Linz, 01.08.2011
(Bescheid)
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn X gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels vom 4. April 2011, Zl: 2-S-3.127/11/S wegen Übertretungen des KFG iVm der EG-VO 561/2006, zu Recht erkannt:
Der Schuldspruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ist – mangels Anfechtung – in Rechtskraft erwachsen.
Hinsichtlich der Strafen wird der Berufung insofern stattgegeben,
als die Geldstrafen und die Ersatzfreiheitsstrafen wie folgt
herab- bzw. festgesetzt werden:
Zu 1: 200 Euro bzw. 40 Stunden
Zu 2: 350 Euro bzw. 70 Stunden
Zu 3: 350 Euro bzw. 70 Stunden
zu 4: 350 Euro bzw. 70 Stunden
Zu 5: 300 Euro bzw. 60 Stunden
Zu 6: 200 Euro bzw. 40 Stunden
Der Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz beträgt 10% der neu bemessenen Geldstrafen. Für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Verfahrenskostenbeitrag zu entrichten.
Rechtsgrundlagen:
§ 134 Abs.1b KFG idF 30. KFG-Novelle, BGBl. I Nr. 94/2009
§§ 19, 64 und 65 VStG
Der Berufungswerber hat somit insgesamt zu bezahlen:
- Geldstrafe (200 + 350 + 350 + 350 + 300 + 200 =) ........... 1.750 Euro
- Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz ....................................... 175 Euro
1.925 Euro
Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt insgesamt
(40 + 70 + 70 + 70 + 60 + 40 =) ........................................ 350 Stunden.
Entscheidungsgründe:
Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) das in der Präambel zitierte Straferkenntnis – auszugsweise – wie folgt erlassen:
KS.-.....(D) und OY...... (DK) bei einer Güterbeförderung im Straßenverkehr von Deutschland nach
Österreich gelenkt, wobei festgestellt wurde,
obwohl der Fahrer eine wöchentliche Ruhezeit spätestens am Ende von sechs 24 Stundenzeiträumen nach
dem Ende der vorangegangenen wöchentlichen Ruhezeit
45 Stunden eingelegt, sondern eine weitere verkürzte wöchentliche Ruhezeit mit 37:45 Stunden, die am
06.02.2011 um 12.27 Uhr endet.
eingelegt. Die nächste (verkürzte) wöchentliche Ruhezeit beginnt um 25:49 Stunden zu spät am 13.02.2011
um 14:17 Uhr.
wöchentlichen Ruhezeit eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 Stunden einhalten haben.
ununterbrochenen Zeitraum von mind. 3 Stunden und der zweite Teil einen ununterbrochenen Zeitraum von
mindestens 9 Stunden umfassen muss:
45 Minuten eingelegt haben, obwohl eine solche einzulegen ist, sofern der Fahrer keine Ruhezeit nimmt.
Diese
Bestimmungen
Fahrtunterbrechung
05:59 Stunden nur 00:33 Stunden Lenkpause
00:16 Stunden Lenkpause
Fahrtunterbrechung
Lenkpause
Lenkpause
Lenkpause
Stunden Lenkpause
Fahrtunterbrechung
Lenkpause
überschritten, obwohl die summierte Gesamtlenkzeit während zweier aufeinander folgender Wochen
90 Stunden nicht überschreiten darf.
c. Wochen von 31.01.2011 bis 13.02.2011, Lenkzeit: 112:37 Stunden
Lenkzeit 56 Stunden nicht überschreiten und nicht dazu führen darf, dass die in der Richtlinie 2002/15/EG
festgelegte wöchentliche Höchstarbeitszeit überschritten wird.
5. 500,00 250 Stunden.
6. 300,00 150 Stunden
Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw folgende Berufung – eingelangt am
1. Juni 2011 – erhoben:
Sehr geehrter Herr .......... (Sachbearbeiter der belangten Behörde)!
Ich lege gegen die Höhe der Strafe einen Einspruch ein....
Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 51c VStG) erwogen:
Zur Rechtzeitigkeit der Berufung:
Die Berufung wurde möglicherweise verspätet erhoben.
Das erstinstanzliche Straferkenntnis wurde – siehe den unterfertigten Rückschein –
am Samstag, dem 9. April 2011 vom Vater des Bw, Herrn K. N. übernommen;.
Der Bw führt dazu in der Stellungnahme (ohne Datum eingelangt: 13. Juli 2011) aus, der Postbote habe das Straferkenntnis bei seinen Eltern abgegeben.
Diese wohnen im selben Haus, zwei Etagen darüber.
Seine Eltern seien in einem Alter von über 70 Jahren und hätten vergessen,
ihm die Post weiterzureichen.
Die Eltern des Bw wohnen zwar im selben Haus, offenbar jedoch nicht im selben Haushalt.
