Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522914/2/Br/Th

Linz, 24.08.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, vom 11.07.2009, Zl. VerkR21-222-2011/BR, zu Recht:

 

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe statt gegeben, als der ausgesprochene Entzug der Lenkberechtigung auf 3½ Monate reduziert wird.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2011, § 7 Abs.1 Z1 u. Abs.3 Z10 iVm § 24 Abs.1 Z1, § 25 Abs.3 und § 32 Abs.1 Z1 Führerscheingesetz – FSG, BGBl. I Nr. 120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2010;

§ 67d Abs.2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz – AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I
Nr. 111/2010.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem o. a. Bescheid dem Berufungswerber in Abänderung ihres Mandatsbescheides vom 4. Mai 2011 dessen Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C, D, E, F und G auf die Dauer von 19 Monaten (vorher 24 Monate), gerechnet ab Zustellung entzogen – das war am 12.5.2011 – und gleichzeitig für denselben Zeitraum das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invaliden-kraftfahrzeugen verboten sowie eine Nachschulung angeordnet.

Die im Mandatsbescheid angeordnete Nachschulung unterblieb im angefochtenen Bescheid.

Wohl irrtümlich wurde im Spruch die Feststellung getroffen, dass der Entzug demnach per 12.12.2011 (gemeint wäre wohl das Jahr 2012 gewesen) enden würde.

Gestützt wurde die Entscheidung auf §§ 3 Abs.1 Ziffer 2, 7 Abs.1 Z2 und Abs. 3 Z10, 24 Abs. 1  Z1, 25 Abs. 1 und Abs. 3, 32 Abs. 1 Z1 Führerscheingesetz 1997 idgF (FSG)

Einem Rechtsmittel wurde unter Hinweis auf § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung mit dem Hinweis auf das Interesse des öffentlichen Wohles und wegen Gefahr im Verzuge abgesprochen.

 

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz aus:

"Sie haben über Ihren damaligen Rechtsvertreter Hrn. DDr. X das Rechtsmittel der Vorstellung eingebracht. Darin haben Sie im wesentlichen angeführt, dass der Führerscheinentzug nicht gerechtfertigt wäre und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt, zumal Sie als Berufskraftfahrer diverse Verträge zu erfüllen hätten. Zwischenzeitlich dürften Sie Ihre Rechts­vertretung gewechselt haben, da am 14.06.2011 über Hrn. Dr. X eine Ergänzung der Vorstellung mit dem Antrag auf Wiederausfolgung des Führerscheines eingelangt ist. Darin führen Sie an, es wäre die Mindestentziehungsdauer von 3 Monaten wesentlich überschritten wor­den, obwohl Ihnen Ihre Lenkberechtigung erstmalig entzogen wurde. Weiters gehen Sie davon aus, es wäre das Vergehen im Sinne des § 24 StGB nicht jenen im § 7 FSG als bestimmte Tatsa­che demonstrativ angeführten Aufzählungen gleichzusetzen. Alleine aufgrund der Strafdrohungen könne dies nicht so gesehen werden und aus dem 12. Abschnitt des StGB findet sich keines der dort aufgezählten Delikte bei den Nennungen des § 7 Abs. 3 als bestimmte Tatsache. Auch hätten Sie von den Führerscheinfälschungen nichts gewusst und Sie könnten eine Wiederholung dieser Delikte ausschließen, da kein Kontakt mehr mit dem Russen und X bestehe. Außerdem hätten sich die Ihnen zur Last gelegten Straftaten bereits 2010 ereignet, sodass die über Sie verhängte Verkehrsunzuverlässigkeit über eine Dauer von 29 Monaten erstrecken würden.

 

 

Hierüber hat die Behörde wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 3 Abs. 1 Ziffer 2 FSG 1997 darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.

Gemäß § 7 Abs. 1 Ziffer 2 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund er­wiesener bestimmter Tatsachen und ihrer Wertung angenommen werden muss, dass Sie wegen Ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen sich wegen erleichtender Umstände, die dabei gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Ziffer 10 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gemäß den §§ 102 (erpresserische Entführung, 131 (räuberischer Diebstahl), 142 und 143 (Raub und schwerer Raub) StGB begangen hat.

Gemäß § 24 Abs. 1 FSG ist die Lenkberechtigung zu entziehen, wenn ihr Besitzer nicht mehr ver­kehrszuverlässig ist.

