Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166108/2/Zo/Gr

Linz, 25.07.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Hofrat Mag. Gottfried Zöbl über die Berufung des X, vertreten durch Rechtsanwalt X vom 26. April 2011 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 15. April 2011, Zahl: VerkR96-29350-2010 wegen einer Übertretung der StVO zu Recht erkannt:

 

1. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

2. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 AVG iVm § 24, 51 Abs.1 und 45 Abs.1 Z.1 VStG

zu II:§ 64 ff VStG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 6. Juli 2010 um 21:10 Uhr auf der A 25 bei Kilometer 0.400 der Rampe drei in Fahrtrichtung Linz als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen X die in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 20 km/h überschritten habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Z.10 a StVO 1960 begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von 50 Euro (EFS 24 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 5 Euro verpflichtet.

 

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass er zum fraglichen Zeitpunkt seinen PKW an seinen Bruder, Herrn X, X für eine Urlaubsfahrt verliehen habe.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der UVS des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Bereits aus diesem ergibt sich, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung gemäß § 51 e Abs.2 Z.1 VStG entfällt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Gegen den Lenker des PKW mit dem Kennzeichen: X wurde Anzeige erstattet, weil dieser am 6. Juli 2010 um 21:10 Uhr auf der Rampe 3 der A 25 bei Kilometer 0,400 die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h zum 20 km/h überschritten hatte. Der Berufungswerber ist Zulassungsbesitzer dieses Fahrzeuges.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat ihm mit Strafverfügung vom 24. August 2010 vorgeworfen, die angeführte Geschwindigkeitsüberschreitung als Lenker dieses PKWs begangen zu haben. Dagegen hat er rechtzeitig einen Einspruch eingebracht, worauf ihn die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers gemäß § 103 Abs.2 KFG aufgefordert hatte. Dieser Aufforderung ist er nicht nachgekommen, woraufhin das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen wurde.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht folgendes erwogen:

 


Gemäß § 52a Z10a StVO 1960 ist das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometer im Zeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten.

 

 

5.2. Der Berufungswerber hat im erstinstanzlichen Verfahren nicht mitgewirkt, woraus die Erstinstanz im Sinne der Rechtssprechung des VwGH (siehe zum Beispiel 1996/17/0320 vom 20. September 1996) den Schluss gezogen hat, dass er selbst der Lenker des Kraftfahrzeuges gewesen ist. Im Berufungsverfahren hat der Berufungswerber jedoch eine konkrete Person bekanntgegeben, welche als Fahrzeuglenker in Betracht kommt und hat nachvollziehbar dargelegt, weshalb er selbst nicht Lenker dieses Fahrzeuges sein konnte.

 

Nach der Rechtssprechung des EGMR im Fall Krumpholz gegen Österreich (Beschwerdenummer 13201/05) gehört das Recht des Beschuldigten, zu den ihm vorgeworfenen Punkten zu schweigen, zu den Grundprinzipien des Art. 6 EMRK. Andererseits ist es aber zulässig, dieses Schweigen im Rahmen der Beweiswürdigung auch zum Nachteil des Beschuldigten auszulegen.  Dies jedoch nur dann, wenn sich aus den sonstigen Beweisergebnissen klare Umstände ergeben, welche eine Erklärung des Beschuldigten erforderlich machen.

 

Im konkreten Fall hat der Berufungswerber – wenn auch erst im Berufungsverfahren – eine andere Person als Lenker bekanntgegeben. Diese Behauptung könnte nur dann widerlegt werden, wenn der nunmehr bekanntgegebene Lenker in einer mündlichen Berufungsverhandlung als Zeuge einen unglaubwürdigen Eindruck hinterlassen würde. Dazu wäre es erforderlich, den namhaft gemachten Lenker als Zeuge zu laden, wobei ihm die entsprechenden Fahrtkosten und allenfalls Verdienstentgang gebühren würden. Im Hinblick auf die relativ geringe Bedeutung der Übertretung und den außergewöhnlich langen Anfahrtsweg des Zeugen zu der ansonsten notwendigen Verhandlung steht der dafür notwendige Aufwand in einem erheblichen Missverhältnis zur Bedeutung der Verwaltungsübertretung, weshalb gemäß § 21 Abs.1a VStG von der weiteren Durchführung des Strafverfahrens abgesehen wird. Es kann daher nicht bewiesen werden, dass der Berufungswerber die ihm vorgeworfene Übertretung begangen hat, weshalb das Verfahren gegen ihn einzustellen war.

 

Nur der Vollständigkeit halber ist daraufhin zu weisen, dass der Berufungswerber die Lenkeranfrage vom 21. September 2010 nicht beantwortet hat, was eine eigenständige Verwaltungsübertretung bildet. Nach der Rechtssprechung des EGMR (vgl. zum Beispiel die Fälle O´Halloran und Francis, Beschwerdenummern 15809/02 und 25624/02) steht die Verpflichtung zur Bekanntgabe des Lenkers nicht im Widerspruch zu Art.6 EMRK und der Berufungswerber wäre verpflichtet gewesen diese Auskunft zu erteilen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Gottfried Zöbl

 

 

 

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