Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531162/5/Re/Sta VwSen-531163/2/Re/Sta

Linz, 04.08.2011

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung von Herrn und Frau Dr. M und M U, B, sowie M (geb.) und A U, S, alle vertreten durch Rechtsanwälte G L T + Partner, L, S, vom 8. Juni 2011 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 24. Mai 2011, Ge20-35-78-02-2011, betreffend die Erteilung einer Betriebsanlagen­genehmigung gemäß § 77 GewO 1994  zu Recht erkannt:

 

 

          Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die im Spruch des bekämpften Bescheides auf Seite 2 formulierte Anlagen­beschreibung durch nachstehende Konkretisierungen ergänzt wird:

          "Entsprechend dem der Genehmigung zu Grunde liegenden Antrag erfolgt eine Freiflächennutzung als Holzlager- und Manipulationsfläche am Gst. Nr. der KG. F nur insoweit, als im nördlichen Bereich des Grundstückes im Ausmaß eines Streifens entlang der dortigen Grundgrenze zum öffentlichen Gut Gst. Nr.  der KG. F mit einer Breite von mindestens 16 m keine Holzlagerung erfolgt.

          Die An- und Ablieferung von Holzwaren erfolgt ausschließlich über die öffentliche Gemeindestraße Gst. Nr. der KG. F und wird die öffentliche Straße Nr. für gewerbliche Zwecke (Zu- und Ablieferung, innerbetrieblicher Materialtransport) nicht genutzt."

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 und 67d des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG)

§§ 359a und 77 Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem Bescheid vom 24. Mai 2011, Ge20-35-78-02-2011, über Antrag der H OG, S, die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Groß- und Einzelhandels-Betriebsanlage mit Holzprodukten wie Holzschindeln, Holzdachrinnen, Schneestangen, Rundholz, Schneegitter und Kunststoffleitplöcke, mit Holzlagerhallen in bestehenden ehemaligen landwirtschaftlichen Gebäuden, Holzlager- und Manipulationsflächen im Freien am Standort F, S., auf den Gst. Nr. und  der KG. F, unter Vorschreibung von Auflagen und auf der Grundlage von Projektsunterlagen und Anlagenbeschreibung gemäß § 77 GewO 1994 erteilt. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, das Ermittlungsverfahren, insbesondere die mündliche Augenscheinsverhandlung vom 14.4.2011, das schlüssige Gutachten des technischen Amtssachverständigen sowie die gutachtliche Stellungnahme des verkehrstechnischen Amtssachverständigen und des Arbeitsinspektorates Vöcklabruck haben ergeben, dass nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten sei, dass durch die Errichtung der Anlage bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalls voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z1 GewO 1994 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z2 bis 5 GewO 1994 auf ein zumutbares Maß beschränkt würden.

In der Begründung wurde insbesondere auch darauf hingewiesen, dass im Zuge der gewerblichen Genehmigungsverhandlung am 14. April 2011  Vertreter der Antragstellerin und Nachbarn einen Konsens hinsichtlich Umfang der angeführten Betriebsanlage samt Betriebszwecken erzielt haben und zwar unter Hinweis auf die Anlagenbeschreibung im Spruch des Bescheides bzw. Protokollierung in der Verhandlungsschrift vom 14. April 2011.

 

2. Gegen diesen Bescheid haben Dr. M und Frau M U, Herr M (geb.) und Frau A U, alle vertreten durch G L T + Partner Rechtsanwälte mit Schriftsatz vom 8. Juni 2011, der Post zur Beförderung übergeben am 9. Juni 2011 und somit innerhalb offener Frist eingebracht, Berufung erhoben.

Dies im Wesentlichen unter Hinweis auf die im Rahmen der mündlichen Verhandlung im Einvernehmen mit den Vertretern der Konsenswerberin in Bezug auf den Antragsumfang getroffene Vereinbarung und der Feststellung, dass nicht sämtliche Details dieser Vereinbarung in die Anlagenbeschreibung des Genehmigungsbescheides Eingang gefunden hätten. Insbesondere beantragt wird die Aufnahme nachstehender Vereinbarungsinhalte in den Genehmigungsbescheid:

-         Betriebsanlagengenehmigung für das Gst. Nr., KG. F, mit Ausnahme eines nördlichen Grundstückstreifens in der Breite von 16 m zwischen Lärmschutzwand und öffentlichem Gut, Gst. Nr., KG. F,

-         An- und Ablieferung von Holzwaren ausschließlich über die öffentliche Gemeindestraße, KG. F und nicht über die öffentliche Straße Gst. Nr., KG. F.

