Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531160/4/BMa/Eg

Linz, 08.08.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Braunau am Inn vom 30. Mai 2011, Ge20-72-2002, betreffend Maßnahmen gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994  zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der Bescheid des Bezirkshauptmanns von Braunau am Inn vom 30. Mai 2011, Ge20-72-2002, wird bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4, 67a Abs. 1 und 67d Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG);

§ 360 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994)

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns von Braunau am Inn vom 30. Mai 2011 wurde über die X Fördertechnik GmbH., X, hinsichtlich der konsenslos errichteten und betriebenen neuen Lagerhalle und einer neuen Werkhalle sowie der konsenslosen Errichtung von Zwischenböden, Büroräumen und eines zusätzlichen Werkraums in der bestehenden Werkstätte und eines Verbindungsbaus zwischen der genehmigten Werkstätte und der neuen Lagerhalle im Standort X, gemäß
§ 360 Abs. 1 GewO 1994 verfügt, dass der Betrieb des Werkstättenraums im zweiten Obergeschoß der mit Bescheid vom 25.8.1998, Ge20-78-1998, genehmigten Werkstätte, der neuen Werkhalle und der neuen Lagerhalle samt Verbindungsbau mit sofortiger Wirkung einzustellen sei und die darin aufgestellten Maschinen außer Betrieb zu nehmen seien und elektrisch abzuklemmen seien, sodass ein Betrieb nicht mehr möglich sei. Weiters wurde verfügt, dass sämtliche Lagerungen in der neuen Werkhalle und der neuen Lagerhalle samt Verbindungsbau zu entfernen seien.


Begründend wird im Wesentlichen nach Zitierung der anzuwendenden Rechtsvorschriften ausgeführt, dass im Zuge einer Überprüfung gemäß § 82b GewO festgestellt worden sei, dass in der mit Bescheid vom 25.8.1998, Ge20-78-1998, genehmigten Werkstätte ohne Genehmigung ein Zwischenboden eingezogen und darüber Büroräume errichtet worden seien. Weiters sei über einem weiteren Zwischenboden ein Werkstättenraum eingebaut worden, in dem Schneideautomaten und Kunststoffschweißgeräte betrieben würden. An diese Halle sei eine weitere Werkshalle ohne Genehmigung angebaut worden, in welcher sich Pressen, ein Kran und Schweißarbeitsplätze befinden würden. In südwestlicher Richtung werde überdies eine ehemalige landwirtschaftliche Halle als gewerbliche Lagerhalle genutzt und diese sei mit der genehmigten Werkstätte verbunden. Diese Änderungen an der bestehenden Betriebsanlage seien genehmigungspflichtig, dies ergebe sich durch die Eignung der Belästigung von Nachbarn durch Lärm durch die Zubauten und Maschinen. Weil die X Fördertechnik GmbH als Betreiberin dieser Betriebsanlagen der Aufforderung des Bezirkshauptmanns von Braunau am Inn vom 19. April 2011 zur Außerbetriebnahme der nicht genehmigten Anlagen nicht fristgerecht nachgekommen sei, sei es zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes notwendig, die im Spruch angeführten Maßnahmen zu verfügen.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat die Berufungswerberin fristgerecht Berufung erhoben und in dieser im Wesentlichen vorgebracht, der Maschinenpark würde sich aus branchenüblichen Standardmaschinen zusammensetzen, von denen in keiner Weise besondere Gefahren ausgehen würden. Es würden lediglich handelsübliche Stahl-, Alu- und Niroprodukte unter Dach gelagert, von denen keinerlei Umweltgefahren ausgehen würden. Es würden auch keine besonderen Gefahren für die Nachbarn durch Staub, Lärm, Geruch, Rauch oder Erschütterungen ausgehen. Weiters wurde angekündigt, ein in der Vorbesprechung gefordertes Lärmgutachten in der KW 26/2011 vorzulegen.

 

Abschließend wurde die Aufhebung des Bescheides mit sofortiger Wirkung und die Anberaumung eines zeitnahen Verhandlungstermins beantragt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat die gegenständliche Berufung samt dem bezughabenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt.

