Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231232/10/Fi/Fl

Linz, 24.05.2011

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Dr. Johannes Fischer über die Berufung der X, vertreten durch X, Rechtsanwalt, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Ried im Innkreis vom 21. Jänner 2011, GZ Sich96-116-2010-Stö, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 3. Mai 2011 mit diesem Bescheid zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird insoweit stattgeben, als die Höhe der Geldstrafe mit 250 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe mit 25 Stunden festgesetzt werden.

II.              Die Berufungswerberin hat 25 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde zu leisten. Für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat war kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 19, 24 und § 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: §§ 64f VStG.


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Ried im Innkreis (im Folgenden: belangte Behörde) vom 21. Jänner 2011, GZ Sich96-116-2010-Stö, wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 4 Tage) wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 15 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 und § 120 Abs. 1 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (im Folgenden: FPG 2005) verhängt.

Der Bw wird vorgeworfen, als Fremde nach Eintritt der Durchsetzbarkeit der gegen sie erlassenen Ausweisung – Ablehnung der Beschwerdebehandlung durch den Verwaltungsgerichtshof – nicht unverzüglich aus Österreich ausgereist zu sein und sich daher in der Zeit von 20. Februar 2010 bis 4. Mai 2010, 21.15 Uhr unrechtmäßig im Bundesgebiet von Österreich aufgehalten zu haben. Dies deshalb, weil die Bw als pass- und sichtvermerkspflichtige Fremde ohne gültiges Reisedokument und ohne gültigen Einreisetitel nicht rechtmäßig nach Österreich eingereist sei und im angeführten Zeitraum weder aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (im Folgenden: NAG) noch aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sei, kein vom Vertragsstaat ausgestellter Aufenthaltstitel gegeben sei, bzw. der Bw eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz nicht zukomme. Ebenfalls habe die Bw keine Beschäftigungsbewil­ligung, Entsendebewilligung oder Anzeigebestätigung nach dem Ausländerbe­schäftigungsgesetz inne.

Begründend führt die belangte Behörde – nach Schilderung des Sachverhalts und der maßgeblichen Rechtsvorschriften – im Wesentlichen aus, dass die Verwaltungsübertretung aufgrund der Angaben in der Anzeige der Autobahnpolizeiinspektion Ried im Innkreis, der Aktenlage und der Angaben der Bw anlässlich ihrer Vernehmung objektiv erwiesen sei.

Zum Verschulden sei auszuführen, dass die Bw gewusst habe, dass betreffend ihr Asylverfahren eine Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof anhängig war, sodass sich die Bw folglich darum bemühen hätte müssen, den Verfahrensstand zu verfolgen und vom Ausgang des Verfahrens Kenntnis zu erlangen. Die Bw habe es jedoch unterlassen, hinterlegte Schriftstücke zu beheben, Änderungen des Wohnsitzes bekannt zu geben sowie auf Schreiben ihrer Rechtsvertretung zu reagieren. Insofern ändere auch der Umstand, dass die Bw den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs möglicherweise nicht erhalten habe, – zumal es ihrer Rechtsvertretung mangels entsprechender Mitwirkung der Bw nicht möglich gewesen sei, diesen der Bw zur Kenntnis zu bringen – nichts an der Strafbarkeit des Verhaltens der Bw, weil diese Unkenntnis von der Bw selbst verschuldet gewesen sei.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bw am 24. Jänner 2011 zugestellt wurde, richtet sich die am 7. Februar 2011 per Telefax übermittelte – und damit rechtzeitige – Berufung vom selben Tag, die dem Unabhängigen Verwaltungssenat von der belangten Behörde mit Schreiben vom 7. März 2011 unter Anschluss des vollständigen Verwaltungsaktes zur Entscheidung vorgelegt wurde.