 

Begründend wird weiters ausgeführt, seitens der Berufungswerber seien bereits im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren Einwendungen erhoben worden; bei der Verhandlung am 14. April 2011 sei mit der Konsenswerberin eine Einigung in Bezug auf die Nichtbenützung des nördlichen Grundstücksstreifens, KG. F, sowie auf die Nichtverwendung der Gemeindestraße Gst. Nr. der KG. F erzielt und der Genehmigungsantrag von der Konsenswerberin entsprechend eingeschränkt bzw. konkretisiert worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid sei jedoch die Betriebsanlagengenehmigung für das gesamte Grundstück, KG. F, erteilt worden, obwohl sich der Antrag lediglich auf einen Teil dieses Grundstückes bezog. In der im Spruch des Bescheides zitierten Anlagenbeschreibung findet sich jedoch unter Punkt c) keine Einschränkung betreffend das Grundstück der KG. F.

Gleich verhalte es sich mit der für den An- bzw. Abtransport der Waren zu benützenden Gemeindestraße und habe der Verzicht auf die Benützung der Gemeindestraße Gst. Nr. der KG. F keinen Niederschlag im Betriebsanlagengenehmigungsbescheid gefunden.

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben und keinen Widerspruch im Sinne des § 67h Abs.1 AVG erhoben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994  i.V.m. § 67a  Abs.1 AVG.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu Ge20-35-78-02.2011.

 

Im Grunde des § 67d Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden.

 

 

4. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

 

1.     das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,

 

2.     die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

 

3.     die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

 

4.     die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

 

5.     eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

 

Gemäß § 353 Abs.1 GewO 1994 sind dem Ansuchen um Genehmigung einer Betriebsanlage folgende Unterlagen anzuschließen:

1.     in vierfacher Ausfertigung

a)    eine Betriebsbeschreibung einschließlich eines Verzeichnisses der Maschinen und sonstigen Betriebseinrichtungen,

b)    die erforderlichen Pläne und Skizzen,

c)     ein Abfallwirtschaftskonzept; dieses hat zu enthalten:

1.     Angaben über die Branchen und den Zweck der Anlage,

2.     eine verfahrensbezogene Darstellung des Betriebes,

3.     eine abfallrelevante Darstellung des Betriebes,

4.     organisatorische Vorkehrungen zur Einhaltung abfallwirtschaftlicher Rechtsvorschriften und

5.     eine Abschätzung der zukünftigen Entwicklung

  2.   in einfacher Ausfertigung

        a) nicht unter Z 1 fallende für die Beurteilung des Projekts und der zu  erwartenden Emissionen der Anlage im Ermittlungsverfahren erforderliche  technischen  Unterlagen  .......

 

Insbesondere aus § 353 GewO 1994 ergibt sich nach ständiger Judikatur zunächst, dass es sich bei der Erteilung der Genehmigung für eine Betriebsanlage bzw. für die Änderung einer bereits bestehenden genehmigten Betriebsanlage um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt handelt. Diese Genehmigung darf grundsätzlich nur auf Grund eines entsprechenden Ansuchens erfolgten. Die Sache, über die eine Behörde im Genehmigungsverfahren zu entscheiden hat, wird durch das Genehmigungsansuchen bestimmt (VwGH 10.12.1991, 91/04/0186). Das Verfahren zur Genehmigung ist ein Projektsverfahren, in dem der Beurteilung die in § 353 GewO genannten Einreichunterlagen zu Grunde zu legen sind. Ausgehend von § 59 Abs.1 AVG sind der Genehmigung zu Grunde liegende Projektsbestandteile enthaltende Pläne und Beschreibungen im Spruch des Bescheides so eindeutig zu bezeichnen, dass eine Nachprüfung in Ansehung eines eindeutigen normativen Abspruches möglich ist.

 

Laut vorliegendem Verfahrensakt wurde von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als nunmehr belangte Behörde auf Grund des vorliegenden Antrages der Konsenswerberin auf Erteilung der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung für die verfahrensgegenständliche Anlage nach Vorprüfung der eingereichten Projektsunterlagen eine mündliche Augenscheinsverhandlung am 14. April 2011 anberaumt und durchgeführt. Im Rahmen dieser mündlichen Verhandlung waren auch die Berufungswerber gemeinsam mit ihrer rechtsfreundlichen Vertretung anwesend. Der Verhandlungsschrift ist bereits auf Seite 3 eine Konkretisierung des Genehmigungsantrages durch die Vertreter der Konsenswerberin dahingehend zu entnehmen, als am Grundstreifen zwischen bestehender Lärmschutzwand und öffentlichem Gut, Gst. Nr. der KG. F in einer Breite von ca. 16 m keine Holzlagerung erfolgt und die An- und Ablieferung von Holzwaren ausschließlich über die öffentliche Gemeindestraße der KG. F und Zu- und Ablieferung  sowie innerbetrieblicher Materialtransport nicht über die öffentliche Straße Gst. Nr. erfolgt.

 

Diese Vorgangsweise entspricht dem oben zitierten § 353 GewO 1994, im Grunde dessen es sich bei der Erteilung der Genehmigung für eine Betriebsanlage um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt handelt, diese Genehmigung nur auf Grund eines entsprechenden Ansuchens bzw. Antrages und ausschließlich im Rahmen des Umfanges des Antrages erfolgen kann. Wie auch von den Berufungswerbern zutreffend zitiert, ist der Umfang des Ansuchens entscheidend für den Umfang der behördlichen Entscheidungsbefugnis (VwGH 10.12.1991, 91/04/0186).

 

Im Sinne dieser Gesetzesbestimmung ist dem Berufungsvorbringen zwar zu entgegnen, dass eben im Rahmen der mündlichen Verhandlung der Antrag durch die Konsenswerberin eindeutig in Bezug auf die beabsichtigte Zufahrt zur Betriebsanlage und in Bezug auf den nördlichen Grundstreifen im Ausmaß von
16 m zur Grundgrenze der Parz. Nr. der KG. F eingeschränkt wurde und bereits aus diesem Grunde eine darüber hinausgehende Betriebsanlagengenehmigung durch die Behörde nicht erteilt werden konnte.

 

Auch die Konsenswerberin verweist in ihrer eingeholten Gegenäußerung zur Berufungsschrift auf den bei der Verhandlung am 14. April 2011 mit den Nachbarn erzielten Konsens, welcher von der belangten Behörde im Verhandlungsprotokoll niedergeschrieben und konkretisiert wurde. Die Konsenswerberin bestätigt gleichzeitig, dass die von den Berufungswerbern in ihrer Berufung angeführten Punkte so besprochen wurden, wie sie in der Berufung beschrieben werden und dieses Protokoll bzw. diese Konkretisierung ihrer Ansicht nach ohnehin Teil des Bescheides seien.

 

Um für die Realisierung des Projektes weitere Auslegungsdifferenzen hintanzuhalten und auf Grund des Umstandes, als tatsächlich die Begründung des Genehmigungsbescheides ausdrücklich auf den Konsens hinsichtlich Umfang der Betriebsanlage auf die Anlagenbeschreibung im Spruch des Bescheides verweist, in dieser Anlagenbeschreibung jedoch zumindest der vereinbarte 16 m breite von Holzlagerung frei zu haltende Grundstreifen nicht ausdrücklich erwähnt wird, wurde diese Projektsabsicht nunmehr ergänzend zur Klarstellung in den Spruch des Bescheides aufgenommen. Der Vollständigkeit halber wurde im Spruch dieses Bescheides auch der zweite Inhaltspunkt des getroffenen Konsenses aufgenommen, obwohl im Rahmen der Anlagenbeschreibung bzw. der im Bescheid zitierten, der "Genehmigung zu Grunde liegenden Projektsunterlagen" bereits ausdrücklich angeführt wurde, dass An- und Abtransport der Waren mit Lkw auf der öffentlichen Gemeindestraße, Parz. Nr. der KG. F stattfindet.

 

Die Ergänzung bzw. Konkretisierung des Spruches des bekämpften Bescheides erfolgte im Einvernehmen zwischen Konsenswerberin und berufungswerbenden Nachbarn und war daher von der Berufungsbehörde im Spruch des Genehmigungsbescheides im Grunde des § 353 GewO 1994 aufzunehmen.

 

Insgesamt war somit auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage wie im Spruch zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Reichenberger

 

 

 

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