Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522888/8/Br/Th

Linz, 20.07.2011

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, geb. X, X, vertreten durch RAe X und X, X, X, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz, vom 31.5.2011, AZ: FE-467/2011, Nsch-123/2011 – Zurückweisung der Vorstellung, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Wiederaufnahmeantrag  -  nach der am 13.7.2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

Die Berufung gegen die Zurückweisung der Vorstellung als verspätet, wird als unbegründet

abgewiesen;

die Berufung gegen die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages wird als unbegründet

abgewiesen;

ebenso wird die Berufung gegen die Abweisung des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens als unbegründet

abgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 71 Abs.1 u. 69 Abs.1 und § 57 Abs.2 AVG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid hat die Bundespolizeidirektion Linz dem Berufungswerber

1.) dessen Vorstellung vom 23.05.2011 gegen den Mandatsbescheid der BPD Linz vom 12.04.2011 als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

2.) dessen Antrag vom 23.05.2011 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nach § 71 Abs. 1 AVG als unbegründet abgewiesen und

3.) seinen Antrag vom 23.05.2011 auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird gemäß § 69 Abs.1 AVG 1991 als unbegründet abgewiesen.

 

 

2. Begründend führte die Behörde erster Instanz aus wie folgt:

" Zu1.)

Aufgrund der Anzeige der Polizeiinspektion Ebelsberg vom 10.04.2011 wurde seitens der Behörde ein Mandatsbescheid über die Entziehung der Lenkberechtigung samt begleitenden Maßnahmen erlassen. Laut Postrückschein des diesbezüglichen RSa-Briefes erfolgte ein erster Zustellversuch am 14.04.2011 Dabei wurde die Verständigung über die Hinterlegung laut Rückschein in den Briefkasten eingelegt. Der Beginn der Abholfrist wurde am Rück­schein mit 15.04.2011 vermerkt. Mit 03.05.2011 wurde seitens des Zustellpostamtes die ge­genständliche RSA-Briefsendung an die Behörde als nicht behoben retour geschickt.

Nunmehr wurde mit Schreiben vom 23.05.2011, eingelangt am selben Tag, das Rechtsmittel der Vorstellung erhoben, wobei zur diesbezüglichen Rechtzeitigkeit ausgeführt wurde, dass der Einschreiters die Hinterlegungsanzeige („gelber Zettel") nie erhalten hätte. Dazu wurde ausgeführt, dass es sich beim Postkasten des Einschreiters um eine derartige Ausführung handle, die einerseits einen verschließbaren Postteil und zusätzlich eine sogenannte „Zei­tungsrolle" also ein von beiden Seiten geöffnetes Behältnis aufweisen würde. Der Briefkas­ten wäre direkt an der Grundgrenze zur Straße hin situiert. Dies würde bedeuten, dass Pas­santen faktisch die Möglichkeit hätten, die Post aus der Zeitungsrolle zu entnehmen, ande­rerseits wäre es durch die beidseitige Öffnung der Zeitungsrolle auch denkbar, dass bei star­kem Wind, wie im Monat April durchaus häufig, einzelne Poststücke von einem Windstoß vertragen werden würden. Der zuständige Zusteller würde die Post in die Zeitungsrolle ein­legen, was bisher keine Zustellprobleme verursacht hätte. Ein nicht korrekter Einwurf der Hinterlegungsanzeige durch den Zusteller würde nicht im Einflussbereich des Einschreiters liegen. Es wäre somit leicht möglich, dass die Post entweder von einer unbefugten Person entnommen oder aber von einer Windböe verweht worden wäre. Fakt wäre, dass der Einschreiter die Hinterlegungsanzeige nicht erhalten hätte. Diesbezüglich wurde die Einver­nahme des Postzustellers beantragt.

Nach Auskunft der Behörde wäre der Einschreiter telefonisch am 09.05.2011 über die ver­gebliche Bescheidzustellung und in groben Zügen über den Bescheidinhalt informiert wor­den. Mit diesem Zeitpunkt wäre das Hindernis weggefallen. Der Bescheid wäre dem ausge­wiesenen Parteienvertreter am 18.05.2011 tatsächlich zur Kenntnis gebracht worden und daher die wirksame Zustellung erst mit diesem Datum erfolgt. Sohin wäre das gegenständli­che Rechtsmittel rechtzeitig.

Gem. § 57 Abs.2 AVG kann gegen einen erlassenen Mandatsbescheid binnen 2 Wochen das Rechtsmittel der Vorstellung erhoben werden.

 

§17 Zustellgesetz lautet:

(1)   Kann die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2)   Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach) ein­zulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der

Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinter­legung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Die hinterlegte Sendung ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der
Lauf der Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereit-
gehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag der Frist als zugestellt.

Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Ver­treter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestellte nicht recht­zeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die
im Abs. 2 oder die im § 21 Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt
wurde.

 

Nach der Aktenlage wurde im Sinne der zitierten Bestimmungen des § 17 Zustellgesetzes der gegenständliche Mandatsbescheid durch Hinterlegung am 15.04.2011 zugestellt. Dem­nach endete die zweiwöchige Rechtsmittelfrist mit Ablauf des 29.04.2011. Die gegenständli­che Vorstellung wurde jedoch erst mit 23.05.2011 eingebracht und ist demnach verspätet. Zur Rechtmäßigkeit des Zustellvorganges ist folgendes festzustellen: Es ist davon auszuge­hen, dass der Antragsteller während des Hinterlegungszeitraumes von der Abgabestelle nicht dauernd ortsabwesend war. Diesbezüglich gibt es einen Aktenvermerk vom 09.05.2011, demzufolge der Antragsteller anlässlich eines Telefonates mit der Behörde an­gegeben hat, dass er die Abgabestelle Linz, Mauhartstraße 10 in den letzten Wochen nicht verlassen hat. Der zeugenschaftlichen Aussage der Ehefrau des Antragstellers vom 18.05.2011 bei der erkennenden Behörde, ist zu entnehmen, dass auch nach Wissen der Zeugin der Antragsteller die letzten Wochen die Abgabestelle nicht verlassen und somit re­gelmäßig anwesend war.

Im Übrigen gibt es diesbezüglich auch keine gegenteiligen Angaben des Antragstellers. Die gegenständliche Briefsendung konnte somit im Sinne des § 17 Zustellgesetztes durch Hin­terlegung beim Zustellpostamt zugestellt werden. Hinsichtlich der Rechtsmäßigkeit des Zu­stellvorganges ist weiters anzuführen, dass es diesbezüglich einen unbedenklichen Post­rückschein gibt, welchem zweifelsfrei zu entnehmen ist, dass das Zustellorgan die Bestim­mungen des Zustellgesetzes eingehalten hat. Bei einem Postrückschein im Sinne des § 22 Zustellgesetz handelt es sich nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes um eine öffentliche Urkunde, die nach § 47 AVG in Verbindung mit § 292 ZPO die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich hat. Hinsichtlich der Behauptungen über das Abhandenkommen der Hinterlegungsanzeige wird ausdrücklich auf die Bestim­mung des § 17 Abs. 4 Zustellgesetz verwiesen, der zufolge die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung auch dann gültig ist, wenn die im Absatz 2 genannte Verständi­gung beschädigt oder entfernt wurde.

Aufgrund dieser Erwägungen wurde somit der gegenständliche Mandatsbescheid durch Hin­terlegung rechtmäßig am 15.04.2011 zugestellt. Demnach ist die nunmehr erhobene Vorstel­lung als verspätet zurückzuweisen.

 

zu 2.)

§ 71 AVG lautet:

(1) Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag
der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

1.      die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendba­res Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten, oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder

2.      die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbe­lehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechts­mittel zulässig sei.

(2)     Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Beru­fung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

(3)     Im Falle der Versäumung einer Frist hat die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen.

(4)     Zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist die Behörde berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war oder die die versäumte Verhandlung an­geordnet oder die unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt hat.

(5)     Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages findet keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand statt.

(6)     Die Behörde kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung aufschiebende Wirkung zuerken­nen. „Ein unabhängiger Verwaltungssenat hat durch Einzelmitglieder zu entscheiden."

(7)     Der Wiedereinsetzungsantrag kann nicht auf Umstände gestützt werden, die die Behör­de schon früher für unzureichend befunden hat, um die Verlängerung der versäumten Frist oder die Verlegung der versäumten Verhandlung zu bewilligen.

Der Wiedereinsetzungsantrag ist inhaltlich wie der zuvor geschilderte Sachverhalt über den Ablauf der Zustellung begründet Die Sachverhaltsdarstellung hinsichtlich des behaupteten Abhandenkommens der Hinterlegungsanzeige erschöpft sich lediglich in vagen Vermutun­gen. Diesbezüglich wird im Antrag lediglich die Behauptung aufgestellt, dass es möglich wä­re, dass die Post entweder von einer unbefugten Person entnommen, oder aber von einer Windböe vertragen wurde.

