Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252800/5/Py/Hu

Linz, 21.07.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23. Februar 2011, GZ: SV96-2-2009, wegen Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungs­gesetz (AuslBG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 8. Juni 2011 zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 200 Euro herabgesetzt wird. Die Ersatzfreiheitsstrafe bleibt unberührt. Im Übrigen wird der Berufung keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt.

 

II.     Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Verfahrenskosten der Erstbehörde verringert sich auf 20 Euro. Zum Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 64 und 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23. Februar 2011, GZ: SV96-2-2009, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw)  wegen Verwaltungsübertretung nach § 32a Abs.4 iVm § 28 Abs.1 Z6 Ausländerbeschäftigungsgesetz 1975 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung eine Geldstrafe in Höhe von 300 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 30 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Außenvertretungsbefugter der Firma x mit Sitz in x, gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass diese Firma als Arbeitgeberin von 07.09.2008 bis zum Zeitpunkt der Kontrolle durch Organe des Finanzamtes Linz am 17.11.2008, 09.40 Uhr, am Firmengelände in x, den slowakischen Staatsangehörigen x, geb. x, ohne Freizügigkeitsbestätigung beschäftigte, obwohl eine Verwaltungsübertretung begeht, wer entgegen § 32a Abs.4 AuslBG einen EU-Bürger ohne Bestätigung gemäß § 32a Abs.2 oder 3 beschäftigt. Eine solche Freizügigkeitsbestätigung lag zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht im Betrieb auf, sondern wurde erst aufgrund der Kontrolle am 17.11.2008 um 15.29 Uhr ausgestellt."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass aufgrund der glaubhaften und nachvollziehbaren Ausführungen des Finanzamtes Linz im Strafantrag vom 12. Dezember 2008 für die Behörde kein Zweifel besteht, dass die im Spruch angeführte Person während des angegebenen Zeitraums von der Firma x beschäftigt wurde, obwohl am Kontrolltag keine Bestätigung über den freien Zugang zum Arbeitsmarkt vorlag, da diese laut AMS-Abfrage erst am Kontrolltag ausgestellt wurde. Die Rechtfertigungsangaben des Bw waren nicht geeignet glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der gegenständlichen Verwaltungsübertretung kein Verschulden trifft.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird angeführt, dass von einem geringfügigen Verschulden nicht ausgegangen werden kann, Milderungsgründe aus dem Akt nicht ersichtlich waren und als erschwerend der Umstand berücksichtigt wurde, dass bereits eine rechtskräftige Verwaltungsvorstrafe nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz aufscheint.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung vom 29. März 2011. Darin beantragt der Bw die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung und führt aus, dass das Beschäftigungsverhältnis zwischen Herrn x und der Firma x bei Ablauf der Beschäftigungsbewilligung nicht beendet wurde. § 32a Abs.4 AuslBG enthält jedoch keine Vorschrift, dass im Fall eines durchgehenden Beschäftigungsverhältnisses während dieses Beschäftigungsverhältnisses eine Freizügigkeitsbestätigung einzuholen und zur Einsichtnahme bereit zu halten wäre. Eine Bestrafung des Beschuldigten ist daher unzulässig. Zudem wird die Verjährung der angeblichen Verwaltungsübertretung geltend gemacht. Die Annahme des Beschuldigten, dass im Fall eines durchgehenden Beschäftigungsverhältnisses bei Vorliegen der Voraussetzungen für den freien Zugang zum Arbeitsmarkt für neue Bürger nach Ablauf einer ordnungsgemäßen Beschäftigungsbewilligung die Beschäftigung ohne weiteres zulässig ist und kein besonderes arbeitsrechtliches Dokument im Betrieb bereitgehalten werden muss, stellt zumindest eine mit guten Gründen vertretbare Rechtsauffassung dar, weshalb dem Bw jedenfalls ein entschuldbarer Rechtsirrtum zugute zu halten ist.  Jedenfalls würden die Voraussetzungen des § 21 VStG vorliegen.

 

3. Mit Schreiben vom 5. April 2011 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 8. Juni 2011. An dieser nahmen der Rechtsvertreter des Bw sowie ein Vertreter des Finanzamtes Linz als am Verfahren beteiligte Amtspartei teil.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma x mit Sitz in x.

