Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300956/3/WEI/Sta

Linz, 23.08.2011

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des Ernst X, X, X, ehemals vertreten durch den mittlerweile verstorbenen X X, Obmann der "X", X, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Gmunden vom 23. Juli 2010, Zl. Pol 96-122-2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 5 Abs 1 Oö. Polizeistrafgesetz – Oö. PolStG (LGBl Nr. 36/1979 idF LGBl Nr. 94/1985, zuletzt geändert mit LGBl Nr. 77/2007) zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Berufung wird in der Schuldfrage keine Folge gegeben und der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses bestätigt.

 

              Aus Anlass der Berufung wird die Geldstrafe auf 250 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 70 Stunden reduziert.

 

II.              Der Berufungswerber hat im Verfahren erster Instanz einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 25 Euro zu leisten. Im Berufungsverfahren entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines weiterer Kostenbeitrags.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG; § 64 Abs 1 und 2 und § 65 VStG.

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Gmunden wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt:

 

"Sie haben es als Halter der auf dem Areal Ihrer Straußenzucht gehaltenen Strauße zu verantworten, dass diese am 26.04.2010 gegen 08:00 Uhr in X, X, in einer Weise beaufsichtigt bzw. verwahrt wurden, dass durch die Tiere dritte Personen über das zumutbare Maß hinaus belästigt wurden, indem einer der von Ihnen gehaltenen Vögel aus dem umzäunten Gehege entweichen und bis zum angrenzenden Feld vordringen konnte.

 

Auf diesem Nachbarfeld arbeitete Herr X X, zu dem der Strauß immer wieder hin lief. Herr X fühlte sich dadurch belästigt und hatte sich vor dem großen Tier so gefürchtet, dass er seine Arbeit am Feld nicht weiter fortsetzen konnte."

 

Dadurch erachtete die belangte Behörde den § 5 Abs 1 iVm § 10 Abs 2 lit b) Oö. PolStG als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe in Höhe von 700 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 140 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde dem Bw gemäß § 64 VStG der Betrag von 70 Euro vorgeschrieben.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Händen seines damaligen Rechtsvertreters durch Hinterlegung am 30. Juli 2010 zugestellt wurde, richtet sich die Berufung vom 8. August 2010, die am 10. August 2010 bei der belangten Behörde rechtzeitig einlangte und mit der sinngemäß die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens angestrebt wird.

 

Die Berufung führt begründend aus, dass der Unrechtsgehalt der Anlastung lächerlich sei und die hohe Verwaltungsstrafe einem Amtsmissbrauch gleich käme.

Was sei denn schon geschehen. Ein verspielter Strauß sei aus dem Gehege ausgebrochen und habe den Herrn X X aufgefordert, mit ihm zu spielen. Dieser habe sich an den Auftrag der PI X erinnert und auftragsgemäß wieder einmal Angst vor den Straußenvögeln des Nachbarn bekommen. Der Bauer X X hätte seine Feldarbeit schon um 08:00 Uhr früh eingestellt, weil er den Straußvogel fürchtete. Dazu hätte ein anderer Nachbar gemeint: "Daß er sich nicht schämt, der X!"

 

Beantragt wird, das Straferkenntnis wegen Geringfügigkeit ersatzlos aufzuheben.

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende Gang des Verfahrens und wesentliche S a c h v e r h al t :

 

2.1. Mit Anzeige (GENDIS-Anzeige) der Polizeiinspektion (PI) X vom 19. Mai 2010, Zl. A1/0000005458/01/2010, wurde der Bw wegen des Verdachts der nicht ordnungsgemäßen Verwahrung von Tieren nach § 5 Oö. PolStG zum Tatort in X, X (nördlich angrenzendes Feld zum Anwesen bzw Straußenzuchtgehege), mit folgender Tatbeschreibung angezeigt:

 

"Tatbeschreibung:

X X verwahrte und beaufsichtigte am 26.04.2010 die von ihm gezüchteten Strauße in seiner Zuchtfarm so mangelhaft, dass ein Tier aus dem Gehege entkommen konnte und den am Nachbarfeld arbeitenden X X derart störte, dass dieser seine Arbeit nicht mehr fortsetzen konnte."

