Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
A-4012 Linz, Fabrikstraße 32 | Telefon (+43 732) 70 75-155 85 | Fax (+43 732) 70 75-21 80 18

VwSen-252754/2/SR/Mu/Jo

Linz, 03.08.2011

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine  12. Kammer (Vorsitzender: Dr. Johannes Fischer, Berichter: Mag. Christian Stierschneider, Beisitzer: Mag. Dr. Bernhard Pree) über die Berufung der x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 24. Februar 2011, Zl. 0001678/2011, wegen einer Übertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.

II.              Die Berufungswerberin hat weder einen Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 24, 45 Abs. 1 Z. 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG;

Zu II.: § 66 VStG.

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 24. Februar 2011, Zl. 0001678/2011, wurde die Berufungswerberin (im Folgenden: Bwin) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

Sie haben als handelsrechtliche Geschäftsführerin der Firma x, welche für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat und somit als nach § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche/r, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

 

Die oa. Firma hat als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG zumindest am 23.03.2010 den Staatsbürger von x, Herrn x, geboren x, wohnhaft x als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt – € 70,- – ausgehend vom Betriebsstandort als Automechaniker – Reparieren der Bremse eines LKW-Anhängers – fallweise beschäftigt. Der in Rede stehende Beschäftigte war der Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebunden­heit.

 

Obwohl dieser Dienstnehmer nicht von der Vollversicherung – die Geringfügigkeitsgrenze wurde weit überschritten – im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und daher in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung vollversicherungspflichtig ist, wurde hierüber eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der OÖ. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77 als zuständigem Sozialversicherungsträger nicht vor Aufnahme der Tätigkeit erstattet.

 

Die gegenständlichen Firma hat somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs. 1 ASVG verstoßen.“

 

Dadurch erachtete die belangte Behörde eine Verwaltungsübertretung nach dem § 33 Abs. 1 und Abs. 1a iVm. § 111 ASVG als gegeben und verhängte nach dem Strafrahmen des § 111 ASVG eine Geldstrafe in Höhe von 2.180 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 146 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden 218 Euro (10 % der Geldstrafe) vorgeschrieben.

 

In der Begründung führte die belangte Behörde zum Sachverhalt aus, dass die der Bwin angelastete Tat im Zuge eines Ermittlungsverfahrens wegen einer Übertretung des BStMG durch die belangte Behörde bekannt geworden sei.

 

Der Sachverhalt (Übernahme eines Schriftstückes durch x als Arbeitnehmer der Firma x) sei dem Finanzamt Linz zur Kenntnis gebracht worden. Diese habe in der Folge einen Strafantrag gestellt.

 

Der übermittelten Anzeige ist eine mit dem Ehemann der Bwin aufgenommene Niederschrift vom 9. September 2010 beigelegt worden. Demnach habe der Ehemann angegeben, dass x sicher nicht in der gegenständlichen Firma tätig gewesen sei, weil er diesem am 21. Dezember 2009 nach einem Dieseldiebstahl ein Haus- und Platzverbot erteilt habe. Möglicherweise habe x in der gegenüberliegenden Halle bei Nachbarn gearbeitet.

 

Weiters ist die niederschriftliche Einvernahme des x angeschlossen worden. Unter Wahrheitspflicht habe der Zeuge vorgebracht, dass er sich am 23. März 2010 bei der Firma x, aufgehalten, das an die bezeichnete Firma gerichtete Schreiben vom 17. März 2010 persönlich übernommen und sofort der zuständigen Sekretärin übergeben habe. Am 23. März 2010 habe er als Automechaniker für diese Firma die Bremse eines kaputten Auflegers repariert und dafür einen Lohn in Höhe von 70 Euro erhalten. Zum Zeitpunkt der Einvernahme habe er bei der genannten Firma nicht mehr gearbeitet, weil diese Firma in Konkurs gegangen sei.

 

Der angesprochene Rückschein sowie die Firmendatenauszüge und diverse Kopien sind dem Strafantrag beigelegt worden.

