Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166151/2/Br/Sta

Linz, 14.07.2011

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, geb. X, X, vertreten durch RAe X und X, X, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz, vom 19.05.2011, Zl. S 16784/11-1, nach der am 13.07.2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

I.     Die Berufung wird im Schuldspruch mit der Maßgabe bestätigt, dass

        als Zeitpunkt der Verweigerung der Atemluftuntersuchung 10.4.2011, "18:48 Uhr" zu lauten hat.

 

II.   Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren 320 Euro auferlegt.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.   § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 111/2011 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 44a Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 111/2010 – VStG.

Zu II.   § 64 Abs.1 u. 2  VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.600 Euro und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen verhängt, weil er sich am 10.4.2011 um 16:12 Uhr in Linz, X, geweigert habe, sich einer Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt zu unterziehen, obwohl er dazu von einem besonders geschulten und von der Behörde ermächtigten Organ der Straßenaufsicht dazu aufgefordert wurde, nachdem der Verdacht bestand, das Fahrzeug mit dem Kennzeichen X, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Alkoholisierungssymptome: deutlicher Alkoholgeruch aus dem Mund, unsicherer Gang, stark lallende Sprache, starke Rötung der Augen) gelenkt zu haben;

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte in der Begründung des Straferkenntnisses aus wie folgt:

„Der Tatbestand der Ihnen zu Last gelegten Verwaltungsübertretung ist durch die eigene dienstliche Feststellung der einschreitenden Organe, der hierüber vorgelegten Anzeige vom 10.4.2011 und aufgrund des behördlich durchgeführten Ermittlungsverfahrens zweifelsfrei erwiesen.

 

Demnach geht die Behörde von folgendem verfahrensrelevanten Sachverhalt aus:

 

Am 10.4.2011 um 18.15 Uhr teilte Ihre Gattin der PI Ebelsberg telefonisch mit, dass Sie mit Ihrem Fahrzeug in einem vermutlich alkoholisiertem Zustand unterwegs seien. Um 18.40 Uhr teilte Ihre Gattin erneut telefonisch mit, dass Sie gerade nach Hause gekommen seien. Sie ersuchte um eine Kontrolle. Daraufhin wurde eine Funkstreifenbesatzung zu Ihrer Wohnadresse in X, X beordert, wo von der Besatzung um 18.45 Uhr in der Hauseinfahrt der PKW, Kz.: X, vorgefunden werden konnte. Die Motorhaube des Fahrzeuges war noch warm gewesen. Nachdem Ihre Gattin die Haustüre geöffnet hatte, gab sie den Polizeibeamten gegenüber an, Sie in der Zeit von 18.15 Uhr bis 18:30 Uhr eindeutig gesehen zu haben, wie Sie das Fahrzeug lenkten und es in der Hauseinfahrt abstellten. Während einer Befragung konnten die Beamten bei Ihnen Alkoholgeruch aus dem Mund und gerötete Augen feststellen, weshalb Sie zum Alkotest aufgefordert wurden. Sie verweigerten diesen damit, das Fahrzeug nicht gelenkt zu haben. Der Wagen stehe schon 14 Tage in der Hauseinfahrt.

 

Mit Schriftsatz vom 5.5.2011 teilten Sie im Wesentlichen mit, dass sich die Sachlage nun grundsätzlich geändert hätte. Sie verwiesen auf eine eidesstattliche Erklärung Ihrer Gattin, wonach Sie erst zu Hause etwas getrunken hätten. Es hätte überhaupt keinen Grund gegeben, dass Ihre Ehegattin die Polizei verständigt habe. Sie habe infolge eines Streites Rachegelüste gehabt. Richtig sei vielmehr, dass Sie nüchtern mit dem PKW unterwegs gewesen seien. Sie seien um 16.00 Uhr nach Hause gekommen und hätten ab 17.00 Uhr alkoholische Getränke zu sich genommen.

Sie verwiesen auf die ständige Judikatur des VwGH, wonach es der Behörde obliegt, das tatsächliche Lenken im Zuge eines Beweisverfahrens festzustellen. Weiters habe die Aufforderung zum Alkotest nicht den vom VwGH festgelegten Erfordernissen entsprochen, da sich diese nicht alleine auf die die Mitteilung eines Dritten, eine Person lenke ein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand, gründen darf.

