Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522903/2/Kof/Eg

Linz, 26.07.2011

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Herrn X gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 17. Juni 2011, VerkR 21-8-2011, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung ua, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insofern stattgegeben, als die Dauer der  Entziehung der Lenkberechtigung auf  neun Monate –  vom 5. Jänner 2011 bis einschließlich 5. Oktober 2011 –  herab- bzw. festgesetzt wird.

 

Im übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und

der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 26 Abs.1 Z2 und 26 Abs.2 Z1  iVm  §§ 7 Abs.1 Z1, 7 Abs.3 Z1 und

 7 Abs.4 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2010

§ 32 Abs.1 Z1 FSG

§ 24 Abs.3 FSG

§ 64 Abs.2 AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem/den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG

-      die Lenkberechtigung für die Klassen A und B auf die Dauer von zwölf Monaten – gerechnet ab dem Tag der Führerscheinabnahme (= 5. Jänner 2011) – entzogen

-      für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invaliden-KFZ verboten

-     verpflichtet, bis zum Ablauf der Entziehungsdauer          
- eine Nachschulung (Einstellungs- und Verhaltenstraining für   alkoholauffällige Lenker) zu absolvieren    
- eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen    
- ein amtsärztliches Gutachten über die gesundheitliche Eignung    beizubringen.

 

Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Gegen diesen Bescheid – zugestellt am 21. Juni 2011 – hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 5. Juli 2011 erhoben.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:

 

Gemäß § 67d Abs.1 und Abs.3 erster Satz AVG ist die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung nicht erforderlich, da der - durch einen Rechtsanwalt vertretene – Bw diese in der Berufung nicht beantragt hat; VwGH vom 28.04.2004, 2003/03/0017.

 

Der Bw lenkte am 05.01.2011 um ca. 18:30 Uhr einen – auf ihn zugelassenen, dem Kennzeichen nach näher bestimmten – PKW auf der Kaplanstraße im Ortschaftsbereich Haid, Gemeinde Mauthausen.

Dort bog er nach links in die bevorrangte  B 3 – Donaustraße ein.

Dabei kam es zu einer Kollision mit dem aus Richtung Perg kommenden

– dem Kennzeichen nach näher bestimmten – PKW, gelenkt von Herr A.H.

Herr A.H. sowie zwei im Fahrzeug des Herrn A.H. mitfahrende Personen

(Frau L.S. und Frau N.S.) wurden verletzt.

An beiden Fahrzeugen entstand Sachschaden.

 

Der Bw befand sich bei dieser Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand, da die am 05.01.2011 um 19:11 Uhr bzw. 19:12 Uhr vorgenommene Messung der Atemluft mittels Alkomat einen Atemluftalkoholgehalt von 1,10 mg/l ergeben hat.

 

 

Gegen den Bw ist beim Bezirksgericht Mauthausen ein Strafverfahren wegen
dem Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs.1 und Abs.3
(§ 81 Abs.1 Z2) StGB anhängig;

siehe die Ausführungen des Bw in der Berufung, Seite 3 letzter Absatz.

 

Vom UVS wird – ohne Präjudiz für das anhängige Strafverfahren beim Bezirksgericht Mauthausen – die Vorfrage, ob der Bw

-         sich beim Verkehrsunfall in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat   sowie

-         den Verkehrsunfall (mit-)verschuldet hat,

gemäß § 38 AVG wie folgt beurteilt:

 

Zur Alkoholbeeinträchtigung:

Die beim Bw vorgenommene Messung der Atemluft mittels Alkomat wurde
ca. 40 Minuten nach dem Lenken/Verkehrsunfall durchgeführt und hat – wie dargelegt – einen Atemluftalkoholgehalt von ........ 1,10 mg/l ergeben.

 

Der Bw bringt in der Berufung vor, er habe sich nach dem Konsum von Alkohol wegen einer Magen-Darm-Grippe übergeben müssen, d.h. er habe erbrochen.

 

Während der Durchführung des Alkomattestes hätten sich daher Reste des Erbrochenen samt Alkoholrückstände im Bereich seiner Mundhöhle und den Schleimhäuten befunden.

