Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-301071/2/Gf/Mu/Rt

Linz, 17.08.2011

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung der x gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 12. Juli 2011, Zl. Pol96-17-2011, wegen zwei Übertretungen des Oö. Polizeistrafgesetzes zu Recht:

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die verhängten Geldstrafen jeweils auf 200 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen jeweils auf 28 Stunden herabgesetzt werden; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.      

II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf insgesamt 40 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG; § 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 12. Juli 2011, Zl. Pol96-17-2011, wurde gegen die Beschwerdeführerin jeweils eine Geldstrafe in Höhe von 400 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 57 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: jeweils 40 Euro) verhängt, weil sie einerseits vom 1. Juni 2010 bis zum 10. Jänner 2011 Räumlichkeiten für die Anbahnung und Ausübung der Prostitution genutzt habe, ohne dies zuvor der Gemeinde anzuzeigen, und dies andererseits vom 18. Jänner 2010 bis zum 10. Jänner 2011 in für Jugendliche zugänglichen Druckwerken und anderen Medien öffentlich angekündigt habe; Dadurch habe sie einerseits eine Übertretung des § 2 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 lit. d des Oö. Polizeistrafgesetzes, LGBl.Nr. 36/1979, in der hier maßgeblichen Fassung LGBl.Nr. 77/2007 (im Folgenden: OöPolStG), und andererseits eine Übertretung des § 2 Abs. 3 lit. d OöPolStG begangen, weshalb sie jeweils nach § 10 Abs. 1 lit. c OöPolStG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass das der Rechtsmittelwerberin angelastete deliktische Verhalten auf Grund entsprechender behördlicher Ermittlungen als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin und deren nachträgliches Wohlverhalten als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; die von ihr bekannt gegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (monatliches Nettoeinkommen: 1.500 Euro; kein Vermögen; keine Sorgepflichten) seien entsprechend berücksichtigt worden.

1.2. Gegen dieses ihr am 22. Juli 2011 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 1. August 2011 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Darin führt die Rechtsmittelwerberin zusammengefasst aus, dass sie in den verfahrensgegenständlichen Räumlichkeiten keine Prostitution ausgeübt habe, weil es nie zu einem Geschlechtsverkehr gekommen sei und sie auch keine sexuellen Handlungen der Kunden an sich geduldet habe; vielmehr habe sie lediglich sehr angenehme Massagen durchgeführt. Außerdem hätten die von ihr genutzten Anbieter von Internetseiten jeweils über Jugendschutz-Einrichtungen verfügt und ihre Inserate in der Tagespresse seien jeweils unter der Rubrik "Clubmassagen" und nicht unter "Kontakte" erschienen.

Aus diesen Gründen wird in der auf die Bekämpfung des Ausmaßes der Strafhöhe eingeschränkten Berufung – erkennbar – eine Herabsetzung der Geldstrafe beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Linz-Land Zl. Pol96-17-2011; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis den Betrag von 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen nicht verhängt wurden – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 10 Abs. 1 lit. c i.V.m. § 2 Abs. 1 und i.V.m. § 2 Abs. 3 lit. d OöPolStG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 14.500 Euro zu bestrafen, der Räumlichkeiten für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken (Prostitution) nützt, ohne dies der Gemeinde mindestens zwei Monate vorher anzuzeigen.

 

Nach § 10 Abs. 1 lit. c i.V.m. § 2 Abs. 3 lit. b OöPolStG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 14.500 Euro zu bestrafen, der durch öffentliche Ankündigung – insbesondere in Druckwerken oder in anderen Medien – die Prostitution (z.B. durch Angabe einer Adresse, Telefonnummer oder eines Treffpunktes) anbahnt oder anzubahnen versucht.