Entscheidungswesentlich für den Beginn der Berufungsfrist ist somit nicht jener Tag, an welchem das Straferkenntnis vom Vater des Bw übernommen wurde, sondern jener Tag, an welchem dem Bw dieses Straferkenntnis tatsächlich ausgefolgt wurde; vgl. VwGH vom 24.08.2006, 2005/17/0281.
Aufgrund der Aktenlage lässt sich nicht feststellen, an welchem Tag dem Bw das erstinstanzliche Straferkenntnis tatsächlich ausgefolgt wurde. –
Dem UVS ist es dadurch nicht möglich, eine allfällige verspätete Einbringung der Berufung zu beweisen.
Gemäß dem Grundsatz "in dubio pro reo" ist somit davon auszugehen, dass die am 1. Juni 2011 eingelangte Berufung rechtzeitig erhoben wurde.
In der Sache:
Der Bw hat sowohl in der Berufung, als auch in der Stellungnahme ausgeführt bzw. bestätigt, dass die Berufung sich nur gegen das Strafausmaß richtet.
Der Schuldspruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ist dadurch
in Rechtskraft erwachsen;
VwGH vom 16.11.2007, 2007/02/0026; vom 17.12.2007, 2003/03/0248;
vom 25.04.2002, 2000/15/0084; vom 18.10.1999, 98/17/0364; vom 17.04.1996, 94/03/0003; vom 26.04.1979, Zlen 2261, 2262/77 – verstärkter Senat.
Zur Strafbemessung ist auszuführen:
Die Lenk- u. Ruhezeiten sind Schutznormen, welche der
- Gefahr des Lenkens von Schwerfahrzeugen in übermüdeten Zustand und
- Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer vor folgenschwere Unfällen begegnen.
Einen Berufskraftfahrer trifft ein besonders hohes Maß an Verantwortung.
Von einem Berufskraftfahrer ist zu verlangen, bei der Einhaltung der für die Sicherheit im Straßenverkehr erlassenen Vorschriften eine besondere Sorgfalt
an den Tag zu legen; VwGH vom 27.02.2007, 2004/01/0046 mit Vorjudikatur ua.
Bei Übertretungen der Lenk- und Ruhezeiten erfolgt gemäß § 134 Abs.1b KFG
idF 30. KFG-Novelle, BGBl I Nr. 94/2009 iVm der Richtlinie 2009/5/EG
die Einteilung nach Verschuldensgraden in drei Kategorien:
- sehr schwerwiegender Verstoß – Mindestgeldstrafe: 300 Euro
- schwerwiegender Verstoß – Mindestgeldstrafe: 200 Euro
- geringfügiger Verstoß – keine Mindeststrafe
Die belangte Behörde hat als monatliches Einkommen ca. 2.200 Euro brutto angenommen.
Der Bw hat in der Berufung mitgeteilt, er beziehe derzeit etwas weniger als
1.200 Euro Arbeitslosengeld und sei sorgepflichtig für die Ehegattin und ein Kind.
Weiters habe er auch eine Privatinsolvenz.
Der Bw weist keine Verwaltungsvorstrafen auf –
dies wird als mildernder Umstand gewertet.
Es ist daher gerechtfertigt und vertretbar,
die Geldstrafen wie folgt herabzusetzen:
Zu 1: schwerwiegender Verstoß: 200 Euro –
Die am 02.02.2011 zwischen ca. 01.00 und 02.00 Uhr durchgeführten sehr kurzen Fahrten (vermutlich sog. "Rangierfahrten") wurde nicht mitgerechnet.
Zu 2: sehr schwerwiegender Verstoß und weitere Verstöße: 350 Euro
Zu 3: sehr schwerwiegender Verstoß und weitere Verstöße: 350 Euro
Zu 4: sehr schwerwiegender Verstoß und weitere Verstöße: 350 Euro
Zu 5: sehr schwerwiegender Verstoß: 300 Euro
Zu 6: schwerwiegender Verstoß: 200 Euro
Bei diesen nunmehr neu festgesetzten Geldstrafen handelt es sich um die jeweils gerade noch vertretbaren Untergrenzen.
Zu den Ersatzfreiheitsstrafen ist auszuführen:
Gemäß § 134 Abs.1 KFG beträgt die Höchststrafe 5.000 Euro bzw. sechs Wochen (= 1.000 Stunden – geringfügig abgerundet).
Daraus ergibt sich der "Umrechnungsschlüssel"
von Geldstrafe zur Ersatzfreiheitsstrafe: 5 Euro = 1 Stunde.
Die Ersatzfreiheitsstrafen werden somit wie folgt festgesetzt:
Zu 1. und 6.: je 40 Stunden
Zu 2., 3. und 4.: je 70 Stunden
Zu 5.: 60 Stunden
Gemäß § 64 Abs.2 VStG beträgt der Verfahrenkostenbeitrag I. Instanz 10% der neu bemessenen Geldstrafen. Gemäß § 65 VStG ist für den Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat kein Verfahrenskostenbeitrag zu entrichten.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.
Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Josef Kofler