Begründend führt die Bw im Wesentlichen aus, dass die Behörde übersehen habe, dass der Bw eine Ausreise aus Österreich ohne Reisedokument nicht möglich sei. Die X Vertretungsbehörde in Wien habe jedoch zum damaligen Zeit nur gegenüber Fremdenpolizeibehörden Heimreisezertifikate ausgestellt. Überdies habe diese damals auch nur Reispässe ausgestellt, wenn ein zuvor in X erlangter "Proxy-Pass" hätte vorgewiesen werden können. Da die Bw einen solchen nicht vorweisen hätte können, wäre ihr von der nigerianischen Botschaft nicht geholfen worden. In Anbetracht dessen sei der Aufenthalt der Bw iSd § 46a Abs. 1 Z 3 FPG 2005 geduldet gewesen, sodass gemäß § 120 Abs. 5 Z 2 FPG 2005 eine Verwaltungsübertretung nicht vorliege. Ferner sei die Strafe überhöht bemessen worden, wobei die Bw insbesondere verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 120 Abs. 1 FPG 2005 äußert.

Die Bw stelle daher die Anträge, der Unabhängige Verwaltungssenat möge das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen; in eventu werde die Herabsetzung der Strafe auf das gesetzliche Mindestausmaß des § 13 VStG beantragt.

1.3. In der Ladung vom 4. April 2011 zur mündlichen Verhandlung wurde die Bw aufgefordert, bis spätestens eine Woche vor dem Termin der mündlichen Verhandlung entsprechende Nachweise für ihr Bemühen, ein Dokument zur Heimreise nach Nigeria zu erlangen, vorzulegen. Diesem Ersuchen ist die Bw nicht nachgekommen.

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Erstbehörde (einschließlich der Schriftsätze der Parteien) sowie durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 3. Mai 2011. Die ordnungsgemäß geladene Bw sowie ihre Rechtsvertretung sind der öffentlichen mündlichen Verhandlung unentschuldigt ferngeblieben.

2.2. Aus dem vorliegenden Verwaltungsakt (einschließlich der Schriftsätze der Parteien) sowie aus der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 3. Mai 2011 ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

Die Bw, eine X Staatsbürgerin, reiste im August 2005 ohne Dokumente illegal nach Österreich ein und stellte am 11. August 2005 einen Asylantrag, der vom Bundesasylamt mit Bescheid vom 5. Juli 2007 abgewiesen und mit dem zugleich die Ausweisung ausgesprochen wurde. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof zunächst aufschiebende Wirkung zuerkannt, bevor die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 27. Jänner 2010, 2008/23/0486, abgelehnt wurde. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs wurde der Rechtsvertretung der Bw am 18. Februar 2010 zugestellt.

Im März 2010 wurde der Bw eine Ausreiseinformation und ein Ladungsbescheid der BPD Wien per Rsa-Schreiben an die Adresse X, unter der die Bw zu diesem Zeitpunkt ihren Hauptwohnsitz gemeldet hatte, per Hinterlegung zugestellt. Das Schriftstück wurde nicht behoben.

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde vom 21. Jänner 2011, GZ Sich96-116-2010-Stö, wurde der Bw angelastet, sich in der Zeit von 19. Februar 2010 bis zum 4. Mai 2010, 21.15 Uhr unrechtmäßig im Bundesgebiet von Österreich aufzuhalten. Die Bw hält sich ohne eine Aufenthaltsberechtigung oder eine Dokumentation des Aufenthaltsrechts nach dem NAG noch aufgrund einer Verordnung für Vertriebene im Bundesgebiet von Österreich auf. Die Bw ist nicht im Besitz eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels, ihr Asylantrag wurde negativ beendet, und sie ist nicht Inhaberin einer Beschäftigungsbewilligung, Entsendebewilligung oder Anzeigebestätigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz.

Die belangte Behörde verhängte über die Bw das gelindere Mittel, um fremdenpolizeiliche Maßnahmen abzusichern. Die Bw hätte demnach weiterhin an der Adresse X Unterkunft zu nehmen und sich täglich bei der PI Ried im Innkreis zu melden. Die Bw hat sich diesem gelinderen Mittel entzogen.

