Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252833/8/Kü/Sta

Linz, 27.07.2011

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung von X X, vertreten durch Mag. X X, Dr. X X Rechtsanwälte, X, X, vom 28. April 2011 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 12. April 2011, SV96-138-2010, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29. Juni 2011, zu Recht erkannt:

 

 

I.        Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.    Die Berufungswerberin hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF            iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991       idgF.

zu II.:   § 66 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 12. April 2011, SV96-138-2010, wurden über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs.1 Z1 lit. b iVm § 18 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) iVm § 20 VStG vier Geldstrafen in Höhe von jeweils 1.000 Euro im Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 33 Stunden verhängt.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

"Sie haben als Hälfteeigentümerin der Liegenschaft in X, X, entgegen § 18 AuslBG die Arbeitsleistungen der polnischen Staatsangehörigen

1. B J L, geb. X, am 10.11.2010,

2. L J J, geb. X, am 9.11.2010 und 10.11.2010,

3. P P, geb. X, am 9.11.2010 und 10.11.2010,

4. P M M, geb. 22.7.1984, am 9.11.2010 und 10.11.2010,

 

die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland, uzw. der "X-X X, Inhaber X X" mit Sitz in X, X, Polen, beschäftigt werden und zur Erfüllung deren vertraglichen Verpflichtung gegenüber Ihnen als inländischen Auftraggeber nach Österreich entsandt wurden, unbefugt in Anspruch genommen, indem diese Ausländer an den angeführten Beschäftigungstagen mit Innenausbauarbeiten (Montieren und Verspachteln von Rigipsplatten) in Ihrem Wohnhaus in X, X 111, beschäftigt wurden, ohne dass für diese Ausländer für die erbrachten Tätigkeiten, welche dem beschränkten Dienstleistungssektor "sonstiges Baugewerbe" (NACE-Code 45.1 – 4) gem. Art. 49 EG-V und § 32a Abs.6 AuslBG unterliegen, die vom Arbeitsmarktservice erforderlichen Beschäftigungs­bewilligungen erteilt worden sind."

 

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Rechtsvertreter eingebrachte Berufung mit der die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt wird.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass die Bestrafung zu Unrecht erfolgt sei. Die rechtliche Beurteilung sei verfehlt. Die Behörde gehe offenbar ungeachtet der bereits aufklärenden Stellungnahme der Bw im Schriftsatz vom 18.3.2011 davon aus, dass sie neben ihrem Gatten – dem ebenfalls beschuldigten X X – als Besteller der Arbeitsleistungen fungiert habe. Die Behörde begründe aber in keiner Weise, warum die Bw als Bestellerin der Arbeitsleistung, somit als Auftraggeberin betreffend den Werkvertrag zu dem polnischen Unternehmer betrachtet werden solle. Dem Akt sei kein Sachverhaltselement zu entnehmen, welches diese Annahme der Behörde stütze, die Behörde führe dazu auch keine Begründung ins Treffen.

 

Tatsache sei, dass die Bw den Auftrag an den polnischen Unternehmer Firma X, der sich wiederum anderer polnischer Arbeiter bedient habe, nicht erteilt habe. Die Bw sei nicht Vertragspartner des polnischen Unternehmens, sondern lediglich Gattin des Vertragspartners X X. Wie bereits in der Stellungnahme vom 18.3.2011 dargelegt, sei die Bw weder über die in Auftrag gegebenen Arbeiten noch über den Vertragspartner und die auf der Baustelle eingesetzten Personen informiert gewesen, weil diese Agenden von ihrem Ehegatten übernommen worden seien. Derartige Konstellationen seien keine Besonderheit und in zahlreichen Ehen üblich. Auch wohne die Bw nicht einmal an der Adresse X in X, wo die Arbeiten stattgefunden hätten, sondern sei sie diesbezüglich nur Hälfteeigentümerin. Sie bewohne ein Haus in 15 km Entfernung in X. Ein Kontakt zwischen dem Auftragnehmer des Ehegatten, dessen Arbeitern und der Bw habe nie bestanden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit Schreiben vom 2. Mai 2011 die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29. Juni 2011, an welcher der Rechtsvertreter des Bw sowie ihr Ehemann und ein Vertreter der Finanzverwaltung teilgenommen haben.

 

4.1. Danach steht folgender Sachverhalt fest:

Die Bw ist Hälfteeigentümerin des Hauses X in X. Dieses Haus hat die Bw gemeinsam mit ihrem Mann gekauft. Zum Kaufzeitpunkt war das Haus noch nicht zur Gänze saniert. Die Kinder der Bw hatten Interesse das Haus zu bewohnen. Die Fortführung der Sanierungsarbeiten wurde federführend vom Ehemann der Bw durchgeführt. Dieser hat die Wasser-, Heizungs- und Elektroinstallation an Firmen vergeben. Geplant war, dass er die Trockenbauarbeiten selbst durchführt.

