Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-150802/21/Re/Hue

Linz, 26.04.2011

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger nach der am 3. März 2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Be­rufung des x, x, vertreten durch x Rechtsanwälte und Strafverteidiger OG, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 13. September 2010, Zl. BauR96-28-2010, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.    

II.              Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.  

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs. 2, 19, 24, 45 Abs. 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 35 Stunden verhängt, weil er als Lenker des Pkw mit dem behördlichen Kennzeichen x am 21. Februar 2010, 10.45 Uhr, die A1 bei km 201,100, Mautkontrollplatz Eberstalzell, Gemeinde Eberstalzell, benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen betrage, der zeitabhängigen Maut unterliege, welche vor Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei. Es sei am Kfz eine Mautvignette nicht ordnungsgemäß mit dem Originalkleber angebracht gewesen, wodurch der Selbstzerstörungseffekt bei Ablösen der Vignette verhindert werde.

 

2. In der Berufung wird vom Vertreter des Bw vorgebracht, dass am Tattag die gesamte Autobahn gesperrt und der Verkehr abgeleitet worden sei. Die daraufhin erfolgte Amthandlung sei "ein wenig eskaliert" und hätte zum gegenständlichen Verfahren geführt. Bereits beim Zufahren auf das Kontrollorgan habe der Bw gesehen, dass der Kontrolleur bei Weitem weniger auf seine (im Übrigen ordnungsgemäß geklebte) Vignette geschaut habe, als auf die an seinem Fahrzeug sehr auffällig angebrachte "Anti-Atomkraft-Pickerl". In weiterer Folge sei es dann zu einer Auseinandersetzung mit dem Mautaufsichtsorgan gekommen. Nur diese Auseinandersetzung bzw. die unterschiedlichen Rechtsauffassungen hätten zur Anzeige geführt. Wenn sich der Bw nämlich dem Ansinnen des Mautaufsichtsorgans, unbedingt in das Auto "hinein zu wollen", gebeugt hätte, wäre es zum Verfahren niemals gekommen. Nur aufgrund der Zivilcourage des Bw und seiner Verweigerung der "KFZ-Durchsuchung" durch eine Privatperson sei es dann zur Anzeige gekommen.

Der Kontrolleur sei anscheinend gewohnt, seine ihm verliehenen hoheitsmäßigen Befugnisse auch gegen den Willen von autobahnbenützenden Staatsbürgern durchzusetzen wie ein Polizeiorgan, da es für diesen anscheinend völlig selbstverständlich gewesen sei, dass sich der Bw sämtlichen seiner Anweisungen sofort beuge und alles mit sich geschehen lasse. Der Kontrolleur sei völlig verwundert gewesen, als ihm der Bw mitgeteilt habe, dass es für ihn nicht in Frage käme, dass er eine "bloße Privatperson" in sein Fahrzeug hineinklettern und Kontrollen durchführen lasse. Aber bereits im Zuge dieses Gesprächs habe der Bw dem Kontrolleur mitgeteilt, dass er die Vignette ordnungsgemäß gekauft und geklebt habe und er einem Polizeibeamten auch das "Betreten seines Fahrzeuges erlauben würde. Ab dem Zeitpunkt, ab dem der Bw dem Mautaufsichtsorgan gesagt hatte, dass er ihm nicht gestatte, in sein Auto zu klettern, sei das Interesse des Kontrollorgans an einer genauen Kontrolle der Windschutzscheibe und der Vignette erloschen. Ab diesem Zeitpunkt allerdings sei die Amtshandlung nämlich nicht mehr auf die Frage der Vignette bezogen gewesen, vielmehr sei es nur um die Frage gegangen, ob das Mautaufsichtsorgan in das Auto klettern dürfe. Zum gegenständlichen Verfahren sei es also nicht deshalb gekommen, weil der Bw keine Vignette geklebt oder irgendetwas manipuliert gehabt habe, sondern nur aufgrund seiner Weigerung das Kontrollorgan in sein Fahrzeug zu lassen. Die Weigerung des Bw habe zur Folge gehabt, dass man ihm "unbedingt irgendein strafbares Verhalten nachweisen wollte", da es nicht sein könne, dass sich ein Staatsbürger gegen eine derartige Anordnung zur Wehr setze.

Tatsächlich aber sehe man bei näherer Betrachtung, dass die Ausführungen einmal Richtung " Manipulation durch Fremdfolie", einmal zu "aufkleben mittels Vaseline oder Labello", einmal in Richtung "Blasenbildung", einmal in Richtung "raue Oberfläche" etc. gegangen seien. Tatsächlich aber gehe es darum, dass eben bei der Kontrolle und in weiterer Folge auch im Verfahren nichts festgestellt habe werden können, dass der Bw irgendetwas manipuliert bzw. keine ordnungsgemäß geklebte Vignette gehabt hätte.   

Bereits auf Seite 1 im Spruch des angefochtenen Bescheides würden die falschen Sachverhaltsfeststellungen beginnen, die inhaltlich sogar einer Aktenwidrigkeit gleich kommen würden. Unter dem Titel "Übertretung" werde nach dem eigentlichen Tat- und Schuldvorwurf nachstehender Satz angehängt: "Es war am Fahrzeug eine Mautvignette nicht ordnungsgemäß mit dem Originalkleber angebracht, wodurch der Selbstzerstörungseffekt beim Ablösen der Vignette verhindert wird".

Dieser zweite Teil des Spruches, welcher grundsätzlich von der gesetzlichen Bestimmung her ohnedies verzichtbar sei und eigentlich im Spruchteil des Bescheides nicht verloren habe, finde im gesamten Verfahren und nicht einmal in der Anzeige Deckung. In der Anzeige sei lediglich mitgeteilt worden, dass ihm irgendetwas an der Vignette eigenartig erschienen sei (sie hätte anders ausgesehen und auffällig gewirkt) und der Bw den Kontrolleur nicht ins Auto gelassen hätte.

Wie bereits ausgeführt worden sei, sei es ab der Verweigerung des "Betretens des Fahrzeuges" nur noch darum gegangen dem Bw zu zeigen, dass er sehr wohl "alles zu dulden hätte" und der Kontrolleur sehr wohl die entsprechende Macht habe, sein Begehren durchzusetzen.

 

Durch einfache Maßnahmen hätte an Ort und Stelle festgestellt werden können, dass die Vignette ordnungsgemäß geklebt sei.

Gerügt werde die Feststellung, dass der Bw bei der Betretung keine ordnungsgemäß geklebte Vignette an seinem Kfz gehabt hätte (zweiter Absatz der Seite 2 des Bescheides). Im nachstehenden Absatz werde die Begründung für diese Feststellung geliefert, in dem auf die Anzeige des besonders geschulten vereidigten Mautorgans verwiesen werde. Diese Begründung sei in sich widersprüchlich, da eine derartige Mitteilung vom Mautorgan niemals gemacht worden sei. Dies ergebe sich aus dem vierten Absatz der Seite 3 des angefochtenen Bescheides, der laute wie folgt: "Aufgrund Ersuchens der ASFINAG wurde das Maut-Aufsichtsorgan x als Zeuge vernommen, welcher mitteilte, dass ihm die Vignette ´auffällig erschien`, ... Ihm erschien die gegenständliche Vignette ´anders als üblich`."

Das Kontrollorgan habe also niemals ausgeführt, dass der PKW des Bw keine ordnungsgemäß geklebte Vignette getragen habe. Es sei ihm lediglich die Vignette "auffällig erschienen" und ansonsten gar nichts. Herr x habe den subjektiven Eindruck gewonnen, dass die gegenständliche Vignette "anders als üblich" aussehe und nicht mehr. Mehr habe er in diesem Verfahren auch nicht aussagen können, weshalb die oben gerügte Feststellung niemals aus der Aussage des geschulten Mautorgans abgeleitet werden könne.