„Glaubhaftmachung" im Sinne der Bestimmung des § 71 Abs. 1 Zi. 1 AVG bedeutet aber, das Ereignis als wahrscheinlich darzutun, wodurch zum Ausdruck gelangen soll, dass es Sache des Antragstellers ist, das Vorliegen des Wiedereinsetzungsgrundes nicht nur zu be­haupten, sondern die Behörde auch davon zu überzeugen, dass seine Behauptungen wahr­scheinlich den Tatsachen entsprechen. Dies ist im vorliegenden Fall jedoch nicht gelungen.

 

zu 3.)

§ 69 AVG lautet:

(1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen
Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht
mehr zulässig ist und:

1.     der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist oder

2.     neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschul­den      der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spru­ches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder

3.     der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde.

 

(2)   Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schrift­lichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jah­ren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(3)   Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 2 1 stattfinden.

(4) Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, wenn jedoch in der betreffenden Sache ein unabhängiger Verwaltungssenat entschieden hat, diesem.

 

Zum Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs. 1 Zi. 1 AVG müssen folgende wesentliche Vor­aussetzungen vorliegen:

Objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung, ein Kausalitätszusammenhang zwischen der unrichtigen Angabe der Partei und dem Entscheidungswillen der Behörde und die Irreführungsabsicht der Partei, nämlich eine Behauptung wider besseren Wissens, in der Absicht, daraus einen Vorteil zu erlangen.

Die wesentlichen Voraussetzungen sind für den behaupteten Wiederaufnahmegrund jedoch nicht gegeben, zumal keine Person mit Parteistellung ein falsches Zeugnis abgelegt hat bzw. aus dem erlassenen Mandatsbescheid auch kein Vorteil erlangt wurde.

 

Ebenso handelt es sich bei Ihrer nunmehrigen Behauptung, dass Ihre Ehefrau am 10.04.2011 gegenüber den einschreitenden Polizeibeamten wissentlich falsche Aussagen gemacht hätte, nicht um neue Tatsachen und Beweismittel im Sinne des § 69 Abs. 1 Zi. 1 AVG, da diese nicht erst nach rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens bekannt wurden, sondern vielmehr dem Antragsteller von Anfang an bekannt gewesen sein mussten, weshalb der gegenständliche Antrag abzuweisen war."

 

 

 

2. Dagegen wendet sich der ausgewiesene Rechtsvertreter mit seiner fristgerecht erhobenen Berufungsausführung:

"In umseits bezeichneter Rechtssache erhebt der Berufungswerber gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 31.05.2011, AZ: FE-467/2011, Nsch-123/2011, seinen ausgewiesenen Vertretern zugestellt am 06.06.2011, binnen offener Frist nachstehende

 

Berufung:

 

Der obgenannte Bescheid wird vollumfänglich bekämpft, also insofern, als die angerufene Behörde die Vorstellung des Berufungswerbers vom 23.05.2011 gegen den Mandantsbescheid der BPD Linz vom 12.04.2011 als verspätet zurückgewiesen sowie dessen Antrag vom 23.05.2011 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 69 Abs 1 AVG als unbegründet abgewiesen hat.

 

1. Zur Zustellung und zur Wiedereinsetzung

 

Rechtsirrig geht die erkennende Behörde davon aus, dass gegenständlicher Mandatsbescheid vom 12.04.2011 dem Berufungswerber gültig zugestellt wurde. Dabei lässt sie außer Acht, dass der Postzusteller die Hinterlegungsanzeige nicht korrekt iSd Bestimmungen des Zustellgesetzes zustellte, wonach bei Vorhandenseins eines Briefkasten die Verständigung (nur) in diesen einzulegen ist. Der Zusteller legte die Verständigung nicht in den Briefkasten ein.

 

Der Berufungswerber hat die Hinterlegungsanzeige jedenfalls nicht erhalten.

 

Bei einem Postrückschein im Sinne des § 22 ZustellG handelt es sich zwar um eine öffentliche Urkunde, die die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich hat. Dabei übersieht die Behörde jedoch, dass diese Vermutung durch Beweis des Gegenteils widerlegt werden kann. Zum Beweis dafür, dass der Zustellvorgang durch den Postzusteller nicht richtig durchgeführt wurde, beantragte der Berufungswerber die Einvernahme des Postzustellers. Diese Einvernahme hat die Behörde unterlassen und es liegt deshalb ein Verfahrensmangel vor.

 

Selbst wenn man aber davon ausginge - was ausdrücklich bestritten wird - dass die Hinterlegungsanzeige korrekt zugestellt wurde, so läge jedenfalls ein Wiedereinsetzungsgrund iSd § 71 AVG vor.