 

Der Verdächtige X X habe angegeben, sich zu fragen, wieso der verängstigte Nachbar nichts über den entlaufenen Strauß gesagt habe. Weiters habe er gemeint, dass es bisher noch nie vorgekommen sei, dass ein Strauß jemandem gefährlich wurde. Er sei bereits dabei, sich um das Loch im Zaun zu kümmern.

 

Unter "Weitere Mitteilung" wird berichtet:

 

"Am 26.04.2010 gegen 08:00 Uhr wurde der BLS Gmunden durch Anrainer des X X angezeigt, dass sich ein Straußenhahn außerhalb des Geheges im angrenzenden Feld befinde. Beim Eintreffen der Außendienstpatrouille der PI X, GrInsp X und Insp X, gegen 08:20 Uhr, konnte kein Strauß mehr außerhalb des Geheges wahrgenommen werden. Es war jedoch ein größeres Loch im Zaun feststellbar, wobei hier einer der hohen Pfähle umgerissen worden war. Dadurch fehlte auch die Spannung der Drähte in den angrenzenden Zaunabschnitten. Von dieser Situation wurden Lichtbilder angefertigt, die erforderlichenfalls übermittelt werden können.

X X gab gegenüber den erhebenden Beamten an, dass der Strauß längere Zeit außerhalb des Geheges herumgelaufen und immer wieder zu ihm hergekommen sei . Er habe sich vor dem großen Tier gefürchtet und seine Arbeit nicht weiter fortsetzen können. Als er später das Tier nicht mehr gesehen habe, sei er wieder an die Arbeit gegangen. Den Schaden am Zaun habe er bereits am Vortag gegen 19:00 Uhr bemerkt.

X wurde in der Folge auf den kaputten Zaun aufmerksam gemacht. Er war seinen Angaben zufolge bereits damit beschäftigt, mit dem Traktor einen Zaunpfahl aufzustellen und mit Erde zu sichern.

Das Tier selbst dürfte den Weg zurück ins Gehege selbst gefunden haben."

 

2.2. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 1. Juni 2010, dem Rechtsvertreter des Bw zugestellt am 4. Juni 2010, hat die belangte Behörde dem Bw die Tat genau so wie im angefochtenen Straferkenntnis angelastet.

 

In der Rechtfertigung vom 18. Juni 2010 wird der Vorfall bagatellisiert und ironisiert. Zu diesem Zweck wird der Bw wie folgt zitiert:

 

"Herr X ist ein sehr sensibler Mann: Es kam einmal vor, dass Herr X sich nicht mehr in den Kuhstall traute. Die Familie musste den Hausarzt holen. Erst als ihm der Hausarzt eine Beruhigungsspritze verpaßte, kam der Mut zurück."

 

"Die tänzelnde Annäherungen eines Straußvogels werden von Menschen mißverstanden. Dabei handelt es sich nicht um einen Angriff, sondern um ein Balzgehaben."

 

Der Bw habe sich gerade in letzter Zeit sehr bemüht, das Gehege zu sichern. Deshalb werde beantragt von einem Strafverfahren abzusehen.

 

In weiterer Folge hat die belangte Behörde das angefochtene Straferkenntnis vom 23. Juli 2010 erlassen und zum Sachverhalt auf die Anzeige der PI X hingewiesen. Der Rechtfertigung hätten keine sachdienlichen Hinweise oder Beweise zur Feststellung des Sachverhalts entnommen werden können.