Richtigerweise sei die Aussage des Zeugen x (vierter Absatz auf Seite 3 des Bescheides) ja überaus positiv für den Bw. Ein ASFINAG-Mitarbeiter, der ja zigtausende derartiger Vignetten kontrolliere, könne sicher beim ersten Anblick erkennen, dass eine "falsche" oder manipulierte Vignette oder eine mit Labello oder Vaseline geklebte Vignette vorliege. Genau dies sei jedoch nicht passiert. "Inspektor" x habe aber nirgends in der gesamten Anzeige ausgeführt, dass es sich um eine manipulierte Vignette gehandelt habe. Er habe lediglich ausgeführt, "dass ihm beim ersten Eindruck die Vignette auffällig erschienen ist oder dass die Vignette anders als üblich ausgesehen hat" und sonst gar nichts.

Es gebe wahrscheinlich in Österreich zigtausende Kontrollen, bei denen einem Maut-Kontrollorgan zunächst "einmal vorkommt", dass eine Vignette irgendwie anders aussehe oder "irgendwie auffällig" sei (noch dazu bei verschmutzten Windschutzscheiben). Nach dem Hineinklettern und Zupfen durch das Mautorgan sei dann alles in Ordnung. Auch im vorliegenden Fall hätte – wenn der Bw nicht auf seine bürgerlichen Rechte beharrt hätte – gleich an Ort und Stelle die Korrektheit der Vignette festgestellt werden können und das ganze Verfahren wäre nicht "herausgekommen".

Die Ausführungen der Polizeibeamten seien für das Verfahren unbrauchbar. Anfänglich sei weder von den Polizeibeamten noch von den ASFINAG-Kontrollorganen irgend etwas "Derartiges" gesagt worden. Diese Geschichte mit der Vaseline oder Labello geklebten Vignette sei erst im Zuge des gegenständlichen Ermittlungsverfahrens aufgekommen, in dem die Polizeibeamten derartige "Vermutungen" aufgestellt bzw. aus ihrem Erfahrungsschatz berichtet hätten.

Wie aufgezeigt, sei die Anzeige eine Reaktion des Mautorgans auf die Verweigerung des Zulassens des Betretens des Fahrzeuges, wobei darauf Wert gelegt werde, dass die Kontrolle natürlich zugelassen worden sei. Nur aufgrund der Verweigerung des Betretens des Fahrzeuges sei es dann zum Abbruch der Amtshandlung und zur Anzeige gekommen.

 

Wesentlicher Verfahrensfehler, der an dieser Entscheidungsfindung gemacht worden sei, sei es, dass die Sachverhaltsfeststellung  durch freie Beweiswürdigung nicht schlüssig und nachvollziehbar erfolgt sei, sondern anscheinend das Verhalten der ASFINAG-Kontrollorgane im Nachhinein abgesegnet oder gedeckt werden haben solle. Im Wege der freien Beweiswürdigung hätte die Behörde feststellen müssen, dass der Sachverhalt nicht für eine Verurteilung wegen § 20 BStMG ausreiche, sondern der Bw lediglich tatbildlich iSd § 18 BStMG gehandelt haben könnte. Im gesamten Beweisverfahren, nicht einmal in der Anzeige gebe es einen Anhaltspunkt dafür, dass der Bw tatsächlich keine korrekte Vignette gehabt oder diese nicht ordnungsgemäß aufgeklebt habe. Vielmehr habe der Bw insbesondere durch Vorlage der Vignetten-Rechnung dokumentiert, dass er die Vignette im Jänner 2010 gekauft und geklebt habe. Durch die vom Bw gestellten Beweisanträge und seinen Stellungnahmen habe er weiters auch ordnungsgemäß dokumentiert, dass er nichts zu verbergen habe. Er hätte auch sein Fahrzeug für jegliche Untersuchungen zur Verfügung gestellt.

Nachdem es überhaupt keine Sachverhaltselemente zur Feststellung des übertretenen Delikts jedoch aber jede Menge entlastende Elemente gebe, sei die gesamte Sachverhaltsfeststellung aufgrund einer unrichtigen und unschlüssigen Beweiswürdigung erfolgt.

Hinsichtlich unterlassener Beweisaufnahme führt der Vertreter des Bw aus, dass selbst der Anzeigenleger der Überzeugung gewesen sei (Seite 3 im 4. Absatz), dass man diesem Beweisantrag des Bw Folge geben müsse: "Dem Mautorgan erschien es allerdings zweckmäßig, wenn der Beschuldigte sich ´nachträglich` mit seinem Fahrzeug zur ASFINAG Mautservice GmbH in Salzburg begibt, um die Vignette von einem Sachverständigen begutachten zu lassen".

Obwohl also sogar das Kontrollorgan eine entsprechende sinnvolle Anregung erstattet habe, sei von der ASFINAG in weiterer Folge kategorisch und "hoheitlich" statuiert worden, dass das alles nicht in Frage komme. Obwohl das Kontrollorgan selbst ausgeführt habe, dass eine Untersuchung wohl zweckmäßig sei, habe die ASFINAG ausgeführt, dass es an der Wahrnehmung der vereidigten Mautaufsichtsorgane keinen Zweifel gebe (geben dürfe).

Als wesentlicher Verfahrensmangel werde gerügt, dass die Aussagen der Polizeibeamten im vorliegenden Verfahren überhaupt verarbeitet worden seien. Diese Ausführungen hätten nichts mit dem konkreten Fall zu tun. Es handle sich vielmehr um Erklärungen der Polizeibeamten, welche eben an der Aufklärung beitragen haben wollen. Anscheinend hätten die Polizisten hier die ihnen gezeigten Bilder interpretiert und kommentiert, da sie sich an den konkreten Sachverhalt bzw. an das Aussehen der Vignette sicherlich nicht mehr erinnern haben können.

Gleich wie in einem gerichtlichen Strafverfahren treffe auch in einem verwaltungsbehördlichen Strafverfahren die Behörde die Verpflichtung zur amtswegigen Erforschung der materiellen Wahrheit. Im gerichtlichen Strafverfahren seien diese Umstände deshalb so wichtig, da es einen Ankläger gebe, der alles Belastende für einen Beschuldigten zusammentrage und dem Gericht in einer Form unterbreite, das letztlich zur Verurteilung führen soll. Nichts Anderes sei in einem derartigen Verwaltungsstrafverfahren gegeben, in dem die Mautaufsichtsorgane ja die Aufgabe einer "Strafverfolgungsbehörde" inne hätten, in dem sie die strafbaren Handlungen anzeigen und verfolgen würden. Während also die Anzeiger ohnedies das belastende Material zusammentragen und die entsprechenden Anträge (Anzeigen) stellen würden, sei es eine ausgleichende Funktion der erkennenden Strafbehörde, den Sachverhalt gemäß der materiellen Wahrheit aufzubereiten und den tatsächlichen Sachverhalt festzustellen (insbesondere auch die entlastenden Beweisaufnahmen durchzuführen). Richtigerweise hätte also die erkennende Behörde, um sich selbst überhaupt in die Situation zu versetzen, in freier Beweiswürdigung einen ordnungsgemäßen Sachverhalt zu konstruieren, dem Beweisantrag des Bw Folge leisten müssen und einen Lokalaugenschein (ggf. durch einen Sachverständigen) am Kfz des Bw durchzuführen gehabt. In weiterer Folge hätte man das Kfz beispielsweise auch dem Kontrolleur x zeigen können und dieser hätte dann festzustellen gehabt, ob die Vignette nach wie vor genauso aussehe wie bisher. Diese gesamten Beweisanträge seien nunmehr in die zweite Instanz zu verlagern, anlässlich der Tagsatzung beim UVS werde man dann feststellen können, dass sich am Kfz bzw. an der Vignette des Bw niemals irgendetwas verändert habe.