 

Im Grunde des § 67a Abs. 1 AVG ist für die Entscheidung über diese Berufung das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde zu Ge20-72-2002; eine mündliche Verhandlung konnte im Grunde des § 67d Abs. 1 AVG entfallen, da ein entsprechender Antrag nicht gestellt wurde und die Durchführung einer solchen vom erkennenden Mitglied im Hinblick auf die eindeutige Sachlage aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes nicht für erforderlich gehalten wurde.

 

4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungsrelevant:

 

Aufgrund einer anonymen Anzeige vom 20.9.2009 wurde Herr X als Betreiber der Firma X Fördertechnik GmbH., X, aufgefordert, seine genehmigte Betriebsanlage einer Prüfung gemäß § 82b GewO 1994 zu unterziehen. Am 18. April 2011 wurde von dem von der Firma beauftragten Prüfer telefonisch mitgeteilt, dass nicht genehmigte Änderungen an der Betriebsanlage vorgenommen worden seien. Am 19. April 2011 erging daraufhin eine Verfahrensanordnung, den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand bis längstens 15. Mai 2011 dadurch herzustellen, dass das rechtswidrige Verhalten, und zwar der Betrieb des Werkstättenraums im II. OG, der mit Bescheid vom 25.8.1998, Ge20-78-1998, genehmigten Werkstätte, der neuen Werkhalle und der neuen Lagerhalle samt Verbindungsbau, auf Dauer oder so lange eingestellt wird, bis die gewerberechtlichen Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit des Betriebes (Erteilung der gewerberechtlichen Genehmigung) vorliegen. Bis zum festgesetzten Zeitpunkt (15. Mai 2011) sind in den nicht genehmigten Bauten (Werkhalle, Lagerhalle samt Verbindungsbau, sowie Werkstättenraum im II. OG der genehmigten Werkstätte) die darin aufgestellten Maschinen zur Gänze außer Betrieb zu nehmen und vom Stromkreis abzuklemmen sowie sämtliche Lagerungen zu entfernen. Abschließend erfolgte die Androhung, die Behörde müsse gemäß § 360 Abs. 1 GewO mit Bescheid verfügen, dass diese Maßnahmen durchgeführt würden, sollte X diesem Auftrag nicht nachkommen.

 

Die Erfüllung dieses behördlichen Auftrags wurde von der Polizei Friedburg-Lengau am 24. Mai 2011 um 15:30 Uhr überprüft und festgestellt, dass keinerlei Änderungen im Sinne des Auftrages vorgenommen worden sind. Am 30. Mai 2011 erging daraufhin der nunmehr bekämpfte Bescheid mit folgendem Spruch:

 

"Der X Fördertechnik GmbH, X, wird hinsichtlich der nicht gewerberechtlich genehmigten Errichtung und dem Betrieb einer neuen Lagerhalle und einer neuen Werkhalle sowie der Errichtung von Zwischenböden, Büroräumen und eines zusätzlichen Werkraumes in der bestehenden Werkstätte und eines Verbindungsbaues zwischen der genehmigten Werkstätte und der neuen Lagerhalle im Standort X, folgendes vorgeschrieben:

 

Der Betrieb des Werkstättenraumes im II. OG der mit Bescheid vom 25.08.1998, Ge20-78-1998, genehmigten Werkstätte, der neuen Werkhalle und der neuen Lagerhalle samt Verbindungsbau ist mit sofortiger Wirkung einzustellen und die darin aufgestellten Maschinen sind außer Betrieb zu nehmen und elektrisch abzuklemmen, sodass ein Betrieb nicht mehr möglich ist. Weiters sind sämtliche Lagerungen in der neuen Werkhalle und der neuen Lagerhalle samt Verbindungsbau zu entfernen."

 

Dieser Bescheid wurde dem Bw am 1. Juni 2011 zugestellt. Dagegen richtet sich die rechtzeitige Berufung, eingelangt bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau am 15. Juni 2011.

 

Erhebungen des Unabhängigen Verwaltungssenates haben ergeben, dass bis zum Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides ein entsprechendes Genehmigungsverfahren eingeleitet wurde. So wurde ein Ansuchen um Erteilung der gewerberechtlichen Genehmigung samt Projektsunterlagen eingereicht. Die Unterlagen sind aber noch ergänzungsbedürftig und eine Betriebsanlagengenehmigung liegt noch nicht vor.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z1, 2 oder 3 besteht, unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens, den Gewerbeausübenden bzw. den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern; eine solche Aufforderung hat auch dann zu ergehen, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß  § 367 Z25 besteht und nicht bereits ein einschlägiges Verfahren gemäß § 78 Abs. 2, § 79 c Abs. 4 oder § 82 Abs. 3 anhängig ist. Kommt der Gewerbeausübende bzw. der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes, zu verfügen.