 

Die Wiedereinsetzung ist zu bewilligen, wenn die Partei durch ein unvorhergesehenes oder durch ein unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten, wobei als Ereignis jedes Geschehen anzusehen ist. Dabei genügen sogar innere Vorgänge wie zB ein Irrtum oder bloßes Vergessen (VwSlg 13.353 A/1991; VwGH 24.2.1992, 91/10/0251).


 

Unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, wenn die Partei es tatsächlich nicht einberechnet hat und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme von zumutbarer Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht erwarten konnte; unabwendbar, wenn sein Eintritt objektiv von einem Durchschnittsmenschen nicht verhindert werden kann (vgl Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4, 388).

 

Der Zustellvorgang durch den Postzusteller liegt gänzlich außerhalb des Einflussbereiches des Berufungswerbers und konnte von diesem nicht verhindert werden, weshalb ein unabwendbares Ereignis vorliegt.

 

Die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand setzt weiters voraus, dass den Antragsteller an der Versäumung der Prozesshandlung kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens, also nur leichte Fahrlässigkeit trifft.

 

Sind die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, ist dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattzugeben.

 

Wenn die erkennende Behörde vermeint, der Berufungswerber erschöpfe sich in seiner Sachverhaltsdarstellung lediglich in vagen Vermutungen, so ist dies gänzlich unrichtig:

 

Der Berufungswerber hat deutlich dargelegt, dass er die Hinterlegungsanzeige nicht erhalten hat. Es liegt ein von vornherein nicht korrekter Zustellvorgang durch den Postbeamten vor, weshalb die Behörde rechtsirrig § 17 (4) ZustellG heranzieht. Zum Beweis hiefür beantragte der Berufungswerber die Einvernahme des Postzustellers. Dies hat die Behörde unterlassen.

 

Selbst für den Fall, dass die Hinterlegungsanzeige korrekt hinterlegt worden wäre, ist dennoch Tatsache, dass der Berufungswerber die Verständigung nicht erhalten hat, was der Berufungswerber sehr wohl glaubhaft gemacht hat.

 

Der Berufungswerber ist Geschäftsmann und ganztägig außer Haus beschäftigt. Die Post von seiner Ehegattin entnommen, im Haus gesichtet und Schriftstücke für den Berufungswerber auf einen Stoß gelegt. Diesen Stoß sieht der Berufungswerber täglich durch. Die Ehegattin erledigt dies bereits seit vielen Jahren, und zwar bislang klaglos und es kam bislang zu keinen Zustellproblemen. Allerdings zeigt sich, dass die Post in dieser Form zunächst von einer dritten Person übernommen wird, wodurch sich ein zusätzlicher Manipulationsvorgang und durchaus eine Fehlerquelle ergibt.

 

Überdies ist folgender Umstand zu beachten. Die Post wird vom Zusteller grundsätzlich in die Zeitungsrolle eingelegt. Es handelt sich um ein für Dritte zugängliches, ungeschütztes Behältnis, das auch nicht verschließbar ist. Dieses Behältnis trägt an sich den Anforderungen zur Entgegennahme von Schriftstücken Rechnung, es schließt allerdings allfällige „Fehlfunktionen" nicht aus. So ist es wie erwähnt für Dritte zugänglich; außerdem ist es den Witterungsverhältnissen - insbesondere dem Wind - ausgesetzt.

Die Post - und damit die Hinterlegungsanzeige - wurde - sofern vom Zusteller dort deponiert - mit Sicherheit entweder von dritten Personen aus der Zeitungsrolle entnommen oder vom Wind vertragen; letzteres war in seltenen Fällen bereits zu beobachten, ohne dass es dadurch jedoch bislang zu Zustellproblemen gekommen war, weshalb grundsätzlich kein Anlass dafür bestanden hatte, das Behältnis auszutauschen.

 

Die Hinterlegungsanzeige war jedenfalls nicht in der Zeitungsrolle und bei der Post.

 

Beweis: X; Einvernahme des Postzustellers; Ortsaugenschein; PV.

 

Aus diesem Grund erweist sich die Vorstellung grundsätzlich als fristgerecht; jedenfalls hat die Behörde dem Wiedereinsetzungsantrag Folge zu geben.

 

2. Zur Wiederaufnahme

Rechtsirrig geht die Behörde davon aus, dass kein Wiederaufnahmegrund vorliegt, da nicht die Partei selbst, sondern ein Dritter, nämlich dessen Ehefrau, falsches Zeugnis ablegte. Diese Rechtsansicht ist verfehlt.

 

Nach § 69 Abs 1 Z 1 AVG ist die Wiederaufnahme des Verfahrens dann möglich, wenn der Bescheid durch zB falsches Zeugnis herbeigeführt worden ist. Dieser Umstand muss nicht durch gerichtliche Verurteilung erwiesen worden sein.