Letztendlich habe die erkennende Behörde das tatsächlich rechtliche Substrat bzw. die rechtliche Problematik des Sachverhaltes verkannt, indem sie aus der Weigerung des Betretens des Fahrzeugs darauf geschlossen habe, dass der Bw keine ordnungsgemäß geklebte Vignette auf seinem Fahrzeug gehabt habe. Wenn sich der Bw strafbar gemacht habe, dann nur durch die beschriebene Verweigerung, die – wenn überhaupt – unter § 18 BStMG zu subsumieren sei. Diese Bestimmung sehe vor, dass ein Fahrzeuglenker die Überprüfung des Fahrzeuges zu dulden habe. Wie bereits ausgeführt, habe der Bw jegliche KFZ-Überprüfung geduldet. Er habe sich lediglich dagegen ausgesprochen, dass das ASFINAG-Kontrollorgan sein Fahrzeug betrete. Der Umstand allerdings, dass der Bw Herrn x nicht mehr in sein Auto lassen habe wollen, führe nicht automatisch zur Feststellung einer nicht ordnungsgemäß geklebten Vignette, zumal sich aus dem gesamten Verfahrensablauf nirgends ergebe, dass tatsächlich eine verfälschte, manipulierte oder nicht ordnungsgemäß geklebte Vignette angebracht gewesen sei.

Als Urkunde angeschlossen sei eine Vignettenrechnung hinsichtlich des zweiten PKW der Familie des Bw vom 10. Dezember 2009, die im Zusammenhalt mit der bereits vorgelegten Vignettenrechnung dokumentiere, dass die Familie des Bw sehr wohl zeitgerecht und ordnungsgemäß Vignetten gekauft und geklebt habe und weiters zum Beweis dafür, dass am Tattag, dem 21. Februar 2010, am gegenständlichen Kfz des Bw eine ordnungsgemäße Vignette geklebt habe.

 

Beantragt wird

1. ein Lokalaugenschein hinsichtlich des gegenständlichen Kfz, damit die erkennende Behörde die ordnungsgemäß geklebte Vignette sehe und sich davon überzeugen könne, dass das Fahrzeug eine ordnungsgemäß geklebte Vignette trage. Diesbezüglich teilt der Bw mit, dass er zur UVS-Verhandlung mit diesem Kfz zureisen werde und er anlässlich dieser Verhandlung noch einmal alle Unterlagen vorlegen und beibringen und sein Fahrzeug der Behörde zur Besichtigung zur Verfügung stellen werde.

2. eine Berufungsverhandlung zur Aufnahme der neu vorgelegten und beantragten Beweise und zur ergänzenden Einvernahme des Bw sowie in weiterer Folge die Würdigung der Beweismittel und Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.    

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 21. Februar 2010 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz eine Mautvignette nicht ordnungsgemäß mit dem Originalkleber angebracht gewesen, wodurch der Selbstzerstörungseffekt bei Ablösen der Vignette verhindert werde. Als Zusatz findet sich auf der Anzeige: "JV 2010 Nr. 98107268 fällt bei Schrägansicht optisch auf. Verdacht auf Manipulation. Lenker gestattete nicht, die V näher zu überprüfen. Zeugen: Die anwesenden Rev. Inspektoren x und x von API x, x Asfinag Mautaufsicht".

 

Nach Strafverfügung vom 11. März 2010 brachte der Bw vor, dass keine Tat, wie in der Strafverfügung beschrieben, ausgeführt oder angedacht worden sei. Es sei keine dem Bw bekannte chemische oder auch technische Manipulation des originären Vignettenklebers durchgeführt worden, noch seien diese dem Bw geläufig, bekannt und zugänglich. Das der Bw das Kfz betrieblich nützen und eine Fahrleistung von jährlich ca. 20.000 km aufweisen würde, sei es unumgänglich, eine vom Bw gekaufte Jahresvignette – durchgehend und ordnungsgemäß angebracht – mitzuführen. Die Vignette mit der Nr. 98107268 befinde sich immer noch an der ursprünglichen gesetzmäßig vorgeschriebenen Stelle und sei mit dem Kauf in das Eigentum des Bw übergegangen. Es hätten sich zum besagten Zeitpunkt mehrere Unannehmlichkeiten ergeben. Am Tattag sei die Autobahn total gesperrt worden, um ausschließlich Vignettenkontrollen durchzuführen. Eine solche Vorgangsweise, wenn auch möglicherweise rechtlich in Zusammenhang mit der StVO ausführbar, sei eine nur schwer verständliche Maßnahme. Diese Maßnahme habe alle Fahrzeuge betroffen und sei noch mit der Anwesenheit eines ASFINAG-Mitarbeiters mittig stehend auf der Autobahn unterstrichen worden. Die diensthabenden Organe hätten mehr die "Raus aus Euratom"-Pickerl als die Vignette beschäftigt. Das Erscheinungsbild der Vignette habe dann aus dem Bw unverständlicher und der weiter oben beschriebenen Begründung doch nicht den Erwartungen der Mautaufsichtsorgane entsprochen. Für den Bw und seine anwesenden Zeugen habe sich ein uneinheitliches Bild der Kontrolle ergeben. Es sei von einem dunklen Streifen gesprochen worden, welcher wiederum auf eine Verschmutzung der Scheibe durch Salzrückstände und andere Schmutzablagerungen zurückzuführen sein könnte. Die Autoscheibe sei vom Mautaufsichtsorgan nicht gereinigt allerdings Fotos angefertigt worden, die die Aussagen des Bw unterstreichen würden. Falls dabei Personen abgebildet worden sein sollten, beantrage der Bw die "sofortige Löschung dieser Personen". Das alleinige Vergehen des Bw liege allein in der Verweigerung des Betretens des Fahrzeuges durch das ASFINAG-Organ. Wie aktuelle Erfahrungswerte beweisen würden, sei das Vorgehen der ASFINAG-Organe eine immer schon sehr restriktiv ausgelegte. "Da dies rechtlich in Ordnung, darf dieser vorgesehene Gesetzesrahmen auch ausgeschöpft werden." Wenn das der Gesetzgeber gewollt hätte, hätte man den Mautaufsichtsorganen auch das Recht auf Betretung des kontrollierten Autos geben müssen. Dies sei aber nicht im Gesetz vorgesehen. Deshalb habe der Bw von seinem Recht Gebrauch gemacht. Auch die Androhung einer Anzeige habe den Bw nicht vom Abrücken seines gesetzlich zustehenden Rechts vermögen können. Die ständige Überwachung aller Fahrzeuge auf den Autobahnen greife zusehends immer weiter in die Privatsphäre eines jeden Lenkers. Da jede Vignette mit einer Nummer versehen sei, werde durch diese Art von Überwachung sichergestellt, "die Vignettennummer mit der Fahrzeugnummer zu kombinieren", so dass solche Kontrollen wie am 21. Februar 2010 als Schikane zu bewerten seien. Die dem Bescheid zugrunde liegende Verwaltungsübertretung sei vom ASFINAG-Organ, "da nicht durchgeführt daher nicht nachweisbar", mutwillig eingebracht worden. Diese Vorgangsweise erfülle für den Bw den Tatbestand verschiedener privatrechtlich einklagbarer Tatbestände, die der Bw bei Aufrechterhaltung der unbegründeten Beschuldigungen mit seinen Rechtsanwälten einbringen werde. Das Mautaufsichtsorgan habe sich nicht ausgewiesen. Bei Aufrechterhaltung der Vorwürfe bitte der Bw um eine Kopie des Dienstausweises.

Als Beilage angeschlossen ist eine Bescheinigung für den Vorsteuerabzug eines Vignettenkaufes vom 4. Jänner 2010.

 

Einer zusätzlichen ASFINAG-Stellungnahme vom 26. März 2010 ist im Wesentlichen zu entnehmen, dass die Vignette zum Tatzeitpunkt nicht mittels originärem Vignettenkleber sondern mit einem anderen Hilfsmittel an der Windschutzscheibe befestigt gewesen sei. Dadurch sei verhindert worden, dass beim Ablösen der Vignette die Sicherheitsmerkmale ausgelöst werden können. Anhand der Beweisfotos sei zu erkennen, dass die Vignette eine raue Oberfläche zeige und das Hologramm "matt" sei. Wie auch immer die Vignette gedreht werde, sie zeige weder den Bundesadler, die Zahl 10 noch die Hintergrundstruktur.