Dass die Motorhaube warm war begründe sich darin, dass es mehrere Stunden - je nach Wetterlage - dauern würde bis die Motorhaube vollständig abkühlt. An jenem Tag habe es 25°C gehabt und es habe die Sonne auf das Autoblech geschienen.

 

Zur rechtlichen Lage wird von der entscheidenden Behörde folgendes festgehalten:

 

Gemäß § 5 Abs. 2 StVO sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hierzu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jeder die Amtluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, Inbetriebnehmen oder zu lenken, oder in Betrieb zu nehmen versuchen auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atmluft von Personen,

1)       die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, oder

2)       bei denen der Verdacht besteht, dass Ihr Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, auf Alkoholgehalt zu untersuchen.

Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

 

Gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von € 1600,- bis € 5900,-- im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht.

 

Aus dem klaren Wortlaut des § 5 Abs.2 StVO ergibt sich, dass eine Berechtigung zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt bereits dann besteht, wenn eine Person bloß verdächtig ist, ein Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben. Diese Verdachtsmomente lagen vor und begründeten sich einerseits auf die den Polizeibeamten augrund von zwei telefonischen Anzeigen Ihrer Gattin zur Verfügung stehenden Informationen, wonach Sie alkoholisiert ein Fahrzeug lenken würden. Andererseits auf die zeitnahen Wahrnehmungen der Polizeibeamten vor Ort. Eine warme Motorhaube bei Ihrem Fahrzeug verbunden mit eindeutigen bei Ihnen vorgelegenen Alkoholisierungssymptomen ließen die Vermutung zu, dass Sie ein Fahrzeug in durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt haben.

 

Für die Verpflichtung des Fahrzeuglenkers, seine Atemluft auf Alkohol untersuchen zu lassen, ist nicht entscheidend, ob der Lenker tatsächlich durch Alkohol beeinträchtigt ist, sondern nur der Umstand, ob die Straßenaufsichtsorgane vermuten können, dass sich der Lenker bei der Beanstandung in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet. Im Hinblick auf dieses Tatbestandsmerkmal bedarf es keiner Ermittlungen darüber, ob, wann und in welchem Ausmaß der Lenker vor der Beanstandung tatsächlich Alkohol zu sich genommen hat (Hinweis auf E 21.9.1988, 85/03/0136) VwGH 89/02/0022 28.6.1989.

 

Bereits im Erkenntnis vom 23. Februar 1996, ZI. 95/02/0567, stellte der VwGH klargestellt, dass eine Berechtigung zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt schon dann besteht, wenn eine Person bloß "verdächtig" ist, ein Kfz in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben. Die Weigerung der so "verdächtigten" Person, die Atemluft untersuchen zu lassen, bildet demnach eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 2 StVO, wobei der objektive Tatbestand bereits mit der Weigerung, sich dem Test zu unterziehen, vollendet ist. Es ist rechtlich unerheblich, ob im Zuge des darauffolgenden Verwaltungsstrafverfahrens der Beweis erbracht werden kann, dass der Beschuldigte tatsächlich ein Kfz gelenkt hat. Erst wenn auf Grund einer abgelegten Atemluftprobe eine relevante Alkoholisierung festgestellt wird, obliegt es in der Folge der Behörde, das "tatsächliche" Lenken im Zuge eines Beweisverfahrens festzustellen um dem Beschuldigten dann allenfalls eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1 lit.a iVm § 5 Abs.1 StVO zur Last legen zu können (VwGH 2006/02/0086, 30.04.2007).

 

Für die erkennende Behörde war daher erwiesen, dass Sie der zu Recht erfolgten Aufforderung zum Alkotest nicht nachgekommen sind und daher den Alkotest verweigert haben.

 

Aufgrund der Aktenlage konnte von weiteren Beweiserhebungen Abstand genommen werden.

Festgehalten muss von der Behörde werden, dass es sich gerade bei den Übertretungen der Alkoholbestimmungen überhaupt um die schwersten Übertretungen nach der Straßenverkehrsordnung handelt, welche auch erfahrungsgemäß immer wieder zu Unfällen im Straßenverkehr mit katastrophalen Folgen führen. Es muss daher alleine schon im Interesse der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer und darüber hinaus aus general- und spezialpräventiven Grunde mit einer strengen Bestrafung vorgegangen werden.