 

Da die Bwin auf die ordnungsgemäß zugestellte Aufforderung zur Rechtfertigung nicht reagiert habe, sei das Strafverfahren ohne ihre Anhörung durchgeführt worden. Für die erkennende Behörde war daher der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Beweisverfahrens erwiesen.

 

Nach Darstellung der verletzten Verwaltungsvorschriften stellte die belangte Behörde fest, dass der Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht erfüllt sei.

 

Zum Verschulden führte die belangte Behörde aus, dass für die Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genüge und es sich im vorliegenden Fall um ein Ungehorsamkeitsdelikt handle. Nachdem sich die Bwin zum Tatvorwurf nicht geäußert habe, habe ihr Verschulden nicht entkräftet werden können, weshalb die gegenständliche Verwaltungsübertretung auch hinsichtlich ihrer subjektiven Tatbestandsmäßigkeit erwiesen sei.

 

Im Zuge der Strafbemessung seien weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe hervorgekommen. Aufgrund einer einschlägigen rechtskräftigen Vorstrafe finde der erhöhte Strafsatz des § 111 ASVG Anwendung. Mangels Mitwirkung seien die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse von Amts wegen zu schätzen gewesen. Die Verhängung der Mindeststrafe sei als ausreichend angesehen worden.

 

2. Gegen dieses der Bwin am 8. März 2011 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 14. März 2011.

 

Darin wird zunächst vorgebracht, dass die zu ihrer Entlastung dienlichen Zeugen und Fakten nicht ausreichend ermittelt bzw. gehört worden seien.

 

x sei vom 1. September 2009 bis zum 21. Dezember 2009 in ihrer Firma beschäftigt gewesen. Wegen eines Dieseldiebstahles sei dieser am 21. Dezember 2009 vom im Unternehmen tätigen Ehemann fristlos gekündigt worden. Vor mehreren Zeugen habe der Ehemann gegenüber x ein Platzverbot für das Firmengelände ausgesprochen. Das Platzverbot könne aber nur schwer umgesetzt und kontrolliert werden, da am Betriebsstandort auch viele andere Mieter untergebracht seien. x sei mehrmals bei benachbarten Landsleuten gesehen worden.

 

Der Eingangsbereich des Bürotraktes sei allgemein zugänglich. Davor befinde sich ein Kaffeeautomat samt Sitzgelegenheit. Dieser Bereich werde auch von Leuten, die nicht ihrer Firma zugerechnet werden können, benutzt.

 

Zum Zeitpunkt der Zustellung habe sich x bei dem Kaffeeautomaten aufgehalten. Der Postbeamte habe den in diesem Bereich aufhältigen x vermutlich als einen Mitarbeiter der Bwin angesehen und ihm deshalb das Schreiben übergeben. Richtigerweise hätte sich der Postbeamte überzeugen müssen, ob x eine Vollmacht für die Übernahme eines eingeschriebenen Briefes besitze.

 

Wie mehrere Zeugen beweisen können, sei x weder berechtigt gewesen, das Schreiben zu übernehmen noch habe dieser das Schreiben bei der Sekretärin abgegeben. Vermutlich habe x aus Rache wegen der fristlosen Kündigung so gehandelt. Nach der Beendigung des Dienstverhältnis habe x weder einen Auftrag zur Leistungserbringung noch ein Entgelt erhalten.

Die verhängte Geldstrafe könne die Bwin nicht bezahlen. Aufgrund der aktuellen Lage im Transportgewerbe beziehe sie derzeit einen Geschäftsführerbezug in Höhe von 1.250 Euro. Darüber hinaus sei sie für ihre zwei minderjährigen Kinder sorgepflichtig.