Gemäß § 25 Abs. 1 FSG 1997 ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Gemäß § 25 Abs. 3 FSG 1997 ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

Gemäß § 32 Abs. 1 Ziffer 1 FSG hat die Behörde Personen, die nicht mehr verkehrszuverlässig sind, oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invali­denkraftfahrzeug entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines der­artigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten.

Es wurden die Gerichtsverfahren X sowie X und die Entscheidun­gen X und X vom Gericht angefordert und Ihnen im Zuge der Ver­ständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme am 21.06.2011 übermittelt. Sie haben damals über den Rechtsvertreter angegeben, keine weitere Eingabe dazu der Behörde zu übermitteln.

 

Sie meinen, das Vergehen nach § 224 StGB würde keine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 FSG darstellen. Mit dieser Ansicht hätten Sie vollkommen recht, wenn es sich bei den ge­fälschten Urkunden um beispielsweise Personalausweise oder Fischerkarten gehandelt hätte. Die österreichische Gesetzgebung hat im Führerscheingesetz und den dazu erlassenen Verordnungen festgelegt, unter welchen Kriterien eine Lenkberechtigung für führerscheinpflichtige Kraftfahrzeuge zu erwerben sei bzw. wann eine ausländische Lenkberechtigung erworben werden kann. Dieses Prozedere ist nicht besonders einfach und nicht alle hierzulande ansässigen Personen können die vorgegebenen Kriterien erfüllen. Genau in diesem Punkt haben Sie offenbar geglaubt, für sich eine Marktlücke entdeckt zu haben, indem Sie einem relativ großen Personenkreis gefälschte ausländi­sche Führerscheine beschafft hatten, die in wiederholten Angriffen im Rechtsverkehr durch Vor­weisung an Polizeibeamte zum Beweis einer Berechtigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ver­wendet wurden. Dies gilt durch die rechtskräftigen Urteile in den Fällen X und X als erwiesen. Die Behauptung Sie hätten nicht gewusst, dass es sich bei den von Ihnen besorgten Führerscheinen um Fälschungen handle ist nicht glaubhaft. Für diese Annahme spricht, dass sich die sogenannten Führerscheinwerber aussuchen konnten, von welcher Nationa­lität Sie Ihren Führerschein gerne hätten. Zudem war Ihnen völlig klar, dass diese Personen nicht in den Genuss einer Führerscheinausbildung kommen würden und somit auch nicht über die maß­geblichen Rechtsvorschriften im Straßenverkehr informiert werden würden. Dies ist im Mandatsbe­scheid bereits relativ umfangreich beschrieben. Sie haben demnach in Kauf genommen, dass we­gen eines finanziellen Vorteiles, den Sie sich verschaffen konnten die Allgemeinheit mehrfach mit Fahrzeuglenkern, die keine Lenkberechtigung besaßen, im Straßenverkehr konfrontiert wurdet

 

Es ist keine Verwaltungsjudikatur bekannt, die auf einen derartigen Fall abstellt. Allerdings ist nach der ständigen Judikatur für die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit nicht - wie von Ihnen an­geführt - der hohe Strafrahmen oder der besondere Aspekt der Gewaltanwendung ausschlagge­bend, sondern ein besonders enger Zusammenhang mit Kraftfahrzeugen. Diesbezüglich ist Ihre Straftat als besonders verwerflich anzusehen. Sie haben sich durch die Beteiligung von Vermittlern (siehe Urteil X) ein Geschäftsfeld eröffnet und es ist zu erwarten, dass - falls von der Be­hörde keine entsprechenden Maßnahmen gesetzt würden - Sie sich auf ähnlichen Gebieten er­neut betätigen könnten; selbst wenn Sie, wie Sie vorgeben, zu den Fälschern derzeit keinen Kon­takt mehr hätten. Ihren Einwand, die Dauer der Verkehrszuverlässigkeit würde sich seit Ende der letzten Tat auf 29 Monate erhöhen, ist Rechnung getragen worden und diese wurde auf 19 Monate reduziert. Allerdings bedarf es nach Ansicht der Kraftfahrbehörde aus Gründen der Prävention der im Spruch dieses Bescheides festgelegten Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit.