 

Da der Ehegatte der Bw die Trockenbauarbeiten auf Grund zeitlicher Schwierigkeiten selbst nicht fertig stellen konnte, hat dieser bei bekannten Unternehmen angefragt, ob diese die Arbeiten durchführen können. Nachdem er von diesen Unternehmen nur Absagen erhalten hat, ist er schlussendlich telefonisch mit der Firma X in Kontakt getreten. Der Ehegatte der Bw hat sich mit Herrn X beim Haus X getroffen und dort die Arbeiten besprochen. Es wurde vereinbart, dass die restlichen Trockenbauarbeiten zum Preis von 18 Euro/m2 durchgeführt werden. Der Ehegatte der Bw hat dies mit der Firma X mündlich abgesprochen und die Firma mit den Trockenbauarbeiten beauftragt. Die Firma X hat in der Folge die Trockenbauarbeiten unter Beiziehung von polnischen Staatsangehörigen, für die keine arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen sind, durchgeführt.

 

Am 10. November 2010 wurde das Objekt X in X von Organen der KIAB kontrolliert und wurden dabei vier polnische Staatsangehörige bei der Durchführung von Trockenbauarbeiten angetroffen.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Strafantrag des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 17. Dezember 2010 sowie den Angaben des Ehegatten der Bw in der mündlichen Verhandlung, die mit seinen Erstaussagen vor den Kontrollorganen übereinstimmen.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 18 Abs.1 AuslBG, BGBl. Nr.218/1975 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I Nr. 135/2009, bedürfen Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, einer Beschäftigungsbewilligung. Dauern diese Arbeiten nicht länger als sechs Monate, bedürfen Ausländer einer Entsendebewilligung, welche längstens für die Dauer von vier Monaten erteilt werden darf.

 

Nach § 32a Abs.6 AuslBG ist für die Beschäftigung von EU-Bürgern gemäß Abs. 1 oder von Drittstaatsangehörigen, die von einem Arbeitgeber mit Betriebssitz in der Tschechischen Republik, in der Republik Estland, in der Republik Lettland, in der Republik Litauen, in der Republik Ungarn, in der Republik Polen, in der Republik Slowenien oder in der Slowakischen Republik zur vorübergehenden Erbringung von Dienstleistungen in einem Dienstleistungssektor, für den nach Nr. 13 des Übergangsarrangements zum Kapitel Freizügigkeit im Beitrittsvertrag (Liste nach Art.  24 der Beitrittsakte in den Anhängen  V und  VI,  VIII bis  X sowie  XII bis  XIV) Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 49 EGV zulässig sind, in das Bundesgebiet entsandt werden, § 18 Abs. 1 bis 11 anzuwenden. In einem Dienstleistungssektor, in dem Einschränkungen nicht zulässig sind, ist § 18 Abs. 12 anzuwenden.

 

Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.b AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 18 die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt wird, in Anspruch nimmt, ohne dass für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung oder Anzeigebestätigung erteilt wurde, und zwar bei ungerechtfertigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

5.2. Bereits aus der dem Strafantrag des Finanzamtes Grieskirchen Wels beiliegenden Niederschrift, aufgenommen mit dem Ehegatten der Bw ergibt sich, dass dieser hinsichtlich der Trockenbauarbeiten im Objekt X in X als alleiniger Auftraggeber gegenüber der polnischen Firma aufgetreten ist und sämtliche Vereinbarungen über die Arbeitsleistungen sowie den Preis getroffen hat. Für den Unabhängigen Verwaltungssenat steht auf Grund der Inhalte des Strafantrages sowie der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens fest, dass die Arbeitsleistungen der betriebsentsandten Ausländer, sprich der von der Firma X beigezogenen polnischen Arbeitskräfte, vom Ehegatten der Bw zur Erfüllung dessen Werkes bzw. Auftrages für Trockenbauarbeiten in Anspruch genommen wurden. Die Bw selbst hatte keine Kenntnis vom Auftragsverhältnis und hatte auch keinerlei Kontakt mit der Firma X. Die polnischen Arbeitskräfte konnten daher nicht als Erfüllungsgehilfen der Firma X gegenüber der Bw in Erscheinung treten. An diesem Umstand ändert auch das Hälfteeigentum der Bw an der Liegenschaft, an der die Arbeitsleistungen erbracht wurden, nichts. Allein in diesem Umstand kann nicht die Inanspruchnahme von Arbeitsleistungen begründet werden, zumal – wie erwähnt – es keinerlei vertragliche Beziehung zwischen der Bw und der Firma X gegeben hat.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat kommt daher zum Schluss, dass die Bw keine Arbeitsleistungen betriebsentsandter ausländischer Arbeitskräfte in Anspruch genommen hat, weshalb sie die angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen hat. Aus diesem Grunde war daher der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

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