 

Anlässlich einer Kontrolle nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz am 17. November 2008 wurde festgestellt, dass der slowakische Staatsangehörige Herr x, geb. am x, von der Firma x beschäftigt wurde, obwohl zum Kontrollzeitpunkt keine Ausfertigung der schriftlichen Bestätigung des Arbeitsmarktservices, mit der Herrn x das Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt bestätigt wird, vorlag.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und wurde in der mündlichen Berufungsverhandlung vom Rechtsvertreter des Bw nicht bestritten.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Zum Berufungsvorbringen, wonach vorsichtshalber auch die Verjährung der gegenständlichen Verwaltungsübertretung eingewandt wird, ist anzuführen, dass gemäß § 28 Abs.2 AuslBG die Verjährungsfrist (§ 31 Abs.2 VStG) für Verwaltungsübertretungen nach Abs.1 ein Jahr beträgt. Wie aus dem erstinstanzlichen Akt ersichtlich ist, wurde dem Bw von der belangten Behörde mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 25. Juni 2009 (lt. Postrückschein am 30. Juni 2009 vom Bw persönlich übernommen) die gegenständliche Verwaltungsübertretung erstmals vorgehalten und damit innerhalb der Verjährungsfrist eine entsprechende Verfolgungshandlung gesetzt. Da das dem Bw zur Last gelegte Verhalten anlässlich einer Kontrolle am 17. November 2008 festgestellt wurde, ist auch die Strafbarkeitsverjährung von drei Jahren (vgl.      § 31 Abs.3 VStG) bislang nicht abgelaufen, weshalb die Verjährungseinrede ins Leere geht.

 

5.2. Gemäß § 32a Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl.Nr. 218/1975 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl.I. Nr. 85/2006, gilt § 1 Abs.2 lit.l und m AuslBG – mit Ausnahme der Staatsangehörigen der Republik Malta und der Republik Zypern – nicht für Staatsangehörige jener Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, die am 1. Mai 2004 aufgrund des Vertrages über den Beitrag der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Europäischen Union Nr. L 236 vom 23. September 2003, Seite 17, und Nr. C 227 E vom 23. September 2003, der Union beigetreten sind, es sei denn, sie sind Ehegatten, Kinder, Eltern oder Schwiegereltern eines freizügigkeitsberechtigten Staatsbürgers eines anderen Mitgliedsstaates des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR), der bereits vor Inkrafttreten des Beitrittsvertrages dem EWR angehörte, oder sie sind Ehegatten oder Kinder eines österreichischen Staatsbürgers oder eines Staatsangehörigen eines anderen EWR-Mitgliedsstaates, der sein Recht auf Freizügigkeit nicht in Anspruch nimmt.

 

Gemäß § 32 Abs.2 leg.cit. ist den Bürgern gemäß Abs.1 vom Arbeitsmarktservice das Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt schriftlich zu bestätigen, wenn sie

  1. am Tag des Beitritts oder nach dem Beitritt rechtmäßig im Bundesgebiet beschäftigt sind und ununterbrochen mindestens 12 Monate zum Arbeitsmarkt zugelassen waren oder
  2. die Voraussetzungen für einen Befreiungsschein (§ 15) erfüllen oder
  3. seit 5 Jahren im Bundesgebiet dauernd niedergelassen sind und über ein regelmäßiges Einkommen aus erlaubter Erwerbstätigkeit verfügen.

 

Gemäß § 32a Abs.3 leg.cit. ist Ehegatten und Kindern (§ 1 Abs.2 lit.l) von EU-Bürgern gemäß Abs.2 vom Arbeitsmarktservice das Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt schriftlich zu bestätigen, wenn sie mit diesem am Tag des Beitritts oder, sofern sie erst später nachziehen, mindestens 18 Monate einen gemeinsamen rechtmäßigen Wohnsitz im Bundesgebiet haben. Ab dem 1. Mai 2006 ist diesen Ehegatten und Kindern die Bestätigung unabhängig von der Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet auszustellen.

 

Gemäß § 32a Abs.4 leg.cit. sind Bestätigungen gemäß Abs.2 und 3 vor Beginn der Beschäftigung einzuholen. Der Arbeitgeber hat eine Ausfertigung der Bestätigung im Betrieb zur Einsichtnahme bereit zu halten. Die Bestätigungen erlöschen bei Ausreise aus dem Bundesgebiet aus einem nicht vorübergehenden Grund.

 

Gemäß § 28 Abs.1 Z6 AuslBG, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 1.000 Euro zu bestrafen, wer entgegen dem § 32a Abs.4 einen EU-Bürger, dessen Ehegatten oder Kind ohne Bestätigung gemäß § 32a Abs.2 oder 3 beschäftigt.

 

Seitens des Bw wurde nicht bestritten, dass der slowakische Staatsangehörige x am 17. November 2008 von der Firma x beschäftigt wurde, obwohl eine Ausfertigung der Freizügigkeitsbestätigung im Betrieb nicht zur Einsichtnahme bereitgehalten wurde. Der objektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist daher als erfüllt zu werten.

 

5.3. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Es ist daher zu prüfen, ob sich der Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Der Bw bestreitet nicht, dass er im verfahrensgegenständlichen Zeitpunkt die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung für die Einhaltung der Vorschriften des AuslBG in den von ihm vertretenen Unternehmen trug. Er bringt jedoch vor, dass die gegenständliche Verwaltungsvorschrift keine Vorschrift enthält, dass im Fall eines durchgehenden Beschäftigungsverhältnisses eine Freizügigkeitsbestätigung einzuholen und zur Einsichtnahme durch den Arbeitgeber bereit zu halten ist und zudem jedenfalls die Voraussetzungen für die Erteilung einer Freizügigkeitsbestätigung im gegenständlichen Fall bereits vorgelegen sind.

 

Dieses Vorbringen vermag dem Bw jedoch nicht zu entlasten. Vielmehr hat er die in § 32a Abs.4 normierte Ordnungsvorschrift verletzt hat, indem er einen in       § 32a Abs.1 AuslBG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung genannten EU-Bürger, der die Voraussetzungen für die Erteilung eines Befreiungsscheines erfüllt hat, ohne eine Freizügigkeitsbestätigung beschäftigte. Mit seinem Berufungsvorbringen verkennt der Bw, dass die Antragstellung (bzw. dessen Zeitpunkt) in der Sphäre des Beschäftigten liegt, wohingegen die – in § 28 Abs.1 Z6 AuslBG unter Strafe gestellte – Beschäftigung ohne Bestätigung gemäß § 32a Abs. 2 oder 3 dem Arbeitgeber zuzurechnen ist. Im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses wird daher zutreffend dem Bw als Arbeitgeber das Nichtbereithalten der Freizügigkeitsbestätigung am Kontrolltag vorgeworfen, ein Umstand, der nicht in Abrede gestellt wurde. Dabei blieb der Bw schuldig darzulegen, durch welches in seinem Unternehmen eingerichtete Kontrollsystem eine Übertretung dieser Ordnungsbestimmung im Ausländerbeschäftigungsgesetzes wirksam hintan gehalten hätte werden sollen. Die dem Bw zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs.1 Z6 AuslBG gehört, da  zu ihrer Strafbarkeit weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr erforderlich ist, zu den bereits angeführten "Ungehorsamsdelikten", bei denen im Sinn des zweiten Satzes des § 5 Abs.1 VStG der Täter glaubhaft zu  machen hat, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist (vgl. VwGH vom 25.2.2005, Zl. 2003/09/0158, vom 9.12.2010, Zl. 2006/09/0220). Dass vom Bw ein wirksames Kontrollsystem eingerichtet wurde, hat er im Verwaltungsverfahren jedoch nicht glaubwürdig dargelegt, weshalb ihm eine Glaubhaftmachung gemäß § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG, dass ihn im vorliegenden Fall an der Verletzung des § 28 Abs.1 Z6 AuslBG kein Verschulden traf, nicht gelungen ist. Insbesondere hätte der Bw darzulegen gehabt, durch welche Maßnahmen und Kontrollen sichergestellt werden sollte, dass auch nach Ablauf der Beschäftigungsbewilligung für Herrn x dessen Weiterbeschäftigung unter Einhaltung der arbeitsmarktbehördlichen Vorgaben gewährleistet ist.