 

 

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

 

      Da Personen, welche die zum Lenken eines Kraftfahrzeuges im öffentlichen Straßenverkehr erfor­derliche Verkehrszuverlässigkeit nicht mehr besitzen, eine unmittelbare Gefahr für die Verkehrssi­cherheit bilden und demnach zum Schutze der gefährdeten Sicherheit des öffentlichen Straßen­verkehrs behördliche Sofortmaßnahmen geboten sind, musste wegen Gefahr im Verzuge einer eventuell gegen diesen Bescheid einzubringenden Berufung die aufschiebende Wirkung gemäß § 64 Abs. 2 AVG 1991 aberkannt werden."

 

 

1.2. Mit den Ausführungen zur Tatsachenwertung ist die Behörde erster Instanz teilweise im Recht!

 

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seinen nunmehrigen Rechtsvertreter erhobenen Berufung. Darin führt er nachfolgendes aus:  

"Gegen den Vorstellungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 11.07.201 ls VerkR21-222-201 l/BR erhebe ich

 

 

BERUFUNG

 

 

 

an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

Zur Vermeidung von Wiederholungen erlaube ich mir auf den Inhalt meiner Vorstel­lung vom 14.05.2011 sowie auf jenen der Vorstellungsergänzung samt Antrag auf Wiederausfolgung meines Führerscheines vom 14.06.2011 zu verweisen und den In­halt dieser Schriftsätze zum Inhalt dieser Berufung zu erheben.

 

Als Rechtsgründlagen zieht die Kraftfahrbehörde im Wesentlichen die Bestimmungen des § 7 Abs. 1 Z. 2 sowie Abs, 3 Z. 10 sowie § 25 Abs. 3 FSG heran.

 

Nach der letztgenannten Bestimmung, welche die Bezirkshauptmannschaft auch in der Bescheidbegründung ausführt, ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrs­zuverlässigkeit eine Entzugsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

Warum die Behörde die im Gesetz vorgesehene dreimonatige Mindestentzugsdauer gegenständlich nicht verhängt sondern eine solche, welche mehr als das 6-fache der Mindestentziehungsdauer beträgt, wird im vorliegenden Bescheid nicht begründet.

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes müssen im Sinne der vor­zunehmen Wertung (Zukunftsprognose) triftige Gründe vorliegen, um über die im Ge­setz vorgesehene Mindestentzugsdauer hinausgehen zu können (vgl. zuletzt etwa VwGH vom 19.10.2010, 2010/11/0101).

 

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau zieht gegenständlich zur Begründung meiner Verkehrsunzuverlässigkeit die bestimmte Tatsache der Z. 10 des § 7 Abs. 3 FSG heran und geht davon aus, dass das mir zur Last gelegte Vergehen nach § 224 StGB (gemeint wohl: in Form der Beitragstäterschaft nach § 12 StGB) den in dieser gesetzlichen Be­stimmung genannten Verbrechen gleichkommt, woraus meine Verkehrsunzuverlässig­keit abzuleiten sei.

 

Da die Verwerflichkeit einer Tat in Bezug auf die Verkehrszuverlässigkeit bereits vom Gesetzgeber angenommen wird - vgl. das eben zitierte VwGH-Judikat - kann die Verwerflichkeit wegen des Doppelverwertungsverbots nicht nochmals zur Begrün­dung einer Entziehungsdauer herangezogen werden, welche das im Gesetz vorgesehe­ne Mindestmaß um mehr als das Sechsfache übersteigt.

 

Die Bezirkshauptmannschaft führt auf S 3 des Vorstellungsbescheides aus, dass mei­nem Einwand, die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit würde sich seit Ende der letz­ten Tat auf 29 Monate belaufen, durch Reduzierung der Entzugsdauer auf 19 Monate Rechnung getragen wurde, allerdings bedürfe es nach Ansicht der Kraftfahrbehörde aus Gründen der Prävention der im Spruch festgelegten Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit (gemeint: Entzugsdauer).

 

Damit unterstreicht die Behörde mein Argument in der Vorstellungsergänzung, dass der über mich verhängte Entzug der Lenkberechtigung rein ahndenden punitiven Cha­rakter hat, also eine "Strafe'' darstellt, welche der Lenkberechtigungsentzug aber nicht sein darf.