 

Dazu brachte der Bw am 22. April 2010 vor, dass seit Jänner auf dem Kfz mit dem amtlichen Kennzeichen x durchgehend eine gültige Vignette mit der Nummer 98107268 klebe. Die Vignette sei ordnungsgemäß an der Windschutzscheibe mittels originärem Vignettenkleber angebracht und mit keinem weiteren Hilfsmittel befestigt worden. Gerne könnte sich die ASFINAG auf eigene Kosten und nach vorheriger Anmeldung davon überzeugen. Falls dabei die im Eigentum des Bw befindliche Vignette – wie beabsichtigt – zerstört werde, müsse unmittelbar danach eine Jahresvignette von der ASFINAG wieder ordnungsgemäß an der Windschutzscheibe angebracht werden. Dazu eine beglaubigte Niederschrift, in welcher festgehalten werde, aus welchem Umstand heraus sich auf dem Kfz eine Vignette mit einer anderen Nummer befinde.

In der ASFINAG-Stellungnahme werde dem Bw der Tatbestand einer Manipulation vorgeworfen und angelastet. Diese Anschuldigung der vereidigten Mautaufsichtsorgane sei als haltlos zurückzuweisen und durch nichts zu bekunden. Die Annahme der Mautaufsichtsorgane, dass beim Ablösen der Vignette eine Auslösung der Sicherheitsmerkmale erhindert (gemeint wohl: verhindert) werde, sei völlig aus der Luft gegriffen und im Zusammenhang dieser Anschuldigung nicht nachvollziehbar. Natürlich hätten die Kontrollorgane jede Menge Zeit gehabt, die vorhandene und vorschriftsmäßig angebrachte Vignette zu überprüfen, zu fotografieren und genau zu begutachten. Allerdings sei es den Mautaufsichtsorganen rechtlich nicht erlaubt, den Fahrgastraum zu "benützen", daher sei diese Aufforderung rechtmäßig nicht gewährt worden. Bei den angegebenen Zeugen x, x und x erbat der Bw "um genaue Bekanntgabe der angeblich zu zweit anwesenden vereidigten Mautaufsichtsorgane und deren: Lichtbild, Namen, Dienstnummer, also um eine Kopie der ASFiNAG Dienstausweise". Bei der "Deliktbeschreibung, Hinweistext, ist von zwei Rev. Inspektoren und von nur einer Mautaufsicht die Rede. (Auch diese Darstellung könnte so nicht ganz der Wahrheit entsprechen.)". Die beiden Mautaufsichtsorgane hätten in der ca. 30minütigen "Amtshandlung" keine Zeit gefunden, mindestens die Windschutzscheibe "vom Schmutz, Salzrückständen und dem auf der Windschutzscheibe befindlichen Abrieb, Staub, Ölrückstände, Russ und mechanischen Mikroteilen, eben der normalen Straßenbenützung eigenen Verschmutzungskomponenten, zu reinigen. Ordnungsgemäß möchte ich noch darauf hinweisen, dass die Vignette außerhalb der Scheibenwischerzone klebt und dadurch der Schmutz, mehrer Wochen bis Monate, auf diesen Teilbereich zu finden sein wird". Weiters sei darauf zu verweisen, dass ein Bild bei jeder Vergrößerung in Pixel zerlegt werde und es dadurch eventuell zu einer "rauhen Oberfläche" – was immer dies zu bedeuten habe – führen könne. Hinsichtlich des Hologramms sei der ASFINAG aus der Sicht des Bw Unwissenheit oder eventuell auch böswilliges Verhalten und Unterstellung vorzuwerfen, da der Bw nur das Recht auf Verweigerung einer eben im Gesetz nicht vorgesehenen Maßnahmen gewagt hätte. Die sieben ASFINAG-Beweisfotos-Farbkopien könnten zu einer Beweisführung in keinem einzigen Fall herangezogen werden, da ein Hologramm mittels Sonneneinstrahlung, Licht, Schattenspiel und Verschmutzungen der Windschutzscheibe nur sehr verzerrt dargestellt würde. Um dies darzulegen hätte der Bw sowohl seine als auch andere Vignetten aus verschiedenen Aufnahmewinkeln fotografiert. Sogar neben einander geklebte Vignetten der Jahre 2009 und 2010 würden auf diesen Fotos einmal und dann wieder nicht das Hologramm und eine raue Oberfläche ersichtlich machen. Diese Fotos könnten in digitaler Qualität vorgelegt werden.

Die Vignette des Bw sei nach Entfernung der "Schutzfolie" ordnungsgemäß geklebt worden und befinde sich immer noch auf der selben Stelle der Windschutzscheibe. Als Beilage sind 7 Fotoaufnahmen samt Erläuterungen angeschlossen.    

 

Die ASFINAG erklärte mittels Schreiben vom 5. Mai 2010 im Wesentlichen dazu, dass der Bw auf Seite 2, 1. Absatz, darauf hinweise, dass die gegenständliche Vignette nicht mehr auf der Windschutzscheibe klebe, weshalb eine Überprüfung durch einen Sachverständigen nicht mehr möglich sei. Für die ASFINAG stelle dies neben den eindeutigen Beweisen durch die Beweisfotos und den Aussagen der Kontrollorgane sowie der Polizisten einen weiteren Punkt dar, dass die Aufklebung der Vignette nicht den Vorschriften in der Mautordnung entsprochen habe. Sowohl die Mautaufsichtsorgane als auch die Polizisten mögen als Zeugen einvernommen werden.

Das Kfz des Bw sei nicht das einzige, welches mit Schmutz, Salzrückständen, Staub, Ölrückständen, Russ und mechanischen Mikroteilen behaftet sei. Trotz dieser Gegebenheiten seien gültige oder ungültige Vignetten sowohl von der automatischen Vignettenkontrolle als auch von den Kontrollorganen einwandfrei zu erkennen und zu unterscheiden. Das Hologramm sei technisch so konzipiert, dass es immer als solches zu erkennen sei. Es spiele dabei keine Rolle, aus welchem Blickwinkel die Vignette betrachtet werde. Auch nach Rücksprache mit dem Leiter der zuständigen Abteilung für die Produktion der Vignette könne bestätigt werden, dass die Vignette zum Tatzeitpunkt keinesfalls der Mautordnung entsprochen habe. Man könne versichert sein, dass sowohl die Mautaufsichtsorgane als auch die anwesenden Zeugen genau erkannt haben, ob ein Hologramm zu sehen gewesen sei.

 

