Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-522858/8/Zo/Th

Linz, 29.08.2011

 

                                                                                                                                                        

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn X, vom 3. Mai 2011 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Eferding vom 21. April 2011, Zl. 11/046782, wegen Erteilung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass es sich bezüglich der Klassen C sowie EzC um eine Erteilung, bezüglich aller anderen Klassen um eine Einschränkung der Lenkberechtigung handelt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG iVm §§ 5 Abs.5, 8 Abs.3, 24 Abs. 1 FSG sowie §§ 2 Abs.1 und 11 Abs.1 FSG-GV.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat mit dem angefochtenen Bescheid dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen AV, B, C1, C, EzB, EzC1, EzC und F befristet bis 19.04.2011 erteilt und als Auflagen vorgeschrieben, dass der Berufungswerber alle 6 Monate unaufgefordert einen Kontrollbefund betreffend des HbA1c-Wertes und alle 12 Monate eine Verlaufsbestätigung eines Facharztes für Innere Medizin vorzulegen hat.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass der Bescheid nicht dem letzten Absatz des Gutachtens des Dr. X (Internist) entsprechen würde. Er habe persönlich keinerlei Probleme, Fahrzeug zu lenken. Die Verpflichtung zur Vorlage von HbA1c-Werten bzw. Verlaufsbestätigungen alle 6 und 12 Monate berge wegen der fehlenden Verständigung ein hohes Risiko der Fristversäumnis in sich. Er ersuchte daher, die Befristung auf das gesetzliche Ausmaß zurückzuführen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Eferding hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Einholung eines ergänzenden amtsärztlichen Gutachtens und Wahrung des Parteiengehörs.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentlicher Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber ist bereits seit dem Jahr 1978 in Besitz einer Lenkberechtigung für alle Klassen außer D. Die Lenkberechtigung für die Klasse C war bis 08.03.2011 befristet. Anlässlich der Untersuchung zur Verlängerung der Lenkberechtigung für die Klasse C legte der Berufungswerber eine augenfachärztliche Stellungnahme vom 07.03.2011 vor, wonach der Visus naturalis für die Gruppe 2 noch ausreichend ist und daher eine Brille nicht unbedingt erforderlich ist. Derzeit besteht keine diabetische Retinopathie. Aus der fachärztlichen internistischen Stellungnahme vom 17.03.2011 ergibt sich, dass der Berufungswerber an einer leichten Diabetes mellitus II (HbA1c 5,7%) leidet, übergewichtig ist und eine substituierte Nebennierenrinden-Insuffizienz sowie Hyperuricämie besteht. Die Eignung zum Lenken von Fahrzeugen der Klassen C und E ist in vollem Umfang gegeben, eine Kontrolluntersuchung sei in mehrjährigen Abstand ausreichend. Im Ergänzungsbefund vom 14.04.2011 führte Dr. X aus, dass die diabetische Stoffwechsellage unter Metphormin optimal unter Kontrolle sei und kein Hypoglykämie-Risiko bestehe. Die periphere Neuropathie im Sinne von Hypästhesien und Schmerzen sei medikamentös eingestellt und insgesamt für das Lenken von Kraftfahrzeugen nicht relevant. Es handle sich klinisch um einen seit Jahren stabilen Befund.

 

Unter Berücksichtigen dieser fachärztlichen Stellungnahmen sowie der eigenen Untersuchung kam die Amtsärztin der Bezirkshauptmannschaft Eferding in ihrem Gutachten vom 19.04.2011 zu dem Schluss, dass der Berufungswerber auf 3 Jahre befristet geeignet sei, Kraftfahrzeuge der Gruppen 1 und 2 zu lenken. Es sei eine Nachuntersuchung durch den Amtsarzt mit augenfachärztlicher und internistischer Stellungnahme erforderlich. Eine Kontrolluntersuchung des HbA1c-Wertes sei alle 6 Monate und eine Verlaufsbestätigung des Internisten alle 12 Monate vorzulegen. Dies wurde damit begründet, dass ein Diabetes mellitus Typ 2 und eine substituierte Nebennieren-Insuffizienz vorliegt. Die diabetische Stoffwechsellage ist unter Kontrolle und die Substitutionsbehandlung bei Nebennieren-Insuffizienz verläuft ohne klinische Zwischenfälle. Die Befristung begründe sich durch den Diabetes mellitus Typ 2 mit bereits vorhandener Sekundärerkrankung (diabetische Polyneuropathie), wobei mit einer Verschlechterung zu rechnen sei, die Überwachung der Compliance bezüglich Dauermedikation und Vorsorge einer Hypoglykämie sei durch Vorlage von HbA1c-Werten notwendig.

