Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222489/2/Kl/Hu

Linz, 21.07.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn x, x, vertreten durch Rechtsanwälte x, x, x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 12.5.2011, Gz. 18127/2011, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis wegen entschiedener Sache ersatzlos aufgehoben.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 66 Abs. 4 und 68 Abs.1 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 12.5.2011, Gz. 18127/2011, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 200 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 31 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 52 Abs.4 GewO 1994 iVm § 1 Z5 der Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 17.11.2009 über das Verbot der Ausübung gewerberechtlicher Tätigkeiten mittels Automaten verhängt, weil er als Gewerbeinhaber und Betreiber der Firma x, mit dem Sitz in x, x, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten hat:

Im Zuge einer Kontrolle durch Organe des Magistrates Linz, TBL Abt. Straßenverwaltung am 25.03.2009 um 10:00 Uhr wurde festgestellt, dass die oa. Firma in x, x, das Handelsgewerbe durch den Verkauf mittels Automat ausübt. Es werden Süßigkeiten sowie Kleinspielwaren in Automaten zum Verkauf angeboten. Der gegenständliche Automat befindet sich 127 Meter Luftlinie vom Eingang der Hauptschule x "x", x, x, entfernt und somit innerhalb eines Umkreises von 150 Metern zu diesem Eingang.

Gem. § 1 Z. 5 der Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 17.11.2009 über das Verbot der Ausübung gewerberechtlicher Tätigkeiten mittels Automaten, i.V.m. § 52 Abs. 4 Gewerbeordnung ist die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten mittels Automat zur Abgabe von Süßigkeiten wie Zuckerl, Kaugummi u.a. sowie Kleinspielwaren im Umkreis von 150 Meter gemessen von den Eingängen von Hauptschulen verboten.

Somit wurde von der Firma x zumindest am 25.03.2009 das Handelsgewerbe mittels Automat in verbotener Weise, da innerhalb der oa. Verbotszone, ausgeübt.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Bescheides beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Tatvorwurf einen Tatzeitpunkt vom 25.3.2009 beinhalte, die maßgebliche Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz aber vom 17.11.2009 stamme, also der Tatvorwurf daher dem Rückwirkungsverbot widerspreche. Im Übrigen wurden Gründe für eine Verfassungswidrigkeit der Verordnung festgestellt.

 

3. Der Magistrat der Stadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

 

Folgender dem Akt ersichtlicher Verfahrensgang liegt der Entscheidung zugrunde:

 

Mit Strafverfügung des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 12.6.2009, Gz. 22693/2009, wurde gegen den Berufungswerber eine Geldstrafe von 200 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 31 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 367 Z15 GewO 1994 verhängt, weil am 25.3.2009 um 10.00 Uhr, festgestellt wurde, dass die Firma x mit dem Sitz in x, x, deren Gewerbeinhaber der Berufungswerber ist, in x, x, das Handelsgewerbe durch den Verkauf von Kaugummis mittels Automaten ausübt, obwohl dies gemäß § 1 Z4 der Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 14.2.1983 verboten ist. Dagegen wurde Einspruch erhoben. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 7.8.2009, Gz. 22693/2009, wurde mit gleichem Tatvorwurf eine gleiche Strafe verhängt. Der dagegen eingebrachten Berufung hat der Bürgermeister der Stadt Linz mit Bescheid vom 15.9.2009, Gz. 22693/2009, stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis wegen Unzuständigkeit aufgehoben. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen. Das Strafverfahren wurde gemäß § 27 VStG am 28.10.2009 an die BH St. Johann im Pongau abgetreten. Diese hat im zweiten Rechtsgang ihrerseits das Verfahren am 27.4.2011 gemäß § 27 VStG rückübertragen.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 68 Abs.1 AVG, welcher gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung findet, sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs.2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurück zu weisen.

Es regelt daher § 68 Abs.1 AVG das Prinzip der Rechtskraft. Die formelle Rechtskraft bedeutet die Unanfechtbarkeit eines Bescheides im ordentlichen Rechtsmittelverfahren, die materielle Rechtskraft besteht in der Bindung der Behörde an den einmal erlassenen, formell rechtskräftigen Bescheid (Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 986, Anmerkung 5 mit Judikaturnachweis).

Die Rechtskraft bewirkt bei unverändertem Sachverhalt und unveränderter Rechtslage das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache. Ist ein Bescheid unanfechtbar und unwiderrufbar geworden, so entfaltet er die Wirkung, dass die mit ihm erledigte Sache nicht neuerlich entschieden werden kann. Diese Rechtswirkung wird Unwiederholbarkeit genannt (VwGH 15.9.1992, 88/04/0182).

 

Indem die belangte Behörde mit Berufungsvorentscheidung vom 15.9.2009 bescheidmäßig ihre Unzuständigkeit ausgesprochen hat, dieser Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist und daher gleichermaßen auch für die Behörde bindend ist, ist es ihr verwehrt, in der selben Sache – bei gleicher Sach- und Rechtslage – neuerlich einen anderslautenden Bescheid unter Bejahung ihrer Zuständigkeit zu erlassen. Dies würde der Bindungswirkung eines rechtskräftig erlassenen Bescheides widersprechen, zumal dieser Bescheid nicht aufgehoben wurde und keiner Aufhebung mehr unterliegt.

Es war daher aus diesem Grunde der Berufung stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis wegen entschiedener Sache aufzuheben.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

Beschlagwortung:

Unzuständigkeit rechtskräftig festgestellt; keine neuerliche Entscheidung; Bindungswirkung auch für Behörde

 

 

 

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