Dazu brachte der Bw am 30. Mai 2010 vor, dass die Vignette immer noch ordnungsgemäß an der Windschutzscheibe mittels des originären Klebers und mit keinem weiteren Hilfsmittel befestigt sei. Dass sich ein ASFINAG-Organ bei der Vignettenkontrolle irren könne, sei ein völlig korrekter Vorgang. Dass dabei zusätzlicher Aufwand entstehen könne und dem Bw zusätzliche hohe Kosten, damit habe man rechnen können. Der ASFINAG-Mitarbeiter habe den Text des Bw hinsichtlich der noch am Kfz befindlichen Vignette nicht verstanden. Bei einer solch unqualifizierten und katastrophalen Fehlleistung einer einfachen Darlegungsformation dürfe der Bw wohl zu Recht befürchten, dass entweder der Text nicht gelesen habe werden können oder bewusst falsch interpretiert worden sei. Dass bei einer solch schwerwiegenden Verfehlung kein Vertrauensverhältnis mehr zur ASFINAG bestehen bleiben könne, sei nicht von der Hand zu weisen. Wer versichere dem Bw bei einer direkten ASFINAG-Überprüfung, dass danach nicht wieder falsche Angaben und Zusammenhänge konstruiert werden könnten? Gerne könne die zuständige Behörde die Mautaufsichtsorgane sowie der Autobahnpolizei Haid laden, wie die ASFINAG in ihrem Antwortschreiben ersuche. Allerdings werde der von der Behörde vorgeschlagene und aus verfahrensökonomischen Gründen vernünftigere Weg wohl sein, die Vignette direkt – auf kurzem Wege – durch einen Sachverständigen der ASFINAG überprüfen zu lassen. Dabei stelle sich allerdings wieder die Frage, wie unabhängig diese Stelle denn überhaupt noch sein könne. Vernünftig würde eine Überprüfung durch die Polizei sein. Klar zu stellen sei allerdings, dass die ASFINAG diese Kosten vollinhaltlich zu tragen habe und bei Entfernung der gegenständlichen Vignette diese in das Eigentum des Bw überzugehen habe. Falls dies nicht gewünscht sein sollte, sei sicherzustellen, dass diese in das Eigentum des Bw übergegangene Vignette so lange in Aufbewahrung zu bleiben habe, bis dieses Verfahren vollinhaltlich abgeschlossen worden sei ("1. Behörde", UVS, Verwaltungsgerichtshof). Bei einer Beschädigung der Vignette sei unmittelbar danach von der ASFINAG eine neue Vignette an der vorgeschriebenen Stelle auf der Windschutzscheibe mittels des originären Vignettenklebers ohne weiteres Hilfsmittel anzubringen. Dazu eine beglaubigte Niederschrift, in der festgehalten werde, aus welchem Umstand heraus sich nun eine neue Vignette mit einer anderen Nummer auf dem Kfz des Bw befinde. Die derzeitige Vorgangsweise der ASFINAG-Mitarbeiter scheine darauf hinaus zu laufen, den betroffenen Vignettenbesitzer zu entmutigen und zu demoralisieren. Die Frage, wie sich ein Hologramm aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtend verändere, sei einwandfrei durch die mitgelieferten Fotos beantwortet worden.

 

 

Herr x sagte am 14. Juni 2010 anlässlich seiner Zeugeneinvernahme Folgendes aus: "Mit den Angaben des Beschuldigten in seinem Einspruch und in seinen Stellungnahmen vertraut gemacht, gebe ich an, dass es mir zunächst merkwürdig erscheint, wenn jemand mit dem potenziellen Verdacht einer allfälligen Übertretung des Bundesstraßenmautgesetzes nicht gestattet, die Vignette näher zu überprüfen. Ob er es den Kollegen der API x gestattet hat, die Vignette näher im Innenraum des PKW zu überprüfen, entzieht sich meiner Kenntnis.

Für mich war zum Zeitpunkt der Betretung zweifellos erkennbar, dass die Vignette bei Sonnenlichteinfall (es war 10.45 Uhr im Februar) anders als sonst üblich erschienen ist, weshalb eine eingehende Überprüfung dieser Vignette geboten erschien. Nach höflicher korrekter Anfrage, ließ der Beschuldigte diese eingehende Überprüfung nicht zu. Wir mussten uns mit Lichtbildaufnahmen begnügen, aus denen aber zu erkennen ist, dass Klärungsbedarf besteht. Anhand der aufgenommenen Fotos ist erkennbar, dass die Vignette nicht mit dem originären Vignettenkleber an der Windschutzscheibe angebracht war. Außerdem ist an den Rändern eine Schnittkante erkennbar, aus der zu schließen ist, dass die Vignette mitsamt der Folie unsauber abgeschnitten wurde.

Nach jetzigem Erkenntnis des Beschuldigten erscheint es zweckmäßig, wenn der Beschuldigte sich nun nachträglich doch mit seinem Fahrzeug und der tatgegenständlichen Vignette zur ASFINAG Mautservice GmbH in Salzburg zur Vignettenkontrolle begibt."

 

Einer weiteren ASFINAG-Stellungnahme vom 21. Juli 2010 ist im Wesentlichen zu entnehmen, dass es unerheblich sei, welche Vignette der Bw einen Tag, 4 Monate nach der Kontrolle oder zum jetzigen Zeitpunkt an der Frontscheibe befestigt habe. Eine erneute Vignettenprüfung 4 Monate nach der Tat und der Beweisaufnahme entspreche weder der Mautordnung noch habe dies eine Auswirkung auf den Tatbestand der Mautprellerei durch Manipulation und der daraus resultierenden Anzeige gegen den Bw. Weshalb der Bw plötzlich die Vignette doch kontrollieren lassen möchte, sei leicht nachzuvollziehen. Es würden zudem dienstliche Wahrnehmungen von beeideten Mautaufsichtsorganen, Polizisten und Beweisfotos vorliegen.

 

Lt. Niederschrift vom 6. August 2010 wurde folgende Zeugenaussage der Polizisten x und x protokolliert: "An dem besagten Tag wurde von der Asfinag eine Ausleitung aller PKW am Kontrollparkplatz in Eberstalzell durchgeführt. Zur Unterstützung wurde die Fahndungsstreife x zum besagten Ort entsendet. Das primäre Hauptaugenmerk der Polizei galt der Bekämpfung der Suchtmittelkriminalität, der KFZ Verschiebung und Dokumentenfälschungen. Als die Beamten gerade eine freiwillige Nachschau in einem PKW mit deutscher Zulassung durchführten, kam das beeidigte Mautaufsichtsorgan und ersuchte um Besichtigung der Vignette. Das Asfinagorgan zweifelte stark daran, dass die Vignette ordnungsgemäß aufgeklebt war. Der Beschuldigte gab sinngemäß an, dass es nicht sein könne, dass jeder x-Beliebige in sein Fahrzeug greifen könne. Keiner der beiden Beamten griff in sein Fahrzeug, jedoch begutachteten sie aus verschiedenen Blickwinkeln die Vignette von außen. Es handelt sich nach Ansicht der Beamten um eine nicht ordnungsgemäß aufgeklebte Vignette. Nach Ansicht der Beamten wurde die Vignette mit einer Substanz an der Windschutzscheibe befestigt (z.b. Labello, Vaseline). Eine Manipulation ist durch Lichtbilder sehr schwer festzuhalten. Vorletztes Bild zeigt teilweise rechts oben eine Spiegelung (Blasenbildung), welche bei ordnungsgemäß geklebten Vignetten noch nie festgestellt werden konnte."   

     

Dazu brachte der Bw am 25. August 2010 vor, dass es ihm unangenehm sei, dass er der ASFINAG und der Behörde "diesen Aufwand" zumute und sie damit "belästige". Allerdings habe der Bw lernen dürfen, müssen und zur Kenntnis nehmen, dass es der ASFINAG nie um eine sachliche und rechtlich haltbare Aufklärung gegangen sei, sondern immer nur um falsche Anschuldigungen und um die zwanghafte Rekonstruktion von nie durchgeführten Tatbeständen. Schon im ASFINAG-Schreiben vom 26. März 2010 habe der Sachbearbeiter die unrichtige Behauptung aufgestellt, die vorhandene Vignette sei zum Tatzeitpunkt nicht mittels originärem Vignettenkleber angebracht gewesen. Dabei sei von einem nicht näher benannten "Hilfsmittel" gemutmaßt worden, um sich danach in der Behauptung zu versteigen,

         1. die Vignette zeige eine raue Oberfläche, wobei eine ordnungsgemäß         geklebte Vignette glatt sei,

         2. und das Hologramm matt sei, wobei – egal, wie man die Vignette drehe              – weder der Bundesadler, die Zahl "10" noch die Hintergrundstruktur     zeige.