 

Erschließbar wird daher die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

3.1. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz, Bezirksverwaltungsamt, hat mit Vorlageschreiben vom 14. März 2011 die Berufung der Bwin dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich unter Anschluss eines Ausdruckes ihres elektronischen Aktes mit dem Ersuchen um Entscheidung übermittelt.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht­nahme in den Akt des Magistrates der Landeshauptstadt Linz zu                      Zl. 0001678/2011; da sich bereits aus diesem der entscheidungsrelevante Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (in der Folge: VStG) von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3.3. Aus dem Vorlageakt ergibt sich für den Oö. Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt:

 

Am 20. Mai 2010 hat die belangte Behörde x als Zeugen in einem Verfahren nach dem BStMG niederschriftlich befragt. Im Zuge dieser Befragung sagte der Zeuge aus, dass er am 23. März 2010 als Automechaniker für die Firma gearbeitet habe. Ein Aufleger der genannten Firma habe eine kaputte Bremse aufgewiesen. Diesen habe er repariert und dafür ca. 70 Euro als Lohn bekommen. Nunmehr würde er nicht mehr für die Firma arbeiten, da diese in Konkurs gegangen sei. Den vorgelegten Rückschein habe er unterschrieben und den Brief der Sekretärin übergeben.

 

Mit Schreiben vom 20. Mai 2010 hat die belangte Behörde das Finanzamt Linz um weitere Veranlassung ersucht, da der "begründete Verdacht" bestehe, dass die Bwin eine Übertretung nach dem ASVG begangen habe.

 

Am 9. September 2010 wurde der Ehegatte der Bwin zu den Anschuldigungen des x niederschriftlich befragt und einleitend darauf hingewiesen, dass er "gemäß § 89 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 iVm      § 143 Bundesabgabenordnung zur Auskunft verpflichtet" sei. Der Beschäftigungsvorwurf wurde vom "Auskunftspflichtigen" bestritten und abschließend ausgeführt, dass er x am 21. Dezember 2009 ein Haus- und Platzverbot erteilt habe, da er der Firma Diesel gestohlen habe. 

Im Strafantrag vom 27. Dezember 2010, FA-GZ. 046/79549/16/2010, hält das Finanzamt Linz folgenden Sachverhalt fest:

"Im Zuge eines Ermittlungsverfahrens wegen Übertretung des BStMG wurde dem Magistrat Linz bekannt, dass Herr x ein Schriftstück mit Zustellnachweis für die Firma x als Arbeitnehmer übernommen hat.

HV-Abfragen ergaben, dass x bis 21.12.2009 bei der x zur Sozialversicherung gemeldet war. Bei der folgenden Einvernahme gab x zu Protokoll, dass er am 23.03.2010 für die Firma x als Automechaniker tätig war, eine Bremsenreparatur an einem LKW-Anhänger durchgeführt und hiefür € 70,-- als Lohn erhalten hat.

Organe des Finanzamtes Linz führten am 09.09.2010 eine niederschriftliche Einvernahme mit dem Ehemann der Geschäftsführerin der x durch. Dieser gab im Zuge der Einvernahme an, er könne ausschließen, dass Herr x am 23.03.2010 für die x gearbeitet hat, er hätte ihm ein Haus- und Platzverbot am 21.12.2009 für die x erteilt, da x Diesel gestohlen hätte.

Dem ist entgegenzuhalten, dass x lt HV-Abfrage bereits seit 04.10.2010 bei der Nachfolgefirma der x (die Gesellschaft wurde lt. Firmenbuchabfrage infolge Eröffnung des Konkursverfahrens am 26.03.2010 aufgelöst), der x, zur Sozialversicherung gemeldet ist.

Es liegt somit ein Verstoß gegen das ASVG vor. x war am 23.03.2010 ohne Anmeldung zur Sozialversicherung bei der x beschäftigt."

 

Dem Strafantrag wurden unter anderem in Kopie die mit dem Ehemann der Bwin aufgenommene Niederschrift, das an die KIAB gerichtete Schreiben der belangten Behörde vom 20. Mai 2010 samt der mit x aufgenommen Niederschrift, der gegenständliche Zustellnachweis, der Versicherungsdatenauszug, eine Firmenbuchabfrage sowie zwei ZMR-Anfragen beigelegt.

 

Dem beigelegten Firmenbuchauszug vom 21. September 2010, FN345266 w, ist zu entnehmen, dass die Firma x erstmals am 3. Juni 2010 aufgrund eines gestellten Neuantrages im Firmenbuch eingetragen wurde. Aus Firmenbuchauszug vom 14. Jänner 2011 geht weiters hervor, dass die x infolge Eröffnung des Konkursverfahrens mit Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 23. März 2010, Zl. 17 S 23/10 x, aufgelöst wurde.

