Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730358/2/BP/Gru

Linz, 16.08.2011

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Mag. Dr. Bernhard Pree                                                                                      4A13, Tel. Kl. 15685

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, StA der Türkei, vertreten durch X, Verein X, X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Kirchdorf a. d. Krems vom 14. Dezember 2010, GZ.: Sich40-195-2006, mit dem ein Antrag des Berufungswerbers auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes abgewiesen bzw. der Eventualantrag auf Feststellung der Unanwendbarkeit des Aufenthaltsverbotes zurückgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

(İtiraz asılsız olduğundan reddedilmesine ve itiraz edilen kararın onaylanmasına.)

 

 

Rechtsgrundlage:

(Hukuki dayanak)

 

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Kirchdorf a. d. Krems  vom 8. April 2006, GZ.: Sich40-195-2006, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden Bw) ein auf 5 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot - rechtskräftig seit 26. Juni 2008 - erlassen.

 

1.2. Mit Bescheid vom 14. Dezember 2010 wies die belangte Behörde einen Antrag des Bw auf Aufhebung dieses Aufenthaltsverbotes vom 15. September 2010 gemäß § 65 Abs. 1 FPG in der damals geltenden Fassung ab.

 

Weiters wurde ein Eventualantrag auf Unanwendbarkeit des Aufenthaltsverbotes als unzulässig zurückgewiesen.

 

Begründend führt die belangte Behörde u. a. zunächst zum Sachverhalt aus, dass der Bw, ein türkischer Staatsangehöriger, erstmals am 25. August 1995 in das Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist und seit dem 5. August 1993 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet sei. Der Ehe entstammten drei Kinder, die zwischen 1995 und 1999 geboren seien.

 

Im Laufe seines Aufenthalts sei der Bw mehrfach strafgerichtlich verurteilt worden:

1. BG Gmunden vom 7. November 1997, Zl. 4 U 359/1997S, wegen § 88 Abs. 1 StGB, Geldstrafe von 100 Tagessätzen (6.000 ATS),

2. BG Gmunden vom 12. Juni 2003, Zl. U 76/2003K, wegen § 83 Abs. 1 StGB, Geldstrafe von 80 Tagessätzen (160 Euro)

3. LG Wels vom 2. März 2006, Zl. 11 HV 38/2003G, wegen des Verbrechens der teils vollendeten und teils versuchten Vergewaltigung gemäß §§ 201 Abs. 2 und 15 Abs. 1 StGB sowie wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen gemäß § 206 Abs. 1 StGB, Freiheitsstrafe von 2 Jahren, 10 Monaten und 20 Tagen, davon 2 Jahre bedingt, Probezeit 3 Jahre (Vollzugsdatum 13. Juli 2007).

 

In der diesbezüglichen Urteilsbegründung wird ausgeführt, dass der Bw die minderjährige, jüngere Schwester seiner Ehegattin zur Duldung - dem Beischlaf gleichzuhaltender – sexuellen Handlungen und zum Beischlaf selbst gezwungen habe und rund ein Jahr später wiederum den Versuch einer Vergewaltigung unternommen hatte. Es wird dabei auf die besondere Verwerflichkeit und die hohe Rückfallseignung hingewiesen.

 

Daneben sei der Bw wegen diverser verwaltungsrechtlicher Übertretungen bestraft worden.

 

Nach der Bestätigung des Aufenthaltsverbotes durch den Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 8. Juli 2009, Zl. 2008/21/0442-8, sei der Bw am 12. September 2009 seiner Ausreiseverpflichtung nachgekommen.

 

In ihren rechtlichen Überlegungen führt die belangte Behörde ua. aus, dass dem Bw aufgrund seiner Verehelichung mit einer österreichischen Staatsangehörigen, mit der er drei Kinder hat, aufgrund des langjährigen rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet ein hohes Maß an Integration zuzubilligen sei, weshalb mittels der Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes in sein Privat- und Familienleben eingegriffen werde. Es sei zwar richtig, dass der Bw seit seiner Verurteilung im Jahr 2007 nicht mehr straffällig geworden sei, was ihm jedoch insofern nicht als positiv angerechnet werden könne, weil er seither zum einen teils in Haft und zum anderen nicht im Inland aufhältig gewesen sei und er ein tatsächliches Wohlverhalten in der Türkei nicht habe belegen können oder wollen.

 

Aufgrund der weiterhin zu treffenden negativen Zukunftsprognose hinsichtlich der massiven Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch die Straftaten des Bw (insbesondere die Vergewaltigung und der schwere sexuelle Missbrauch einer Unmündigen), sei festzustellen, dass im konkreten Fall auch jetzt die nachteiligen Folgen einer Aufhebung des Aufenthaltsverbotes um vieles schwerer wögen, als die Auswirkungen desselben auf die Lebenssituation des Bw.