 

Die Behörde verwechselt in ihrer rechtlichen Würdigung zwei verschiedene Tatbestände:

a)   einerseits das abgelegte falsche Zeugnis (das auch von einem Dritten abgegeben werden kann) und

b)   andererseits die Erschleichung, welches ein vorsätzliches Verhalten (der Partei) zum Zwecke der Erlangung eines Vorteils für sich selbst voraussetzt (vgl bloß Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4, 372).

Der Berufungswerber hat klargelegt, dass die Anzeige - und darauf basierend der erlassene Mandatsbescheid - ausschließlich auf der vorsätzlich unrichtigen Anzeige seiner Ehegattin beruht, was diese mittels eidesstättiger Erklärung richtig stellte.

 

Liegt auch nur einer der in § 69 Abs.1 Z1 u 3 AVG angeführten absoluten Wiederaufnahmegründe vor, hat die Behörde das Verfahren jedenfalls wiederaufzunehmen (vgl Hengstschläger, aaO, 374).

Daraus ergibt sich, dass dem Wiedereinsetzungsantrag ebenfalls in jedem Fall Folge zu geben ist.

 

3. Antrag

Der Berufungswerber stellt daher den

 

ANTRAG,

 

die Berufungsbehörde möge nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung den angefochtenen Bescheid, mit welchem die Vorstellung als verspätet zurückgewiesen wird, aufheben; in eventu wolle der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert werden, dass dem Wiedereinsetzungsantrag sowie dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens Folge geben werde.

 

 

X."

 

 

3. Der Berufungsakt wurde von der Behörde erster Instanz dem Oö. Verwaltungssenat vorgelegt. Demnach ist dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 67a Abs.1 2.Satz AVG).

Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung schien zur Erörterung des Berufungsvorbringens mit Blick auf § 67d Abs.1 AVG geboten.  Diesem Verfahren wurde die später zur Vorlage gelangende Verwaltungsstrafsache - betreffend die in diesem Sachzusammenhang begangene Alkotestverweigerung - einbezogen (h.GZ: VwSen-166151).

Auch ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung teil.

 

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Verlesung der erstinstanzlichen Aktenlage beider Verfahren, sowie die von der Berufungsbehörde erwirkten Erhebungsergebnisse. Im Administrativverfahren die Einholung einer Stellungnahme des Postzustellers über dessen Hinterlegung des Verständigungszettels betreffend den Mandatsbescheid,  die Beischaffung von Fotos über die Anordnung des Postkastens und der Zeitungsrolle beim Haus des Berufungswerbers  (Bericht v. 11.7.2011 u. ON 4).

Der Berufungswerber wurde als Beschuldiger einvernommen und die Ehefrau, X als Zeugin zur Frage der Postzustellungspraxis befragt.

 

 

 

3.2. Feststellungen zur Frage der Zustellung des Mandatsbescheides:

Der im Ergebnis hier von der Zurückweisung betroffene berufungsgegenständliche Mandatsbescheid, der ab 15.4.2011 beim Postamt X zur Abholung bereit gehalten wurde, langte am 3.5.2011 als "nicht behoben" an die Behörde erster Instanz zurück.

Am 5.5.2011 wurde seitens der Behörde erster Instanz (als Führerscheinbehörde unter der Aktenzahl: FE 467/2011) eine Melderegisteranfrage durchgeführt. Die Behörde wertete demnach die Sendung als "zugestellt" (Vermerk auf AS 17).

Wie laut Aktenvermerk auf Seite 25 hervorgeht, wurde der Berufungswerber bereits vom Vertreter der Behörde erster Instanz am 9.5.2011 zur Nichtbehebung des Mandatsbescheides an der Adresse X befragt. Der Berufungswerber bestätigten seinen damaligen Aufenthalt an der genannten Adresse, stellte jedoch das Vorfinden eines Verständigungszettels im Hausbrieffach in Abrede. Seiner Meinung, so der Berufungswerber bei der Befragung durch den Vertreter der Behörde erster Instanz, könnte der Verständigungszettel mit einem Stapel von Prospekten untergegangen sein. Andernfalls hätte er den Bescheid behoben.

Es wurde in der Folge neuerlich um Zustellung der Sendung an seinen Rechtsvertreter ersucht.

Der Rechtsvertreterschaft wurde am 11.5.2011 die bescheidmäßige Anordnung an den Berufungswerber zur Abgabe des Führerscheins binnen drei Tagen, bei gleichzeitiger Androhung einer Geldstrafe von 363 Euro für den Fall der Nichtbefolgung, zugestellt.