Die belangte Behörde vereinbarte für die Bw einen Termin bei der X Botschaft zwecks Erlangung eines Heimreisezertifikats für den 18. Juni 2010. Die Bw ist zu diesen Termin unentschuldigt nicht erschienen.

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Nach § 51c VStG hat der Unabhängige Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

3.2. Gemäß § 120 Abs. 1 Z 2 FPG 2005, BGBl. I 100 in der nunmehr im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs vom 9. März 2011, G 53/10 u.a., kundgemacht im BGBl. I 17/2011, im Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat anzuwendenden Fassung (Aufhebung der Wortfolge "von 1 000 Euro"; die aufgehobene Bestimmung hat der Verfassungsgerichtshof ausdrücklich für nicht mehr anwendbar erklärt), begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis 5.000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen, zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG 2005 halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt;

5. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)

6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

§ 2 Abs. 4 Z 1 FPG 2005 definiert Fremde als Personen, die die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen.

3.3.1. Im vorliegenden Fall ist zunächst unbestritten, dass die Bw nicht österreichische Staatsangehörige und somit Fremde im Sinne des FPG 2005 ist.

Die Bw wendet ein, dass es ihr mangels Reisedokument nicht möglich gewesen sei, aus Österreich auszureisen, sie als Privatperson aber keine Möglichkeit gehabt hätte, ein Reisedokument von der X Botschaft zu erlangen. Insofern sei die Bw im Sinne des § 46a Abs. 1 Z 3 FPG 2005 zu dulden gewesen, weshalb gemäß § 120 Abs. 5 FPG 2005 eine Verwaltungsübertretung nicht vorliege. Dazu ist anzumerken, dass die Bw im Verfahren – trotz ausdrücklicher Aufforderung – keinerlei Nachweise zum Beleg dieses Vorbringens bzw. insbesondere zu einem Bemühen ihrerseits, ein Dokument für die Ausreise zu erlangen, vorgelegt hat. Bestrebungen seitens der Bw zum Zwecke einer Ausreise aus Österreich waren nicht erkennbar, vielmehr hat es diese sogar mehrmals unterlassen, am Verfahren mitzuwirken und so eine Ausreise zu ermöglichen. Darüber hinaus vermochte der Vertreter der belangten Behörde in der mündlichen Verhandlung glaubhaft darlegen, dass es der Bw sehr wohl möglich gewesen wäre, ein Reisedokument bei der nigerianischen Botschaft zu erlangen. Der Vertreter der belangten Behörde wies weiters darauf hin, dass selbst als für die Bw ein Botschaftstermin zwecks Erlangung eines Heimreisezertifikates vereinbart worden war, diese sogar unentschuldigt nicht erschienen ist. Der Unabhängige Verwaltungssenat vermag daher – auch mangels entsprechender Mitwirkung der Bw im Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat - nicht zu erkennen, dass der Tatbestand der Duldung nach § 46a Abs. 1 Z 3 FPG 2005 erfüllt ist, sodass auch das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes des § 120 Abs. 5 FPG 2005 zu verneinen ist. Der objektive Tatbestand des unrechtmäßigen Aufenthalts ist daher als erfüllt anzusehen.

3.3.2. Hinsichtlich der subjektiven Tatseite ist § 120 FPG 2005 als Unge­horsamsdelikt im Sinne des § 5 VStG anzusehen, da zur Vollendung der Tat kein Erfolg eintreten muss. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwal­tungsvorschrift über das Ver­schulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahr­lässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwal­tungs­übertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und die Täterin nicht glaubhaft macht, dass sie an der Verletzung der Verwaltungs­vorschrift kein Verschulden trifft.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat die Bw initiativ alles darzu­legen, was für ihre Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch das Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

Die Bw hat in dieser Hinsicht nichts vorbringen können, was ihre Verantwortung für die Verwaltungsübertretung hindern würde. Auch ihr Vorbringen in der Rechtfertigung vom 19. Juli 2010, sie sei in Unkenntnis des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofs gewesen, vermag daran nichts zu ändern, zumal durch die rechtswirksame Zustellung des Erkenntnisses an den Vertreter der Bw die Ausweisung durchsetzbar wurde und die Unkenntnis auf die mangelnde Mitwirkung der Bw selbst zurückzuführen war, sodass sich diese nicht entschuldigend auf diesen Umstand berufen kann. Auf der Verschuldensebene teilt der Unabhängige Verwaltungssenat damit im Ergebnis ebenso die Ansicht der belangten Behörde.