Der Alkomattest sei ohne vorangegangene Mundspülung durchgeführt worden.

 

Der mittels Alkomat gemessene Wert kann nur durch eine – vom Betreffenden selbst zu veranlassende – Blutabnahme einschließlich Bestimmung des Blutalkoholgehaltes widerlegt werden;

VwGH vom 25.04.2008, 2007/02/0275; vom  25.2.2005, 2005/02/0033; vom 27.2.2004, 2004/02/0059; vom 26.3.2004, 2003/02/0279; vom 30.10.2003, 2003/02/0168; vom 28.4.2004, 2003/03/0009; vom 25.1.2005, 2002/02/0139; vom 6.11.2002, 2002/02/0125; vom 3.9.2003, 2001/03/0106; vom 25.1.2002, 99/02/0106 uva.

 

Eine derartige Blutabnahme einschließlich Bestimmung des Blutalkoholgehaltes wurde nicht durchgeführt  –  Gegenteiliges behauptet der Bw selbst nicht.

 

Im Hinblick auf die Verwendungsrichtlinien für Atemalkoholanalysegeräte ist eine Mundspülung nur erforderlich, wenn seit dem letzten Alkoholkonsum weniger als 15 Minuten verstrichen sind; VwGH vom 25.3.1992, 91/02/0134 mit Vorjudikatur.

 

 

Beim Bw hat der Zeitraum zwischen dem Lenken/Verkehrsunfall einerseits und dem Alkomattest andererseits ca. 40 Minuten betragen.

 

Einen Nachtrunk hat der Bw im gesamten Verfahren nicht behauptet.

 

Betreffend die "Unterlassung einer Mundspülung" ist obendrein auch noch
auf das Erkenntnis des VwGH vom 11.11.1992, 92/02/0206 mit Vorjudikatur
zu verweisen.  –  Auch in diesem Erkenntnis hat der VwGH ausgeführt, dass
als Gegenbeweis gegen die Richtigkeit des Ergebnisses einer Untersuchung der Atemluft lediglich eine Bestimmung des Blutalkoholgehaltes in Betracht kommt.

 

Vorfragebeurteilung nach § 38 AVG:

Der Bw hat – bedingt durch den Atemluftalkoholgehalt von 1,10 mg/l –

eine Übertretung nach  § 5 Abs.1  iVm  § 99 Abs.1 lit.a StVO  begangen.

 

Zum (Mit-)Verschulden am Verkehrsunfall:

Der Bw ist von einer benachrangten Straße (Kaplanstraße) in eine bevorrangte Straße (B 3 - Donaustraße) eingebogen.

Im Kreuzungsbereich kam es zu einem Zusammenstoß mit dem auf der
B 3 Donaustraße fahrenden PKW, gelenkt von Herrn A.H.

Der Bw bringt in der Berufung (Seite 3, vorletzter Absatz) vor, Herr A.H. habe eine zu hohe Ausgangsgeschwindigkeit eingehalten und zu spät reagiert.

 

Selbst wenn dies zutreffen würde, ist Folgendes festzustellen:

 

Bei einem "Kreuzungsunfall", in welchem

-     der benachrangte Fahrzeuglenker eine Vorrangverletzung begangen  und

-     der bevorrangte Fahrzeuglenker die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten

hat, beträgt die "Regelverschuldensteilung" 1:3

zugunsten des Bevorrangten  bzw.  zu Lasten des Benachrangten;

siehe die in Danzl, EKHG, 7. Auflage, E 212 zu § 11 EKHG (Seite 304)

zitierten zahlreichen Entscheidungen des OGH und einiger OLG.

 

Vorfragebeurteilung nach § 38 AVG:

Der Bw hat – bedingt durch die Vorrangverletzung – den Verkehrsunfall (zumindest  mit-)verschuldet.

 

Ein Mitverschulden an einem Verkehrsunfall – gleichgültig in welchem Ausmaß –                          ist als ausreichend iSd des § 26 Abs.1 Z2 FSG zu werten;

VwGH vom 28.06.2001, 99/11/0265 mit Vorjudikatur.

