Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281245/33/Wim/Bu

Linz, 12.09.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des Herrn X, vertreten durch RAe. Dr. X, Dr. X, Dr. X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 27.5.2010, Ge96-129-2009, Ge96-129-1-2009 nach öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlungen am 2.2.2011 und 9.9.2011 wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I:    Die Berufung wird Folge gegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis ersatzlos aufgehoben und das Verwaltungs­straf­verfahren eingestellt.

 

II.   Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24 und 45 Abs. 1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: § 66 VStG.

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber wegen Übertretung des § 130 Abs. 5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG iVm § 7 der Bauarbeiterschutzverordnung – BauV eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden, sowie ein 10 %-iger Verfahrenskostenbeitrag verhängt.

 

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen:

"Die Firma X Zimmerei GmbH, mit Sitz in X, X, ist protokolliert beim Firmenbuch des Landesgerichtes Wels unter der Firmenbuchnummer X und im Geschäftszweig des Zimmereigewerbes tätig.

 

Herr X, geb. X ist innerhalb der Firma X Zimmerei GmbH, als handelsrechtlicher Geschäftsführer, gemäß § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 als zur Vertretung nach außen berufenes Organ für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die Firma X Zimmerei GmbH verantwortlich. Demzufolge ist er Beschuldigter in diesem Verfahren.

 

Nachfolgend angeführter Sachverhalt wurde anlässlich einer Überprüfung am 18. Juni 2009 durch ein Organ des Arbeitsinspektorates Wels auf der Baustelle – Landwirtschaftliches Gebäude, X, X – festgestellt und als Tatvorwurf dem Beschuldigten von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land (Behörde) mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 06.10.2009, GZln: Ge96-129-2009 und Ge96-129-1-2009, nachweislich am 12.10.2009 zur Kenntnis gebracht:

Auf der genannten Baustelle wurden von den Arbeitnehmern der Firma X Zimmerei GmbH. Dacharbeiten (Aufstellung eines Dachstuhles für ein landwirtschaftliches Gebäude) ohne jede Schutzeinrichtung gegen Absturz in das Innere des Gebäudes durchgeführt.

Die Absturzhöhe in das Innere des Gebäudes betrug ca. 6 Meter im Traufenbereich und ca. 8 Meter im Firstbereich.

Wie durch Lichtbilder dokumentiert, waren nur mangelhafte Schutzeinrichtungen gegen Absturz ins Innere angebracht.

Die Absturzhöhe bei der Montage der Sparren betrug im gegenständlichen Fall ca. 6 bis 8 m, sodass eine geeignete Schutzeinrichtung nach § 10 der Bauarbeiterschutzverordnung gegen den Absturz von Personen in das Innere des Gebäudes hätte vorhanden sein müssen. Als geeignete Schutzeinrichtung ist im konkreten Fall ein Auffangnetz montiert worden, welches nur zum Teil den Absturz in das Innere des Gebäudes verhindert. Vorweg sei auch abgeklärt, dass das vorhandene Stahlrohrgerüst für Absturzsicherungen nicht geeignet war. Grundsätzlich sind bei derartigen Arbeiten auch gemeinsame Schutzein­richtungen gegen den Absturz ins Innere des Gebäudes zu treffen.

Dies stellt eine Übertretung nach § 7 Abs. 2 Z. 4 BauV dar, wonach bei Arbeiten mit Absturzgefahr – an sonstigen Arbeitsplätzen bei mehr als 2 m Absturzhöhe – Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen anzubringen sind (§ 7 Abs. 1 BauV).

Der Beschuldigte hat es daher zu verantworten, dass, wie oben im Sachverhalt ausgeführt, die Arbeitsgeberin den nach dem 9. Abschnitt des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes – AschG weiter geltenden Bestimmungen zuwidergehandelt hat, da Arbeitgeber verpflichtet sind, Arbeitsstätten und Baustellen entsprechend den Vorschriften dieses Bundesgesetzes sowie den dazu erlassenen Verordnungen – gegenständlich der Bauarbeiterschutzverordnung – und entsprechend den für sie geltenden behördlichen Vorschreibungen einzurichten und zu betreiben (§ 130 Abs. 5 Z. 1 und § 10 Abs. 1 ASchG). Somit hat die Arbeitgeberin, wie im Tatvorwurf ausgeführt, die Schutzbestimmung gemäß § 7 Abs. 2 Z. 4 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 der  Bauarbeiterschutzverordnung – BauV, wonach an sonstigen  Arbeitsplätzen, bei mehr als 2 m Absturzhöhe (diesfalls von 6 m im Traufenbereich und von 8 m im Firstbereich), Schutzeinrichtungen (§ 10 leg.cit.) anzubringen sind – nicht eingehalten.

Dies, obwohl Absturzgefahr nach § 7 Abs. 2 Z 4 – an sonstigen Arbeitsplätzen und Standplätzen bei mehr als 2,00 m Absturzhöhe – vorgelegen ist."

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber durch seine Rechtsvertretung rechtzeitig eine begründete Berufung erhoben und schon darin angezweifelt, ob sich überhaupt Arbeitnehmer am Dachrand aufgehalten und Dacharbeiten ausgeführt hätten.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie Durchführung von öffentlichen mündlichen Verhandlung am 2.2. und am 9.9.2011 in welchen neben dem Berufungswerber als Zeugen der anzeigende Arbeitsinspektor und ein auf der Baustelle beschäftigter Arbeitnehmer befragt wurden. Weiters wurde im speziellen in die der Anzeige angeschlossenen Lichtbilder und auch von Vergrößerungen davon Einsicht genommen.

 


3.2. Für den Unabhängige Verwaltungssenat steht fest, dass zwei Arbeitnehmer der Firma X Zimmerei GmbH auf der gegenständlichen Baustelle gearbeitet haben. Sie haben dort sogenannte Nagelplattenbinder zusammengebaut. Dabei handelt es sich um teilweise vorgefertigte Dachstuhlelemente, die aufgrund ihrer Länge aber nicht komplett im Werk zusammengebaut werden können sondern erst auf der Baustelle.

In der Folge wurden diese Elemente mittels eines Mobilkrans auf das Dach gehoben und dort montiert. Fest steht weiters, dass mehrere andere Personen auf der Baustelle gearbeitet haben, die auf Bauherrenseite mitgeholfen haben.

Ob sich die Arbeitnehmer der Firma auch auf dem Dach befunden haben, kann nicht erwiesen werden.

 

3.3. Dies ergibt sich aus dem bisherigen Verfahrensakt und insbesondere den Aussagen des einvernommenen Arbeitsinspektors und des einvernommenen Arbeitnehmers. So hat der Arbeitsinspektor angeben, dass er sich nicht mehr erinnern könne, wie die Arbeitnehmer ausgesehen hätten und ob diese auf dem Dach gearbeitet hätten. Weiters hat er diese nach seinen eigenen Angaben auch nicht selbst dezidiert zu den Vorfällen befragt.

Der einvernommene Arbeitnehmer gab an, dass er und sein Kollege nur mit dem Zusammenbau dieser Nagelplattenbinder am Boden beschäftigt waren und das Versetzen und Montieren auf dem Dach durch andere Personen, die von Bauherrenseite beigestellt wurden, erfolgt ist. Diese an und für sich nicht unglaubwürdigen Angaben konnten auch durch andere Beweise insbesondere die angefertigten Lichtbilder nicht widerlegt werden, da auf diesen trotz Vergrößerung die in Dachnähe ersichtlichen Personen nicht erkennbar waren.

 

Im Einzelnen kann dazu nochmals auf die angeschlossenen Aussagen in den beiden Tonbandprotokollen verwiesen werden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die  Einstellung zu verfügen,  wenn dem Beschuldigten die zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

 

Im Verwaltungsstrafverfahren gilt somit der Grundsatz, dass im Zweifel zu Gunsten des Beschuldigten zu entscheiden ist. Dies war aufgrund der Ergebnisse des Beweisverfahrens im gegebenen Fall so anzuwenden, da nicht mit der für  ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit von einer Übertretung nämlich davon dass sich die Arbeitnehmer des Berufungswerbers auf dem zu wenig gesicherten Dach bewegt haben, ausgegangen werden konnte.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Leopold Wimmer

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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