Der durch Hinterlegung dem Berufungswerber bereits zugestellt gewesene Bescheid wurde dem Rechtsvertreter mit FAX vom 18.5.2011 15:16 Uhr zur Kenntnis gebracht.

Laut Aktenseite 20 war der Rechtsvertreter in dem in dieser Sache parallel  laufenden und unter der Geschäftszahl S 16.784/11 protokollierten Verwaltungsstrafsache, im Wege des Ladungsbescheides vom 13.4.2011, jedenfalls schon am 27.4.2011 über den Verfahrensgegenstand an sich in Kenntnis. Am zuletzt angeführten Datum nahm nämlich eine Vertreterin der einschreitenden Rechtsanwaltskanzlei bei der Behörde erster Instanz Akteneinsicht. Dies war noch binnen der offenen Vorstellungsfrist. 

 

Wie anlässlich der Berufungsverhandlung seitens des Berufungswerbers dargelegt, habe man sich zu diesem Zeitpunkt nicht veranlasst gesehen bei der Behörde über den Stand eines allfälligen Führerschein(entzugs)verfahrens zu recherchieren. Man sei davon ausgegangen es würde in nächster Zeit diesbezüglich etwas zugestellt werden.

Erst im Zuge der Zustellung der Anordnung vom 11.5.2011 (zur unverzüglichen Ablieferung des Führerscheins und Androhung einer Geldstrafe bei Nichtbefolgung), zugestellt an die Rechtsvertreterschaft des Berufungswerbers am 13.5.2011, wurde der Berufungswerber durch dessen Rechtsvertreter erstmals durch Übermittlung eines  FAX vom 18.5.2011 auch im Führerscheinverfahren aktiv. 

 

 

3.2.1. Was die Zustellung anlangt geht die Berufungsbehörde von einem rechtswirksamen Zustellvorgang aus. Aus der Sicht der Berufungsbehörde gibt es an der Darstellung des Zustellers, die Hinterlegungsanzeige in den "Briefkasten" eingelegt zu haben keinen sachlichen Grund für Zweifel.

Eine Ortsabwesenheit in der Zeitspanne der Hinterlegung wird im Rahmen des Verfahrens selbst vom Berufungswerber nie behauptet.

Der Berufungswerber selbst schloss im Rahmen eines Telefongespräches mit dem Vertreter der Behörde erster Instanz  am 9.5.2011 "ein Untergehen des Verständigungszettels in Prospekten" nicht aus (AS 25).

Auch die diesbezügliche Zeugenaussage der Ehefrau des Berufungswerbers im Rahmen der Berufungsverhandlung lässt hier keine Anhaltspunkte für eine Fehlleistung im Zustellvorgang erkennen.

Da letztlich der Berufungswerber vor dem Hintergrund dieser Amtshandlung wohl mit behördlichen Zustellungen zumindest rechnen musste, ist ihm darüber hinaus auch eine einer Wiedereinsetzung entgegen stehende Sorglosigkeit vorzuwerfen.

 

 

4. Feststellungen in der Sache selbst:

Der Berufungswerber lenkte seinen Pkw mit dem Kennzeichen X am 10.4.2011 gegen 18:40 Uhr zu seinem Haus in X. Dort stellte er den Pkw in der Hauseinfahrt ab und begab sich ins Haus. Bereits um 18:15 Uhr  und abermals um 18:40  hatte seine Ehefrau bei der Polizei angerufen, dass ihr Ehemann (der Berufungswerber) in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit dem Auto heimkommen würde, bzw. dieser um 18:40 Uhr gerade heimgekommen sei.

Als um 18:45 Uhr die Polizeibeamten RI X u. RI X beim Haus eintrafen, wurde von diesen vorerst das Auto mit offenen Seitenfenster, warmer Motorhaube und den auf dem Beifahrersitz liegenden Fahrzeugschlüsseln festgestellt.

Der sichtlich einen alkolisierten Eindruck machende Berufungswerber wurde mit dem Verdacht des Lenkens in diesem Zustand konfrontiert und zum Alkotest aufgefordert. Diesen verweigerte er im Ergebnis mit dem Hinweis, er sei nicht gefahren und das Auto würde schon vierzehn Tage dort stehen. Auf Vorhalt der warmen Motorhaube meinte er ausweichend es wäre ihm alles egal.

 

 

4.1. Die nunmehr im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens, insbesondere mit einer von der Ehefrau unterfertigten "Eidesstättigen Erklärung" vorgetragene Verantwortung, wonach er bereits um 16:00 Uhr nach Hause gekommen wäre und erst zu Hause getrunken hätte, konnte nicht gefolgt werden. Dazu ist eingangs zu vermerken, dass auf die mit 10.5.2011 datierte Erklärung – wie immer diese zustande gekommen sein mag – bereits in der vom Rechtsvertreter an die Behörde erster Instanz adressierte Stellungnahme vom 5.5.2011 (AS 9) zitiert ist und offenbar dem Schriftsatz auch beigefügt wurde (AS 10).