Diese Behauptungen seien in der Stellungnahme des Bw vom 22. April 2010 vollinhaltlich durch Fotos widerlegt und lückenlos nachgewiesen worden, dass ein Hologramm – aus verschiedenen Richtungen fotografiert – eben einmal zu sehen sei und dann wieder nicht. In der Niederschrift vom 6. August 2010 sei von den beiden Polizisten gemutmaßt worden, dass es bei dem "Hilfsmittel" um Labello oder Vaseline gehandelt habe. Dies, obwohl der Bw bereits ausführlich geschildert hätte, er sein Kfz jährlich für eine Strecke von mehr als 15.000 Kilometern hauptsächlich beruflich nützen würde. Als selbständiger Unternehmer seien die Kosten des Fahrzeuges Abschreibposten. Zudem habe der Bw eine Rechnungsbestätigung der Vignette vorgelegt. Dann sechs Monate später von einem beeideten Mautaufsichtsorgan oder Beamten auf Labello oder Vaseline zu mutmaßen, sei so weit entfernt von irgendwelcher plausiblen Anschuldigung, dass hier sehr wohl von einem Vorsatz, Unterstellung, Amtsmissbrauch als Tatbestand ausgegangen werden könne. Dabei sei von Interesse, das erst jetzt von dieser Möglichkeit gesprochen werde. Aber gerade diese "Hilfsmittel" würden eine glatte Oberfläche hervorrufen und nicht zu einer rauen Oberfläche führen. Beide Feststellungen der beeideten Organe würden sich widersprechen und seien nicht schlüssig. Eine Spiegelung (Blasenbildung) sei erst recht nicht durch eine Fotokopie nachzuweisen und sei auch schon dahingehend vom Bw widerlegt worden, da deutlich am mitgelieferten Foto die starke Verschmutzung der Windschutzscheibe ersichtlich sei. Leider hätten die diensthabenden Personen in der "Amtshandlung von mehr als 30 Minuten nicht der Mühe wert befunden, die Windschutzscheibe zu reinigen. Sei diese Vorgangsweise eventuell gewählt worden, um im späteren Verlauf weitere unbewiesene und bösartige Unterstellungen zu dichten? Eine Verschmutzung als Blasenbildung – noch dazu oberhalb der ordnungsgemäß angebrachten Vignette zu interpretieren – unterstreiche ein weiteres Mal ein Verhalten, das einer ASFINAG nicht würdig zu sein scheine. Die im ASFINAG-Schreiben vom 21. Juli 2010 angeführte Vignette sei jene, welche ordnungsgemäß auf der Windschutzscheibe angebracht gewesen sei. Dies sei wiederum an der Vignettennummer ersichtlich und sei sehr wohl nicht unerheblich, wie im ASFINAG-Schreiben erläutert worden sei. Leider sei die von der Behörde vorgeschlagene und dem Bw sehr plausibel erscheinende neuerliche Vignettenüberprüfung bei der ASFINAG in Salzburg rundweg abgelehnt worden. Diese Überprüfung sei aus Sicht des Bw ein gangbarer Weg gewesen, diese leidige Sache zu beschleunigen.

 

Der Bw nehme zur Kenntnis, dass die ASFINAG einmal eine raue Oberfläche als Beweis angeführt habe, um danach zu behaupten, es seien Hilfsmittel verwendet worden, die automatisch zu einer glatten Oberfläche geführt hätten (Labello, Vaseline) [und ein anderes Mal] Verschmutzungen der Windschutzscheibe als Blasenbildung oberhalb der Vignette zu interpretieren, um sich dann in der widerlegten Behauptung zu ergießen, Hologramme seien aus allen Blickrichtungen immer ersichtlich. Dann der Vorschlag einer Überprüfung, welcher als Entfernung der Vignette aufgefasst worden sei, und "diese Überprüfung, weil ich sie eben entfernt hätte, nicht mehr möglich sei". Im letzten Schreiben allerdings werde darauf verwiesen, dass die ASFINAG keine Überprüfung mehr durchführen möchte, da im Mautgesetz eine verspätete Überprüfung eben angeblich nicht vorgesehen sei. Da der Bw die Arbeit der ASFINAG grundsätzlich sehr schätzen und er eine höhere Mautgebühr als gerechtfertigt ansehen würde, sei der Bw über diese unqualifizierten Aussagen von solchen Mitarbeitern erschüttert. Auch trage der Hinweis, die Mautaufsichtsorgane seien vereidigt, in keiner Weise zur Aufklärung bei, da sich auch diese Personen an die gesetzlichen Regeln zu halten hätten.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung. 

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung gab der Vertreter des Bw bekannt, dass der Bw mit dem eigenen Fahrzeug angereist sei, worauf sich nach wie vor die Originalvignette befinde. Diese sei sichtbar und vom Vertreter des Bw neuerlich fotografiert worden. Daher werde eine Besichtigung dieses Kfz beantragt. Wiederholt wurde darauf hingewiesen, dass das Hologramm am Foto nicht ersichtlich sei. Ob das Hologramm in der Natur auf der angebrachten Vignette ersichtlich sei, werde sich allenfalls beim Lokalaugenschein erweisen.

Der Bw gab an, dass am Tattag überraschend in Eberstalzell die "gesamte Autobahn abgeleitet" – offensichtlich von ASFINAG-Organen – worden sei. Der Bw sei entsprechend den Angaben des Organs abgefahren. Das Kfz sei deutlich mit Antiatomkraftaufklebern gekennzeichnet. Der Bw sei dann aus der Kolonne "herausgeholt" und aufgefordert worden, links ran zufahren und stehen zu bleiben. Dort sei dem Bw vom ASFINAG-Organ gesagt worden, dass die Autobahnvignette kontrolliert werde, und sei dem Bw dann zu erkennen gegeben worden, dass die Vignette nicht ordnungsgemäß sei. Der Bw habe daraufhin erwidert, dass er mit seinem Fahrzeug mehr als 20.000 km/Jahr unterwegs sei und es sich hierbei sehr wohl um eine ordnungsgemäße Vignette handle. Der Vertreter der ASFINAG habe den Bw gefragt, ob er zur Kontrolle ins Auto greifen dürfe. Der Bw habe sich auf das Staatsgrundgesetz berufen und ihm dies verweigert. Daraufhin habe das Kontrollorgan mit einer Anzeige gedroht, was der Bw ohne Probleme zur Kenntnis genommen habe, und kündigte das ASFINAG-Organ an, die Polizei beiziehen zu werden. Der Polizist habe den Bw gefragt, weshalb er das Mautaufsichtsorgan nicht ins Auto greifen lasse, was der Bw mit schlechten Erfahrungen bzw. unter neuerlicher Berufung auf seine Rechte aus dem Staatsgrundgesetz beantwortet habe. Das Hineingreifen in das Auto hätte der Bw einem Polizisten gestattet. Dies sei gegenüber dem Polizisten auch erwähnt worden. Der Bw sei vom Polizisten – da es nicht dessen Amtshandlung gewesen sei – dazu nicht ausdrücklich aufgefordert worden. Auch das Mautaufsichtsorgan habe den Bw nicht aufgefordert, selbst einen "aktiven Test" an der Vignette vorzunehmen. In der Folge habe das Mautaufsichtsorgan Fotos von der Vignette angefertigt ohne zuvor die Scheibe zu reinigen. Das ASFINAG-Organ habe sich nicht genau festgelegt, was ihm an der Vignette nicht gefallen habe. Einmal habe er von einer rauen Oberfläche, ein anderes Mal von dunklen Stellen gesprochen. Dem Bw sei nicht klar geworden, was wirklich im Rahmen der visuellen Kontrolle bemängelt werde. Wie genau der Polizist die Vignette in Augenschein genommen habe, könne der Bw nicht sagen. Es könne schon sein, dass er hingeschaut habe. In weiterer Folge habe der Polizist die Amtshandlung verlassen und das Mautaufsichtsorgan dem Bw seine Papiere zurückgegeben. Anschließend habe der Bw weiterfahren können. Die Kontrolle habe etwa 40 Minuten gedauert, es sei schönes Wetter mit Sonnenschein gewesen.

Die Vignette sei so geklebt worden, dass sie sich außerhalb des vom Scheibenwischer gereinigten Sichtfeldes zwischen Parkuhr und Tönungsstreifen in etwa auf Höhe des Rückspiegels befunden habe.    

