Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-111000/5/Wim/Sta

Linz, 29.07.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des Herrn X, X, X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 9.6.2011, VerkGe96-93-1-2011, wegen Verhängung einer Ordnungsstrafe nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 18.7.2011 zu Recht erkannt.

 

 

         Der Berufung wird insofern Folge gegeben, dass anstelle des          verhängten Geldbetrages eine Ermahnung ausgesprochen wird.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 iVm § 34 Abs.2 und 3 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde über den Berufungswerber eine Ordnungsstrafe von 500 Euro verhängt.

 

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen:

"Sie haben sich in Ihrer schriftlichen Berufung vom 25.4.2011 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 14. April 2001, VerkGe96-93-2011, einer beleidigenden Schreibweise bedient, indem Sie Folgendes geschrieben haben:

'Da es sich bei X offensichtlich um einen Arbeitsverweigerer handelt, erfindet er statt dessen lieber Schreiben, welche ich verfasst haben soll und kommt den gestellten Beweisanträgen nicht nach!'

 

'Dieser X drückt die gleiche Selbstherrlichkeit aus, welche der belangten Unterbehörde offensichtlich eigen ist.

In diesem Zusammenhang führe ich die Verfahren von X, X an, welche jeweils nur Unsachlichkeiten, Beleidigungen und Frechheiten in ihre diverse Schreiben gegen meine Familienangehörigen einfließen ließen.

 

'Leider werden und wurden sämtliche Entgleisungen der Hilfsorgane der BH Schärding vom Bezirkshauptmann nicht nur gedeckt, sondern auch noch gut geheißen!!!' "

 

2. Dagegen wurde fristgerecht eine dem Berufungswerber zurechenbare Berufung eingebracht, in der ausgeführt wurde, dass sich der Berufungswerber keiner beleidigenden bzw. unsachlichen Schreibweise bedient habe. Es sei bestimmten gestellten Beweisanträgen – allerdings nicht im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren – von Dr. X nicht nachgekommen worden. Deshalb der Begriff Arbeitsverweigerung.

 

Auch in Schreiben der Bezirkshaupt­mannschaft würden seine Lkw-Lenker ohne die Bezeichnung "Herr" angeführt werden.

 

Seitens der Bezirkshauptmannschaft würden auch in diversen Schreiben - die allerdings mit dem konkreten Berufungsverfahren nicht in Verbindung stehen - beleidigende bzw. unsachliche Äußerungen erfolgen. Die Behörden dürften im Hinblick auf das Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit nach der neueren Judikatur nicht zu empfindlich sein. Wenn Wendungen in Behördenschreiben gut geheißen würden, könnten seine Wendungen schon gar nicht strafbar sein im Sinne des Artikels 7 der Österreichischen Bundesverfassung.

 

Es wurde beantragt, der Berufung stattzugeben und den angefochtenen Bescheid zu beheben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 18.7.2011, in welcher der Vertreter des Berufungswerbers auch entsprechend befragt wurde.

 

Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Verfahrensakt, insbesondere eben aus dem Schriftsatz der Berufung, aus welchem die Beleidigungen vorgeworfen werden. Aus der Begründung des Bescheides ist speziell zu erschließen, dass die Erstinstanz offensichtlich die Begriffe "Arbeitsverweigerer" und "Selbstherrlichkeit" sowie die Bezeichnung des dortigen Abteilungsleiters ohne irgendwelche Zusätze, sondern nur mit dem Familiennamen als beleidigend aufgefasst hat.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 34 Abs.2 AVG sind Personen, die die Amtshandlung stören oder durch ungeziemendes Benehmen den Anstand verletzen, zu ermahnen; bleibt die Ermahnung erfolglos, so kann ihnen nach vorausgegangener Androhung das Wort entzogen, ihre Entfernung verfügt und ihnen die Bestellung eines Bevollmächtigten aufgetragen werden oder gegen sie eine Ordnungsstrafe bis 726 Euro verhängt werden.

Gemäß § 34 Abs.3 AVG können die gleichen Ordnungsstrafen von der Behörde gegen Personen verhängt, die sich in schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedienen.

Gemäß § 24 VStG ist diese Bestimmung auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden.

 

Der Verwaltungsgerichtshof führt in seiner Entscheidung vom 11. Dezember 1985, Zl. 84/03/0155 unter Hinweis auf den Stammrechtssatz seiner Entscheidung vom 6. November 1950, VwSlg. 1737 A/1950 aus, dass eine "beleidigende Schreibweise" vorliegt, wenn eine Eingabe ein unsachliches Vorbringen enthält, dass in einer Art gehalten ist, die ein ungeziemendes Verhalten gegenüber der Behörde darstellt, hiefür darf nicht vom Wortsinn einer einzelnen Stelle ausgegangen, vielmehr muss auch der sonstige Inhalt der Eingabe berücksichtigt werden.

 

Eine Kritik ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann  gerechtfertigt, wenn sie sich auf die Sache beschränkt, in einer den Mindestanforderungen des Anstandes entsprechenden Form vorgebracht wird und nicht Behauptungen enthält, die einer Beweisführung nicht zugänglich sind (vgl. die Nachweise bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, 353 f, E23 und E 26 zu § 34 AVG). Wer den Boden sachlicher Kritik verlässt und anderen Unfähigkeit, niedrige Gesinnung oder eine sittlich verpönte Vorgangsweise unterstellt, bedient sich einer beleidigenden Schreibweise.

 

Nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates sind die Begriffe "Arbeitsverweigerer" sowie "Selbstherrlichkeit" im Sinne der obigen Ausführungen durchaus als beleidigend einzustufen. Die Namensbezeichnung ohne den Zusatz "Herr" oder eines Titel erfüllt dies im Sinne der  in der Berufung dargestellten Judikatur des Verfassungsgerichtshofes nicht, nämlich dahingehend, dass hier die Behörden im Hinblick auf das Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit nach der neueren Judikatur nicht zu empfindlich sein dürfen.

 

In der mündlichen Berufungsverhandlung hat der Vertreter des Berufungswerbers sein Berufungsvorbringen näher erläutert, woraus für den Unabhängigen Verwaltungssenat ein gewisses angespanntes Verhältnis des Berufungswerbers zur Erstbehörde resultierend aus anderen Verwaltungsverfahren als gegeben angesehen wird. Dies macht es rein subjektiv zumindest zum Teil erklärbar, dass hier der Berufungswerber zu den vorgeworfenen Ausdrücken gegriffen hat, wobei dies zwar nichts an der grundsätzlichen beleidigenden Art ändert, jedoch von der subjektiven Seite her etwas entlastend wirkt. Auch der Umstand, dass es bisher noch zu keinen Ordnungsstrafen gekommen ist, rechtfertigt im Gesamtzusammenhang das nunmehr vorgenommene Abgehen von einer betragsmäßigen Ordnungsstrafe.

 

Dem Berufungswerber muss aber bewusst sein, dass bei fortgesetzter derartiger oder ähnlicher Ausdrucksweise hier in Zukunft zulässigerweise mit entsprechenden in Geld festgesetzten Ordnungsstrafen zu rechnen ist und werden mit der nunmehrigen Entscheidung keinesfalls die beleidigenden Äußerungen gut geheißen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden is teine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Wimmer

 

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