 

Dieser 19-monatige Lenkberechtigungsentzug, welcher ab 12.05.2011 berecht wird, bedeutet die Annahme einer mehr als 24-monatigen Verkehrsunzuverlässigkeit, weil - wie bereits ausgeführt - die Verkehrsunzuverlässigkeit nicht mit Zustellung des Ent­ziehungsbescheides eintritt sondern mit Verwirklichung jener Delikte, welche in § 7 Abs. 3 FSG demonstrativ aufgezählt sind.

(zwei Zeilen sind an dieser Stelle durch einen FAX-Übertragungsfehler unlesbar)

 

Dazu kommt, dass nach der ständigen verwaltungsgerichtlichen Judikatur zum Zeit­punkt der Zustellung des Mandatsbescheides die Annahme gerechtfertigt sein muss, der Betroffene sei auch zu diesem Zeitpunkt noch verkehrsunzuverlässig und sei dies noch für einen weiteren Zeitraum von zumindest drei Monaten (2006/11/0273 vom 27.03,2007: 2001/11/0149 vom 23.04.2002, 2006/31/0120 vom 17.10.2006, 2005/11/0114 vom 24.11.2005 und 2000/11/0017 vom 23.10.2001).

 

Nur dann, wenn eine Verkehrsunzuverlässigkeit von zumindest 8 Monaten angenom­men werden könnte, wäre die Annahme gerechtfertigt, dass ich zum Zeitpunkt der Zu­stellung des Mandatsbescheides noch weitere drei Monate verkehrsunzuverlässig ge­wesen wäre: diese Annahme ist in Anbetracht meiner Ersttäterschaft unberechtigt.

 

Betreffend Betrugsdelikte verneint der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Recht­sprechung die Führerscheinrelevanz (92/11/0079 vom 16.06.1992 und die darin zitier­te Vorjudikatur).

Lediglich bei Versicherungsbetrügereien in Bezug auf Kfz wird dies bei entsprechen­dem Unrechtsgehalt der Tat anders gesehen. Betrugsdelikte sind selbst dann keine be­stimmte Tatsache, wenn im Sinne des eben zitierten Judikats sogar eine sehr hohe An­zahl von Personen geschädigt wurde und die Schadenssumme sehr hoch ist (mehrere Millionen Schilling), Daran vermag auch der Umstand der Verwendung des Pkw bei Tatbegehung nichts zu ändern.

 

Wäre die durch das Lenken eines Pkw erreichte Mobilität der Maßstab für die Annah­me der Verkehrsunzuverlässigkeit, müssten alle Vermögensdelikte den bestimmten Tatsachen gleich gehalten werden, was aber nicht der Fall ist.

 

Schon die völlig unterschiedlichen Strafrahmen des § 224 StGB und der in Z. 10 ge­nannten Verbrechen zeigt, dass der Unrechtsgehalt dieser Taten völlig verschieden ist; das mir von der Behörde zur Last gelegte Delikt kann den im Gesetz Genannten nicht gleichgesetzt werden, weswegen keine bestimmte Tatsache vorliegt, die einzelnen Strafdrohungen habe ich auf S. 3 der Vorstellungsergänzung dargestellt.

 

Ich bin nun schon drei Jahrzehnte lang im Besitz von Lenkberechtigungen welche mir noch niemals entzogen wurde; über diese lange Zeitspanne hindurch konnte ich somit unter Beweis stellen, dass meine aktive Teilnahme am Straßenverkehr die Verkehrssi­cherheit nicht beeinträchtigt, was der Maßstab bei der Beurteilung der Verkehrszuver­lässigkeit ist.

 

§ 7 Abs.1 Z.2 FSG verlangt für die Feststellung der Verkehrsunzuverlässigkeit die begründete Annahme, dass der Betreffende wegen seiner Sinnesart sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sich sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird. Welche schwere strafbaren Handlungen die Bezirkshauptmannschaft in Zukunft an­nimmt, wird nicht ausgeführt und ist eine solche Befürchtung auch unberechtigt. Auch bei der Auslegung des Begriffs der –"sonstigen schweren strafbaren Handlungen" wird man auf die im Gesetz genannten bestimmten Tatsachen zurückgreifen müssen, also im Wesentlichen Verbrechen, Die Annahme, ich werde derartige Taten in Hin­kunft begehen, ist unberechtigt und übersieht die Bezirkshauptmannschaft, dass das mir zur Last gelegte Delikt schon vor mehr als einem halben Jahr beendet wurde.

 

Es wird daher höflich der

 

ANTRAG

 

 

gestellt, der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge meiner Berufung Folge geben und den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 11.07.2011 ersatzlos beheben.

 

Mattighofen, am 21.7.2011                                                                                                                X

 

 

2.1. Dem Berufungsvorbringen, insbesondere wonach dem Entzugsregime kein punitiver Charakter zugeordnet werden  dürfe kommt daher Berechtigung zu.

 

 

3. Der Verfahrensakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 25.7.2011 zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 Z2 AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier unterbleiben (§ 67d Abs.1 u. 4 AVG).

Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt aus dem sich die für die Berufungsentscheidung wesentliche Faktenlage ergibt.

 

 

4. Zur Sache:

Unbestritten ist, dass gegen den Berufungswerber, wenn auch noch keine diesbezügliche gerichtliche Verurteilung, laut Rückfrage bei der Staatsanwaltschaft Ried am 23.8.2011 unter der Geschäftszahl, 4 St 231/10y protokollierten Verfahren wegen des Verdachtes einer Tatbegehung nach §§ 223 u. 224 StGB vorliegt. Der Berufungswerber hat demnach  mehreren Personen zu ausländischen Führerscheindokumenten verholfen haben, wobei diesbezüglich zumindest ein Betroffener bereits verurteilt wurde (LG Ried, 7 Hv 20/11 w). Damit hat der Berufungswerber  zumindest billigend in Kauf genommen, dass nicht entsprechend ausgebildete und folglich staatlich (mit einer Lenkberechtigung) autorisierte Personen am Verkehr teilnahmen bzw. teilnehmen konnten.

Das der Berufungswerber jedoch auf Grund seiner Sinnesart selbst durch seine Verkehrsteilnahme die Verkehrssicherheit über einen derart langen Zeitraum noch gefährden würde oder ihm allenfalls mit seiner Lenkberechtigung die Gefährdung durch andere Verkehrsteilnehmer bis zum Ende des Jahres 2012 noch erleichtert wäre, lässt sich sachlich aber nicht nachvollziehen. Ebenfalls nicht, dass ihm über diese Zeitspanne dadurch die Begehung anderer Straftaten erleichtert wäre. Diesbezüglich steht  das Strafrecht und nicht das Führerscheinrecht als entsprechendes Sanktionierungsinstrument u. Präventionsmittel zur Verfügung.

 

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Zur Verkehrszuverlässigkeit nach § 7 Abs.1 u. Abs.3 Z10 FSG:

Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

  1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr gefährden wird, oder

  2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs.1 hat gemäß Abs.3 insbesondere zu gelten, wenn jemand:

         .......

9. eine nach Z8 bis Z11 demonstrativ genannte strafbare Handlung begangen hat;

Der § 7 Abs.3 FSG enthält eine beispielsweise Aufzählung von Verwaltungsübertretungen und gerichtlich strafbaren Handlungen, die als bestimmte Tatsachen im Sinne des § 7 Abs.1 leg.cit. zu gelten haben und zur Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit führen können. Aus dem nur demonstrativen Charakter (insbesondere !) dieser Aufzählung ergibt sich allerdings, dass auch andere - als die im Abs.3 des § 7 leg.cit. explizit genannten - Gerichtsdelikte, die geeignet sind, die Verkehrszuverlässigkeit einer Person in Zweifel zu ziehen und als  bestimmte Tatsache bilden können, wenn sie im Einzelfall durch ihre Verwerflichkeit den angeführten strafbaren Handlungen an Unrechtsgehalt und Bedeutung im Zusammenhang mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen annähernd gleichkommen (vgl. z.B. VwGH 24. April 2001, 99/11/0218). Insofern stellen die im § 7 Abs.3 FSG genannten Tatbestände (nur) einen Maßstab für die Qualifizierung anderer Verhaltensweisen als bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs.1 dar (vgl. auch das h. Erk. v. 31.3.2010, VwSen-522508/2/Sch/Bb/Th).

 

 

5.1. § 7 Abs.4 FSG:

Für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

Hier ist mit gutem Grund die Annahme gerechtfertigt, dass diese Art der aus der Sicht der Führerscheinbehörde begangenen strafbaren Handlungen auf eine insgesamt neun Monate währende Verkehrsunzuverlässigkeit schließen lässt. Beim Berufungswerber war daher zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch für weitere dreieinhalb Monate fortwährenden Verkehrsunzuverlässigkeit auszugehen (§ 25 Abs.3 erster Satz FSG).

