Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240799/2/Fi/Fl/LP/Ga

Linz, 12.09.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Johannes Fischer über die Berufung der X, vertreten durch Rechtsanwalt X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 3. März 2011, GZ SanR96-19-2011, SanRB96-34-2011 und SanRB96-109-2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Tabakgesetz mit diesem Bescheid zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.              Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde, noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24, 45 und 51 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs.4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

 


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 3. März 2011, GZ SanR96-19-2011, SanRB96-34-2011 und SanRB96-109-2010, wurde die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) wie folgt für schuldig erkannt und bestraft (auszugsweise Wiedergabe):

"... Sie haben es als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit nach § 9 VStG. zur Vertretung nach außen Berufene der "X" mit dem Sitz in X zu verantworten, dass am 10.01.2011 gegen 14.40 Uhr, am 23.12.2010 um 12.05 Uhr und am 19.01.2011 um 10.25 Uhr im Gastronomiebetrieb "X" in X (X) geraucht wurde, obwohl keine räumliche Trennung von Raucher- und Nichtraucherbereich bestanden hat."

Die Bw habe dadurch § 13a Abs. 1 und 2 iVm § 14 Abs. 4 Tabakgesetz (im Folgenden: TabakG), BGBl. Nr. 431/1995 idgF verletzt.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über die Bw gemäß § 14 TabakG eine Geld­strafe in der Höhe von 300 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 96 Stunden, verhängt. Weiters wurde die Bw zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in der Höhe von 30 Euro verpflichtet.

Begründend führt die Behörde – nach Schilderung des Sachverhalts und Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmungen – im Wesentlichen aus, dass sich der Gastronomiebetrieb "X" im 1. Stock des Einkaufszentrums X befinde und in zwei durch die sogenannte Mall getrennte Bereiche getrennt sei; ein Bereich befinde sich in der "Halle" und sei als Nichtraucherbereich vorgesehen, im anderen Bereich hätten sich auf den Tischen hingegen Aschenbecher befunden und sei dort auch geraucht worden. Bezüglich dieses zuletzt genannten Bereichs befinde sich im Eingangsbereich auf der linken Seite eine Abtrennung, die jedoch nicht verhindere, dass im übrigen Eingangsbereich auftretender Rauch in die Mall dringt, zumal das an der Decke angebrachte Schubtor während der Betriebszeiten geöffnet und in der Decke versenkt sei und damit dieser Bereich nicht räumlich abgetrennt sei. Selbst der Einbau einer leistungsfähigen Lüftungsanlage vermöge an diesem Umstand nichts zu ändern, weshalb mangels räumlicher Abtrennung, wie es für Rauchen in Gastronomiebetrieben erforderlich sei, eine Übertretung des § 13a Abs. 1 und 2 TabakG vorliege.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bw am 14. März 2011 durch Hinterlegung zugestellt wurde, richtet sich die am 24. März 2011 per Fax übermittelte – und damit rechzeitige – Berufung vom selben Tag, die dem Unabhängigen Verwaltungssenat von der belangten Behörde mit Schreiben vom 5. April 2011 unter Anschluss des vollständigen Verwaltungsaktes zur Entscheidung vorgelegt wurde.

Begründend führt die Bw im Wesentlichen aus, dass sie auf Empfehlung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck eine leistungsstarke Lüftungsanlage mit Ablüftungsöffnungen über den Rauchertischen eingebaut und bei Realisierung die Ausweisung von Rauchplätzen zugesagt habe, weshalb auch eine entsprechende Bescheidausstellung erfolgt sei. Im Widerspruch dazu werde nun bei identer Gesetzeslage das angefochtene Straferkenntnis erlassen, obwohl die Bw die an sie gestellten Auflagen peinlichst genau erfüllt habe. Nicht nur aus diesem Grund, sondern schon wegen Fehlens der subjektiven Tatseite und insbesondere wegen eines vorliegenden Rechtsirrtums im Hinblick auf die Auskünfte der Behörde betreffend den Einbau der leistungsstarken Lüftungsanlage sowie wegen des Grundsatzes in dubio pro reo sei das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Die Bw weist ferner darauf hin, dass sie auch bereit sei, eine räumliche Trennung von Raucher- und Nichtraucherbereich mittels Glastür vorzunehmen.

Die Bw beantrage daher die Aufhebung des Straferkenntnisses, in eventu eine erhebliche Reduktion der verhängten Geldstrafe, sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zumal im Verfahren Aussage gegen Aussage stehe und die Einvernahme des Anzeigers daher beantragt werde.

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde (einschließlich der Schriftsätze der Parteien). Gemäß § 51e Abs. 2 Z 1 VStG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

2.2. Aus dem vorliegenden Akt (einschließlich der Schriftsätze der Parteien) ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 3. März 2011, GZ SanR96-19-2011, SanRB96-34-2011 und SanRB96-109-2010, wurde die Bw als handelsrechtliche Geschäftsführerin der "X" mit Sitz in X, wegen Übertretung des § 13a Abs. 1 und 2 iVm § 14 Abs 4 TabakG bestraft, weil am 10.01.2011 gegen 14.40 Uhr, am 23.12.2010 um 12.05 Uhr und am 19.01.2011 um 10.25 Uhr im Gastronomiebetrieb "X" in X (X) geraucht wurde, obwohl keine räumliche Trennung von Raucher- und Nichtraucherbereich bestanden hat.

Der Gastronomiebetrieb "X" befindet sich im 1. Stock des Einkaufszentrums X. Er ist in zwei Bereiche geteilt; einen Nichtraucher- und einen Raucherbereich. Der Raucherbereich war zum übrigen Teil des Einkaufszentrums zu den vorgeworfenen Tatzeitpunkten offen; er war lediglich an der linken Seite des Eingangsbereichs durch eine schmale Abgrenzung zum übrigen Mallbereich hin abgegrenzt. Der überwiegende Teil des Eingangsbereichs zur Mall hin war hingegen ohne jegliche Trennung.

