Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166122/5/Zo/Gr

Linz, 07.09.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Hofrat Mag. Gottfried Zöbl über die Berufung des X vom 7. Juni 2011 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 23. Mai 2011, Zahl: VerkR96-1493-2011 wegen Zurückweisung eines Einspruches als verspätet zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 49 Abs.1 VStG, § 7 und 17 Abs.3 Zustellgesetz.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem angefochtenen Bescheid den Einspruch des Berufungswerbers gegen die Strafverfügung vom 8. Februar 2011, Zahl: VerkR96-1493-2011 als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber zusammengefasst aus, dass er die ihm vorgeworfene Übertretung nicht begangen habe.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Gmunden hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der UVS des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Wahrung des Parteiengehörs hinsichtlich der vermutlichen Verspätung. Bereits daraus ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich war.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Gegen den Lenker des PKW mit dem Kennzeichen X wurde Anzeige erstattet, weil dieser entsprechend einer Radarmessung am 8. Dezember 2010 um 23:15 Uhr auf der A1 bei Kilometer 217.638 die erlaubte Geschwindigkeit von 80 km/h um 61 km/h überschritten hatte. Die Zulassungsbesitzerin des gegenständlichen PKW hat den Berufungswerber als Lenker des Fahrzeuges zum Tatzeitpunkt bekannt gegeben. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat daraufhin gegen den Berufungswerber eine Strafverfügung wegen dieser Geschwindigkeitsüberschreitung erlassen, diese wurde am 11. Februar 2011 beim Postamt X hinterlegt. Der Berufungswerber hat per E-Mail am 12. März 2011 einen Einspruch eingebracht, in welchem er bestritt, die Geschwindigkeitsüberschreitung begangen zu haben.

 

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 27. April 2011 wurde er aufgefordert, zur scheinbaren Verspätung Stellung zu nehmen. Dazu führte er aus, dass er sich vom 10. Februar 2011 bis 1. März 2011 beruflich bei einer Tochterfirma in Deutschland aufgehalten habe. Er habe das Einschreiben am 2. März 2011 beim Postamt abgeholt, das E-Mail habe er letztlich am 12. März 2011 versendet.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat daraufhin seinen Einspruch als verspätet zurückgewiesen, aufgrund der Berufung wurde der Berufungswerber vom UVS aufgefordert, entsprechende Nachweise für die von ihm behauptete berufliche Abwesenheit vorzulegen. Die X und X GmbH als Arbeitgeberin des Berufungswerbers teilte daraufhin mit Schreiben vom 25. Juli 2011 mit, dass der Berufungswerber vom 10. Februar bis 1. März 2011 beruflich bei einem Tochterunternehmen in Dorsten (Deutschland) zur Einschulung, Wartung und Reparatur verschiedener Geräte gewesen sei.

Dorsten ist vom Wohnort des Berufungswerbers (Purgstall an der Erlauf) laut Routenplaner ca. 900 Kilometer entfernt.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 49 Abs.1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

 

§ 17 Abs.3 Zustellgesetz lautet wie folgt: Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter iSd § 13 Abs.3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

 

 

 

Wenn im Verfahren der Zustellung Mängel unterlaufen, so gilt gemäß § 7 Zustellgesetz die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.

 

5.2. Die Behauptung des Berufungswerbers, dass er sich zum Zeitpunkt der Hinterlegung der Strafverfügung drei Wochen lang durchgehend in Deutschland aufgehalten hat, wurde auch von seinem Arbeitgeber bestätigt. Sie ist daher durchaus glaubwürdig. Wenn man weiters berücksichtigt, dass die Fahrtstrecke von seinem Arbeitsplatz in Deutschland an seine Zustelladresse ca. 900 Kilometer betragen hat, ist die Behauptung des Berufungswerbers, dass er in den drei Wochen nicht nach Hause gekommen ist sondern sich durchgehend in Deutschland aufgehalten hat, durchaus naheliegend und glaubwürdig.

 

Die Strafverfügung wurde daher nicht durch Hinterlegung gemäß § 17 Abs.3 Zustellgesetz zugestellt, sondern die Zustellung erfolgte erst durch die Heilung des ursprünglichen Zustellmangels, indem der Berufungswerber die Strafverfügung am 2. März 2011 tatsächlich behoben hat. Der Einspruch vom 14. März 2011 ist daher rechtzeitig. Es war daher seiner Berufung stattzugeben und die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat inhaltlich über den Einspruch zu entscheiden.


 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Gottfried Zöbl

 

 

 

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