm befindlichen Lkw vorbeibewegt zu haben, er wendet allerdings ein, den Lkw nicht überholt zu haben, sondern lediglich an diesem vorbeigefahren zu sein, da ihm der Lenker durch die Warnblinkanlage und Handzeichen aus dem Fenster zu verstehen gegeben habe, dass er ein Problem habe.

 

Damit tritt er den Darstellungen der Meldungsleger jedoch nicht überzeugend entgegen, welche in der Anzeige festgehalten und unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht als Zeugen und die sie im Fall einer Falschaussage treffende gerichtliche Sanktion im Rahmen ihrer zeugenschaftlichen Vernehmung vor der Bezirkshauptmannschaft Freistadt getrennt von einander und übereinstimmend ausgesagt haben, dass der Berufungswerber eindeutig im gekennzeichneten Lkw-Überholverbotsbereich den vor ihm fahrenden Lkw überholt habe. Ein Handzeichen des Lkw-Lenkers noch eine eingeschaltete Warnblickanlage oder gar einer Panne des vorausfahrenden Lkw sei nicht zu bemerken gewesen. Den beiden zur Wahrnehmung der Vorgänge des öffentlichen Straßenverkehrs, insbesondere der Überwachung der Einhaltung der verkehrspolizeilichen Vorschriften bestellten und geschulten Straßenaufsichtsorganen muss zugebilligt werden, eine richtige Feststellung darüber treffen zu können, ob ein Kraftfahrzeuglenker im beschilderten Überholverbot einen Überholvorgang an einem fahrenden Kraftfahrzeug durchführt. Die niederschriftlichen Aussagen der Polizeibeamten vermitteln keinesfalls den Eindruck, dass sie in ihrer Darstellung übertrieben hätten oder den Berufungswerber gar wahrheitswidrig zu belasten geneigt gewesen sein könnten. Es gibt daher keinen Hinweis oder gar Anhaltspunkte, um an deren Schilderungen zu zweifeln.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat hierüber in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 52 lit.a Z 4c StVO, BGBl. Nr. 159/1960 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I Nr. 93/2009 zeigt das Verbotszeichen "Überholen für Lastkraftfahrzeuge verboten" an, dass mit Lastkraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t das Überholen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen verboten ist.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Z 29 erster Satz StVO, BGBl. Nr. 159/1960 idF BGBl. I Nr. 93/2009 gilt als Überholen das Vorbeibewegen eines Fahrzeuges an einem auf derselben Fahrbahn in der gleichen Richtung fahrenden Fahrzeug.  

 

Als Vorbeifahren gilt gemäß § 2 Abs.1 Z 30 StVO, BGBl. Nr. 159/1960 idF BGBl. I Nr. 93/2009 das Vorbeibewegen eines Fahrzeuges an einer sich auf der Fahrbahn befindenden, sich nicht fortbewegenden Person oder Sache, insbesondere an einem anhaltenden, haltenden oder parkenden Fahrzeug.  

 

5.2.  Auf Grund der nachvollziehbaren und schlüssigen Aussagen der Exekutivbeamten der Autobahnpolizeiinspektion Neumarkt im Mühlkreis und den Überlegungen zur Beweiswürdigung gilt für den Unabhängigen Verwaltungssenat als erwiesen, dass der Berufungswerber mit dem Sattelkraftfahrzeug, Kennzeichen X und X, auf der B 310 den vor ihm fahrenden Lkw - im Sinne des § 2 Abs.1 Z 29 StVO - überholt hat, obwohl ihm dies auf Grund des behördlich verordneten Überholverbotes gemäß § 52 lit.a Z 4c StVO mit dem von ihm gelenkten Kraftfahrzeug im gegenständlichen Straßenbereich verboten war. Von einem Vorbeifahren nach § 2 Abs.1 Z 30 StVO wäre nur dann die Rede, wenn der vorausfahrende Lkw sich nicht fortbewegt und auf der Fahrbahn angehalten worden wäre.