 

Entsprechend der Hauptverbandabfrage vom 14. Jänner 2011, 11:56:46 Uhr, war x vom 1. September 2009 bis zum 21. Dezember 2009 bei der x und vom 4. Oktober 2010 bis zum 14. Jänner 2011 bei der x jeweils als Arbeiter zur Sozialversicherung angemeldet.

 

3.4. Nach § 51c VStG hat der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer zu entscheiden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 111 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG (BGBl Nr. 189/1955 idF des SRÄG 2007, BGBl I Nr. 150/2009) handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

 

1.  Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.  Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.  Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4.  gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeich­nungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß Absatz 2 ist die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 von der Bezirks­verwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

 

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

 

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

 

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestim­mungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erst­maligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Entsprechend § 33 Abs. 1a ASVG kann die Anmeldeverpflichtung auch in zwei Schritten erfüllt werden, nämlich derart, dass vor Arbeitsantritt die Dienstgeber­kontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben) und innerhalb von 7 Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung die noch fehlenden Angaben (vollständige Anmeldung) gemeldet werden.

 

Gemäß § 33 Abs. 2 ASVG gilt Abs. 1 für die nur in der Unfall- und Pensions­versicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z. 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

Nach § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgeber beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (unmittelbar) auf Grund des ASVG versichert (Vollversicherung), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollver­sicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

 

4.2. Als Dienstnehmer iSd ASVG gilt gemäß § 4 Abs. 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen; unabhängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungscheckgesetz entlohnt werden oder wenn sie nach § 47 Abs. 1 iVm. Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig sind, soweit es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z. 4 lit. a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z. 4 lit. c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

 

Gemäß § 35 Abs. 1 ASVG ist als Dienstgeber derjenige anzusehen, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, wobei gemäß § 35 Abs. 2 ASVG Besonderes für jene nach § 4 Abs. 1 Z. 4 und 5 ASVG pflichtversicherte und für nach § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. c ASVG teilversicherte Dienstnehmer, für Heimarbeiter und für nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz überlassene Dienstnehmer gilt. Die dem Dienstgeber gemäß § 33 ASVG vorgeschriebenen Pflichten können nach § 35 Abs. 3 ASVG grundsätzlich auch auf Bevollmächtigte übertragen werden; dennoch hat der Dienstgeber auch in diesem Fall die in § 33 ASVG vorgesehene Meldung selbst zu erstatten, wenn eine der Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 ASVG vorliegt.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Dienstnehmereigenschaft gemäß den Kriterien des § 4 Abs. 2 ASVG ist im Zuge der Beurteilung der Frage, ob im konkreten Fall eine entsprechende persönliche Abhängigkeit vorlag bzw. überwogen hat, primär maßgeblich, ob eine Bindung des Arbeitenden an vom Dienstgeber vorgegebene Ordnungsvorschriften bezüglich des Arbeitsortes, der Arbeitszeit, des arbeitsbezogenen Verhaltens und sich darauf beziehende Weisungs- und Kontrollbefugnisse sowie eine persönliche Arbeitspflicht vorlag (vgl. z.B. VwGH v. 17. September 1991, Zl. 90/08/0152); soweit danach keine abschließende Beurteilung möglich ist, kann im Zuge der Beurteilung des Gesamtbildes darüber hinaus auch auf sekundäre Kriterien – wie die Dauer des Arbeitsverhältnisses oder Weisungsrechte des Dienstgebers bezüglich des Arbeitsverfahrens – abgestellt werden (vgl. z.B. VwSlg 11361 A/1984). Im Ergebnis genügt es für die Annahme des Vorliegens einer persönlichen Abhängigkeit, wenn der Arbeitende durch die Beschäftigung während dieser Zeit so in Anspruch genommen wird, dass er selbst über diese Zeit auf längere Sicht nicht frei verfügen kann und die Nichteinhaltung der übernommenen Verpflichtung einen Vertragsbruch mit entsprechenden rechtlichen Konsequenzen darstellen würde (vgl. VwGH v. 27. November 1990, Zl. 89/08/0178).   

