Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-165545/16/Zo/Jo VwSen-165546/15/Zo/Jo

Linz, 01.07.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufungen der Frau X, vom 14.11.2010 gegen die Straferkenntnisse des Polizeidirektors von Steyr vom 02.11.2010, Zlen.
S 5233/ST/10 sowie S 5243/ST/10, jeweils wegen einer Übertretung des KFG, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung und sofortiger Verkündung der Entscheidung am 20.06.2011, zu Recht erkannt:

 

 

I.             Die Berufungen vom 14.11.2010 gegen die Straferkenntnisse des Polizeidirektors von Steyr vom 02.11.2010, Zlen. S 5233/ST/10 sowie
S 5243/ST/10, jeweils wegen einer Übertretung des KFG, werden abgewiesen und beide Straferkenntnisse vollinhaltlich bestätigt.

 

II.          Die Berufungswerberin hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für die Berufungsverfahren jeweils einen Kostenbeitrag in Höhe von 8 Euro zu bezahlen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die BPD Steyr hat der Berufungswerberin im Straferkenntnis zu Zl.                S 5233/ST/10 vorgeworfen, dass sie als vom Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen X genannte Person, die die Lenkerauskunft erteilen kann, auf Verlangen der Behörde vom 27.08.2010, zugestellt am 01.09.2010, binnen zwei Wochen keine Auskunft darüber erteilt habe, wer dieses Kraftfahrzeug am 03.04.2010 um 11.42 Uhr in X Nr. 114 in Fahrtrichtung stadtauswärts gelenkt hat. Sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs.2 KFG begangen, weshalb über sie gemäß § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe in Höhe von 40 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde sie zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 4 Euro verpflichtet.

 

Im Straferkenntnis zu Zl. S 5243/ST/10 wurde über die Berufungswerberin ebenfalls eine Geldstrafe in Höhe von 40 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden, Verfahrenskostenbeitrag 4 Euro) verhängt, weil sie wiederum als vom Zulassungsbesitzer genannte Person die Lenkerauskunft für den 01.04.2010, 10.28 Uhr nicht erteilt habe.

 

2. Die Berufungswerberin hat dagegen, vertreten durch ihren Lebensgefährten X vorerst eine nicht begründete Berufung eingebracht und diese auf Aufforderung dahingehend ergänzt, dass sie an den strafbaren Handlungen kein Verschulden treffen würde. Sie habe eine Risikoschwangerschaft gehabt und im Zeitraum der Lenkerauskunft ihr Handeln – bedingt durch Schwächeanfälle und Krankheit – nicht steuern können. Dazu wurde ihre Einvernahme sowie die Einvernahme ihres Lebensgefährten und die Krankengeschichte als Beweis angeboten. Es wurde die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung beantragt.

 

3. Der Polizeidirektor von Steyr hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat         (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verfahrensakte sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 20.06.2011. Zu dieser sind die Berufungswerberin und ihr Vertreter ohne Angabe von Gründen nicht erschienen, die Erstinstanz war entschuldigt.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Vertreter und Lebensgefährte der Berufungswerberin ist Zulassungsbesitzer des PKW mit dem Kennzeichen X. Gegen den Lenker dieses PKW wurde Anzeige erstattet, weil dieser am 03.04.2010 um 10.28 Uhr in Steyr auf der Haratzmüllerstraße in Höhe Haus Nr. 114 in Fahrtrichtung stadtauswärts die im Ortsgebiet erlaubte Geschwindigkeit überschritten hatte. Am selben Tag um 11.42 Uhr hat der Lenker desselben PKW an der selben Örtlichkeit nochmals die erlaubte Geschwindigkeit überschritten. Wegen beider Vorfälle wurde der Zulassungsbesitzer mit Schreiben der BPD Steyr vom 05.08.2010 (Aktenzahlen S 5233/ST sowie S 5243/ST) gemäß § 103 Abs.2 KFG aufgefordert, den Lenker des PKW mit dem Kennzeichen SR-835CK am 03.04.2010 um 10.28 Uhr bzw. um 11.42 Uhr bekannt zu geben. Der Zulassungsbesitzer gab mit Schreiben vom 27.08.2010 bekannt, dass er die Auskunft nicht erteilen könne und die Auskunftspflicht Frau X, die nunmehrige Berufungswerberin, betreffe.

 

Die BPD Steyr richtete mit Schreiben vom 27.08.2010 an Frau X als vom Zulassungsbesitzer genannte Person in beiden Fällen eine Lenkererhebung, welche am 01.09.2010 eigenhändig zugestellt wurde. Die Berufungswerberin hat beide Lenkeranfragen nicht beantwortet.