 

Ergänzend ist anzumerken, dass nach der allgemeinen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 24. Februar 1988, 85/03/0149; 11. Oktober 2000, 2000/03/0146) und aus der Zusammenschau der entsprechenden Begriffsbestimmungen für Kraftfahrzeuge in § 2 Abs.1 KFG vom gegenständlichen Überholverbot auch Sattelkraftfahrzeuge erfasst sind.

 

5.3. Es ist daher der objektive Tatbestand der dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Z 4c StVO als erfüllt anzusehen.

 

Umstände, welche das Verschulden des Berufungswerbers an dieser Übertretung ausschließen könnten, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Es wird dem Berufungswerber ein schuldhaftes Verhalten in Form von Fahrlässigkeit vorgeworfen (§ 5 VStG). Er hat damit auch die subjektive Tatseite der gegenständlichen Verwaltungsübertretung verwirklicht.

 

5.4. Zur Straffestsetzung ist festzustellen, dass gemäß § 19 Abs.1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach der anzuwendenden Verwaltungsstrafbestimmung des § 99 Abs.3 lit.a StVO begeht, wer als Lenker eines Fahrzeuges unter anderem diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt und sein Verhalten nicht nach den Abs.1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen.

 

Von der Bezirkhauptmannschaft Freistadt wurde im angefochtenen Straferkenntnis für das gegenständliche Delikt (§ 52 lit.a Z 4c StVO) eine Geldstrafe in der Höhe von 80 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 27 Stunden, festgesetzt.

 

Strafmildernd wurde die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers gewertet, straferschwerende Umstände wurden nicht festgestellt.

 

Darüber hinaus wurden der Strafbemessung die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Berufungswerbers zu Grunde gelegt, wobei ein monatliches Nettoeinkommen in der Höhe von 1.171 Euro, kein Vermögen und Sorgepflichten für vier Kinder berücksichtigt wurden. Diesen angeführten Grundlagen hat der Berufungswerber in seiner Berufungsschrift insofern widersprochen, als er vorgebracht hat seit nunmehr 10. November 2010 für fünf Kinder sorgepflichtig zu sein.

 

Schutzzweck der Bestimmung des § 52 lit.a Z 4c StVO ist es, jenen Gefahren vorzubeugen, die auf dem betreffenden Straßenstück durch das Überholen durch Kraftfahrzeuge mit einem bestimmten Gesamtgewicht hervorgerufen werden und die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zu gewährleisten. Es bedarf daher sowohl aus spezial- als auch generalpräventiven Überlegungen einer angemessenen Strafe, um den Berufungswerber selbst, als auch die Allgemeinheit darauf hinzuweisen und zu sensibilisieren, dass die Einhaltung behördlich verordneter Überholverbote von wesentlicher Bedeutung ist.

 

Unter Berücksichtigung der finanziellen Verpflichtungen des Berufungswerbers für nunmehr fünf Kinder und des Umstandes, dass eine Beeinträchtigung oder Behinderung von Straßenverkehrsteilnehmern durch das verbotene Überholen offenbar nicht erfolgt ist (zumindest ergibt sich Gegenteiliges nicht aus dem Verfahrensakt), ist der Unabhängige Verwaltungssenat jedoch der Ansicht, dass eine Herabsetzung der von der Bezirkshauptmannschaft Freistadt verhängten Geldstrafe auf 40 Euro (einschließlich der Anpassung der Ersatzfreiheitsstrafe auf 14 Stunden) gerechtfertigt und vertretbar ist.

 

Die nunmehr festgesetzte Geldstrafe im Ausmaß von 40 Euro entspricht in etwa der für Übertretungen des § 52 lit.a Z 4c StVO vorgesehenen Höhe des Organmandatsbetrages (36 Euro) und wird (noch) als ausreichend erachtet, um den Berufungswerber in Zukunft von einer neuerlichen Tatbegehung abzuhalten und ihm den Unrechtsgehalt der von ihm begangenen Übertretung vor Augen zu führen. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Dr. Johannes  F i s c h e r

 

 

 

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