 

Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 2 leg.cit. begeht eine Verwaltungsübertretung, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

 

Schon daraus ergibt sich, dass die erforderliche Betriebsanlagengenehmigung bereits vor Errichtung und Betrieb der jeweiligen Betriebsanlage vorliegen muss.

 

Als allgemeine Voraussetzung für ein Vorgehen nach § 360 der Gewerbeordnung 1994 führt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur für die Verfügung von Maßnahmen die tatsächliche Ausübung der Tätigkeit bzw. den tatsächlichen Betrieb der Betriebsanlage an.  Der normative Inhalt des § 360 Abs.1 leg.cit. setzt für die Anordnung jeweils notwendiger Maßnahmen das weiterhin gegebene Nichtvorliegen eines der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes voraus (VwGH 20.1.1987, 86/04/0139).

 

Die in § 360 Abs.1 GewO 1994 geregelte Ermächtigung zur Verfügung einstweiliger Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen hat zur Voraussetzung, dass eine solche Maßnahme erst nach einer entsprechenden Aufforderung (Verfahrensanordnung) zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes gesetzt werden darf. Dabei bedeutet die "Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes" die Wiederherstellung jener Sollordnung, die sich aus den in Betracht kommenden gewerberechtlichen Bestimmungen ergibt, also etwa die Einstellung der unbefugten Gewerbeausübung, die Einstellung des unbefugten Errichtens oder Betreibens einer Betriebsanlage, die Schließung des gesamten Betriebes, die Einhaltung einer Bescheidauflage etc.

 

Im gegenständlichen Fall liegen sämtliche dieser Voraussetzungen zur Setzung von Zwangsmaßnahmen vor.

 

Fest steht, dass es sich bei der gegenständlichen Anlage um eine gewerbliche Betriebsanlage im Sinne der Gewerbeordnung handelt. In Übereinstimmung mit der belangten Behörde kommt das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates auch zur Auffassung, dass die in Rede stehende Anlage der gewerbebehördlichen Genehmigungspflicht unterliegt.

Zum Vorbringen der Berufung, von der Betriebsanlage würden keine besonderen Gefahren für die Nachbarn durch Staub, Lärm, Geruch, Rauch oder Erschütterungen ausgehen, ist darauf hinzuweisen, dass eine Schlossereibetriebsanlage nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet ist, derartige Gefahren hervorzurufen. Darüber hinaus werden in einem Betriebsanlagengenehmigungsverfahren nicht nur Aspekte des Nachbarschafts-schutzes, sondern auch solche des Kunden- und ArbeitnehmerInnenschutzes berücksichtigt.

 

Fest steht aufgrund der Aktenlage weiters und wird von dem Berufungswerber auch nicht bestritten, dass die Schlossereibetriebsanlage im Standort X, tatsächlich betrieben wird.

 

Entsprechend dem gesetzlichen Auftrag hat die Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. den Berufungswerber mit Verfahrensanordnung vom 19. April 2011 aufgefordert, innerhalb einer angemessenen Frist den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand dadurch herzustellen, dass der Betrieb in den nicht genehmigten Anlagenteilen eingestellt wird und nicht genehmigte Lagerungen entfernt werden. Die Überprüfung durch Organe der Polizeiinspektion Friedburg-Lengau hat ergeben, dass der Bw der Aufforderung vom 19.4.2011 nicht nachgekommen ist. Dies wird im Übrigen vom Bw auch nicht bestritten.

 

Aufgrund der dargestellten Sach- und Rechtslage wurde der Bw sohin von der belangten Behörde rechtmäßig zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes aufgefordert und ebenso rechtmäßig, nachdem dieser Aufforderung aktenkundig nicht Folge geleistet wurde, mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes notwendige Maßnahme als contrarius actus der Zuwiderhandlung (Betrieb einer gewerbebehördlich genehmigungspflichtigen Betriebsanlage ohne Genehmigung)  vorgeschrieben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

Mag.a Bergmayr-Mann

 

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