Wenn auch hier der Berufungswerber keine in der im § 7 Abs.3 FSG demonstrativ angeführten Straftaten begangen hat, ist bei der Wertung von einer mit den dort angeführten Straftaten vergleichbaren "begangenen bestimmten Tatsache" auszugehen, wobei mit einem "Führerscheinhandel" die Verkehrsteilnahme nicht entsprechend ausgebildeter Fahrzeuglenker und damit billigend die Gefährdung der  Verkehrssicherheit durch Dritte  in Kauf genommen wurde. Daraus ist für die angeführte Zeitspanne  eine die Verkehrszuverlässigkeit ausschließende Sinnesart abzuleiten (vgl. VwGH 13.12.2011, 2001/11/0352). Dieses Entscheidung nimmt auch Bezug zur Rechtslage nach dem KFG – worin angesichts der Schwere der Tat – eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten ausgesprochen wurde.

Den Ausführungen der Behörde erster Instanz kann daher auch hier im Grunde gefolgt werden.

Die von der Behörde erster Instanz viel längere ausgesprochene Entzugsdauer würde jedoch in der Substanz als erweiterte Strafe zur Wirkung gelangen, was seitens des Gesetzgebers in den Entzug der Lenkberechtigung gesetzten Intention nicht vereinbar ist.

 

 

5.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit der Beurteilung der Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit von Personen, die vergleichbare strafbare Handlungen schon mehrfach beschäftigt.

So hat er in einem der Schwere nach vergleichbaren jedoch in Begehung mit weiteren gerichtlich strafbaren Delikten in deren Gewichtung ebenfalls als bestimmte Entzugstatsachen gewertet. Dies unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung sowohl für eine Mehrzahl von Diebstählen oder für besonders gelagerte Diebstähle (vgl. das Erkenntnis vom 23. November 1993, Zl. 93/11/0120 mit weiteren Judikaturhinweisen), nämlich auch für Hehlereidelikte zu (Hinweis auf VwGH 29. Oktober 1984, Zl. 84/11/0104, und vom 23. April 1986, Zl. 84/11/0206). Es kam dabei auch nicht darauf an, dass das jeweilige Delikt tatsächlich unter Verwendung eines Kraftfahrzeuges begangen wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat etwa in seinem grundlegenden Erkenntnis vom 30. Jänner 1984, Zl. 82/11/0372, ausgeführt, dass grundsätzlich jede strafbare Handlung ihrem Gehalt nach im Einzelfall auf ihre konkrete Eignung dahingehend zu überprüfen ist, ob sie für sich allein oder im Zusammenhang mit dem übrigen Verhalten der betreffenden Person zu deren Ungunsten eine Prognose im Sinne des § 66 Abs. 1 KFG 1967 nach sich zu ziehen vermag. Diese Gedanken sind auf die Rechtslage nach dem FSG zu übertragen (VwGH 24.4.2001, 99/11/0218). Diesem Erkenntnis lag das Vergehen das Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach den §§ 223 Abs. 1 und 224 StGB zu Grunde.

In der Straftat des aus der Sicht der Administrativbehörde begangenen "Führerscheinhandels" manifestierten öffentlichen Interessenschädigung und Verwerflichkeit kann daher eine Verkehrsunzuverlässigkeitsprognose in der Dauer von etwa neun Monaten durchaus sachlich gerechtfertigt gelten (VwGH v. 29.10.1996, 94/11/0136). Hier liegt die Tatbegehung jedoch bereits diese Zeitspanne Monate zurück, wobei ab diesem Zeitpunkt von einem Wohlverhalten ausgegangen werden kann.

Der grundsätzliche Schluss der belangten Behörde im Rahmen ihrer Wertung zum Nachteil des Beschwerdeführers auf Grund der bestehenden deliktischen Verdachtslage auf eine "gefährliche Sinnesart zur Begehung von weiteren Straftaten" zu schließen  ist hier ebenfalls nicht gänzlich von der Hand zu weisen.

Gestützt auf die oben zitierte Judikatur kann daher eine Verkehrsunzuverlässigkeitsprognose in diese Zeitspanne angenommen werden. Dies bedeutet andererseits, dass beim Berufungswerber noch vor Ablauf dieses Monates die Verkehrszuverlässigkeit wieder erlangt haben wird.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

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