 

Die wirtschaftliche Abhängigkeit ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen eine zwangsläufige Folge der persönlichen Abhängigkeit und findet ihren Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die zur Erbringung der Arbeitsleistung erforderlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel (vgl. VwGH v. 11. Dezember 1990, Zl. 88/08/0269).

 

Unter „Entgelt“ sind nach § 49 Abs 1 ASVG jene Geld- und/oder Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund  des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

 

Von der Vollversicherung nach § 4 ASVG und damit von der Kranken­versicherungspflicht sind nach § 5 Abs 2 leg cit u.a. geringfügig beschäftigte Personen ausgenommen.

 

Nach § 5 Abs 2 ASVG galt zum Tatzeitpunkt ein Beschäftigungsverhältnis als geringfügig, wenn es für eine kürzere Zeit als einen Kalendermonat vereinbart war und für einen Arbeitstag im Durchschnitt ein Entgelt von höchstens 28,13 Euro, insgesamt jedoch höchstens 366,33 Euro gebührte oder für mindestens einen Kalendermonat oder auf unbestimmte Zeit vereinbart war und im Kalendermonat kein höheres Entgelt als 366,33 Euro gebührte (vgl. Kundmachung vom 17. Dezember 2009, BGBl II Nr. 450/2009).

 

4.2.1. Gemäß § 539a Abs 1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach dem ASVG in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend. Durch den Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten nach bürgerlichem Recht können Verpflichtungen nach dem ASVG, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden (§ 539a Abs 2 ASVG). Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre (§ 539a Abs 3 ASVG).

 

In diesem Zusammenhang legt § 4 Abs. 2 ASVG fest, dass als Dienstnehmer derjenige anzusehen ist, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, während als Dienstgeber derjenige gilt, für dessen Rechnung der Betrieb, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, geführt wird.

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zum Ganzen VwGH 4.06.2008, Zl. 2007/08/0179 unter Hinweis auf VwSlg 11.361 A/1984 und 13.336 A/1990 sowie andere Vorjudikatur) ist bei der Prüfung der Versicherungspflicht nach § 4 ASVG die vertragliche Gestaltung der Beschäftigung in die Beurteilung des Gesamtbildes derselben einzubeziehen, weil sie (sofern keine Anhaltspunkte für ein Scheinverhältnis bestehen) die von den Parteien in Aussicht genommenen Konturen des Beschäftigungsverhältnisses sichtbar werden lässt, die wiederum bei der Deutung von Einzelmerkmalen der Beschäftigung eine Rolle spielen können. Entscheidend ist dabei, ob bei der tatsächlichen Beschäftigung im Rahmen der Beurteilung des Gesamtbildes derselben die Kriterien persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit überwiegen. Die vertragliche Vereinbarung hat die Vermutung der Richtigkeit für sich. Es kommt aber dabei nicht auf die Bezeichnung des Verhältnisses zwischen einer Person und dem von ihr Beschäftigten durch die Vertragspartner grundsätzlich nicht an. Zunächst ist daher zu prüfen, ob der Vertrag eine eindeutige Antwort darauf, welche Art von Vertrag gewollt war, zulässt oder nicht. Im letzteren Fall kommt der tatsächlichen Durchführung der Beschäftigung für die Frage der Pflichtversicherung entscheidende Bedeutung zu.

Ferner führt der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtssprechung (vgl. VwSlg 10.140/1980) zur Abgrenzung des Dienstverhältnis vom freien Dienstvertrag einerseits und vom Werkvertrag anderseits aus, dass es darauf ankommt, ob sich jemand für einen bestimmte Zeit zur Dienstleistung für einen Dienstgeber verpflichtet oder ob er die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernimmt, wobei es sich im zuletzt genannten Fall um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossenen Einheit, handeln muss. Hingegen kommt es beim Dienstvertrag primär auf die rechtliche begründete Verfügungsmacht des Dienstgebers über die Arbeitskraft des Dienstnehmers an, wobei Letzterer zur Erbringung von Dienstleistungen für eine konkrete Zeit bereit sein muss, die er in persönlicher und regelmäßig damit verbundener wirtschaftlichen Abhängigkeit vom Leistungsempfänger erbringt.