 

Der Bw habe bereits 12 rechtskräftige Verwaltungsvorstrafen wegen mangelhafter Tierhaltung und Gefährdung oder unzumutbarer Belästigung Dritter nach dem § 5 Oö. PolStG. Geringes Verschulden liege nicht vor.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt und dabei unter Berücksichtigung des Vorbringens des Bw festgestellt, dass der angelastete Sachverhalt im Wesentlichen unbestritten geblieben ist. Zum Grund warum immer wieder Straußenvögel aus der Straußenfarm des Bw entlaufen, kann auf Grund früherer Strafverfahren Folgendes festgestellt werden:

 

3.1. Dem erkennenden Verwaltungssenat ist aus dem mit h. Erkenntnis vom 27. August 2009, Zl. VwSen-300837/18/WEI/Se (BH Gmunden zu Zl. Pol 96-57-2008), entschiedenen Berufungsverfahren bekannt, dass ein ausgewachsener männlicher Straußenvogel mit einer auffälligen Verletzung im Brustbereich vermutlich von Rangkämpfen mit anderen Hähnen am frühen Nachmittag des 10. März 2008 im nicht umzäunten Garten des X X auftauchte und sich aggressiv verhielt. Dem damaligen Polizeibericht der PI X vom 18. März 2008, Zl. B6/4221/2008-Ste, war eine Lichtbildbeilage 2 vom 27. März 2008 über den damaligen Zustand der Umzäunung der Straußenfarm des Bw angeschlossen. Auf den insgesamt 8 Lichtbildern konnte man morsche und bereits umgefallene Steher und unzureichende Drahtverbindungen erkennbar. Bild Nr. 8 zeigt einen freilaufenden Strauß in der Nähe, aber außerhalb des Geheges, der auf Grund der unzureichenden Umzäunung entlaufen konnte.

 

In der damals am 14. Juli 2009 durchgeführten Berufungsverhandlung erläuterte der Amtstierarzt Mag. X der belangten Behörde aus fachlicher Sicht, dass die vom Bw praktizierte Straußenhaltung in einem einheitlichen Gehege ohne Abtrennungen durch Zwischenzäune zwecks Gruppenhaltung unweigerlich zum Problem von Rangkämpfen zwischen den Hähnen und damit zu Verletzungen der Tiere und zur Unruhe innerhalb der Herde führt. Normalerweise muss man die Straußenvögel in verschiedenen Gruppen halten, welche nach Alter und Geschlecht differenziert werden. Weil diese Erfordernisse einer ordnungsgemäßen Haltung vom Bw nicht erfüllt werden, seien Konflikte vorprogrammiert. Auch die Bodenvegetation innerhalb des Geheges sei im schlechten Zustand, weshalb die Tiere bei Gelegenheit Grünfutter außerhalb des Geheges suchen. Aus diesen Gründen und auch wegen der mangelhaften Umzäunung kommt es immer wieder zu Ausbrüchen von erwachsenen Straußenvögeln.

 

3.2. In dem mit h. Berufungsentscheidung vom 9. August 2010, Zl. VwSen-300895/2/WEI/Sta, abgeschlossenen Strafverfahren wegen § 5 Abs 1 Oö. PolStG wurden der Anzeige der PI X vom 24. April 2009, Zl. A1/000005860/01/2009, Farblichtbilder beigelegt, zu denen von der Polizei ausgeführt wurde, dass bei einer Besichtigung an mehreren Stellen des Zaunes festgestellt werden konnte, dass sich der untere erste Draht in einer Höhe von ca. 70 cm befand. Dies wurde mit mehreren Lichtbildern dokumentiert, wobei auf einem Bild auch eine Bodenvertiefung in unmittelbarer Nähe zu sehen war. Diese Situation war nach der dem Oö. Verwaltungssenat zuletzt bekannt gewordenen Darstellung der PI X ein Grund dafür, dass Strauße aus dem Gehege schlüpfen können.

 

3.3. Nach der Aktenlage steht im gegenständlichen Fall unbestritten fest, dass zur Tatzeit ein größeres Loch im Zaun wegen eines umgerissenen Pfahles bestand, wie durch die vor Ort erhebenden Polizeibeamten festgestellt werden konnte. Darauf aufmerksam gemacht, gab der Bw an, dass er schon mit der Behebung des Schadens im Zaun beschäftigt sei.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 5 Abs 1 Oö PolStG (idF LGBl Nr. 94/1985 und LGBl Nr. 147/2002) begeht u.A. eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet,

 

wer als Halter eines Tieres dieses in einer Weise beaufsichtigt oder verwahrt, dass durch das Tier dritte Personen gefährdet oder über das zumutbare Maß hinaus belästigt werden.

 

Den Materialien (vgl AB Blg 448/1985 zum kurzschriftlichen Bericht Oö. LT, 22. GP, 3) ist zu entnehmen, dass sich eine landesgesetzliche Regelung betreffend das Halten von Tieren nicht mehr nur auf gefährliche Tiere beschränken sollte und Missstände nicht mehr ortspolizeilichen Regelungen der Gemeinden überlassen bleiben sollten. Vielmehr sprach sich der Ausschuss für allgemeine innere Angelegenheiten des Oö. Landtages dafür aus, eine Beaufsichtigung oder Verwahrung von Tieren, die so mangelhaft erfolgt, dass sie Gefährdungen oder Belästigungen dritter Personen zur Folge hat, in Zukunft für strafbar zu erklären. Dritte Personen seien dabei alle, die nicht unmittelbar dem Haushalt des Tierhalters angehören.

 

Nach hM ist Tierhalter, wer die tatsächliche Herrschaft über das Verhalten des Tieres ausübt und über Verwahrung und Beaufsichtigung entscheidet (vgl näher mwN Dittrich/Tades, MGA ABGB³³, E 18ff zu § 1320; Reischauer in Rummel², Rz 7 f zu § 1320 ABGB). Auf eine bestimmte rechtliche Beziehung zum Tier (etwa das Eigentumsrecht) kommt es dabei nicht an. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, sind die faktischen Verhältnisse der Herrschaft über das Tier (Aufzucht, Ernährung, Unterbringung, Pflege und gesundheitliche Betreuung) für den Begriff des Haltens entscheidend (vgl VwGH 30.7.1992, 88/17/0149).

 

Dass der Bw als Betreiber einer Straußenfarm auch Halter der Strauße ist, steht außer Frage. Er kommt als Täter der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs 1 Oö. PolStG in Betracht, zumal die belangte Behörde die Ausnahme nach § 8 leg.cit. für das Halten von Tieren im Rahmen der ortsüblichen land- und forstwirtschaftliche Produktion zutreffend verneint hat.

 

Zum Deliktscharakter des § 5 Abs 1 Satz 1 Oö. PolStG hat der Oö. Verwatungssenat schon in der Vergangenheit die Ansicht vertreten (vgl VwSen-300417 vom 25.06.2002, VwSen-300442 vom 5.09.2002; VwSen-300518 vom 30.06.2004), dass es sich bei dieser Verwaltungsübertretung nach der gewählten grammatikalischen Konstruktion mit Hauptsatz und Folgesatz um ein Erfolgsdelikt handelt, bei dem die mangelhafte Haltung des Tieres zu einer in der Außenwelt erkennbaren (konkreten) Gefährdung oder zu einer unzumutbaren Belästigung Dritter führen muss. Aus den Gesetzesmaterialien (vgl AB zur Oö. Polizeistrafgesetznovelle 1985, Blg 448/1985 zum kurzschriftlichen Bericht Oö. LT, 22. GP, 3) geht auch hervor, dass nicht jede mangelhafte Tierhaltung, sondern nur eine solche, die Gefährdungen oder Belästigungen dritter Personen zur Folge hat, in Zukunft strafbar sein sollte.

 

Wie der unabhängige Verwaltungssenat schon im Erkenntnis vom 28. Jänner 2010, VwSen-300869/2/WEI/Sta, betont hat, ist beim Tatbestand des § 5 Abs 1 Oö. PolStG zwischen Gefährdungs- und Belästigungsvariante zu unterscheiden. Im Falle der Gefährdung dritter Personen infolge mangelhafter Verwahrung eines Tieres muss ein Ereignis vorliegen und umschrieben werden, aus dem eine nahe Gefahr für ein persönliches Rechtsgut abgeleitet werden kann.

 

4.2. Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde nach der gewählten Spruchfassung auf die Belästigungsvariante abgestellt. Auf Basis des Tatvorwurfs der belangten Behörde ist davon auszugehen, dass der Tatbestand des § 5 Abs 1 Oö PolStG in Bezug auf seine Belästigungsvariante verwirklicht worden ist. Nach dem Empfinden eines objektiven Beobachters (näher dazu VwSen-300869/2/WEI/Sta vom 28.01.2010) ist es als nicht mehr tolerierbare und damit unzumutbare Belästigung anzusehen, wenn ein frei laufender, ausgewachsener Straußenhahn immer wieder auf jemanden zuläuft und ihn an der Arbeit hindert. Dies gilt auch dann, wenn sein Verhalten nicht aggressiv gewesen sein und der Strauß "nur" ein Balzverhalten gezeigt haben sollte, wie in der Rechtfertigung des Bw vom 18. Juni 2010 behauptet. Denn der Umgang mit einem Straußenvogel ist für die heimische Bevölkerung ungewohnt und das Verhalten eines solchen 80 bis 90 kg wiegenden Laufvogels, der zumindest eine Geschwindigkeit von 60 km/h erreichen kann, ist weitgehend unberechenbar und potentiell gefahrenträchtig (vgl näher das h. Erkenntnis vom 27.08.2009 im Berufungsverfahren VwSen-300837/18 und VwSen-300838/17/WEI/Se). Im Zweifel werden Personen, die durch die Anwesenheit eines Straußes (insbesondere bei einem potentiell gefährlicheren Straußenhahn) in ihrer Nähe betroffen sind, dem Vogel ausweichen und/oder sich in Sicherheit bringen müssen.

 

Nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenats kann daher nicht in Abrede gestellt werden, dass im vorliegenden Fall eine unzumutbare Belästigung des X X und damit eines Dritten vorlag. Insofern war die Tatanlastung zu bestätigen und hatte der Bw gemäß § 5 Abs 1 Oö. PolStG den Tatbestand der nicht ordnungsgemäßen Verwahrung eines Tieres mit nachfolgender Belästigung dritter Personen über das zumutbare Maß hinaus zu verantworten.

 

Diese Verwaltungsübertretung hat der Bw auch schuldhaft begangen, weil er aus zahlreichen Vorfällen in der Vergangenheit und einschlägigen Vorstrafen (vgl etwa die h. Erkenntnisse vom 26.08.2009, Zl. VwSen-300834/15/WEI/Se, vom 27.08.2009, Zlen. VwSen-300837/18/WEI/Se, 300838/17/WEI/Se, sowie vom 28.01.2010, Zl. VwSen-300869/2/WEI/Sta), bei denen immer wieder Strauße aus seiner Straußenfarm entweichen und andere Personen belästigen oder gefährden konnten, offenbar nicht die notwendigen Konsequenzen gezogen, die Haltungsbedingungen zur Vermeidung von Rangkämpfen oder der Futtersuche außerhalb des Geheges nicht verbessert und Mängel in der Umzäunung nicht rechtzeitig behoben hat.

 

Im Ergebnis steht daher fest, dass der Bw die dargelegte Verwaltungsübertretung sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht erfüllt hat.

 

4.3. Im Rahmen der Strafbemessung war nach der Strafbestimmung des § 10 Abs 2 lit b) Oö. PolStG bei einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Oö. PolStG von einer Strafdrohung bis zu 1.450 Euro auszugehen. Die belangte Behörde ging unter Hinweis auf frühere Verwaltungsstrafverfahren zu den persönlichen Verhältnissen des Bw von einer Landwirtschaft mit Einheitswert von 23.000 Euro, keinem weiteren Vermögen und keinen Sorgepflichten aus. Diesen persönlichen Verhältnissen hat der Bw durch die Telefax-Eingabe seines Rechtsvertreters vom 30. Juni 2011 widersprochen und den Bescheid des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom 2. Februar 2010, Zl. EW-AZ 43/153-1-0066/4, vorgelegt, mit dem der Einheitswert des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs (EZ 66 der KG 42154 X) in X 8, 4661 X, zum 1. Jänner 2009 mit lediglich 10.600 Euro festgestellt worden ist. In früheren Berufungen (zB VwSen-300922-2009) wird auch noch auf eine monatliche Alterspension von 1.200 Euro hingewiesen.

 

Straferschwerend wertete die belangte Behörde 13 einschlägige rechtskräftige Verwaltungsübertretungen wegen § 5 Abs 1 Oö. PolStG und 30 weitere Verwaltungsstrafen nach dem Tierschutzgesetz, die nicht näher spezifiziert wurden. Es ist beim Oö. Verwaltungssenat amtsbekannt, dass es meist um Übertretungen nach § 38 iVm § 24 Tierschutzgesetz (Verstöße gegen Haltungsvorschriften in Tierhaltungsverordnungen) ging. Abgesehen von der Unbestimmtheit hält der erkennende Verwaltungssenat die Nichteinhaltung von Haltungsbedingungen im Verhältnis zu § 5 Oö. PolStG nicht unbedingt für einschlägig und daher insofern nicht für erschwerend. Als strafmildernd war kein Umstand zu werten.

 

Der erkennende Verwaltungssenat geht im gegenständlichen Fall zum Schuldspruch in zeitlicher Hinsicht davon aus, dass die Belästigung und Behinderung des X X durch den entkommenen Strauß nur relativ kurz dauerte, zumal dessen Anzeige von der Bezirksleitzentrale gegen 08:00 Uhr registriert und der Vogel bereits um 08:20 Uhr von den Polizeibeamten des Außendienstes nicht mehr wahrgenommen wurde. Das Loch im Zaun hatte Herr X nach seinen Angaben zwar schon am Vortag gegen 19:00 Uhr bemerkt, dem Bw aber nichts gesagt. Dieser wurde offenbar erst durch die Polizei mit dem Vorfall konfrontiert, dann aber unverzüglich tätig.

 

Im Hinblick auf das einsichtige Verhalten und das Tatsachengeständnis des Bw gegenüber den Polizeibeamten sowie die eher kurze und vorübergehende Belästigung des Herrn X erscheint dem erkennenden Mitglied bei verständiger Würdigung des Sachverhalts der Unrechts- und Schuldgehalt der Tat nicht erheblich. Es liegt an sich ein Bagatellfall vor, bei dem es nur wegen der zahlreichen einschlägigen Vorstrafen des Bw nicht mit einer bloßen Ermahnung des Bw sein Bewenden haben kann.

 

Bei den gegebenen Strafzumessungsgründen und den schlechteren persönlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Bw, wie von der belangten Behörde angenommen, hält der erkennende Verwaltungssenat eine Geldstrafe in Höhe von 250 Euro für angemessen, den persönlichen Verhältnissen des Bw angepasst sowie auch in präventiver Hinsicht für noch ausreichend, um den Bw von einschlägigen weiteren Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

 

Die für den Fall der Uneinbringlichkeit gemäß dem § 16 Abs 2 VStG innerhalb von zwei Wochen festzusetzende Ersatzfreiheitsstrafe konnte im Verhältnis zur verminderten Geldstrafe mit 70 Stunden etwa höher angesetzt werden, weil es dabei auf die ungünstigeren Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht mehr ankam.

 

5. Im Ergebnis war der Berufung teilweise Folge zu geben, der Schuldspruch zu bestätigen, aber die Strafe entsprechend zu reduzieren. Im Berufungsverfahren entfiel damit gemäß § 65 VStG ein weiterer Kostenbeitrag.

 

Im erstinstanzlichen Strafverfahren vermindert sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG auf den Betrag von 30 Euro (10 % der Geldstrafe).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. W e i ß

 

 

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