 

3.2. Vorweg ist aus rechtstheoretischer Sicht darauf hinzuweisen, dass im ge­genständlichen Fall durch die mehrfache, auf ein und derselben Faktenlage basierende Bestrafung der Rechtsmittelwerberin trotz des Fehlens wechselseiti­ger, (nicht bloß auf Gerichtsdelikte, sondern darüber hinaus) spezifisch auf das Verhältnis zwischen der Anzeige der beabsichtigten Prostitutionsausübung an die Gemeinde einerseits und der öffentlichen Ankündigung derselben in Medien andererseits Bezug nehmender Subsidiaritätsklau­seln kein Verstoß gegen das Doppelbestrafungs- bzw. ‑verfolgungsverbot des Art. 4 des 7.ZPMRK resultiert: Dies deshalb, weil die parallele Verfolgung und Bestrafung wegen der Übertretung des § 2 Abs. 3 lit. d OöPolStG einerseits und des § 2 Abs. 3 lit. b OöPolStG andererseits hier simultan erfolgte und nicht erst, nachdem bereits über eines dieser beiden Delikte rechtskräftig entschieden war (vgl. dazu näher A. G., Ne bis in idem – das "Zolotukhin"-Urteil des EGMR, Spektrum der Rechtswissenschaften 1/2011-V&V-J, 1 ff).

 

3.3. Im gegenständlichen Fall steht auf Grund der im Zuge ihrer niederschriftlichen Einvernahme bei der Polizeiinspektion Traun im Verfahren der BH Linz-Land zu Zl. SanRB96-20-2011 abgelegten Aussage der Beschwerdeführerin zweifelsfrei fest, dass sie während des ihr angelasteten Tatzeitraumes die Prostitution ausgeübt, diese aber vor der Aufnahme dieser Tätigkeit nicht der Gemeinde angezeigt, dem gegenüber jedoch in Druckwerken und im Internet öffentlich angekündigt hat.

 

Da sie es nach ihren eigenen Angaben unterlassen hat, sich hierüber - insbesondere bezüglich der Reichweite des Begriffes der Prostitution – zeitgerecht bei einer kompetenten Stelle zu informieren, hat sie sohin auch zumindest fahrlässig und damit schuldhaft gehandelt; ihre Strafbarkeit ist daher gegeben.

 

3.4. Im Zuge der Strafbemessung war jedoch neben der bisherigen Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin auch als strafmildernd zu berücksichtigen, dass mit dem erst nach der Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses hervorgekommenen Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 30. Mai 2011, Zl. 17-Se-67/11v-5, ein Insolvenzantrag gegen die Rechtsmittelwerberin (und damit die Eröffnung eines Privatkonkurses) mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen wurde, diese also – anders als noch zum Zeitpunkt des angefochtenen Straferkenntnisses – gegenwärtig weder über ein Einkommen noch über Vermögen verfügt, dem gegenüber jedoch Verbindlichkeiten in einer Höhe von über 15.000 Euro aufweist.

 

All dies berücksichtigend findet es der Oö. Verwaltungssenat als in gleicher Weise tat- und schuldangemessen, die verhängte Geldstrafe jeweils auf 200 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe gemäß der durch § 16 Abs. 2 VStG vorgegebenen Relation jeweils auf 28 Stunden herabzusetzen.       

 

3.5. Insoweit war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben; im Übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde nach § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf insgesamt 40 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat war der Beschwerdeführerin hingegen gemäß § 65 VStG kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr.  G r o f

 

VwSen-301071/2/Gf/Mu/Rt vom 17. August 2011, Erkenntnis

 

Oö. PolStG §2 Abs3 litb;

Oö. PolStG §2 Abs3 litd

 

Eine mehrfache, auf ein und derselben Faktenlage basierende Bestrafung trotz des Fehlens wechselseiti­ger, (nicht bloß auf Gerichtsdelikte, sondern darüber hinaus) spezifisch auf das Verhältnis zwischen der Anzeige der beabsichtigten Prostitutionsausübung an die Gemeinde einerseits und der öffentlichen Ankündigung derselben in Medien andererseits Bezug nehmender Subsidiaritätsklau­seln bildet dann keinen Verstoß gegen das Doppelbestrafungs- bzw ‑verfolgungsverbot des Art 4 des 7.ZPMRK, wenn die parallele Verfolgung und Bestrafung wegen der Übertretung des § 3 Abs 2 lit d Oö PolStG einerseits und des § 3 Abs 2 lit b Oö PolStG andererseits simultan erfolgte und nicht erst, nachdem bereits über eines dieser beiden Delikte rechtskräftig entschieden war.

 

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