Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252669/2/Gf/Mu

Linz, 25.07.2011

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung des x gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 11. November 2010, Zl. SV96-159-2010, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 11. November 2010, Zl. SV96-159-2010, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 730 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 112 Stunden) verhängt, weil er es als Geschäftsführer einer Firma zu vertreten habe, dass er vom 25. bis zum 27. Juni und vom 16. bis zum 18. Juli 2010 in x einen Dienstnehmer gegen Entgelt beschäftigt habe, ohne dass dieser zuvor beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet worden sei. Dadurch habe der Rechtsmittelwerber eine Übertretung des § 33 Abs. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl.Nr. 189/1955 in der im gegenständlichen Fall maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 33/2009 (im Folgenden: ASVG), begangen, weshalb er nach § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass dieses dem
Beschwerdeführer angelastete deliktische Verhalten von Kontrollorganen des
Finanzamtes Linz festgestellt worden und daher als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe hervorgekommen; seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

1.2. Gegen dieses ihm am 27. November 2010 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 28. November 2010 – und damit rechtzeitig – per e‑mail eingebrachte  Berufung.

Darin wendet der Rechtsmittelwerber ein, dass die Aussage des bei der Kontrolle einvernommenen Beschäftigten insofern nicht zutreffen würde, als dieser nicht als sein Angestellter, sondern als eigenständige Unternehmer tätig geworden sei.

Daher wird – erschließbar – die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Gmunden zu Zl. SV96-159-2010; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Im Rahmen dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

2.2.1. Am 18. Juli 2010 haben Aufsichtsorgane des Finanzamtes Linz im Zuge einer in der Parkgarage eines Einkaufszentrums in x durchgeführten Kontrolle festgestellt, dass dort eine nicht zur Sozialversicherung angemeldete
Person anlässlich von Veranstaltungen am 27. Juni 2010 einerseits und zwischen dem 16. und dem 18. Juli 2010 andererseits jeweils für das Unternehmen des Bruders des Rechtsmittelwerbers einen Wachdienst verrichtete und hierfür ein Entgelt von 140 Euro bzw. von 240 Euro erhalten hat.

2.2.2. Mit Schriftsatz vom 17. August 2010, Zl. 046/76078/2010, hat das
Finanzamt Linz eine entsprechende Anzeige erstattet und in dieser die Bestrafung des Rechtsmittelwerbers begehrt.

2.2.3. Auf die seitens der BH Gmunden ergangene Aufforderung zur Rechtfertigung vom 31. August 2010, Zl. SV96-159-2010, hin hat sich der Beschwerdeführer nicht geäußert.

 

2.3. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Nach § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber i.S.d. ASVG u.a. derjenige, für
dessen Rechnung jener Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

Als Dienstnehmer i.S.d. ASVG ist nach § 4 Abs. 2 leg.cit. anzusehen, wer in
einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 4 Abs. 4 Z. 1 lit. a ASVG stehen den Dienstnehmern i.S.d. § 4 Abs. 2 ASVG u.a. Personen, die sich auf Grund freier Dienstverträge für einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, dann gleich, wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen, es sei denn, dass sie auf Grund dieser Tätigkeit bereits nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 GSVG versichert sind.

 

Gemäß § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG handelt u.a. derjenige ordnungswidrig, der als Dienstgeber entgegen den Vorschriften des ASVG Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet. Eine solche Ordnungswidrigkeit ist nach § 111 Abs. 2 ASVG von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist.

 

In diesem Zusammenhang ist gemäß § 539a Abs. 1 ASVG für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall wendet der Rechtsmittelwerber der Sache nach – bloß – ein, dass die bei der Kontrolle angetroffene Person "selbständig" sei und "auch ein Unternehmen gegründet" habe.

 

Abgesehen davon, dass der damals Betretene im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme am 18. Juli 2010 selbst in keiner Weise auch nur eine geringfügige Andeutung in diese Richtung anklingen ließ, wäre für den Beschwerdeführer aber auch selbst dann nichts gewonnen, wenn dieser Einwand zutreffen würde: Denn der Umstand, dass jemand ein selbständiger Unternehmer ist, schließt keineswegs von vornherein aus, dass er daneben hinsichtlich bestimmter – unternehmenstypischer oder "artfremder" – Tätigkeiten als Dienstnehmer für einen anderen Unternehmer fungiert, wenn und soweit diesbezüglich die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 ASVG erfüllt sind.