 

Bei der Strafbemessung lagen weder mildernde noch erschwerende Umstände vor, weshalb die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf § 19 VStG als angemessen erscheint.

 

Ihre persönlichen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden der Behörde nicht bekannt und mussten daher geschätzt werden. Es wurde der Strafbemessung ein monatliches Nettoeinkommen von ca. € 1.500,-- und kein für die Strafbemessung relevantes Vermögen zugrunde gelegt.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Bei Vorliegen besonders berücksichtigungswürdiger Gründe bleibt es Ihnen unbenommen, bei der Behörde um Gewährung einer Ratenzahlung anzusuchen."

 

 

 

2. Dem tritt der Berufungswerber mit der fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung mit folgenden Ausführungen entgegen:

"In umseitiger Verwaltungsstrafsache wurde das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz, 16784/11 -1, vom 19.05.2011 den ausgewiesenen Vertretern am 23.05.2011 zugestellt.

 

Berufung:

 

Das angefochtene Straferkenntnis wird in vollem Umfang bekämpft.

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis sprach die erkennende Behörde aus, dass sich der Berufungswerber am 10.04.2011 um 16:12 Uhr in X, geweigert hätte, einer Untersuchung der Atemluft (Alkomat) auf Alkoholgehalt zu unterziehen, obwohl dieser von einem besonders geschulten und hiezu von der Behörde ermächtigten Organ der Straßenaufsicht dazu aufgefordert wurde, weil dieser verdächtig gewesen wäre, das Fahrzeug mit dem Kennzeichen X in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Alkoholisierungssymptome: deutlicher Alkoholgeruch aus dem Mund, unsicherer Gang, stark lallende Sprache, starke Rötung der Augen) gelenkt zu haben.

 

Durch das Verhalten des Berufungswerbers sei § 5 Abs. 2 StVO verletzt worden.

 

Der dem Spruch zugrunde liegende Sachverhalt bietet jedoch hiefür keine Grundlage, da die erkennende Behörde völlig verkennt, dass sich aus diesem eine Tatzeit von 10.04.2011, 18:48 Uhr ergibt. Die Anzeigerin X verständigte nach dem festgestellten Sachverhalt um 18:15 Uhr die Polizeiinspektion davon, dass der Berufungswerber mit seinem Fahrzeug vermutlich in alkoholisiertem Zustand unterwegs sei. Sodann ergibt sich weiters, dass diese um 18:40 Uhr erneut bei der Polizeidienststelle anrief und angab, ihr Mann sei gerade nach Hause gekommen. Gegen 18:45 Uhr trafen die Beamten am Tatort ein. Die Amtshandlung wurde um 18:52 Uhr für beendet erklärt. Die angebliche Verweigerung der Messung der Atemluft des Berufungswerbers kann also nur im Zeitraum nach 18.45 Uhr, also nach Eintreffen der Beamten vorgelegen haben.

 

Der Spruch des Straferkenntnisses, wonach der Berufungswerber um 16:12 Uhr die Atemluftuntersuchung verweigert hätte, findet keinerlei Deckung im von der Behörde festgestellten verfahrensrelevanten Sachverhalt und leidet das Verfahren an Rechtsunrichtigkeit und ist daher schon deshalb das Straferkenntnis ohne Weiteres aufzuheben.

 

 

2. Die Behörde verkennt überdies die Rechtlage, wenn sie vermeint, die Berechtigung zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt wäre aufgrund Vorliegens von Verdachtsmomenten, die sich einerseits auf den Informationen der Anzeigerin und andererseits auf die zeitnahen Wahrnehmungen der Polizeibeamten vor Ort ergaben. Wie nunmehr bekannt ist, waren die Angaben der Anzeigerin bewusst unrichtig und verfolgten ausschließlich das Ziel, dem Berufungswerber „eines auszuwischen". Wie bereits in der Stellungnahme dargelegt, wird den Erfordernissen der Rsp (vgl E des VwGH 89/02/0022) nicht Genüge getan, eine Person alleine aufgrund der Mitteilung eines Dritten zum Alkotest aufzufordern, eine Person lenke ein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand. Die Beamten suchten den Tatort ausschließlich aufgrund der Aussagen der Anzeigerin auf, weshalb eben genau der Rechtssatz die Erfordernisse des Alkotestes nicht erfüllt ist.