 

Die mündliche Verhandlung im Verhandlungssaal wurde daraufhin zur Besichtigung des gegenständlichen Fahrzeuges mit angebrachter Vignette unterbrochen. Der Lokalaugenschein wurde von sämtlichen Teilnehmern inkl. der anwesenden Zeugen besucht. Dabei wurde festgestellt, dass auf dem Fahrzeug Toyota Avensis mit dem Kennzeichen x sichtbar Jahresvignetten für die Kalenderjahre 2010 und 2011 angebracht waren.

 

Der verkehrstechnische Amtssachverständige führte dazu aus, dass das Hologramm der beiden Vignetten deutlich und "schön" erkennbar sei. Man müsse einen schrägen Blickwinkel einnehmen, um das Hologramm deutlich sehen zu können. Bei der Jahresvignette 2010 handle es sich um die Vignette mit der Nr. 98107268. Festzuhalten sei, dass das Hologramm grundsätzlich sichtbar sei. Man könne Blickwinkel einnehmen, die die Deutlichkeit des Hologramms weiter hervorheben würden. Man könne aber auch Blickwinkel einnehmen, die das Hologramm nicht ersichtlich zeigen würden. Die Inbetriebnahme des Scheibenwischers zeige eindeutig, dass dieser nicht über die Vignette reiche.

 

Sodann sagte in der Fortsetzung der Berufungsverhandlung im Verhandlungssaal Herr x als Zeuge aus, dass ihm der Tattag in Erinnerung und in Eberstalzell eine Überprüfungsaktion vorgesehen gewesen sei. Um "eine Autobahn kontrollieren zu können", werde der gesamte Verkehr zu einem Verkehrskontrollplatz abgeleitet. Von der ASFINAG seien "Mautsachen" und von der Polizei "andere Sachen" kontrolliert worden. Das Ganze laufe so ab, dass die Fahrzeuge im langsamen Tempo diesen Überprüfungsplatz durchfahren würden. Auf der linken und rechten Seite würde jeweils ein ASFINAG-Organ stehen. Wenn ein Fahrzeug keine Vignette aufweise oder an der Vignette irgend welche Auffälligkeiten vorliegen würden, werde dieses Kfz gebeten, links raus zu fahren und anzuhalten. So sei es auch beim Bw gewesen. Den Mautaufsichtsorganen sei die Vignette auffällig vorgekommen, daher hätten sie beschlossen, diese Vignette näher in Augenschein zu nehmen. Der Bw sei ersucht worden anzuhalten, was dieser auch getan habe. Er habe jedoch nicht zugelassen in das Auto zu steigen, um die Vignette von da aus näher zu kontrollieren. Es sei daher erforderlich gewesen, die Vignette von außen näher in Augenschein zu nehmen und zu fotografieren. Dies sei eine interne ASFINAG-Dienstanweisung, dass in ein fremdes Fahrzeug nicht hineingegriffen werde, wenn es vom Lenker nicht ausdrücklich erlaubt werde. In solchen Fällen würden manchmal allfällig anwesende Polizeiorgane um Unterstützung ersucht. Der Zeuge habe auch seine Kollegin, Frau x, beigezogen, ob sie Auffälligkeiten an der Vignette sehe. Auf den Zeugen hätte die Vignette jedenfalls den Eindruck gemacht, dass sie – z.B. mit einer Folie – manipuliert worden sei. Herr x habe dabei Erfahrung, weil er schon öfter bei Kontrollen derartiges festgestellt habe. Die Oberfläche der Vignette sei dabei eigenartig erschienen. Nicht nachvollziehbar sei für den Zeugen, weshalb er nicht in das Kfz greifen habe dürfen. Seine Aufgabe als Mautaufsichtsorgan sei, Vignettenkontrollen durchzuführen. Anderes lasse er sich nicht unterstellen. Zur Unterstützung seien dann ein oder zwei Polizeiorgane gekommen. Ob die Polizisten um Erlaubnis zum Hineingreifen in das Fahrzeug gefragt hätten oder diese die Vignette selbst in Augenschein genommen haben, sei dem Zeugen nicht bekannt. Nachdem eine Lösung nicht mehr erzielbar gewesen sei und der Bw die Auffassung vertreten habe, die Vignette sei ordnungsgemäß geklebt, und er eine Anzeige in Kauf nehme, sei die Amtshandlung beendet worden. In den Führerschein sei Einsicht genommen und die Daten aufgenommen worden. Natürlich sei der Bw zur Zahlung einer Ersatzmaut aufgefordert worden. Der Bw habe aber eine Anzeige gewünscht.

Die Windschutzscheibe sei deshalb nicht gereinigt worden, da ausreichende Sicht vorhanden gewesen sei. Eine derart grobe Verschmutzung, welche eine Kontrolle beeinträchtigt hätte, sei nicht gegeben gewesen. Ansonsten wäre die Scheibe gereinigt worden. Zudem sei schönes Wetter und Sonnenschein gewesen. Die Kontrolle habe geschätzt eine halbe bis dreiviertel Stunde gedauert. Zur Frage, ob sich für den Zeugen der Verdacht oder die Gewissheit einer Manipulation ergeben habe, antwortete Herr x, dass er deswegen gerne in das Auto gegriffen hätte. Falls der Lenker zustimme, sei die Angelegenheit schneller erledigt. Die nähere Kontrolle habe ergeben, dass sich der Verdacht des Zeugen einer nicht ordnungsgemäß geklebten Vignette erhärtet habe. Wenn dies nicht so gewesen wäre, hätte das Mautaufsichtsorgan den Bw ja weiterfahren lassen. So bringe bei Zweifeln nur eine genaue Kontrolle Gewissheit. Manuelle Kontrollen durch den Lenker im Fahrzeuginneren ließen die Mautaufsichtsorgane grundsätzlich nicht durchführen, da ja von außen nicht festgestellt werden könne, mit welchem Druck oder Kraftaufwand diese manuelle Kontrolle vom Lenker durchgeführt werde. Die Formulierung im Akt, dass die Vignette eine "raue Oberfläche" aufweise, stamme nicht vom Zeugen, weshalb er diese Formulierung auch nicht näher erläutern könne. Möglicherweise schaue die Vignette auf einem Foto dergestalt aus. Der Eindruck, dass auf dem Foto Schnittkanten ersichtlich seien, habe sich beim nachträglichen genauen Betrachten und Vergrößern ergeben. Auf den im Akt aufscheinenden Fotos, welche von der ASFINAG am 26. März 2010 übermittelt worden seien, könne der Zeuge diese Schnittstellen nicht eindeutig erkennen. Wenn er von Schnittkanten spreche, meine er jene, bei welchen das Aufkleben mit dem Originalkleber vermieden werden.

 

Dazu verwies der Amtssachverständige auf den gezoomten Teil des Vignettenfotos, auf welchem kleine weiße oder ein weißlich durchschimmerndes Viereck(e) im Bereich des Schriftzuges "Österreich" auf Höhe der Buchstaben "eich" aufscheinen würden.   

 

Der Zeuge x sagte weiter aus, dass er Fotoaufnahmen sowohl aus frontaler als auch schräger Sicht anfertige, um allfällige ungewöhnliche Spiegelungen oder Ansichten der Vignette sichtbar zu machen. Bei der Überprüfung werde natürlich auch das Hologramm angeschaut. Wenn dieses nicht ordnungsgemäß sichtbar sei, würde dies auffallen. Bei der gegenständlichen Kontrolle sei jedoch nicht das Hologramm sondern das eigenartige Schimmern der Vignette bei seitlichem Anblick im Vordergrund gestanden. Wenn das Hologramm nicht sichtbar gewesen wäre, wäre dies dem Zeugen aufgefallen und er hätte dies in die Anzeige geschrieben. Bei Ansicht der Beweisfotos sei das Mautaufsichtsorgan bisher davon ausgegangen, dass bei den Fragen nach dem Hologramm vom gesamten "silbernen Fleck" die Rede sei und nicht von den räumlichen Inhalten dieses Hologramms.