3.4. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

Trotz des vorliegenden Milderungsgrundes der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit und der relativ kurzen Dauer des unrechtmäßigen Aufenthaltes der Bw hatte die belangte Behörde im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses § 120 FPG 2005, BGBl. I 100/2005 in der Fassung BGBl. I 122/2009, anzuwenden und daher auf die vorgesehene Mindeststrafe von 1.000 Euro abzustellen. Mit Erkenntnis vom 9. März 2011, G 53/10 u.a., hat der Verfassungsgerichtshof die Wortfolge "von 1 000 Euro" in Abs. 1 und die Wendung "1" in Abs. 4 des § 120 FPG 2005, BGBl. I 100/2005 in der Fassung BGBl. I 122/2009 als verfassungswidrig aufgehoben und ausgeführt, dass die aufgehobenen Bestimmungen nicht mehr anzuwenden sind. Die Aufhebung der Wortfolge durch den Verfassungsgerichtshof wurde vom Bundeskanzler am 4. April 2011 im BGBl. I 17/2011, kundgemacht.

Bedingt durch die Aufhebung der Mindeststrafe von 1.000 Euro hatte sich der Unabhängige Verwaltungssenat bei der Strafbemessung am nunmehr geltenden Strafrahmen (Geldstrafe bis 5.000 Euro) zu orientieren. Strafmildernd war dabei – wie teils bereits von der belangten Behörde entsprechend gewürdigt – die Unbescholtenheit der Bw sowie die relativ kurze Dauer des unrechtmäßigen Aufenthalts zu werten. Straferschwerend trat für den Unabhängigen Verwaltungssenat jedoch das Verhalten der Bw (wie etwa das Nichtbeheben von behördlichen Schriftstücken bzw. das Nichterscheinen trotz Ladung vor Behörden) hinzu, das die Absicht erkennen lässt, den unrechtmäßigen Aufenthalt der Bw in Österreich zu verlängern. Abstellend auf das schuldhafte Verhalten der Bw und die vorliegenden Milderungs- und Erschwerungsgründe erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat die nunmehr verhängte Geldstrafe in der Höhe von 250 Euro und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 25 Stunden daher für angemessen und ausreichend, um die Bw zukünftig von einer gleichgelagerten Verwaltungsübertretung abzuhalten.

Sowohl aus Gründen der Generalprävention als auch der Spezialprävention bedurfte es daher einer Bestrafung, um Übertretungen in vergleichbaren Fällen hintan zuhalten.

3.5. Das außerordentliche Milderungsrecht des § 20 VStG kann im gegenständlichen Fall nicht zur Anwendung gebracht werden, zumal kein beträchtliches
Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe iSd Gesetzesbestimmung vorliegt (vgl. u.a. VwGH 20.9.2000, 2000/03/0046).

3.6. Gerade auch vor dem Hintergrund der allgemein anerkannten Notwendigkeit eines geordneten Fremdenwesens mangelt es zumindest an einer der kumulativen Voraussetzungen (geringe Tatfolgen, geringfügiges Verschulden) für ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs 1 VStG.

Es war daher nicht von der Strafe abzusehen und auch nicht mit Ermahnung vorzugehen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis hat die Bw gemäß § 64 VStG einen Beitrag zu den Kosten Verfahrens vor der belangten Behörde von 25 Euro zu leisten. Ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren war nicht vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Johannes Fischer

 

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