 

1.3. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw rechtzeitig Berufung mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2010.

 

Darin stellt er zunächst den Antrag, den hier angefochtenen Bescheid wegen verfahrensrechtlicher und inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben und das Aufenthaltsverbot aufzuheben,

in eventu die Gegenstandslosigkeit des Aufenthaltsverbots in Bescheidform zu bestätigen.

 

Begründend führt der Bw ua. aus, dass die ihm angelasteten Straftaten schon 7 Jahre zurücklägen. Für die Begründung des angefochtenen Bescheides seien Vergehen des Bw herangezogen worden, die teils 13 Jahre zurücklägen.

 

In einer weitwendigen Darstellung ortet der Bw unter Heranziehung höchstgerichtlicher Judikatur nicht nur einen Begründungsmangel des angefochtenen Bescheides, sondern sieht vor allem die von der Behörde lapidar angenommene negative Zukunftsprognose (die tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefährdung eines Grundinteresses der Gesellschaft) als nicht gegeben an. Insbesondere wendet er sich auch dagegen, dass das Wohlverhalten des Bw in der Strafhaft von der Behörde nicht gewertet wurde, und dass die lange Dauer des Wohlverhaltens nach der Entlassung aus der Strafhaft entgegen der Judikatur des VwGH ebenfalls nicht berücksichtigt worden sei.

 

 

2.1. Die belangte Behörde legte zunächst den in Rede stehenden Verwaltungsakt der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich vor.

 

Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl. I Nr. 38/2011 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG in der nunmehr geltenden Fassung in Verbindung mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ergibt sich, dass der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung über die Berufung zuständig ist, weshalb der in Rede stehende Verwaltungsakt von der Sicherheitsdirektion – nach Inkrafttreten der Novelle am 1. Juli 2011 – dem Oö. Verwaltungssenat übermittelt wurde.

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter dem Punkt 1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten – auch vom Bw völlig unbestrittenen - Sachverhalt aus.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 65b des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG idgF. BGBl. I Nr. 38/2011 unterliegen Familienangehörige (§ 2 Abs. 4 Z. 12) der Visumpflicht. Für sie gelten die Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige nach den §§ 41a, 65a Abs. 2, 66, 67 und 70 Abs. 3.

 

Gemäß § 2 Abs. 4 Z. 12 FPG ist Familienangehöriger: wer Drittstaatsangehöriger und Ehegatte oder minderjähriges lediges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind ist (Kernfamilie); dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, die Drittstaatsangehörige sind.

 

3.1.2. Im vorliegenden Fall ist § 65b FPG einschlägig, da der Bw Ehegatte einer österreichischen Staatsangehörigen ist. Grundsätzlich ist die Verhängung von Aufenthaltsverboten für EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige  in § 67 FPG geregelt, der durch § 65b FPG als anwendbar erklärt wird. Der die Anträge auf Aufhebung von Aufenthaltsverboten normierende § 69 Abs. 2 FPG wäre nach dem reinen Wortlaut der Verweisungen des § 65b FPG nicht heranzuziehen; allerdings würde dies bedeuten, dass bei Fällen, in denen ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt wurde – wie im vorliegenden Fall -, der für Fremde ohne Aufenthaltstitel geltende § 60 FPG eine Antragsmöglichkeit nicht vorsehen würde. Aus dieser Rechtsschutzüberlegung heraus ist § 65b FPG wohl so zu verstehen, dass der an ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG knüpfende § 69 Abs. 2 FPG auch bei Familienangehörigen Anwendung finden muss.  

 

3.1.3. Gemäß § 69 Abs. 2 FPG sind eine Ausweisung und ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

 

3.2.1. Das vorliegende Aufenthaltsverbot war auf § 87 iVm. § 86 FPG in der damaligen Fassung gestützt, die nunmehr in § 67 Abs. 1 FPG in der Fassung des BGBl. I Nr. 38/2011 normiert ist.

 

Demnach ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

 

3.2.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dem inhaltlich mit dem aktuellen § 69 Abs. 2 FPG vergleichbaren § 65 Abs. 1 FPG in der vorhergehenden Fassung kann ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgeblichen Umstände zugunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung der Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist.

 

Bei dieser Beurteilung ist maßgeblich, ob eine Gefährlichkeitsprognose weiterhin zu treffen ist, sodass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes erforderlich ist, um eine vom Fremden ausgehende erhebliche Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden, und ob die Aufrechterhaltung dieser Maßnahme im Grunde des nunmehrigen § 61 FPG (Schutz des Privat- und Familienlebens) zulässig ist.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat sich somit mit der Frage auseinanderzusetzen, ob im konkreten Fall ein relevanter Eingriff im Sinne des § 61 FPG vorliegt und – gegebenenfalls – ob die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes weiterhin dringend geboten ist. Bejahendenfalls ist ferner zu erörtern, ob sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die Umstände, die zur Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen andererseits maßgebend sind, zugunsten des Fremden geändert haben. Diese Interessen sind daran anschließend gegeneinander abzuwiegen.

 

3.2.3. Es ist jedoch eindeutig darauf hinzuweisen, dass ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 69 Abs. 2 FPG keinesfalls dazu geeignet sein kann, Umstände und Tatsachen die bei der Erlassung des ursprünglichen Aufenthaltsverbotes bereits gewürdigt wurden und durch die Rechtskraft der Entscheidung gedeckt sind, neu oder anders zu beurteilen, da dies in Hinblick auf § 68 Abs. 1 AVG unzulässig wäre. Umstände, die bei Beurteilung im Rahmen der Verhängung der Maßnahme unverändert bestanden, unterliegen daher nicht den Überprüfungsmöglichkeiten im Rahmen des ggst. Verfahrens.

 

In diesem Sinn war somit die Feststellung, dass der Bw in Österreich langjährig aufhältig war und sich seine Verwandten im Bundesgebiet aufhalten, schon im ursprünglichen Verfahren bekannt und erlaubt daher dem Grunde nach keine neuerliche Abwägung im Sinne des § 61 FPG. 

 

3.3.1. Im vorliegenden Fall ist zunächst festzuhalten, dass der Bw – wie anhand seiner Körperverletzungsdelikte einerseits und vor allem anhand der besonders verwerflichen Verbrechen der Vergewaltigung und des schweren sexuellen Missbrauchs Minderjähriger andererseits im Bundesgebiet eindrucksvoll verdeutlicht wird – ein besonders hohes und offensichtlich auch gefestigtes kriminelles Potential aufwies. Der Rückschluss auf die Verfestigung gründet sich nicht zuletzt in der Tatsache, dass der Bw die jüngere Schwester seiner Ehefrau nicht bloß einmal sexuell bedrängte, sondern laut der Aktenlage mehrfach und über einen Zeitraum von ca. einem Jahr hindurch. Darüber hinaus ist auf die hohe Rückfallsquote gerade im Bereich der Sittlichkeitsdelikte hinzuweisen, die zu unterbinden in jeder Gesellschaftsordnung einen besonders hohen Stellenwert einnehmen muss.

 

Das Verhalten des Bw war und ist fraglos geeignet ein Grundinteresse der Gesellschaft (hier an der Verhinderung strafbarer Handlungen, am Schutz der Unversehrtheit von Personen und deren Gesundheit sowie an der Aufrechterhaltung der "öffentlichen Moral") massiv, akut und nachhaltig zu gefährden.

 

Weiters kann – wie oben dargestellt - durch den längeren Zeitraum der Begehung der Delikte, nicht davon ausgegangen werden, dass die kriminelle Motivation bloß punktuell und kurzfristig bestand, sondern von ihm bewusst gewählt wurde.

 

3.3.2. Bei einer derartigen Konstellation ist keinesfalls (auch nicht nach der Verbüßung der Strafhaft – wie vom Bw angeführt) davon auszugehen, dass das bei ihm festgestellte massive kriminelle Potential nicht mehr gegeben sei.

 

Der Bw macht nun geltend, dass die dem Aufenthaltsverbot zugrundeliegenden Straftaten schon sehr lange zurücklägen und wendet sich dagegen, dass das – von ihm in der Strafhaft an den Tag gelegte - Wohlverhalten nicht zu seinen Gunsten berücksichtigt worden sei.

 

Ein allfälliger Gesinnungswandel kann aber laut Judikatur des VwGH nicht am Verhalten in der Strafhaft, sondern nur daran geprüft werden, wie lange sich der Fremde in Freiheit wohlverhalten hat (siehe dazu VwGH vom 5. September 2006, Zl. 2006/18/0174, grundlegend schon VwGH  18. März 2003, Zl. 2002/18/0187).

 

Unabhängig davon, ob diese Feststellung im Lichte der vom Bw vorgebrachten Judikatur des EuGH aufrecht erhalten werden kann, ist diese Frage für den vorliegenden Fall nur von geringer Relevanz. Den größten Teil der Strafhaft verbüßte der Bw lange vor der Verhängung des Aufenthaltsverbotes. Im Jahr 2007 war der Bw lediglich gut ein Monat in Haft. Das diesbezügliche Wohlverhalten ist also schon nach der zeitlichen Dimension nach nicht wirklich ausschlaggebend.

 

3.3.3. Relevanter ist hier aber schon die Tatsache, dass seit dem Jahr 2003 keine Straftaten des Bw mehr festgestellt wurden. Man kann also – mangels gegenteiliger Anhaltspunkte – davon ausgehen, dass der Bw für den genannten Zeitraum noch nicht rückfällig geworden ist.

 

Nun ist aber darauf hinzuweisen, dass gegen den Bw nicht etwa ein unbefristetes, sondern lediglich ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot verhängt wurde. Die Behörden und nicht zuletzt der Verwaltungsgerichtshof gingen also davon aus, dass – nach Verstreichen eines gewissen Zeitraums – dem Bw der Wiedereintritt in das Bundesgebiet gewährt werden solle. Diese Frist spiegelt zum einen den erforderlichen Beobachtungszeitraum wider, um – im Hinblick auf das hier massive öffentliche Interesse – Vorsorge zu treffen, dass die gezeigten Verbrechen dauerhaft abgewendet werden können und zum anderen ist anzumerken, dass bei Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom Juli 2009 sämtliche – vom Bw nun relevierten – Sachverhaltselemente bereits vorlagen; dies mit Ausnahme dessen, dass der damals angenommene Sachverhalt hinsichtlich der Dauer um 2 Jahre zu erstrecken ist. Andere neue Umstände, die gegen die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes sprechen würden, brachte der Bw in der in Rede stehenden Berufung nicht vor.

 

Die Tatsache alleine, dass das Wohlverhalten des Bw nun schon um zwei Jahre länger anhält, als in dem Zeitpunkt der Erlassung des Erkenntnisses des VwGH zu Zl. 2008/21/0442-8, ist aber keinesfalls dazu angetan, von der angesichts der ursprünglichen Prognose ausgegangenen fünfjährigen Befristung – als Beobachtungszeitraum – abzugehen, zumal der Bw ja ansonsten keinerlei weitere positive Sachverhaltselemente beigebracht hat und solche auch nicht ersichtlich sind.

 

In diesem Sinn ist also abschließend festzustellen, dass die ursprüngliche Prognoseentscheidung, wonach im Fall des Bw ein besonders hohes, gegenwärtiges und nachhaltiges Gefährdungspotential vorliegt, weiterhin aufrecht erhalten werden muss.

 

3.3.4. Im Sinne der Berücksichtigung neuer Umstände im Lichte des § 61 FPG ist zunächst anzumerken, dass die privaten und familiären Verhältnisse des Bw schon bei der Erlassung des Aufenthaltsverbotes unverändert bekannt waren und dergestalt nicht die öffentlichen Interessen zu überwiegen geeignet erkannt wurden.

 

Weitere Umstände die als Neuerungsgründe im Sinne des § 69 Abs. 2 FPG iVm. § 61 FPG zu berücksichtigen wären, sind nicht bekannt, ergeben sich auch nicht aus der Aktenlage und wurden vom Bw nicht vorgebracht. 

 

3.3.5. Im Ergebnis bedeutet dies, dass keine Änderung der maßgeblichen Umstände im Sinne des § 69 Abs. 2 FPG vorliegt, weshalb der Antrag abzuweisen war.

 

3.4. Hinsichtlich des Antrags auf Feststellung der Unanwendbarkeit des in Rede stehenden Aufenthaltsverbotes wären, da ja schon nicht die Voraussetzungen für eine positive Zukunftsprognose erkannt werden, auch für diesen die Voraussetzungen nicht gegeben. Die Frage, ob die vom Bw – offensichtlich angesprochene - "Giola-Judikatur" des EuGH betreffend die Unanwendbarkeit von "bestandskräftigen Verwaltungsakten" hier zum Tragen kommen würde, wobei mangels EWR-Bürger- bzw. begünstigter Drittstaatsangehörigen­eigenschaft des Bw hier gewisse Zweifel berechtigt sein dürften, war im vorliegenden Fall nicht zu klären und dem Antrag jedenfalls nicht stattzugeben.

 

3.5. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 

 

Hukuki itiraz yolu bilgilendirilmesi

İşbu karar karşı olağan kanun yolu açık değildir.

 

Talimat

(Verilen karara karşı kararın tebliğ gününden itibaren altı hafta içinde Anayasa Mahkemesi’nde ve/veya Danıştay‘da itiraz edilebilinir. Yasal istisnalar hariç, şikayetin vekil tayin edilmiş bir avukat tarafından yapılması gerekmektedir. Her itiraz için 220.- Euro dilekçe harcı ödenilir.)  

 

 

 

Bernhard Pree

 

 

 

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