Darüber hinaus lässt sich diese Erklärung auch sachlich nicht nachvollziehen. So bleibt als unlösbarer Widerspruch zur nunmehrigen Darstellung, dass doch das Auto um 18:45 Uhr mit noch warmer Motorhaube, offenem Fenster und darin liegenden Fahrzeugschlüsseln vor dem Haus festgestellt wurde.

Die  Motorhaube könnte nach fast drei Stunden bei einer Tagestemerperatur von deutlich unter 20 Grad/C sich  wohl kaum mehr warum angefühlt haben. Auch die Sonneneinstrahlung hätte wohl zu dieser Jahres- u. Tageszeit, insbesondere auf der hellen Lackfarbe keinen derart wärmenden Effekt herbeizuführen vermocht.

Auch den Vorhalt der warmen Motorhabe blieb er anlässlich der Amtshandlung schuldig.

Mit dem umfassenden Schriftsatz vom 23.5.2011 legt der Rechtsvertreter des Berufungswerbers eine eidesstättige Erklärung der Anzeigerin und Ehefrau des Berufungswerbers vom 10.5.2011 vor.

Darin erklärt diese diametral zu deren Anzeige vom 10.4.2011, 18:15 und 18:40 Uhr, ihren Ehemann wegen eines Ehestreites und ihres Zornes darüber wahrheitswidrig als alkoholisierten Fahrzeuglenker angezeigt zu haben. Er sei jedoch tatsächlich bereits um 16:00 Uhr  und zwar nüchtern von der Arbeit nach Hause gekommen. Erst dann habe ihr Mann zu trinken begonnen und es sei zum Streit und zu dieser Anzeige gekommen, so die Ehefrau (X) in dieser Erklärung. Dies täte ihr jetzt leid.

Die Vorstellung wird im Ergebnis mit der Zurücknahme der Anzeige seitens der Ehefrau des Berufungswerbers begründet. Diese erst vier Wochen nach der Anzeige diametrale Darstellung ist alleine schon ob des Zeitpunktes der Vorlage nicht mehr glaubwürdig und steht darüber hinaus mit der Feststellung der warmen Motorhaube seitens der einschreitenden Polizeibeamten um ca. 18:45 Uhr in Widerspruch. Im übrigen ist es völlig lebensfremd, dass die Ehefrau just nach der bereits mehr als zweistündigen Anwesenheit ihres Ehegatten in der Wohnung, plötzlich aus Ärger und Zorn über ihn, zur Darstellung gelangt wäre, er würde gerade jetzt betrunken mit dem Auto nach Hause kommen.

Letztlich wäre am Maßstab des gesunden Menschenverstandes unter solchen Umständen ein derart missbräuchlich inszenierter Polizeieinsatz kaum denkbar. Warum sie folglich gleichsam vier Wochen bis zur "reuigen Zurücknahme" benötigt hätte, bliebe darüber hinaus ebenfalls völlig unerfindlich.

Wohl mag diese Darstellung als das einzige Konzept aus der Sache vielleicht doch noch rauszukommen zu sehen sein, wobei dahingestellt sein kann, welche Motive letztlich für die Unterfertigung der von Dritter Seite aufgesetzten "Eidesstättigen Erklärung" gegeben haben mögen.

Mit dieser unglaubwürdigen Erklärung der Zeugin X wird daher ein Wiederaufnahmegrund jedenfalls nicht dargetan.

 

Letztlich entschlug sich die Anzeigerin diesbezüglich als Ehefrau der Zeugenaussage anlässlich der Berufungsverhandlung.

 

Vor diesem Hintergrund und auch mit Blick auf das nach § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960 rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens, erweist sich auch der Wiederaufnahmeantrag als unbegründet und die Entscheidungsgrundlage der Behörde erster Instanz  - was hier angesichts der Rechtskraft des Mandatsbescheides nicht mehr zu beurteilen ist – als zutreffend.

Angesichts der im Mandatsbescheid ausgesprochene Mindestentzugsdauer von sechs Monaten und nach einer Alkotestverweigerung in aller Regel zwingend anzuordnenden begleitenden Maßnahmen, wäre angesichts der im Rahmen des Wiederaufnahmebegehrens zu prüfen gewesener Fakten, die sich im Ergebnis abermals mit der  von der Anzeigerin darstellenden Alkofahrt zu befassen gehabt hätten, für den Berufungswerber wohl nichts zu gewinnen gewesen. 