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

3.1. Nach § 51c VStG hat der Unabhängige Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

3.2. Gemäß § 14 Abs. 4 TabakG, BGBl. Nr. 431/1995, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I Nr. 120/2008, begeht - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist - eine Verwaltungsübertretung, wer als Inhaber gemäß § 13c Abs. 1 TabakG gegen eine der im § 13c Abs. 2 TabakG festgelegten Obliegenheiten verstößt. Solche Verwaltungsübertretungen sind mit Geldstrafen bis zu 2.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 10.000 Euro, zu bestrafen.

§ 13 TabakG beinhaltet ein grundsätzliches Rauchverbot in Räumen öffentlicher Orte. Davon abweichend wird der Nichtraucherschutz in Räumen der Gastronomie in § 13a TabakG eigens geregelt. Vom grundsätzlichen Rauchverbot in Gastronomiebetrieben (§ 13a Abs. 1 TabakG) wird in § 13a Abs. 2 TabakG eine Ausnahme getroffen. Dieser Ausnahmebestimmung zufolge können in Betrieben, die über mehr als eine für die Verabreichung von Speisen oder Getränken an Gäste geeignete Räumlichkeit verfügen, Räume bezeichnet werden, in denen das Rauchen gestattet ist, wenn gewährleistet ist, dass der Tabakrauch nicht in die mit Rauchverbot belegten Räumlichkeiten dringt und das Rauchverbot dadurch nicht umgangen wird. Es muss jedoch der für die Verabreichung von Speisen oder Getränken vorgesehene Hauptraum vom Rauchverbot umfasst sein, und es darf nicht mehr als die Hälfte der für die Verabreichung von Speisen oder Getränken vorgesehenen Verabreichungsplätze in Räumen gelegen sein, in denen das Rauchen gestattet wird.

3.3. Im vorliegenden Fall hat die Behörde eine Verwaltungsübertretung nach § 14 Abs. 4 TabakG iVm § 13a Abs. 1 und 2 TabakG (Nichtraucherschutz in Räumen der Gastronomie) angenommen. Dem ist jedoch zu entgegnen, dass Gastronomiebetriebe ohne Abgrenzung zur Mall in Einkaufszentren nicht unter
§ 13a, sondern vielmehr unter § 13 TabakG zu subsumieren sind (VwGH 21.9.2010, 2009/11/0209; vgl. auch VfGH 01.10.2009, B 776/09):

Ein Einkaufszentrum ist ein "öffentlicher Ort" iSd Legaldefinition des § 1 Z 11 TabakG, da es von einem nicht von vornherein beschränkten Personenkreis zu den Öffnungszeiten betreten werden kann (so ausdrücklich u.a. die Erläut. zur RV 610 BlgNR 23. GP 3f und 7f). Raum iSd Bestimmungen des TabakG ist ein dreidimensional begrenzter Bereich und umfasst auch die Mall eines Einkaufszentrums (vgl. dazu VfGH 1.10.2009, B 776/09). Insofern gilt für den Mallbereich eines Einkaufszentrums das Rauchverbot für Räume öffentlicher Orte.

Befindet sich in der Mall eines Einkaufszentrums nunmehr ein Gastronomiebetrieb ohne Abgrenzung zur Mall, so ist auch dieser vom Rauchverbot in Räumen öffentlicher Orte iSd § 13 TabakG erfasst (VfGH 1.10.2009, B 776/09). Eine Anwendung des § 13a TabakG kommt diesfalls nicht in Betracht.

In Anbetracht dessen hat die Bw das ihr von der Behörde zur Last gelegte Delikt nach § 14 Abs. 4 iVm § 13a Abs. 1 und 2 TabakG nicht begangen. Ein anderer – der Bw jedoch nicht angelasteter – Vorwurf wurde von der Erstbehörde nicht erhoben und war daher nicht zu prüfen.

3.4. Aus diesem Grund war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtenen Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Bw gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Johannes Fischer

 

VwSen-240799/2/Fi/Fl/LP/Ga vom 12. September 2011, Erkenntnis

 

TabakG §13;

TabakG §13a;

TabakG §14

 

Gastronomiebetriebe ohne Abgrenzung zur Mall in Einkaufszentren sind nicht unter § 13a, sondern unter § 13 TabakG zu subsumieren (VwGH 21.9.2010, 2009/11/0209; vgl auch VfGH 01.10.2009, B 776/09): Ein Einkaufszentrum ist ein "öffentlicher Ort" iSd Legaldefinition des § 1 Z11 TabakG, da es von einem nicht von vornherein beschränkten Personenkreis zu den Öffnungszeiten betreten werden kann (so ausdrücklich ua die Erläut zur RV 610 BlgNR 23. GP 3f und 7f). Raum iSd Bestimmungen des TabakG ist ein dreidimensional begrenzter Bereich und umfasst auch die Mall eines Einkaufszentrums (vgl dazu VfGH 1.10.2009, B 776/09). Insofern gilt für den Mallbereich eines Einkaufszentrums das Rauchverbot für Räume öffentlicher Orte. Befindet sich in der Mall eines Einkaufszentrums nunmehr ein Gastronomiebetrieb ohne Abgrenzung zur Mall, so ist auch dieser vom Rauchverbot in Räumen öffentlicher Orte iSd § 13 TabakG erfasst (VfGH 1.10.2009, B 776/09). Eine Anwendung des § 13a TabakG kommt diesfalls nicht in Betracht.

 

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