 

Der Werkvertrag begründe in der Regel ein Zielschuldverhältnis, bei dem die Verpflichtung besteht, eine vertraglich individualisierte und konkretisierte und damit genau umrissene Leistung – in der Regel bis zu einem bestimmten Termin – zu erbringen. Das Vertragsverhältnis endet somit mit der Erbringung der Leistung als eine in sich geschlossene Einheit. Das Interesse des Bestellers und die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind lediglich auf das Endprodukt als solches gerichtet. Einzelne manuelle Beiträge zu einem Werk wie diverse Montagearbeiten hat der Verwaltungsgerichthof nicht als Herstellung eines Werkes angesehen (vgl. näher mwN VwGH 26.01.2010, Zl. 2008/08/0034).

 

4.2.2. Die der Bwin angelastete Übertretung fußt ausschließlich auf den Zeugenaussagen eines gekündigten Dienstnehmers. Darüber hinaus liegen weder eigene dienstliche Wahrnehmungen, weitere belastende Zeugenaussagen noch ein Geständnis der Bwin vor.

 

Das Vorbringen des Zeugen ist vage. Die Ausführungen des Belastungszeugen erschöpfen sich darin, dass er "am 23. März 2010" für die gegenständliche Firma gearbeitet und für die Reparatur einer defekten Anhängerbremse "ca. 70 Euro" erhalten haben will. Obwohl der Ehegatte der Bwin jedenfalls gleichermaßen glaubhaft dargelegt hat, dass der Bw am 23. März 2010 nicht als Dienstnehmer bei der genannten Firma beschäftigt war, ist die belangte Behörde einzig den Ausführungen des Belastungszeugen gefolgt. Woraus die belangte Behörde aber ableitet, dass der Zeuge x als Dienstnehmer von der Bwin in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt "jedenfalls" am 23. März 2010 fallweise beschäftigt worden ist, kann nicht erkannt werden. x hat bei der niederschriftlichen Befragung ausdrücklich nur den 23. März 2010 genannt und den Umfang der Tätigkeit beschrieben. Daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass der Zeuge x mehrmals als Automechaniker tätig geworden ist. Dies versucht die belangte Behörde jedoch in der Tatanlastung mit den Worten "jedenfalls am 23. März 2010" und "fallweise beschäftigt" zum Ausdruck zu bringen.

 

Aus dem Umstand, dass der Zeuge x ein Schriftstück für die Bwin übernommen hat und auf dem Rückschein als Arbeitnehmer bezeichnet wurde, kann im Hinblick auf das glaubwürdige Vorbringen der Bwin nicht zwingend auf das von der Behörde angenommene Dienstverhältnis geschlossen werden.

 

Der erkennende Verwaltungssenat kommt bei der gegebenen Beweislage zur Ansicht, dass die im Spruch angelastete Verwaltungsübertretung nach Ausweis der Aktenlage nicht erwiesen ist.

 

Aufgrund der vorliegenden Ermittlungsergebnisse kann daher nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit vom Vorliegen eines Dienstverhältnisses ausgegangen werden.

 

Im Zweifel war daher gemäß Art. 6 Abs. 2 EMRK („in dubio pro reo“) zu Gunsten der Bwin davon auszugehen, dass sie die ihr angelastete Tat nicht begangen hat.

 

4.3. Selbst wenn der Zeuge x zum angeführten Zeitpunkt auf dem Firmengelände der Bwin tätig geworden ist, wäre nach den oben dargelegten Kriterien des Verwaltungsgerichtshofes wohl von einem Werkvertrag auszugehen, weil x eine im Vorfeld individualisierte, konkretisierte und genau umschriebene Leistung, die bestimmte Fachkenntnisse erfordert, nämlich die Reparatur der Bremsen eines Lkw-Anhängers, für einen bestimmten Geldbetrag erbracht hat.

 

4.4. Im Ergebnis war der Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren mangels einer erwiesenen Verwaltungsübertretung gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Bwin gemäß § 66 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigen Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Johannes Fischer