 

Von der BPD Steyr wurden daraufhin zwei Strafverfügungen wegen Nichterteilen der Lenkerauskunft erlassen und jeweils Geldstrafen in Höhe von 40 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 24 Stunden) verhängt. Gegen diese hat die Berufungswerberin, vertreten durch ihren Lebensgefährten X,   in beiden Fällen einen Einspruch eingebracht und diesen trotz der Aufforderung zur Rechtfertigung nicht begründet. Daraufhin ergingen die nunmehr angefochtenen Straferkenntnisse.

 

Gegen beide Straferkenntnisse hat die Berufungswerberin eine nicht begründete Berufung eingebracht, eine Begründung wurde nach Aufforderung durch den UVS nachgereicht. In dieser wurde auch die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung beantragt, wobei zum ersten Verhandlungstermin die Erkrankung der Berufungswerberin bzw. ihres neugeborenen Sohnes geltend gemacht und eine Krankmeldung angekündigt wurde. Diese Krankmeldung ist beim UVS nie eingelangt. Es wurde daraufhin eine neuerliche Berufungsverhandlung für den 20.06.2011 anberaumt, wobei die Ladungen von der Berufungswerberin bzw. ihrem Vertreter am 11. und 12.05.2011 übernommen wurden. Beide sind jedoch zur Verhandlung ohne Angabe von Gründen nicht erschienen.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 103 Abs.2 KFG kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer – im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung – zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

5.2. Die Berufungswerberin hat die geforderten Lenkerauskünfte nicht erteilt und damit die ihr vorgeworfenen Übertretungen in objektiver Hinsicht verwirklicht. Die bloße Behauptung, dass sie wegen ihrer Risikoschwangerschaft nicht in der Lage gewesen sei, ihr Verhalten zu steuern, wurde in keiner Weise näher ausgeführt bzw. belegt. Es ist daher nicht glaubwürdig, dass die Berufungswerberin im Zeitraum ihrer Auskunftspflicht so stark durch Krankheiten geschwächt gewesen wäre, dass sie nicht in der Lage gewesen wäre, die einfache Auskunft zu erteilen. Sie hat daher die Übertretungen auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass zum Zeitpunkt der Lenkeranfragen gegen die Berufungswerberin kein Strafverfahren wegen der Grunddelikte (Geschwindigkeitsüberschreitungen) anhängig war. Sie wäre daher jedenfalls verpflichtet gewesen, die Auskünfte zu erteilen. Im Übrigen darf auf die Urteile des EGMR in den Fällen O`Halloran und Francis (Beschwerdenummern 15809/02 und 25624/02) verwiesen werden. In diesen Fällen hat der EGMR in einer großen Kammer mit 15 : 2 Stimmen entschieden, dass die (britische) Regelung betreffend die Lenkerauskunft nicht gegen Artikel 6 Abs.2 EMRK verstößt. Des auch, obwohl die Beschwerdeführer als "angeklagt" iSd Artikel 6 EMRK anzusehen waren. In den Fällen Lückhoff und Spanner (Beschwerdenummern 58452/00 und 61920/00) hat der EGMR auch zur österreichischen Rechtslage ausdrücklich klargestellt, dass die Verpflichtung zur Lenkerauskunft nicht gegen Artikel 6 EMRK verstößt. Die Berufungswerberin wäre daher jedenfalls zur Beantwortung der Lenkeranfragen verpflichtet gewesen.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

§ 134 Abs.1 KFG sieht für derartige Übertretungen eine Höchststrafe von 5.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 6 Wochen) vor.

 

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Übertretungen ist durchaus als erheblich anzusehen. Immerhin konnten wegen der unterlassenen Auskunftserteilungen jene Personen nicht verfolgt werden, welche in zwei Fällen die erlaubte Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet überschritten haben. Als strafmildernd ist hingegen die bisherige Unbescholtenheit der Berufungswerberin zu werten. Sonstige Strafmilderungs- oder Straferschwerungsgründe liegen nicht vor.

 

Die Geldstrafen entsprechen auch den persönlichen Verhältnissen der Berufungswerberin (entsprechend der unwidersprochenen erstinstanzlichen Einschätzung beträgt das monatliche Einkommen 1.000 Euro), wobei auch die nunmehr bestehende Sorgepflicht gegenüber ihrem Sohn berücksichtigt wird. Diese ungünstigen finanziellen Verhältnisse rechtfertigen auch die geringe Höhe der Geldstrafen. Auch die Ersatzfreiheitsstrafen sind dem Unrechtsgehalt und der Unbescholtenheit der Berufungswerberin angepasst.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum