Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401122/5/SR/Wu

Linz, 10.08.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider von Amts wegen über die Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des x, geboren am x in x, Staatsangehöriger von x, derzeit im Polizeianhaltezentrum x, in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck zu Recht erkannt:

 

Es wird festgestellt, dass die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft auch über die Dauer von vier Monaten hinaus vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt dieser Entscheidung verhältnismäßig ist.

 

Rechtsgrundlage:

§ 80 Abs. 7 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG (BGBl I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr. 38/2011).

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck (im Folgenden: Behörde) vom 9. April 2011, Sich40-2968-2010, wurde über den Fremden, dessen Identität nach wie vor nicht gesichert ist, die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sowie zur Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs. 1 iVm. § 77 Abs. 4 FPG iVm § 57 AVG angeordnet. Der Bescheid wurde dem Fremden am 9. April 2011 durch persönliche Ausfolgung zu eigenen Handen zugestellt. Die Bestätigung der Ausfolgung wurde vom Fremden ohne Angabe von Gründen verweigert.  

 

In der Begründung nahm die Behörde eine ausführliche Sachverhaltsfeststellung vor. Diese deckt sich im Wesentlichen mit der diesem Bescheid zugrundeliegenden Sachverhaltsdarstellung.

 

Im Anschluss daran setzte sich die Behörde umfassend mit dem Verhalten des Fremden auseinander und begründete klar und schlüssig die Notwendigkeit der Schubhaftverhängung. Herauszugreifen ist beispielsweise die ungeklärte Identität, die mangelnde Mitwirkung an der Identitätsfeststellung, die mangelnde berufliche und soziale Verankerung im Inland, der illegale Aufenthalt, Obdachlosigkeit und der nachhaltige Verstoß gegen das gelindere Mittel. Im Hinblick auf das bisherige Verhalten des Fremden, die anschaulich dargelegten Gründe, die abgeschlossenen Asylverfahren und die beabsichtigte Abschiebung in den Herkunftsstaat bejahte die Behörde einen konkreten und akuten Sicherungsbedarf. Im Hinblick auf die bereits erfolgte Missachtung des gelinderen Mittels und den vorliegenden Sicherungsbedarf nahm sie von der Anordnung gelinderer Mittel Abstand. 

 

2. Mit Schreiben vom 1. August 2011 teilte die Behörde vorab per E-Mail mit, dass sich der Fremde "seit 9. April 2011 bis laufend im Stande der Schubhaft im x zur Verfügung der BH Vöcklabruck" befinde und der gesamte Fremdenakt zum Zwecke der Feststellung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft im Sinne des § 80 Abs. 7 FPG per Post übermittelt werde.

 

Nach Bezugnahme auf die Begründung des Schubhaftbescheides schilderte die Behörde das weitere Verfahren, deren Ermittlungsergebnisse, den Verfahrensstand im zweiten Asylfolgeantrag und die beabsichtigte Vorgangsweise. So sei nach erstinstanzlicher Finalisierung des anhängigen dritten Asyl- und Ausweisungsverfahrens die Vorführung des Fremden vor eine Delegation der Republik x zur Identitätsfeststellung geplant (als Termine stünden der 5., 19. und 26. August 2011 zur Verfügung) und mit einer unverzüglichen Ausstellung eines Heimreisezertifikates zu rechnen.

 

Da unverändert die akute Gefahr bestehe, dass sich der Fremde auf freiem Fuß neuerlich einem Zugriff der Fremdenpolizeibehörde entziehen werde, um eine Abschiebung nach x zu vereiteln, liege weiterhin eine absolute Notwendigkeit der Anhaltung des Fremden in Schubhaft vor und im Hinblick auf die in Kürze zu erwartende Finalisierung des Verfahrens zur Beschaffung eines Heimreisezertifikates sei die weitere Anhaltung des Fremden in Schubhaft auch verhältnismäßig.

 

Am 3. August 2011 langte der Fremdenakt der Behörde beim Oö. Verwaltungssenat ein.

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Einsicht in die vorgelegten Akten und dabei einen vollständig geklärten Sachverhalt vorgefunden.

 

3.2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche Sachverhalt:

 

Der Fremde, dessen Identität nach wie vor nicht feststeht, brachte am 24. September 2010 bei der PI Feldkirch (Vorarlberg) einen Antrag auf Gewährung von internationalen Schutz (im Folgenden: Asylantrag) ein. Die illegale Einreise in Österreich sei schlepperunterstützt erfolgt, wobei die Reisebewegungen per Flugzeug und Lkw vorgenommen worden seien. Durchreiste Staaten konnte der Fremde nicht angeben. In x würde er lediglich über eine Wahlkarte verfügen, die x Identitätskarte sei in Verlust geraten und einen Nationalreisepass habe er noch nie besessen.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes, EAST-West, zu Zahl 10 08.910 wurde der Asylantrag gemäß § 3 AsylG abgewiesen und gemäß § 8 AsylG festgestellt, dass dem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat x nicht zuerkannt werde. Gleichzeitig wurde der Fremde gemäß § 10 Abs. 1 AsylG aus dem Bundesgebiet nach x ausgewiesen. Einer allfällig gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde wurde gemäß § 38 Abs. 1 Z. 5 AsylG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Da aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes (Verhalten des Fremden und Vorliegen einer durchsetzbaren Ausweisungsentscheidung) die Behörde ein Untertauchen des Fremden befürchtete, ordnete sie mit Bescheid vom 22. Oktober 2010, Zl. Sich40-2968-2010 zur Sicherung des Ausweisungsverfahrens bis zum Eintritt der Durchführbarkeit sowie zur Abschiebung nach x das gelindere Mittel (tägliche Meldung bei der PI Timelkam und Unterkunftnahme im x) an. Die Bedeutung der behördlichen Auflagen und die rechtlichen Konsequenzen für den Fall eines Verstoßes wurden dem Fremden am 22. Oktober 2010 unter Beiziehung eines Dolmetschers erklärt.

 

Im Zuge dieser Amtshandlung wurde der Fremde auf seine Ausreiseverpflichtung hingewiesen und das Identitätsprüfungsverfahren eingeleitet.

 

Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 20. Dezember 2010 (rechtskräftig seit 23. Dezember 2010), GZ A10 416.133-1/2010/4E, wurde die Beschwerde des Fremden in allen Spruchpunkten abgewiesen.

 

Am 4. Jänner 2011 brachte der Fremde beim Bundesasylamt EAST-Ost einen Asylfolgeantrag ein. Die vom Bundesasylamt bescheidmäßig vorgenommene Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes hat der Asylgerichtshof mit Beschluss vom 20. Jänner 2011, GZ A12 416.133-2/2011/2E, als rechtmäßig festgestellt.

 

Ab 28. Jänner 2011 leistete der Fremde seiner ihm im Rahmen des gelinderen Mittels auferlegten Melde- und Unterkunftnahmeverpflichtung keine Folge mehr und tauchte unter. Die polizeiliche Abmeldung wurde von der ehemaligen Unterkunftsgeberin am 3. Februar 2011 veranlasst und die Behörde hat den Fremden nach den Bestimmungen des FPG zur Festnahme ausgeschrieben.

 

Bedingt durch das Untertauchen des Fremden musste die Behörde das für den 11. Februar 2011 vorgesehen Identitätsprüfungsverfahren (Interview mit einer x Delegation zur Feststellung der Identität des Fremden) absagen.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 21. Februar 2011, Zahl 11 00.120,  wurde der Asylfolgeantrag gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache als unzulässig zurückgewiesen und die Ausweisung des Fremden nach x verfügt. Der Bescheid ist in der Folge in Rechtskraft erwachsen.

 

Am 11. März 2011 legte der Fremde dem Bundesasylamt EAST-Ost Bescheinigungsmittel vor und wies dabei auf eine Wohnsitzadresse in x hin. Eine diesbezügliche Meldeüberprüfung verlief negativ.

 

Im Zuge einer Fremdenkontrolle in der Flüchtlingsunterkunft in x, wurde der Fremde am Samstag, dem 9. April 2011 um 10.10 Uhr festgenommen, der Behörde vorgeführt und über ihn die Schubhaft verhängt.

 

Mit E-Mail vom 11. April 2011 ersuchte die Behörde das BMI um weitere Betreibung der Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Fremden.

 

Am 13. April 2011 teilte das BMI der Behörde mit, dass für den Fremden ein Vorführtermin (29. April 2011, 12.00 Uhr) zur x Botschaft zum Zwecke der Identitätsfeststellung vereinbart worden ist.

 

Die bereits am 22. April 2011 organisierte Vorführung zur Botschaft musste wiederum abgesagt werden (siehe § 57 Abs. 10 AsylG), da der Fremde – in Kenntnis der Vorführung - am 28. April 2011 einen weiteren Asylantrag eingebracht hatte.