 

 

Der BW hat – wie ausführlich dargelegt –

am 05.01.2011 ein "Alkoholdelikt im Straßenverkehr" begangen.

 

Dem Bw wurde wegen der Begehung von "Alkoholdelikten im Straßenverkehr"

im Zeitraum

- 31.10.2004 bis 28.02.2005 und

- 25.09.2005 bis 25.07.2006

die Lenkberechtigung entzogen.

 

Die diesen Entziehungen zugrundeliegenden Alkoholdelikte lagen am 05.01.2011 länger als fünf Jahre zurück. – Das Alkoholdelikt vom 05.01.2011 ist somit
als "erstmalige Begehung" iSd § 26 Abs.2 Z1 FSG anzusehen.

VwGH vom 24.03.1999, 98/11/0302.

 

Wird beim Lenken eines Kraftfahrzeuges erstmalig ein Delikt gemäß
§ 99 Abs. 1 StVO begangen, so ist die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens sechs Monaten zu entziehen.

 

Die "Vorentziehungen" der Jahre 2004 und 2005

-         bilden dadurch keine bestimmte Tatsache,

-         sind jedoch bei der Bemessung der Entziehungsdauer zu werten;

VwGH vom 16.12.2004, 2004/11/0139 mit Vorjudikatur.

 

Weiters hat – ebenfalls wie dargelegt – der Bw einen Verkehrsunfall verschuldet.

Gemäß § 26 Abs.1 Z2 FSG ist auch dieser Umstand bei der Festsetzung der Entziehungsdauer zu werten.

 

Da das Alkoholdelikt vom 05.01.2011

als "erstmalige Begehung" iSd § 26 Abs.2 Z1 FSG anzusehen ist,

wird die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung auf neun Monate – gerechnet ab 5. Jänner 2011 (= Datum der vorläufigen Führerscheinabnahme), somit bis einschließlich 5. Oktober 2011 – herab- bzw. festgesetzt.

 

Gemäß § 32 Abs.1 Z1 FSG ist Personen, welche nicht iSd § 7 leg.cit verkehrszuverlässig sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, das Lenken eines derartigen KFZ ausdrücklich zu verbieten.

 

 

 

 

Das Verbot des Lenkens eines in § 32 Abs. 1 FSG genannten KFZ "verkürzt" sich dadurch bis zum Ablauf der nunmehr neu festgesetzten Entziehungsdauer

(= bis einschließlich 5. Oktober 2011).

 

Lenkt jemand ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand und beträgt der Atemluftalkoholgehalt 0,8 mg/l oder mehr, dann hat die Behörde gemäß § 24 Abs. 3 FSG – rechtlich zwingend – anzuordnen:

-         die Absolvierung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker

-         die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme und

-         die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über

      die gesundheitliche Eignung.

VwGH vom 06.07.2004, 2004/11/0046; vom 23.03.2004, 2004/11/0008 uva.

 

Die belangte Behörde hat daher völlig zu Recht den Bw verpflichtet,

-         eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker zu absolvieren,

-         eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen und

-         ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten

      über die gesundheitliche Eignung beizubringen.

 

Gemäß § 24 Abs.3 FSG endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung dieser Anordnungen.

 

Die Behörde kann iSd § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung immer dann ausschließen, wenn die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen wird; 

siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, E24 zu § 64 AVG                     (Seite 1222f) zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen

VwGH vom 1.10.1996, 96/11/0195 sowie die Beschlüsse des VfGH vom 21.10.2005, B 1282/05  und  des VwGH vom 6.10.2005, AW 2005/11/0053.

 

Es war somit der Berufung insofern stattzugeben, als

-         die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung und

-         das Verbot des Lenkens von in § 32 Abs.1 FSG genannten KFZ

auf neun Monate – vom 05. Jänner 2011 bis einschließlich 05. Oktober 2011 –

herab-  bzw. festgesetzt wird.

 

Im übrigen war die Berufung als unbegründet abzuweisen und

der erstinstanzliche  Bescheid zu bestätigen.

 

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;  diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

Mag. Josef Kofler

 

 

 

 

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