 

Von einem warmen Autoblech kann noch nicht geschlossen werden, dass das Fahrzeug gerade eben in Betrieb war, insbesondere nicht an einem sehr warmen sonnigen Tag. Aus diesen Gründen lag keine rechtmäßige Aufforderung zur Abgabe eines Alkotestes vor, weshalb dgr Berufungswerber diesen rechtmäßig verweigern durfte.

 

 

3. Dem Berufungswerber wurde darüber hinaus in der Anzeige vom 10.04.2011, AZA2/18979/2011, das Delikt Verweigerung der Atemalkoholuntersuchung gemäß § 5 Abs. 2 i. V.m. § 99 Abs. 1 (lit_a StVO zur Last gelegt.

 

§ 99 Abs.1 lit.a StVO normiert aber eine Verwaltungsübertretung für denjenigen, der ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 mg/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt. Die Inbetriebnahme eines Fahrzeuges im alkoholisierten Zustand wird dem Berufungswerber aber nicht vorgeworfen. Das nunmehrige Straferkenntnis stützt sich aber auf § 99 Abs.1 lit. b, somit entgegen der diesem zugrunde liegenden Anzeige. Somit ist das Verfahren auch in diesem Punkt unschlüssig und rechtsunrichtig.

 

Aus den obgenannten Gründen stellt der Berufungswerber daher den

 

Antrag,

 

die Berufungsbehörde möge das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufheben und das gegen den Berufungswerber geführte Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

 

                         X.“

 

 

 

2.1.  Die Behörde erster Instanz hat aus Anlass der Berufung vom 6.6.2011 mit ihrer Berufungsvorentscheidung vom 14.6.2011 die Tatzeit auf 18:48 Uhr korriegiert.

Der Berufungswerber hat in der Folge am 6.7.2011 fristgerecht einen Vorlageantrag gestellt.

Mit desssen Einlangen tritt die Berufungsvorentscheidung außer Kraft.

Es kann hier dahingestellt bleiben, ob dieses Rechtsinstitut zur Korrektur einer Tatanlastung iSd § 44a Z1 VStG herangezogen werden kann.

Jedenfalls von der Berufungsbehörde über den Inhalt des Straferkenntnisses zu entscheiden und im Rahmen der vollen Tatsachenkognition ist auch der Tatvorwurf zu  korrigieren (vgl. VwGH 16.12.2005, 2005/02/0262).

 

 

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt unverzüglich zur  Berufungsentscheidung vorgelegt; die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates wurde damit begründet. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Eine öffentlichen mündliche Verhandlung war  gemäß § 51e Abs.1 VStG durchzuführen.

Zum Zeitpunkt des Einlangens dieses Verfahrensaktes war  bereits die Berufungsverhandlung zu einer angefochtenen Entscheidung über diverse Anträge im anlassbezogenen Führerscheinentzugsfall (VwSen-522888)  anberaumt, sodass aus verfahrensökonomischen Gründen und im Einvernehmen mit den Parteien dieser Berufungsgegenstand in die Verhandlung einzubeziehen war.

 

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Verlesung der erstinstanzlichen Aktenlage beider Verfahren, sowie die von der Berufungsbehörde durchgeführten Erhebungsergebnisse. Insbesondere  die Einholung einer Stellungnahme seitens der Meldungsleger über die Feststellung des Temperaturzustandes der Motorhaube anlässlich des Einschreitens, sowie die Temperaturverhältnisse im Raum Linz, sowie das Ergebnis der Anfrage bei einer KFZ-Werkstätte (Polizeibericht v. 5.7.2011, Aktenstück 5 u. 6).

Der Berufungswerber wurde als Beschuldigter einvernommen und die Ehefrau, X, als Zeugin geladen. Letztere machte von ihrem Aussageverweigerungsrecht (Entschlagungsrecht) Gebrauch.

Auch ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung teil.

 

 

4. Erwiesener Sachverhalt:

Der Berufungswerber lenkte seinen Pkw mit dem Kennzeichen X am 10.4.2011 gegen 18:40 Uhr zu seinem Haus in X. Dort stellte er den Pkw in der Hauseinfahrt ab und begab sich ins Haus. Bereits um 18:15 Uhr  und abermals um 18:40  hatte seine Ehefrau bei der Polizei angerufen, dass ihr Ehemann (der Berufungswerber) in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit dem Auto heimkommen würde bzw. dieser um 18:40 Uhr er gerade heimgekommen sei.