 

Auch das Vorliegen eines (entschuldbaren) Rechtsirrtums kann im gegenständlichen Fall nicht festgestellt werden. Ein Rechtsirrtum gemäß § 5 Abs. 2 VStG setzt die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift voraus. Diese Unkenntnis des Gesetzes, wie auch eine irrige Gesetzesauslegung, müssen unverschuldet sein. Die bloße Argumentation im Verwaltungsstrafverfahren mit einer Rechtsauffassung allein vermag aber ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht auszuschließen. Es bedarf bei der Einhaltung der einem am Wirtschaftsleben Teilnehmenden obliegenden Sorgfaltspflicht vielmehr einer Objektivierung durch geeignete Erkundigungen. Wer dies verabsäumt, trägt das Risiko des Rechtsirrtums (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2, 2000, S. 91f, E 171 angeführte Judikatur, sowie VwGH vom 27. Juni 2007, Zl. 2002/03/0275). Im Hinblick auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut der gegenständlichen Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes kann sich der Bw daher nicht auf das Vorliegen eines Rechtsirrtums berufen.

 

6. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Zur Strafbemessung ist anzuführen, dass dem Bw als mildernd die lange Dauer des gegenständlichen Verwaltungsverfahrens zugute kommt. Diesbezüglich hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. Juni 2008, Zl. B304/07 ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004; 17.582/2005, 17.644/2005). Nicht eine lange Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis der staatlichen Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des EGMR). Im gegenständlichen Verfahren sind seit der Tatbegehung und der Erlassung des Erkenntnisses des Oö. Verwaltungssenates mehr als zweieinhalb Jahre vergangen, sodass von keiner iSd Art.6 Abs.1 EMRK zu qualifizierenden noch gänzlich angemessenen Verfahrensdauer auszugehen war. Dieser Umstand war daher als Milderungsgrund iSd § 24 Abs.2 StGB bei der Strafbemessung entsprechend zu werten.

 

Im Hinblick auf diesen Umstand und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass für die Beschäftigung des slowakischen Staatsangehörigen inzwischen eine Freizügigkeitsbestätigung nicht länger erforderlich ist, sieht sich der Unabhängige Verwaltungssenat daher veranlasst, die von der belangten Behörde wegen der dem Bw zur Last gelegten Ordnungswidrigkeit verhängten Geldstrafe auf das nunmehr verhängte Ausmaß herab zu setzen. Ein Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen konnte jedoch nicht festgestellt werden, weshalb von einer Anwendung des § 20 VStG ebenso wie von einem Vorgehen nach § 21 VStG mangels Vorliegen der dafür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen Abstand zu nehmen war, da aufgrund der Sorglosigkeit mit der der Bw eine (Weiter-)Beschäftigung des Ausländers nach Ablauf der Beschäftigungsbewilligung ohne weitere Prüfung der im Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen in Kauf nahm nicht als geringfügiges Verschulden gewertet werden kann.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

7. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 65 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Berufungsverfahrens. Die Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde waren gemäß § 64 Abs.2 VStG entsprechend herabzusetzen. Zur Nichtherabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe ist zunächst auf § 16 Abs.2 VStG zu verweisen, wonach die Ersatzfreiheitsstrafe das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen darf. Auch wenn ein fester Umrechnungsschlüssel nicht besteht, ist nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates die Festlegung der belangten Behörde hinsichtlich der Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden bei Verhängung einer Geldstrafe in Höhe von 300 Euro nicht schlüssig, da die verhängte Geldstrafe 30 % der vorgesehenen Höchststrafe in Geld beträgt, die Ersatzfreiheitsstrafe jedoch wesentlich weniger (konkret 7 %) der gesetzlich vorgesehenen Höchstgrenze für die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt. Durch die Nichtherabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe wurde dieses Missverhältnis gemildert.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Andrea Panny

 

Beachte:


Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt;

VfGH vom 14.03.2012, Zl. B 1077/11-6

 

Beachte:

 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.

 

VwGH vom 6. September 2012, Zl.: 2012/09/0059-5

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