 

Bei der Erstbefragung am 28. April 2011 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte der Fremde vor, dass er bei der Einvernahme zum 2. Asylverfahren falsch verstanden worden sei und er dies erst jetzt begriffen habe.

 

Im Aktenvermerk vom 28. April 2011 hielt die Behörde fest, dass die gegen den Fremden verhängte Schubhaft als nach § 76 Abs. 2 FPG verhängt gelte.

 

Am 4. Mai 2011 teilte das Bundesasylamt der Behörde mit, dass im dritten Asylverfahren das Ausweisungsverfahren eingeleitet worden ist und die Zurückweisung des Antrages wegen entschiedener Sache beabsichtigt sei (§ 29 Abs. 3 AsylG).

 

Über Anfrage der Behörde vom 14. Juni 2011 gab das Bundesasylamt am 15. Juni 2011 bekannt, dass der Fremde Beweismittel vorgelegt habe und diese von der KTU und dem BK geprüft würden. Ein Untersuchungsergebnis liege derzeit noch nicht vor.

 

Aufgrund der neuerlichen Anfrage der Behörde teilte das Bundesasylamt mit, dass das zur Überprüfung der vorgelegten Zeitung erforderliche Exemplar am 5. Juli 2011 per Kurier in x abgeschickt worden sei und das Verfahren voraussichtlich in der 31. Kalenderwoche finalisiert werde.

 

Am 14. Juli 2011 hielt die Behörde in einem Aktenvermerk fest, dass die Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung im Hinblick auf die absehbare und geplante Finalisierung des dritten Asylverfahrens gegeben sei.

 

Entsprechend dem Ersuchen der Behörde gab das BMI am 22. Juli 2011 bekannt, dass eine Vorführung des Fremden zur Identitätsprüfung vor eine Delegation von x am 5., 19. oder 26. August 2011 möglich wäre.

 

Am 4. August 2011 teilte die Behörde per E-Mail mit, dass der Fremde am 5. August 2011 einer Delegation der Republik x zur Identitätsfeststellung vorgeführt werde.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 4. August 2011, Zahl 11 04.102, wurde der Asylfolgeantrag gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und die Ausweisung des Fremden nach Nigeria verfügt.

 

Die Überprüfung der vom Fremden vorgelegten Beweismittel (Zeitung mit Hinweisen auf seine Verfolgung) ergab, dass die vorgelegte Zeitung nicht mit der Originalausgabe übereinstimmt und als Fälschung zu bewerten war.

 

Am 5. August 2011 wurde der Fremde einer Delegation der Republik x vorgeführt und im Zuge des Gespräches gestand dieser ein, ein Staatsangehöriger der Republik x zu sein.

 

Seit 8. August 2011 befindet sich der Fremde in Hungerstreik.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 80 Abs. 7 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011, ist, wenn der Fremde länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden soll, die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom örtlich zuständigen unabhängigen Verwaltungssenat von Amts wegen zu überprüfen. Die Behörde hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass den unabhängigen Verwaltungssenaten eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Der unabhängige Verwaltungssenat hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

 

4.2. Nach § 80 Abs. 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf außer den Fällen der Abs. 3 und 4 insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.

 

Gemäß § 80 Abs. 4 FPG kann, wenn ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden kann oder darf,

1. weil die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht möglich ist oder

2. weil die für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staats nicht vorliegt oder

3. weil er die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt      (§ 13) widersetzt,

die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr nicht länger als 6 Monate aufrecht erhalten werden, es sei denn, die Nichtvornahme der Abschiebung ist dem Verhalten des Fremden zuzurechnen. In diesem Fall darf der Fremde wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monaten nicht länger als 10 Monate in Schubhaft angehalten werden. Gleiches gilt, wenn die Abschiebung dadurch gefährdet erscheint, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen hat. Ebenso kann die Schubhaft, die gemäß § 76 Abs. 2 verhängt wurde, länger als 6 Monate in einem Jahr, aber nicht länger als 10 Monate in 18 Monaten aufrecht erhalten werden.

 

Gemäß § 80 Abs. 5 FPG kann in Fällen, in denen die Schubhaft gemäß § 76 Abs 2 oder 2a verhängt wurde, diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf Internationalen Schutz aufrecht erhalten werden, es sei denn, es läge auch ein Fall des Abs. 4 Z. 1 bis 3 vor. Wird der Beschwerde gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zur Entscheidung des Asylgerichtshofes aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrecht erhalten werden, wenn der Asylgerichtshof eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt. Die Schubhaftdauer darf in diesen Fällen die Dauer von 10 Monaten innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monaten nicht überschreiten.

 

Gemäß § 76 Abs. 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Gemäß § 76 Abs. 1a FPG dürfen unmündige Minderjährige nicht in Schubhaft angehalten werden.

 

Gemäß § 76 Abs 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

 

1.     gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2.     gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3.     gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist oder

4.     auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Die Schubhaft ist nach § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Der Bescheid hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Fremden verständlichen Sprache zu enthalten oder einer Sprache, bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass er sie versteht. Eine unrichtige Übersetzung begründet lediglich das Recht, unter den Voraussetzungen des § 71 AVG wiedereingesetzt zu werden.

 

Stellt ein Fremder während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf Internationalen Schutz, so kann gemäß § 76 Abs. 6 FPG diese aufrechterhalten werden. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 oder 2a vor, gilt die Schubhaft als nach Abs. 2 oder 2a verhängt. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Schubhaft gemäß Abs. 2 oder 2a ist mit Aktenvermerk festzuhalten. 

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z. 1.

 

Nach § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung,

1.      in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2.      sich in periodischen Abständen bei einem Polizeikommando zu melden      oder

3.      eine angemessene finanzielle Sicherheit bei der Behörde zu hinterlegen.

 

Gemäß § 77 Abs. 4 FPG ist die Schubhaft anzuordnen, wenn der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nachkommt.

 

4.3. Die Fremdenpolizeibehörde durfte gegen den Fremden mit Bescheid vom
9. April 2011 die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung auf der Grundlage gemäß § 76 Abs 1 iVm § 77 Abs. 4 FPG anordnen.

 

Abgesehen davon, dass sich der Fremde überwiegend rechtswidrig im Bundesgebiet aufhält, hat er nach der zweiten Asylantragstellung gegen das gelindere Mittel verstoßen und ist untergetaucht. In der Folge hat der Fremde nicht den Kontakt mit der Behörde gesucht, sondern wurde im Zuge einer fremdenpolizeilichen Kontrolle aufgrund eines Festnahmeauftrages der Behörde festgenommen und dieser vorgeführt.

 

Nach der 3. Asylantragsstellung, die im Stande der Schubhaft erfolgte, gilt die Schubhaft als gemäß § 76 Abs. 2 verhängt, da die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.

 

Da einer allfälligen Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid des Bundesasylamtes vom 4. August 2011 keine aufschiebende Wirkung zukommt, ist die mit der Zurückweisungsentscheidung verbundene Ausweisung des Fremden nach x durchsetzbar.

 

4.4. Der Oö. Verwaltungssenat teilt die Ansicht der Behörde, dass die vier Monate überschreitende Dauer der Schubhaft im vorliegenden Fall nicht als unverhältnismäßig angesehen werden kann.

 

Wie sich aus dem Vorlageakt ergibt, stand die Identität des Fremden bis zur erfolgreichen Vorführung am 5. August 2011 nicht fest. Die Feststellung seiner Identität hatte der Fremde einerseits durch sein Untertauchen und andererseits durch die Stellung eines weiteren Folgeantrages vereitelt. Mangels gesicherter Identität wurde für den Fremden bis dato kein Heimreisezertifikat ausgestellt. Da der Fremde aus diesen Gründen nicht abgeschoben werden kann, kann die Schubhaft – gestützt auf § 80 Abs. 4 Z. 2 FPG – länger als vier Monate aufrecht erhalten werden.

 

Sowohl die bisherigen Asylverfahren, die zuletzt vorgelegten Beweismittel (ge- bzw. verfälschte Zeitung), das Vortäuschen einer Abgabestelle, die nachhaltige Missachtung des gelinderen Mittels und der am 8. August 2011 begonnene Hungerstreik zeigen auf, dass der Fremde mit aller Macht eine Ausweisung nach x zu verhindern sucht.

 

Die Fremdenpolizeibehörde hat in vorbildlicher Weise das Vorliegen der Voraussetzungen für die aufenthaltsbeendende Maßnahme und den aktuellen Sicherungsbedarf geprüft und konkret begründet, warum keine gelinderen Mittel in gleicher Weise zur Zielerreichung zum Tragen kommen können. Darüber hinaus ist aus dem behördlichen Handeln ableitbar, dass das gesamte Verhalten darauf gerichtet ist, eine Anhaltung des Fremden in Schubhaft so kurz wie möglich zu gestalten. Die zahlreichen behördlichen Versuche zeigen auf, dass sie mit allen rechtlich zulässigen Mitteln versucht hat, die Identität des Fremden zu klären. Dass ihr die Identitätsklärung bis zum 5. August 2011 und die Erlangung eines Heimreisezertifikates bis dato nicht gelungen ist, muss ausschließlich dem Fremden zugerechnet werden.

 

Trotz aller Versuche des Fremden, die darauf gerichtet sind, die Erlangung eines Heimreisezertifikates zu verhindern, ist der Fremdenpolizeibehörde zu folgen und davon auszugehen, dass nach der Identitätsfeststellung die begründete Aussicht besteht, die Ausstellung eines Heimreisezertifikates in angemessener Zeit zu erlangen.

 

Unstrittig steht fest, dass das erforderliche Heimreisezertifikat noch nicht vorliegt.

 

Aufgrund des bisherigen Verhalten des Fremden im Bundesgebiet, die seit 4. August 2011 durchsetzbare Ausweisungsentscheidung (mittlerweile dritte Ausweisungsentscheidung in Folge), die bevorstehenden Maßnahmen der Fremdenpolizeibehörde, die am 5. August 2011 erfolgte Vorführung des Fremden zu seiner Vertretungsbehörde zum Zwecke der Feststellung der Identität und der Erlangung eines Heimreisezertifikates, besteht die dringende Notwendigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft.

 

Der sozial nicht integrierte, mittellose und im Hungerstreik befindliche Fremde, der wiederholt eine Vorführung zu seiner Vertretungsbehörde vereitelt hat, ist unter keinen Umständen bereit, in sein Heimatland zurückkehren und wird voraussichtlich wie bisher alles unternehmen, um fremdenbehördliche Maßnahmen zu vereiteln. Von gelinderen Mitteln wurde im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten (dauerhafte Missachtung seiner Verpflichtungen gemäß § 77 Abs. 1 iVm Abs. 3 FPG) mit Recht Abstand genommen. Der Fremde könnte wiederum jederzeit in die Illegalität abtauchen, zumal er auch keinerlei familiären oder gesellschaftliche Verpflichtungen in Österreich hat.

 

Die Fremdenpolizeibehörde hat nachvollziehbar dargelegt, dass nach wie vor Grund für die Anhaltung des Fremden in Schubhaft besteht, zumal die Erlangung eines Heimreisezertifikates intensiv betrieben wird und voraussichtlich auch in absehbarer Zeit, nämlich durchaus innerhalb einer angemessenen Frist mit einer positiven Erledigung gerechnet werden kann.

 

Der Oö. Verwaltungssenat kann keine aktenkundigen Anhaltspunkte erkennen, wonach es auf Grund fremdenpolizeilicher Versäumnisse zu unangebrachten Verzögerungen gekommen wäre. Der Fremde hat durch sein bisheriges Gesamtverhalten hinreichend dokumentiert, dass er sich um Einreise- und Aufenthaltsvorschriften ebenso wenig wie um sonstige Rechtsvorschriften seines Gastlandes kümmert. Für den Fall seiner Freilassung wäre geradezu mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass er in die Illegalität abtauchen und sich dem Zugriff der Fremdenpolizei entziehen würde.

 

5. Zusammenfassend ist festzustellen, dass gemäß § 80 Abs 4 FPG die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft im Entscheidungszeitpunkt vorliegen.

 

Die weitere Anhaltung zum Zwecke der Erlangung eines Heimreisezertifikates der Botschaft von x und der Sicherung der Abschiebung erscheint auch verhältnismäßig und dem unkooperativen Verhalten des Fremden angemessen.

 

Der Eingriff in das Recht des Fremden auf persönliche Freiheit ist auch weiterhin im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit notwendig.

 

Zum Entscheidungszeitpunkt ist die Aufrechterhaltung der Schubhaft daher als verhältnismäßig festzustellen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Stierschneider

 

 


 

Übernahmebestätigung

 

 

 

Das Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 10. August 2011, VwSen-401122/5/SR/Wu, wurde mir zu eigenen Handen zugestellt.

 

Datum/Uhrzeit:

 

 

Unterschriften:

 

 

 

                                                       

Zusteller                                                   Empfänger

                                                                           x

 

 

 

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