 

 

4. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

 

4.1. Verfahrensrechtlich:

Die mit der Berufung gegen die Zurückweisung gestellten Eventualanträge sind als unter der Bedingung gestellt zu sehen, dass der Primärantrag erfolglos bleibt. Wird dem Primärantrag stattgegeben, so wird der Eventualantrag gegenstandslos. Wird ein Eventualantrag vor dem Eintritt des Eventualfalles erledigt, belastet dies die Erledigung mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit.

Eine solche Unzuständigkeit wäre von der Berufungsbehörde von Amts wegen aufzugreifen und der erstinstanzliche Bescheid ersatzlos zu beheben (Hinweis auf VwGH 5.5.2000, 98/19/0251 bis 0268, sowie VwGH 13.12.2001, 2001/21/0174).

Die Behörde erster Instanz hat hier folgerichtig über die Frage der Verspätung und nachfolgend über die im Schriftsatz gestellten Anträge zu Recht in einem Bescheid abgesprochen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 63, Rn 108 mit Hinweis auf VwSlg. 12,275/A/1986; VwGH 23.5.2002, 2002/03/0029).

 

 

 

4.2. Zum Zustellvorgang:

Nach § 17 Abs.2 ZustellG ist der Empfänger von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

Gemäß § 17 Abs.3 leg.cit. ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

Hier ist von einer den Vorschriften entsprechenden und den Fristenlauf auslösenden Zustellung auszugehen (siehe auch Aktenvermerk AS 25). Es gibt keinen vernünftigen Grund an der Darstellung des Zustellers, die Hinterlegungsanzeige in den Briefkasten gelegt zu haben zu zweifeln.

Daher war nach der Zurückweisung der Vorstellung als verspätet auch über die  Berufung gegen die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages und die Wiederaufnahme zu entscheiden.

 

 

4.2. Zur Wiedereinsetzung:

Einen Wiedereinsetzungsgrund liegt vor, wenn dem Betroffenen durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der Einbringung des Rechtsmittels verhindert war oder ihn an der Versäumung der Frist kein Verschulden oder nur ein  minderer Grad des Versehens trifft. 

Angesichts der zumindest fahrlässigen Nichtbehebung der Sendung kann letztlich auch von keiner unverschuldeten Fristversäumnis die Rede sein.

Diesem Antrag kommt daher ebenfalls keine sachliche Berechtigung zu.

 

 

4.3. Zum Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens.

Gemäß § 69 Abs.1 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch rechtskräftigen Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn

1.   der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist oder

2.   neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder

3.   der Bescheid gemäß § 38 leg. cit von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde.

 

Gemäß § 69 Abs.2 AVG ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen vom Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich vom Wiederauf­nahmegrund Kenntnis erlangt hat, bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. 

Abgesehen davon, dass hier weder Gründe für eine Wiedereinsetzung noch eine Wiederaufnahme vorliegen, hätten ihm vor dem Hintergrund der Fakten- u. Beweislage selbst die inhaltlichen Gründe nicht zum Erfolg verhelfen können.

Der Berufungswerber  hat in seinem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens keinen in § 69 Abs.1 AVG genannten Wiederaufnahmegrund vorgebracht und auch nicht iSd § 69 Abs.2 AVG dargelegt;

 

 

4.3.1. Der Berufungswerber konnte mit seinem Vorbringen weder das Faktum der rechtmäßigen Aufforderung zum Alkotest noch die Verdachtslage des Lenkens in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand entkräften. Vielmehr spricht alles dafür, dass die Angaben seiner Gattin vor der Polizei am Abend des 10.4.2011 der Wahrheit entsprochen haben.

Sie hat sich letztlich im Rahmen des Berufungsverfahrens der Zeugenaussage entschlagen.

 

Die erstinstanzliche Behörde hat daher zutreffend nach Abspruch über die Zustellung des Mandatsbescheides – und dessen präsumtive Rechtkraft  - über die Eventualanträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bzw. die Wiederaufnahme (abweisend) zu entscheiden gehabt.

Nur im Falle einer Entscheidung über die Eventualanträge vor Erledigung des Primärantrages wäre dies von Amts wegen aufzugreifen und die Entscheidungen über die Eventualanträge mangels Zuständigkeit zu beheben gewesen (vgl. h. Erk. vom 24.6.2010, VwSen-252475/2/Sr/Fu/Sta u. VwGH 27.2.2011, 2005/21/0041).

Die Berufung war demnach in allen Punkten als unbegründet abzuweisen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Dr.  B l e i e r

 

 

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