 

Anderes würde nur gelten, wenn die beschäftigte Person hinsichtlich der konkret von ihr erbrachten Dienstleistung bereits nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz pflichtversichert gewesen wäre, weil insoweit die Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 4 Z. 1 lit. a ASVG zum Tragen käme, wonach gemäß GSVG pflichtversicherte Personen selbst dann, wenn sich diese auf Grund freier Dienstverträge für einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, schon ex lege nicht als Dienstnehmer i.S.d. § 4 Abs. 2 ASVG anzusehen sind.

 

Derartiges lag jedoch im gegenständlichen Fall – allseits unbestritten – nicht vor; vielmehr hat der bei der Kontrolle Betretene seine Leistung (Verrichtung eines Wachdienstes) über Vermittlung und Anweisung sowie gegen Entlohnung durch das Unternehmen des (Bruders des) Rechtsmittelwerbers (siehe dazu gleich unten, 3.3.) und somit als dessen Dienstnehmer erbracht. 

3.3. Allerdings ergibt sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt kein Ermittlungsergebnis dahin, dass bzw. inwiefern der Beschwerdeführer für die Erfüllung der Meldepflicht i.S.d. § 33 Abs. 1 ASVG verwaltungsstrafrechtlich persönlich verantwortlich gewesen wäre.

Denn die im Zuge der Kontrolle betretene Person hat nämlich dezidiert angegeben, den Wachdienst (nicht für den Beschwerdeführer, sondern vielmehr) für das Unternehmen des Bruders des Rechtsmittelwerbers verrichtet zu haben (s.o., 2.2.1.), worauf hin bereits das Finanzamt Linz in seiner Anzeige vom 17. August 2010 festgestellt hat, dass "die Firma S ..... eine Abteilung der Firma 'R.eu'" ist, die jeweils "ihren Sitz in x" haben, wobei "die genaue Rechtsform bzw. die gegenseitigen Verhältnisse dieser beiden Unternehmen .... nicht bekannt" sind; Geschäftsführer der letzteren Firma sei der Beschwerdeführer, Leiter der Ersteren hingegen sein Bruder, weshalb lediglich "aus prozessualer Vorsicht" heraus "auch gegen den Rechtsmittelwerber als Geschäftsführer der 'Mutterfirma' ..... eine gleichlautende Anzeige gelegt" werde.

Auch in der Folge wurden diese Rechtsverhältnisse nicht – insbesondere nicht durch einen entsprechenden Auszug aus dem Firmenbuch – geklärt, sondern
lediglich auf Grund eines Eintrages auf der Homepage "
www.x.eu", wonach der Beschwerdeführer in einer als "Impressum & Rechtshinweis – Vertretungs­berechtigte" bezeichneten Rubrik unter den Überschriften "Gesamt:" und "Inhaltlich verantwortlich:", sein Bruder hingegen unter dem Titel "Abteilung S – Österreich und Deutschland:" namentlich angeführt ist, darauf geschlossen, dass die gegenständliche Tat nicht bloß seinem Bruder (vgl. hierzu die Entscheidung vom heutigen Tag, Zl. VwSen-252668), sondern auch dem Rechtsmittelwerber anzulasten ist.

Dies trifft jedoch im Ergebnis deshalb nicht zu, weil der Beschwerdeführer in dem hier konkret vorliegenden Fall zum einen allseits unbestritten persönlich gar nicht in Erscheinung getreten ist und zum anderen ein stichhaltiger, jeden Zweifel ausschließender Nachweis dafür, dass Dienstgeber ein Unternehmen war, bezüglich dessen er – und nicht nur sein Bruder – als zur Vertretung nach außen befugte Person verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden könnte, nicht existiert.

3.4. Mangels persönlicher Zurechnung der Tat war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungs­werber nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten
Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

Rechtssatz:

 

VwSen-252669/2/Gf/Mu vom 25. Juli 2011:

nicht erforderlich

 

 

Nur pro domo: Übertragung dieses Aktes durch Änderung der Geschäftsverteilung von Wei auf Gf

 

 

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