Als um 18:45 Uhr die Polizeibeamten RI X u. RI X beim Haus eintrafen, wurde von diesen vorerst das Auto mit offenem Seitenfenster, warmer Motorhaube und den auf dem Beifahrersitz liegenden Fahrzeugschlüsseln festgestellt.

Der sichtlich einen alkoholisierten Eindruck machende Berufungswerber wurde mit dem Verdacht des Lenkens in diesem Zustand konfrontiert und zum Alkotest aufgefordert. Diesen verweigerte er im Ergebnis mit dem Hinweis, er sei nicht gefahren und das Auto würde schon vierzehn Tage dort stehen. Auf Vorhalt der warmen Motorhaube meinte er ausweichend es wäre ihm alles egal.

 

 

4.1. Die nunmehr im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens mit einer von der Ehefrau unterfertigten "Eidesstättigen Erklärung" vorgetragene Verantwortung, wonach er bereits um 16:00 Uhr nach Hause gekommen wäre und erst zu Hause getrunken hätte, konnte nicht gefolgt werden. Dazu ist eingangs zu vermerken, dass auf die mit 10.5.2011 datierte Erklärung – wie immer diese zustande gekommen sein mag – bereits in der vom Rechtsvertreter an die Behörde erster Instanz adressierte Stellungnahme vom 5.5.2011 (AS 9) zitiert ist und offenbar dem Schriftsatz auch beigefügt wurde (AS 10).

Darüber hinaus lässt sich diese Erklärung auch sachlich nicht nachvollziehen. So bleibt als unlösbarer Widerspruch zur nunmehrigen Darstellung, dass doch das Auto um 18:45 Uhr mit noch warmer Motorhaube, offenem Fenster und darin liegenden Fahrzeugschlüsseln vor dem Haus festgestellt wurde.

Die  Motorhaube könnte nach fast drei Stunden bei einer Tagestemerperatur von deutlich unter 20 Grad/C sich  wohl kaum mehr warum angefühlt haben. Auch die Sonneneinstrahlung hätte wohl zu dieser Jahres- u. Tageszeit, insbesondere auf der hellen Lackfarbe keinen derart wärmenden Effekt herbeizuführen vermocht.

Darüber hinaus wäre es schlichtweg unerfindlich, dass die im bevorstehenden Ehescheidungsverfahren "angeblich rachsüchtige" Ehefrau ursprünglich die Polizei wahrheitswidrig verständigt hätte, wenn sie sich des "Erfolges" wohl nicht wirklich hätte sicher sein können. Lebensfremd mutet es darüber hinaus an, warum der Berufungswerber nicht sogleich erklärt hätte, dass er bereits seit fast drei Stunden zu Hause sei. Auch den Vorhalt der warmen Motorhabe blieb er anlässlich der Amtshandlung schuldig.  Dass die Aufforderin die erst vier Wochen nach der Anzeige vorgelegte Erklärung – im Falle einer tatsächlich aus einem Affekt heraus  wahrheitswidrigen Anzeige – wohl ehest vorgelegt wurde, ist hier wohl ebenfalls nicht zu übersehen.

Die Berufungsbehörde folgt daher ihrer ersten Darstellung betreffend das Lenken gegen 18:30 Uhr, wobei für die Rechtmäßigkeit einer Aufforderung zur Atemluftuntersuchung ohnedies alleine die bloße Verdachtslage ausreicht. Das etwa auch diese nicht begründet gewesen wäre, behauptete der Berufungswerber im Rahmen des Berufungsverfahrens selbst nicht ernsthaft.

Im Führerscheinverfahren wäre wohl die Beweisführung seitens des Betroffenen "durch Alkoholbeeinträchtigung nicht gelenkt zu haben" entscheidungswesentlich. Aber auch dafür war für ihn mit der Eidesstättigen Erklärung nichts zu gewinnen, weil deren Inhalt einfach nicht glaubwürdig war.

Letztlich entschlug sich die Anzeigerin diesbezüglich als Ehefrau der Zeugenaussage.

 

 

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand 

1. ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder …..