 

Im Berufungsverfahren wurde eine weitere amtsärztliche Stellungnahme vom 28.06.2011 eingeholt, wobei diese ebenfalls unter Zugrundelegung der bereits angeführten fachärztlichen Stellungnahmen zusammengefasst ausführte, dass als Grunderkrankung ein Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) mit bereits vorliegenden Sekundärerkrankungen (diabetische Polyneuropathie) vorliege. Es sei daher grundsätzlich von einem Fortschreiten der Erkrankung auszugehen. Bei diabetischer Polyneuropathie handle es sich um eine Schädigung, welche die Wahrnehmung von Reizen und die Funktion von Organen beeinträchtigt. Durch die Nervenschädigung kann auch in weiterer Folge die Muskelfunktion beeinträchtigt werden, was sich durch verminderte Muskelkraft in Armen und Beinen bemerkbar machen würde und dadurch von Bedeutung für die Bedienung der Fußpedale beim Lenken eines Kraftfahrzeuges sei. Auch innere Organe können durch die diabetische Neuropathie betroffen sein und eventuell zu Herz-Kreislaufproblemen führen.

 

Als weitere Komplikation sei eine diabetische Retionpathie möglich, welche sich zeitlich meist innerhalb kürzester Zeit entwickeln und zu fortschreitenden Sehverlust führen könne. Insbesondere können auch andere atherosklerotische Ablagerungen an Gefäßen mit Plaque zu Plaquesrupturen führen, welche Thrombosen, Herzinfarkt und Schlaganfall oder andere akute Gefäßverschlüsse begünstigen können.

 

Aufgrund der bereits vorhandenen Sekundärkomplikationen sei von einer fortschreitenden Erkrankung auszugehen, welche die angeführte Beeinträchtigung zur Folge haben könnten, sodass eine amtsärztliche Nachuntersuchung mit augenfachärztlicher und internistischer Stellungnahme bereits nach 3 Jahren erforderlich sei. Die Kontrolluntersuchungen des HbA1c-Wertes sowie die Verlaufsbestätigung durch den Internisten seien ebenfalls erforderlich um weitere häufige, oft schnell auftretende Sekundärkomplikationen, welche die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beeinträchtigen, ausschließen zu können.

 

Zu diesem Gutachten führte der Berufungswerber zusammengefasst aus, dass die Amtsärztin Dr. X nur von möglichen Verschlechterungen spreche und den fachlich fundierten Befund des Dr. X vom 17.03.2011 nicht berücksichtige. Die Verantwortung zum Lenken von Kraftfahrzeugen trage er selbst, diese könne ihm nicht von anderen abgenommen werden. Zum Lenken von Kraftfahrzeugen (auch LKW) benötige er nicht die volle Muskelkraft. Die Befristung habe in erster Linie den Zweck, Kosten und Zeitverlust auf beiden Seiten zu verursachen. In einem Telefongespräch wies er noch ausdrücklich darauf hin, dass weder der Augenarzt noch der Internist irgendwelche Beeinträchtigungen festgestellt hätten und er selbst keine Beschwerden habe. Er sei wegen des Blutzuckers ohnedies ca. einmal monatlich beim Hausarzt und ca. alle halben Jahre beim Internist. Er lenke ohnedies nur dann Kraftfahrzeuge, wenn er sich dazu gesundheitlich in der Lage fühle und diese Verantwortung könne ihm nicht von der Behörde abgenommen werden.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 5 Abs.5 FSG ist die Lenkberechtigung soweit dies aufgrund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen (§ 8 Abs.3 Z2).

 

Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1.     die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2.     die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs. 5 ein neuer Führerschein auszustellen.

Für den Zeitraum einer Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A, B oder F ist auch das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen unzulässig, es sei denn es handelt sich

1. um eine Entziehung gemäß § 24 Abs. 3 achter Satz oder

2. um eine Entziehung der Klasse A wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung, die ausschließlich mit dem Lenken von einspurigen Kraftfahrzeugen zusammenhängt.

 

Gemäß § 8 Abs.3 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend auszusprechen:

„geeignet“, „bedingt geeignet“, „beschränkt geeignet“ oder „nicht geeignet“. Ist der Begutachtete nach ärztlichem Befund

1.     gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen ohne Einschränkung geeignet, so hat das Gutachten „geeignet“ für diese Klassen zu lauten;

2.     zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten „bedingt geeignet“ für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrsicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind;

3.     zum Lenken nur eines bestimmten Fahrzeuges nach § 2 Z24 KFG 1967 geeignet, so hat das Gutachten „beschränkt geeignet“ zu lauten und anzugeben, durch welche körperlichen Mängel die Eignung beschränkt ist und in welcher Form diese körperlichen Mängel ausgeglichen werden können;

4.     zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nicht geeignet, so hat das Gutachten „nicht geeignet“ für die entsprechende Klasse zu lauten.

 

Gemäß § 11 Abs.1 FSG-GV darf Zuckerkranken eine Lenkberechtigung nur nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme erteilt oder belassen werden.

 

Gemäß § 2 Abs.1 letzter Satz FSG-GV können ärztliche Kontrolluntersuchungen in den Fällen der §§ 5 bis 16 als Auflage gemäß § 8 Abs.3 FSG im Zusammenhang mit einer Befristung als Voraussetzung für die amtsärztliche Nachuntersuchung vorgeschrieben werden.

 

5.2. Der Berufungswerber leitet an einem leichten Diabetes mellitus Typ 2, welcher mit einem entsprechenden Medikament gut eingestellt ist. Trotzdem liegt bereits eine Sekundärerkrankung (diabetische Polyneuropathie) vor, weshalb die amtsärztliche Einschätzung, dass von einer fortschreitenden Erkrankung auszugehen ist, zutreffend ist. Wenn der Berufungswerber auch derzeit keinerlei Beschwerden verspürt, so ist im Hinblick auf die bereits vorliegende Sekundärerkrankung die amtsärztliche Einschätzung, dass auch ein weiteres Fortschreiten der Erkrankung durchaus wahrscheinlich ist, zutreffend. Dadurch kann es in weiterer Folge auch zu verminderter Muskelkraft und eventuell zu Herz- und Kreislaufproblemen kommen. Auch eine diabetische Retinopathie kann relativ rasch auftreten, auch wenn es dafür derzeit keine Anzeichen gibt.

 

Das Berufungsvorbringen, wonach es sich dabei nur um eine mögliche Entwicklung seiner Krankheit handelt, ist durchaus zutreffend. Es liegt jedoch in der Natur fortschreitender Erkrankungen, dass deren weiterer Verlauf und die Schwere der zukünftigen Beeinträchtigungen nicht exakt vorhergesehen werden können. Die Prognose der Amtsärztin, dass derartige weitere Erkrankungen beim Berufungswerber jedoch wesentlich wahrscheinlicher sind, als bei gesunden Menschen, ist aufgrund der bereits vorliegenden Sekundärerkrankungen durchaus nachvollziehbar. Diese Beeinträchtigungen können sich auch auf die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen auswirken, weshalb es zum Schutz aller Verkehrsteilnehmer erforderlich ist, den weiteren Krankheitsverlauf beim Berufungswerber zu überwachen. Dazu erscheinen die von der Amtsärztin vorgeschlagenen halbjährlichen Kontrolluntersuchungen mit dem HbA1c-Wert sowie jährliche Verlaufsbestätigungen durch den Internisten ausreichend. Eine neuerliche Beurteilung unter Berücksichtigung dieser Untersuchungsergebnisse in 3 Jahren erscheint nach den schlüssigen Angaben der Amtsärztin aus medizinischer Sicht erforderlich.

 

Soweit sich der Berufungswerber auf seine Eigenverantwortung beruft, ist er darauf hinzuweisen, dass die Führerscheinbehörde gesetzlich verpflichtet ist, in jenen Fällen, in denen sie von möglichen gesundheitlichen Problemen im Zusammenhang mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen erfährt, diesen von Amtswegen nachzugehen und die erforderlichen Maßnahmen anzuordnen. Diese gesetzliche Verpflichtung der Führerscheinbehörde ist auch deshalb erforderlich, weil bei vielen Krankheitsbildern Verschlechterungen schleichend auftreten und von den Betroffenen daher gar nicht bewusst wahrgenommen werden.

 

Hinzuweisen ist noch darauf, dass gemäß § 8 Abs.3a FSG (diese Bestimmung ist am 30.07.2011 in Kraft getreten) die Dauer der Befristung vom Zeitpunkt der Ausfertigung des amtsärztlichen Gutachtens zu berechnen ist. Im konkreten Fall war dies der 19.04.2011, weshalb die Vorlage der halbjährlichen bzw. jährlichen Untersuchungsergebnisse bzw. Bestätigungen ebenfalls von diesem Termin zu berechnen sind. Die Lenkberechtigung für die Klassen C sowie EzC war zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung bereits abgelaufen, weshalb es sich bezüglich dieser Klassen um eine Wiedererteilung der Lenkberechtigung handelt. Hinsichtlich der anderen Klassen war der Berufungswerber durchgehend im Besitz einer Lenkberechtigung, weshalb es sich um eine Einschränkung im Sinne des § 24 Abs.1 FSG handelt. Dies war im Spruch des Berufungsbescheides entsprechend klarzustellen.


 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum