Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522943/2/Fra/Gr

Linz, 12.09.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn X, X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 8. August 2011, GZ: VerkR21-563-2011/LL, betreffend Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen und die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde beizubringen, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der angefochtene Spruch wie folgt zu lauten hat:

 

"Herr X, geb. X, X, X, wird gemäß § 24 Abs.4 erster Satz aufgefordert, sich innerhalb von acht Wochen ab Zustellung (Rechtskraft) dieses Bescheides hinsichtlich seiner gesundheitlicher Eignung zum Lenken von führerscheinpflichtigen Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 bzw. Motorfahrrädern, 4-rädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen amtsärztlich, untersuchen zu lassen."

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 8 und 24 Abs.4 Führerscheingesetz 1997 - FSG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid den Berufungswerber (Bw) gemäß § 24 Abs.4 FSG aufgefordert, sich innerhalb von zwei Monaten ab Rechtskraft dieses Bescheides hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von führerscheinpflichtigen Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 bzw. Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen amtsärztlich untersuchen zu lassen und die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde beizubringen.

 

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land – als nunmehr belangte Behörde – legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vor. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben (§ 35 FSG). Dieser hatte durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 AVG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Der angefochtene Bescheid stützt sich auf den Bericht der Polizeiinspektion Traun vom 17. Juli 2011, GZ: E1/15366/2011-Mi. Nach diesem Bericht ging am 4. Juli 2011 um 21:34 Uhr bei der PI Traun ein Anruf der X ein, dass sich im dortigen Vereinsheim eine verwirrte männliche Person befinde. Die Kriminaldienststreife "X" bestehend aus X, begab sich umgehend zum Vereinsheim der X. Vor Ort konnte im Vereinsheim sitzend, Herr X, lediglich in Unterhose und mit Pyjamaoberteil bekleidet angetroffen werden. Herr X begab sich freiwillig mit den Beamten zur PI Traun. Herr X war offensichtlich unorientiert und gab einerseits an, seinen PKW zu suchen, andererseits behauptete dieser mit dem Bus nach Traun gekommen zu sein. Weiter gab dieser an, im Bezirk Eferding wohnhaft zu sein. Herr X klagte außerdem über Probleme mit der Bauchspeicheldrüse. Während Herr X mit der Beamtin sprach, behauptete dieser auch plötzlich, soeben telefoniert zu haben, obwohl dieser kein Telefon bei sich führte und auch die ganze Zeit über der Beamtin gegenüber saß. Herr X willigte ein, freiwillig mit der Rettung Traun ins Wagner-Jauregg-Krankenhaus Linz zu fahren (laut dessen Angaben war er dort bereits in Behandlung), worauf eine Verständigung dieser und in weiterer Folge die Einlieferung erfolgte. Die Schwester des Herrn X Frau X, konnte telefonisch erreicht und über die freiwillige Einlieferung in Kenntnis gesetzt werden. Diese gab an, ihr Bruder habe Probleme mit seiner Zuckerkrankheit, ihr seien aber ansonsten keine gesundheitlichen Probleme bekannt. Es wurde auch versucht bei der Adresse des Herrn X, den Lebensgefährten Herrn X, zu kontaktieren, welcher offensichtlich aber nicht zu Hause zu sein schien. Der Schlüsselbund des Herrn X befand sich vor der Haustür liegend und wurde von den Beamten zur PI Traun mitgenommen. Der PKW des Herrn X war vor dessen Wohnadresse geparkt. Am 08. Juli 2011 um 10:25 Uhr erschien Herr X, um seinen Schlüsselbund abzuholen. Dabei teilte er dem Beamten, BezInsp X mit, dass er nun immer eine Notfallsspritze bei sich führen würde. Am 13. Juli 2011 erschien Herr X erneut, um bei der Aktbearbeiterin, RI X, persönlich vorzusprechen und teilte mit, dass er an dem Vorfallstag eine Zuckerentgleisung gehabt habe. Er würde zwar täglich Insulin spritzen, habe aber zusätzlich Probleme mit der Bauchspeicheldrüse, weshalb er jetzt auch einen Termin bei einem Facharzt habe.

 

3.2. § 24 Abs.4 FSG sieht vor, dass, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen ist.

 

Voraussetzung für die Erlassung eines Aufforderungsbescheides gemäß § 24 Abs.4 FSG sind nach ständiger höchstgerichtlicher Judikatur begründete Bedenken in der Richtung, dass der Inhaber der Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt. Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides setzt demnach begründete Bedenken voraus, dass der Bw eine der im § 3 Abs.1 FSG – GV genannten Voraussetzungen für das Vorliegen der gesundheitlichen Eignung nicht verfügt.

 

3.3. Die belangte Behörde führt in der Begründung des angefochtenen Bescheides unter anderem aus, dass bereits am 4. April 2011, GZ: VerkR21-258-2011/LL, ein Bescheid erging, in dem der Bw verpflichtet wurde, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Grund dafür war, dass er laut einer Mitteilung der PI Traun am 23. März 2011 um 10:31 in einem Lokal verwirrt aufgefunden wurde und unter anderem seinen PKW nicht mehr fand. Nach Ansicht der Polizeibeamten sei er nicht mehr örtlich orientiert gewesen und sei schließlich auch freiwillig in die Landesnervenklinik Wagner-Jauregg gebracht worden. Der Behörde sei die Krankengeschichte des Bw bekannt, insbesondere auch, dass deshalb seine Lenkberechtigung im Jahre 2009 nur befristet und unter Vorschreibung von Auflagen erteilt worden war. Gegen den o.a. Bescheid hat der Bw das Rechtsmittel der Berufung eingebracht und wurde dieser seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich mit Erkenntnis vom 20. Mai 2011, GZ: VwSen-522834/2/Fra/Gr, stattgegeben und der Bescheid aufgehoben, weil nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates die Annahme, dass eine seit der Erteilung der Lenkberechtigung maßgebliche Erteilungsvoraussetzung weggefallen wäre, durch den beschriebenen Vorfall – noch – nicht ausreichend substantiiert wäre. Im Berufungsverfahren habe der Bw u.a. angeben, dass er während der Heimfahrt mit seinem PKW auf Höhe der PLUS CITY in Pasching leichte Anzeichen einer Unterzuckerung verspürt hätte und daraufhin sofort das Auto stehen gelassen und ein Taxi gerufen habe. Er hätte dann den Taxifahrer gebeten, ihm Traubenzucker zu besorgen, dieser habe ihn aber in ein Wettbüro gebracht, wo er um gezuckerten Tee gebeten hätte. Man habe es aber für notwendig erachtet die Polizei zu rufen und erst im Rettungswagen hätte ihm ein Sanitäter Traubenzucker verabreicht, wodurch sich sein Zustand schlagartig gebessert hätte. Er hätte sich mittlerweile auch das Medikament "GlucaGen HypoKit" besorgt, um im Falle einer neuerlichen Unterzuckerung den Blutzuckerspiegel in den Normbereich bringen zu können.

 

Nunmehr sei jedoch ein weiterer Bericht der PI Traun eingelangt, wonach er am 4. Juli 2011 nach einer telefonischen Anzeige um 21:34 Uhr im Vereineinsheim der Naturfreunde lediglich in Unterhose und Pyjamaoberteil bekleidet angetroffen wurde. Nach Einschätzung der Beamten sei er örtlich unorientiert gewesen, gab einerseits an, seinen PKW zu suchen bzw. andererseits mit dem Bus nach Traun gekommen zu sein. Er würde in Eferding wohnen und Probleme mit der Bauchspeicheldrüse haben. Am 8. Juli 2011 habe er wieder bei der PI Traun vorgesprochen, um sich seinen Autoschlüssel abzuholen und gab dabei (wieder) an, nun immer eine Notfallspritze bei sich zu führen; weiters hätte er einen Termin bei einem Facharzt vereinbart, weil er täglich Insulin spritze und gleichzeitig Probleme mit der Bauchspeicheldrüse haben würde.

 

Im konkreten Fall liegen der Behörde aus den Vorakten Facharztbefunde und amtsärztliche Gutachten vor. Diagnostiziert wurden

 

chronisches postoperatives Schmerzsyndrom

rezidivierende depressive Störung

Opiat- und Benzodiazepinabhänigigkeit

Diabetes mellitus Typ II

Pankreasinsuffizienz bei Z.n. Pankreasteilresektion

Prostatahyperplasie

 

Laut Facharztbefund vom 28. März 2007, Dr. med. X FA für Innere Medizin, sei damals ein stabiles Zustandsbild gegeben gewesen. Hypoglykämieneigungen wurden verneint. Eine weitere Stellungnahme von Dr. X vom 19. Mai 2009 bescheinigte erneut die Eignung zum Lenken von KFZ, weil unter anderem keine diabetischen und cardiovaskulären Endorganschäden vorliegen würden und keine Hypoglykämieneigung gegeben wäre. Nachdem seitens der Amtsärztin wegen des hohen HBA1C-Wertes (7,8 %), doch eine Verschlechterung des Diabetes mellitus festgestellt wurde und langfristig bei HBA1C-Werten über 7% cardiovaskuläre Komplikationen zu erwarten sind, wurde eine Befristung der Lenkberechtigung auf fünf Jahre gefordert (amtsärztliches Gutachten vom 16. Juli 2009).

 

Die Behörde nehme nach dem Vorfall vom 14. Juli 2011 erneut an, dass es zu einer Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes des Bw (vermutlich seine Zuckerkrankheit) gekommen sei, weil er – nachdem bisher die Hypoglykämieneigungen immer negiert wurden – binnen knapp vier Monaten zweimal verwirrt aufgegriffen wurde und dies nach eigenen Angaben jeweils auf eine Unterzuckerung zurückzuführen war (davon auch einmal während des Lenkens eines PKWs).

 

3.4. Der Oö. Verwaltungssenat hat in seinem Erkenntnis vom 20. Mai 2011, VwSen-522834/2/Fra/Gr als Resümee festgehalten, dass wenn die belangte Behörde ausgehend vom beschriebenen Vorfall den Entschluss gezogen hat, dass "von einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Bw ausgegangen werden muss" dieser Schlussfolgerung nachvollziehbare Ausführungen darüber fehlen, welche seit der Erteilung der Lenkberechtigung für ihre Erteilung maßgeblichen Erteilungsvoraussetzungen weggefallen sind. Richtig ist, dass der Bw u.a. zuckerkrank ist. Aus diesem Grunde wurde im die Lenkberechtigung nur eingeschränkt erteilt. Die Befristung und Auflagen sind nach wie vor aufrecht. Der Oö. Verwaltungssenat hielt die Annahme von "begründeten Bedenken" im Sinne des § 24 Abs.4 FSG – nämlich, dass seit der Erteilung der Lenkberechtigung eine der für ihre Erteilung maßgebliche Erteilungsvoraussetzung weggefallen ist, durch den beschrieben Vorfall – noch - nicht ausreichend substantiiert.

 

Im Hinblick auf den neuerlichen Vorfall vom 4. Juli 2011, den der Bw insofern nicht bestreitet, als er selbst in seinem Rechtsmittel ausführt, dass er nach einem abendlichen Spaziergang eine Unterzuckerung verspürte, die er mit dem Medikament "GlucaGen HypoKit" entgegen wirken wollte, liegt nun nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates ein ausreichendes Sachverhaltssubstrat dafür vor, (begründete) Zweifel an der gesundheitlichen Eignung des Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen zu hegen. In diesem Verfahren geht es noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, mit denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer der Eignungsvoraussetzungen geschlossen werden kann, es müssen jedoch begründete Bedenken in der Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen (vgl. die ständige Judikatur des VwGH, zuletzt Erkenntnis vom 17. Juni 2009, Zl. 2009/22/0052 mit Vorjudikatur). Die o.a. Umstände reichen aus, begründete Zweifel im Sinne des § 24 Abs.4 FSG zu rechtfertigen, weshalb der Berufung keine Folge gegeben werden konnte.

 

Der Spruch war zu modifizieren, weil gemäß § 24 Abs.4 FSG die Behörde bei Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, nur ermächtigt, eine bescheidmäßige Aufforderung zu erlassen, dass sich der Betreffende auch ärztlich untersuchen lässt oder die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde – diese sind im Bescheid im einzelnen anzuführen und können erst nach der amtsärztlichen Untersuchung verlangt werden – zu erbringen (VwGH vom 13. August 2004, Zahl 2004/11/0063).

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von insgesamt 14,30 Euro angefallen.

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

 

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