 

Einvernehmlich wurde mit den Verfahrensparteien festgelegt, dass die beiden Zeugen von der Autobahnpolizeiinspektion x, die Herren x und x, gemeinsam als Zeugen befragt werden: Der Tattag sei erinnerlich. Als sie am Kontrollpunkt bei einem Suchtgiftverdacht ermittelt hätten, habe das Mautaufsichtsorgan um Unterstützung gebeten, da der Lenker das ASFINAG-Organ nicht in das Auto greifen habe lassen, obwohl der Verdacht auf Manipulation der Vignette bestanden habe. Beide Polizisten hätten sich dann "die Sache" angeschaut aber nicht eigenmächtig in dieses Auto hineingegriffen, da sie auch nicht eingeladen worden seien, eine manuelle Vignettenkontrolle vorzunehmen. Der Lenker sei von den Polizisten dazu auch nicht aufgefordert worden. Da auch die Polizisten Vignettenkontrollen vornehmen würden, hätten sie eine gewisse Erfahrung damit. Für die Polizisten hätte sich (getrennt befragt) der Eindruck ergeben, dass an der Vignette sehr wohl eine Manipulation (eigenartige Spiegelungen) vorgelegen sei. Die zur Tatzeit ersichtlichen Spiegelungen an der Vignette seien beim heutigen Lokalaugenschein am Kfz nicht mehr sichtbar gewesen. Teilweise seien diese Spiegelungen auch auf den ASFINAG-Beweisfotos sichtbar. Insbesondere auf jenem Foto, auf dem auch die Dachaufkleber und die Antenne sichtbar seien. Ob auch das Hologramm sichtbar oder auffällig gewesen sei, könne nicht gesagt werden. Es habe sich bei der kontrollierten Vignette um eine echte und nicht um eine Kopie etc. gehandelt. Es sei ausschließlich die Art der Anbringung auffallend gewesen. Das Erscheinungsbild des Kfz zum Zeitpunkt des Lokalaugenscheins (bei schattigen Verhältnissen) hätte am Tattag nicht zu einer Beanstandung geführt. Hinsichtlich der Angaben der Zeugen in der Niederschrift vom 6. August 2010 sagten die beiden Zeugen aus, dass sie aufgrund der sich dargebotenen Umstände  vermutet hätten, dass eine Anbringung der Vignette mit Labello oder Vaselin in Frage komme. Dies sei ein Tipp gewesen, da solche Fälle in der Praxis immer wieder vorkommen und sich aus solchen Manipulationen genau diese angesprochenen Spiegelungen ergeben würden. Hinsichtlich der angesprochenen doppelten Trägerfolie habe die Vignette einen tadellosen Eindruck gemacht, auffällige Schnittkanten seien nicht aufgefallen.

 

Der Amtssachverständige legte dar, dass die Vignette auf einigen Fotos sich wie heute "rau" darstelle. Hier handle es sich nicht zwingend um eine raue Oberfläche der Vignette sondern um ein ausgepixeltes Bild. Man könne diesen Effekt schon alleine dadurch erreichen, dass die Farbtiefe entsprechend reduziert werde. Nach Vergrößerung des Fotos oder nach dem Ausdrucken auf Papier würden dann diese Pixel in Erscheinung treten, welche sich als "raue Oberfläche" zeige. Daher könne aufgrund eines solchen Beweisfotos eine Veränderung oder Manipulation an der Vignette nicht zweifelsfrei festgestellt werden. Augenscheinlich sei aber, dass auf diesem frontal aufgenommenen Vignettenfoto das Hologramm nicht erkennbar sei. Weder eine Ausprägung des Hologramms noch der Bundesadler oder die Jahreszahl seien erkennbar. Aufgrund eigener durchgeführter Versuche mit Mustervignetten habe der Sachverständige festgestellt, dass unter diesem vorliegenden Fotografierwinkel das Hologramm sichtbar sein müsste. Dass dies auf dem Beweisfoto nicht der Fall ist, könne darauf zurückzuführen sein, dass sich zwischen der Windschutzscheibe und dem Hologramm ein Medium befunden habe, welches diese klare Darstellung verwische. Der Grund könnte aber auch in der fotografischen Darstellung liegen, welche das Hologramm auf der Vignette nicht entsprechend abbilde. Daher sei aus technischer Sicht nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu sagen, ob eine Manipulation an der Vignette vorgenommen worden sei. Zu den angeführten Rändern oder "Fehlern" an den Rändern sei festzustellen, dass schon die augenscheinliche Betrachtung diverser Fahrzeuge, an denen Vignetten aufgeklebt sind, ein ähnliches oder sogar sehr ähnliches Erscheinungsbild ergebe. Ein zwingender Schluss einer Vignettenmanipulation sei deshalb nicht zulässig. Die augenscheinlichen Unterschiede könnten auch fototechnisch bedingt oder auf einen "ungünstigen" Fotografierwinkel zurückzuführen sein.

 

Der Vertreter des Bw hielt abschließend den Berufungsantrag vollinhaltlich aufrecht. Der Berufung möge Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt werden.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Alle drei Kontrollorgane sagten als Zeugen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung gleichlautend aus, dass ihnen zum Kontrollzeitpunkt das Erscheinungsbild der Vignette aufgrund von Spiegelungen "seltsam" bzw. "auffällig" erschienen ist und sich daraus der dringende Verdacht einer Manipulation (iS der Mehrfachverwendung einer Jahresvignette) ergeben hat. Erhärtet wird dieser Verdacht nicht nur dadurch, dass man bei den Kontrollorganen aufgrund ihrer Schulung und Berufserfahrung von einem hohen Grad an Sachkompetenz auszugehen hat, sondern auch dadurch, dass der Bw während der Amtshandlung in keiner Weise zur Klärung des Sachverhaltes beigetragen und zudem eine mechanische Überprüfung der Vignette nicht zugelassen hat.

Zu den weiteren Verdachtsmomenten, welche sich durch die (spätere) Auswertung der zum Kontrollzeitpunkt angefertigten Beweisfotos ergeben haben (fehlendes Hologramm, weiße quadratische Flecken etc.), ist festzuhalten, dass der verkehrstechnische Amtssachverständige in seinem Gutachten – an dessen Vollständigkeit, Richtigkeit und Schlüssigkeit der Unabhängige Verwaltungssenat keine Zweifel hegt – aus den in der mündlichen Verhandlung näher dargelegten Gründen nicht zweifelsfrei ausschließen konnte, dass diese augenscheinlichen Unterschiede auch fototechnisch bedingt oder auf einen "ungünstigen" Fotografierwinkel zurückzuführen sind. Zudem waren den Kontrollorganen diese augenscheinlichen Unterschiede zur Kontrollzeit nicht aufgefallen. Insbesondere konnten sie keine verwertbaren Aussagen zum Vorhandensein oder Nichtvorhandensein des Hologramms – als wesentliches Sicherheitsmerkmal – machen.  

In Hinblick darauf, dass auch in der Berufungsverhandlung nicht geklärt werden konnte, welcher konkrete Mangel der Vignette angehaftet haben soll und die vorliegenden Verdachtsmomente und Beweismittel nicht ausreichen, die Deliktsverwirklichung durch den Bw mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachzuweisen, war – im Zweifel – das bekämpfte Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Unbeschadet der vorherigen Ausführungen ist der Bw – entgegen seiner Ansicht – darauf hinzuweisen, dass es für eine Überprüfung der Vignette nicht seiner Zustimmung bedarf und es nicht in seiner Entscheidung oder in seinem Ermessen liegen kann, von welchem anwesenden Organ eine Kontrolle durchzuführen ist. Auch lässt eine nachträgliche Kontrolle bzw. eine nachträglich angefertigte Fotoaufnahme einer Vignette keine zwingenden Rückschlüsse über das Erscheinungsbild dieser Vignette zur Tatzeit zu, weshalb diese Beweismittel zu seiner Entlastung untauglich waren.

 

Es war deshalb spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum