Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100862/2/Bi/Fb

Linz, 20.10.1992

VwSen - 100862/2/Bi/Fb Linz, am 20. Oktober 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des T D, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. H E und Dr. T W, vom 28. September 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 23. Juli 1992, VerkR96/2796/1991/Li, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das bekämpfte Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge, sowie der vorgeschriebene Barauslagenersatz.

Rechtsgundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z.1 VStG, § 5 Abs.1 i.V.m. § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960.

zu II.: § 66 VStG, § 5 Abs.9 StVO 1960.

Entscheidungsgründe:

zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit Straferkenntnis vom 23. Juli 1992, VerkR96/2796/1991/Li, über Herrn T D, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs.1 i.V.m. § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 gemäß § 20 VStG eine Geldstrafe von 8.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Tagen verhängt, weil er am 1. Juni 1991 gegen 22.40 Uhr das Kleinmotorrad auf der O Landesstraße von A kommend Richtung M gelenkt und sich hiebei in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat.

Gleichzeitig wurde er zur Leistung eines Verfahrenskostenbeitrages von 800 S und zum Ersatz der Barauslagen für die Blutuntersuchung und die Blutabnahme in Höhe von insgesamt 2.011 S verpflichtet.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, sodaß dieser darüber zu entscheiden hat. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, obliegt die Berufungsentscheidung einem Einzelmitglied. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war nicht notwendig, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben war (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, die Erstinstanz sei auf die eigentlich relevante Frage, ob er das in Rede stehende Tatbild erfüllt habe, indem nämlich der durch Alkohol beeinträchtigte Zustand zum Zeitpunkt des Lenkens oder der Inbetriebnahme des Fahrzeuges vorgelegen habe, nicht eingegangen sei. Die Feststellung, er habe sich zum Zeitpunkt des Lenkens des Kleinmotorrades am 1. Juni 1991 gegen 22.40 Uhr in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden, finde im Akteninhalt keinerlei Deckung. Der Blutalkoholgehalt von 0,81 Promille beziehe sich auf den Zeitpunkt der Blutabnahme, die erst einige Zeit nach dem Tatzeitpunkt erfolgt ist. Es sei kein medizinisches Sachverständigengutachten zu seinem Vorbringen eingeholt worden, daß es aufgrund eines durch die schweren Verletzungen entstandenen Schocks zu einer Zentralisierung des Blutkreislaufs komme, was zu einem bedeutend verspäteten Wiedereinströmen von in Blutspeichern verbleibendem Blut in den Kreislauf führe. Hierbei seien bei Reihentests Unterschiede im Ausmaß von bis zu 0,3 Promille im Vergleich zu Normalsituationen festgestellt worden. Er beantrage daher, der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren einzustellen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Bereits aus der Anzeige des Meldungslegers Rev.Insp. R vom 7. Juli 1991 geht hervor, daß sich der gegenständliche Verkehrsunfall, bei dem der Rechtsmittelwerber als Lenker eines Kleinmotorrades mit einem entgegenkommenden PKW zusammenstieß und dabei schwer verletzt wurde, am 1. Juni 1991 gegen 22.40 Uhr ereignete. Im Rahmen der Unfallaufnahme gab der noch an der Unfallstelle anwesende Rechtsmittelwerber an, er habe im Lauf des Tages zwei Halbe Normalbier, ein Weißbier und kurz vor Antritt der Fahrt ein Rüscherl (ein Stamperl Cognac und Cola) getrunken. Die Blutabnahme erfolgte in der Unfallambulanz des Krankenhauses Ried am 2. Juni 1991 um 0.12 Uhr, also ca. eineinhalb Stunden nach dem Unfall. Laut chemischem Befund der BBSU Linz wurde ein Mittelwert von 0,81 Promille Blutalkoholgehalt festgestellt. Eine Rückrechnung auf den Tatzeitpunkt 22.40 Uhr wurde seitens der BBSU Linz nicht vorgenommen und ergibt sich auch aus dem gesamten Akteninhalt keine Feststellung hierüber.

Da der Rechtsmittelwerber bereits bei der Unfallaufnahme angegeben hat, kurz vor Antritt der Fahrt Cognac in Form eines Rüscherls zu sich genommen zu haben und sich aus dem gesamten Verfahrensakt weder gegenteilige Feststellungen ergeben, noch Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser Aussagen bestehen, gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, daß nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden kann, daß der Rechtsmittelwerber zum Zeitpunkt des Lenkens des Fahrzeuges um 22.40 Uhr einen Blutalkoholwert von 0,8 Promille oder darüber aufgewiesen hat. Der Blutalkoholwert von 0,81 Promille bezieht sich auf den Zeitpunkt 2. Juni 1991, 0.12 Uhr, und läßt aufgrund der inzwischen erfolgten, aber zeitlich nicht exakt zuzuordnenden Resorption des Alkoholgehaltes des vor Fahrtantritt getrunkenen Rüscherls keinen Schluß auf den tatsächlichen Blutalkoholwert um 22.40 Uhr des 1. Juni 1991 zu. Das Verfahren war deshalb im Zweifel einzustellen.

zu II.: Der Ausspruch über die Verfahrenskosten und den Entfall des Barauslagenersatzes stützt sich auf die zitierten Gesetzesbestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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