Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222491/2/Kl/Hu

Linz, 21.07.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn x, x, x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 28.4.2011, Gz. 9796/2011, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 7, 44a, 45 Abs.1 Z1 und 3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 28.4.2011, Gz. 9796/2011, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 77 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 7 VStG iVm § 39 Abs.3 Gewerbeordnung – GewO 1994 verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als nach § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der Firma xgesellschaft m.b.H. folgende Verwaltungsübertretung – Beihilfe zu einer Verwaltungsübertretung im Sinne des § 7 VStG – zu verantworten hat:

Frau x, betreibt als Gewerbeinhaberin des Gastgewerbes im Standort x, x Standort ein Lokal. Als gewerberechtlicher Geschäftsführer ist seit 05.11.2010 Frau x bestellt. Im Zuge einer Kontrolle des Finanzamtes Linz am 03.02.1011 wurde festgestellt, dass Frau x weder weiß wo sich das gegenständliche Lokal befindet, noch wer dieses betreibt und auch zu keiner Zeit im Lokal gearbeitet hat. Gem. § 39 Abs. 3 GewO muss sich der gewerberechtliche Geschäftsführer entsprechend – im Sinne des § 39 Abs.2 Z. 1 GewO mindestens 20 Wochenstunden – im Betrieb betätigen. Somit bedient sich Frau x bei der Ausübung ihres Gewerbes eines gewerberechtlichen Geschäftsführers, welcher sich nicht entsprechend im Betrieb betätigt. Es liegt eine rechtswidrige Scheinbestellung vor.  

Die xgesellschaft m.b.H. mit Sitz in x, x, hat zu dieser Verwaltungsübertretung vorsätzlich – zumindest im Stärkegrad der Wissentlichkeit – Beihilfe im Sinne des § 7 VStG geleistet, indem diese Firma vor der Geschäftsführerbestellung darüber Bescheid wusste, dass sich Frau x nicht im Betrieb betätigen wird. Trotz dieser Information hat die Firma xgesellschaft m.b.H. Frau x an Frau x als gewerberechtliche Geschäftsführerin vermittelt und auch angemeldet, sohin bei der Scheinbestellung unterstützt.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die ersatzlose Aufhebung bzw. Abänderung des Straferkenntnisses beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen dargelegt, dass der Berufungswerber für beide Firmen die Erledigung der Buchhaltung, Lohnverrechnung und Geldvollmacht tätige. Es wurde beim Beratungsgespräch mitgeteilt, dass Frau x 20 Stunden im Betrieb arbeiten müsse, wenn sie als Geschäftsführer bestellt und angemeldet werde. Sie habe die Gewerbeanmeldung unterschrieben und über ihre Tätigkeit Bescheid gewusst. Sollte der Geschäftsführer nicht im Betrieb gearbeitet haben, so sei der Gewerbeinhaber verantwortlich und müsse der Gewerbeinhaber bestraft werden, nicht der Steuerberater. Er habe lediglich einen Auftrag der Firma erfüllt.

 

3. Der Magistrat der Stadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist und eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht erforderlich (§ 51e Abs.2 Z1 und Abs. 3 Z3 VStG).

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 39 Abs.1 GewO 1994 kann der Gewerbeinhaber für die Ausübung seines Gewerbes einen Geschäftsführer bestellen, der dem Gewerbeinhaber gegenüber für die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes und der Behörde (§ 333) gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich ist; er hat einen Geschäftsführer zu bestellen, wenn er den Befähigungsnachweis nicht erbringen kann oder wenn er keinen Wohnsitz im Inland hat, sofern die Zustellung der Verhängung und die Vollstreckung von Verwaltungsstrafen nicht durch Übereinkommen sichergestellt sind.

In den Fällen, in denen ein Geschäftsführer zu bestellen ist, muss der Gewerbeinhaber sich eines Geschäftsführers bedienen, der sich im Betrieb entsprechend betätigt (§ 39 Abs.3 GewO).

Gemäß § 367 Z7 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, wer sich für die Ausübung eines Gewerbes eines Geschäftsführers bedient, der sich entgegen § 39 Abs.3 nicht im Betrieb entsprechend betätigt.

 

Gemäß § 7 VStG unterliegt der auf diese Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist, wer vorsätzlich veranlasst, dass ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht, oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Der Vorschrift des § 44a Z1 VStG ist dann entsprochen, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen des selben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Wird jemand spruchgemäß der Anstiftung schuldig erkannt, so hat der Spruch, um den Anforderungen des § 44a Z1 VStG gerecht zu werden, die Tatzeit hinsichtlich der Begehung der Anstiftung (und nicht in Ansehung der Begehung der Tat durch den unmittelbaren Täter) zu führen. Es empfiehlt sich allerdings auch eine zeitliche Konkretisierung der vom unmittelbaren Täter begangenen Handlung. Im Spruch ist – den Anforderungen des § 44a Z1 VStG entsprechend – auch der unmittelbare Täter (der Angestiftete) anzuführen (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 1.272, Anmerkung 6 mit Judikaturnachweisen). Es hat daher ein wegen Beihilfe gemäß § 7 VStG verurteilendes Straferkenntnis in seinem § 44a Z1 VStG betreffenden Spruchteil sowohl jene Tatumstände in konkretisierter Form zu umschreiben, die eine Zuordnung der Tat des Haupttäters zu der durch seine Tat verletzten Verwaltungsvorschrift ermöglichen, als auch jenes konkrete Verhalten des Beschuldigten darzustellen, durch das der Tatbestand der Beihilfe hiezu verwirklicht wird; dazu gehört der konkrete Tatvorwurf, der die Annahme rechtfertigt, der Beschuldigte habe die Tat vorsätzlich begangen. Wird jemand der Beihilfe zu einer Verwaltungsübertretung schuldig erkannt, so ist im Spruch auch konkret – unter Angabe von Zeit, Ort und Inhalt der Beihilfehandlung – das als Beihilfe gewertete Verhalten zu umschreiben (Hauer-Leukauf, Seite 1.273, E 2C und D mit Judikaturnachweisen).

 

Nach der aufgezeigten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist daher sowohl der Tatvorwurf, der die Verwaltungsübertretung bildet, hinsichtlich Täter, Tatort und Tatzeit sowie Tatverhalten zu konkretisieren, als auch die Beihilfehandlung hinsichtlich Tatort und Tatzeit sowie Tatverhalten zu umschreiben.

Geht zwar im Tatvorwurf des angefochtenen Straferkenntnisses die Gewerbeinhaberin x als unmittelbare Täterin einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 39 Abs.3 und 367 Z7 GewO hervor, so ist ein entsprechender Tatzeitraum der Tatbegehung nur mittelbar erschließbar, nämlich als Zeitraum von der Gewerbeanmeldung am 5.11.2010 bis zur behördlichen Feststellung am 3.2.2011. Als Tatort gilt der Standort des Gastgewerbebetriebes.

Hinsichtlich des Beihilfevorwurfes hingegen ist eine konkrete Tatzeit bzw. ein Tatzeitraum nicht unmittelbar ersichtlich. Aus der vorgeworfenen Beihilfehandlung des Vermittelns und Anmeldens der gewerberechtlichen Geschäftsführerin ist zwar ein Tatzeitraum vor der tatsächlichen Anmeldung am 5.11.2010 erschließbar. Wann genau die Beihilfe erfolgt ist, kann daraus nicht entnommen werden. Weiters fehlt auch ein konkreter Tatort der Beihilfehandlung. Aus der Zitierung des Firmenstandortes der xgesellschaft m.b.H. mit Sitz in x, x, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschuldigte ist, kann auch nicht geschlossen werden bzw. ist noch nicht nachgewiesen, dass auch der Sitz der Firma der Ort ist, wo die Beihilfehandlung gesetzt wurde.

 

Aus den dargestellten Erwägungen ist daher eine der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes genügende Tatkonkretisierung nicht erfolgt, weshalb das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen ist. Weil die Beihilfehandlung vor der Gewerbeanmeldung vom 5.11.2010 stattfand, ist mittlerweile Verfolgungsverjährung gemäß § 31 VStG eingetreten.

Darüber hinaus ist auch nicht von der Hand zu weisen, dass die Geschäftsführerin von der Bestellung gewusst und Entgelt bezogen hat und sich die Gewerbeinhaberin trotzdem ihrer bedient hat. Dass der Bw dazu Beihilfe geleistet hat (nach der Anmeldung) ist nicht erwiesen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

Beschlagwortung:

Beihilfe - Tatumschreibung

 

 

 

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