Nach § 99 Abs.1 lit. b begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1.600 Euro bis 5.900 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht, Grundsätzlich ist zur Verweigerung auszuführen, dass es der ständigen Rechtsprechung zu § 5 Abs.2 zweiter Satz StVO entspricht, dass der bloße "Verdacht", der Aufgeforderte habe ein Fahrzeug in alkoholisiertem Zustand gelenkt, zur Rechtsmäßigkeit einer Aufforderung ausreicht (vgl. etwa das Erkenntnis vom 21. Oktober 2005, Zl. 2004/02/0086, mwN).

Der Verdacht muss sich demnach einerseits auf die Alkoholisierung und andererseits auf das Lenken eines Fahrzeuges in alkoholisiertem Zustand beziehen (VwGH 20.3.2009, 2008/02/0035).

 

 

5.1. Die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt betreffend die Aufforderung zur Atemluftuntersuchung und deren Verweigerung ferner auf ein "situationsbezogenes Verhalten" eines Probanden ab ([gemeint einen Rückschluss auf eine Verweigerung zulassendes Verhalten] VwGH 23.7.2004, 2004/02/0215 mit Hinweis auf VwGH 30.1.2004, 2003/02/0223).

Letztlich folgt der Judikatur im Ergebnis, dass es im Fall des § 5 Abs.2 zweiter Satz StVO nur darum gehe, ob zutreffend ein Verdacht  vorlag, ein Beschwerdeführer habe zu einer bestimmten Zeit sein Auto in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt, worüber keine direkten Wahrnehmungen vorliegen müssen (Hinweis auf VwGH 21.10.2005, Zl. 2004/02/0086, VwGH 21.9.2006, Zl. 2006/02/0163, VwGH 12.10.2007, 2007/02/0286 und VwGH 23. 5.2002, Zl. 2002/03/0041).

Das mit dem von der Ehegattin des Berufungswerbers ausgesprochenen Verdacht anlässlich ihrer Beorderung der Polizei in Verbindung mit dem von den einschreitenden Organen einerseits betreffend den Zustand des PKW und andererseits vom Berufungswerber gewonnenen Eindrucks, dessen von ihm selbst nicht bestrittene augenscheinliche Alkoholisierung, eine entsprechende Verdachtslage begründet und die Aufforderung zur Atemluftuntersuchung demnach rechtens war, ist wohl evident.

Die in der Berufung vertretene Rechtsmeinung über eine nicht ausreichende Verdachtslage ist schon deshalb verfehlt, weil diese aus der ex ante Sicht der einschreitenden Beamten zu beurteilen ist. Die Verdachtslage des Lenkens hätte vor dem Hintergrund der oben festgestellten Fakten vor Ort wohl dichter nicht sein können. Dies bestätigte sich letztlich auch im Rahmen des Berufungsverfahrens, wobei  selbst der Berufungswerber im Rahmen der Berufungsverhandlung seine in der Berufung vertretene Rechtsmeinung  nicht aurecht zu erhalten schien.

Es handelt sich ferner um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs.1 VStG, bei dem vom Verschulden des Täters auszugehen ist, wenn dieser nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

 

5.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat als Berufungsbehörde war verpflichtet, die Tatzeit betreffend die Alkotestverweigerung richtig und eine entsprechende Spruchkorrektur nach § 44a Z1 u. Z2 VStG vorzunehmen (vgl. VwGH v. 25.2.2005, 2002/02/0216-12). Dies ist einerseits angesichts der  noch offenen Verfolgungsverjährungs­frist unproblematisch, wobei selbst in der Richtigstellung anlässlich der Berufungsvorentscheidung eine taugliche Verfolgungshandlung gesehen werden müsste.

Das sich in diesem Punkt als zutreffend erweisende Berufungsvorbringen vermag dem Berufungswerber ebenso wenig nicht zum Erfolg verhelfen, wie der zutreffende Hinweis der in der Meldung verfehlt zitierten  Rechtsnorm des § 99 Abs.1 lit.a anstatt lit. b StVO.

 

 

6. Zur Strafzumessung:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Hier wurde durchaus zu Recht die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe verhängt.

Die Anwendung des § 21 oder des § 20 VStG scheidet hier ex lege aus.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen  Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen  ab der  Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220,00 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

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