Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166126/11/Ki/Kr

Linz, 13.09.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des X, vom 8. Juni 2011 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 16. Mai 2011, VerkR96-11207-2010-Heme, wegen Übertretungen der StVO 1960 nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 13. September 2011 durch Verkündung zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

II.              Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenkostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24, 45 Abs.1 Z.1 und 51 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG

zu II.: § 66 Abs.1 VStG


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis vom 16. Mai 2011, VerkR96-11207-2010-Heme, wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 08.04.2010 um 13:42 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen X in der Gemeinde Regau auf der B 145 von Vöcklabruck kommend in Richtung Gmunden gelenkt und dabei im Bereich der Autobahnauffahrt Regau einen Schwertransport (Länge des Fahrzeuges mit beiden Begleitautos ca. 100 m)

 

1. trotz Gegenverkehrs überholt, wobei andere Straßenbenützer gefährdet und behindert wurden und obwohl nicht genügend Platz für ein gefahrloses Überholen vorhanden war und

2. habe er im Zuge dieses Überholvorganges die auf der Fahrbahn angebrachte Sperrlinie überfahren.

 

Er habe dadurch

1. § 16 Abs.1 lit.a StVO,

2. § 9 Abs.1 StVO verletzt.

 

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wurden über ihn Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafen verhängt.

 

1.2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber am 8. Juni 2011 Berufung erhoben, im Wesentlichen werden die Tatvorwürfe bestritten. Unter anderem wird neben einer Reihe von weiteren Anträgen die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses sowie die Einstellung des gegen ihn eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens angestrebt.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 28. Juni 2011 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Das Straferkenntnis wurde laut vorliegendem RSa Rückschein am 26. Mai 2011 postalisch hinterlegt. Laut Poststempel wurde die Berufung am 9. Juni 2011 zur Post gegeben und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 13. September 2011. An dieser Verhandlung nahmen der Berufungswerber sowie eine Vertreterin der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck teil, als Zeugen wurden die beiden Transportbegleiter, X sowie X, einvernommen.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt bzw. als Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

 

Der bei der mündlichen Berufungsverhandlung als Zeuge einvernommene X erhob am 9. April 2010 gegen den PKW-Lenker mit dem polizeilichen Kennzeichen X "Anzeige wegen Nötigung". Sein Kollege und er seien am 8. April 2010 um ca. 13.42 Uhr mit einem Schwertransport (Länge 41 m Breite 3.20 m und 65 To) auf der B 145 von Vöcklabruck Richtung Gmunden gefahren. Da sich hinter ihnen schon ein kleiner Stau aufgebaut hatte, habe er im Rückspiegel gesehen, wie dieser Lenker andere Verkehrsteilnehmer überholte. Als er kurz vor dem Parkplatz auf der B 145 auch sie überholen wollte, habe er ihm durch Handzeichen, Drehlicht und Tafel ANDERE GEFAHREN angezeigt, dass er sie nicht überholen könne.

 

1. Wegen des Gegenverkehrs und der Linkskurve.

2. Wegen der Länge ihres Fahrzeuges mit beiden Begleitautos ca. 100 m.

 

Da sie zum Abbiegen auf die A 1 bei Ast Regau die ganze Straßenbreite brauchten, habe er den Verkehr von hinten zurückhalten und sein Kollege den Gegenverkehr anhalten wollen. Aber dazu sei es nicht gekommen, da sie dieser Lenker trotz Gegenverkehrs und Sperrlinie einfach überholte. Seinen Kollegen, der vorne mit Blaulicht gefahren sei, habe er noch ausweichen können. Wenn der Gegenverkehr und der LKW Lenker, den er über Funk auf ihn aufmerksam gemacht habe nicht ausgewichen wäre, hätte er sicher einen Unfall verursacht.

 

Bei einer zeugenschaftlichen Einvernahme im Rechtshilfeweg beim Stadtamt Marchtrenk am 27. Oktober 2010 bestätigte X seine Angaben in der Anzeige vom 9. April 2010. Bei dieser Einvernahme gab er zu Protokoll, dass der Überholvorgang wegen Gegenverkehrs zwei Mal abgebrochen werden musste, der Zeuge konnte jedoch nicht genau sagen, wo der Überholvorgang begonnen wurde. Abgeschlossen sei der Überholvorgang bei der Abzweigung nach Hinterbruch km. 18,4 gewesen. Bei km 18,65 sei er rechts über einen Rad- und Gehweg einfach an ihm vorbei und bei der Autobahnbrücke wieder auf die B 145 Richtung Gmunden weiter gefahren.

X gab bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme im Rechtshilfeweg beim Gemeindeamt Pasching am 3. Dezember 2010 zu Protokoll, dass er, um auf die Autobahn aufzufahren, die Straße absperren musste. Er habe sein Fahrzeug quer gestellt und das Blaulicht inklusive "andere Gefahren" eingeschaltet. Da sei der Funkspruch von seinem Kollegen, der hinter dem LKW fuhr, gekommen, dass ein PKW mit hoher Geschwindigkeit überhole. Da auf der einen Fahrspur der LKW und sein Auto quer standen, habe der überholende PKW um einen Verkehrsunfall zu verhindern auf den Radweg fahren müssen.

 

Nach Durchführung entsprechender Ermittlungen hat die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck letztlich das angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung erklärte X jedoch auf ausdrückliches Befragen, dass der Rechtsmittelwerber zum Zeitpunkt des Überholens keinen Gegenverkehr hatte. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erachtetet in freier Beweiswürdigung, diesen Umstand als gegeben, dies ergibt sich insbesondere auch aus den Angaben des zweiten Transportbegleiters, X, welcher zu Protokoll gab, dass er die Straße abgesperrt hat und somit konkret kein Gegenverkehr möglich war. Inwieweit der Berufungswerber zuvor durch Überholmanöver den Gegenverkehr behindert haben könnte, entzieht sich der verwaltungsstrafrechtlichen Beurteilung deshalb, weil diesbezüglich keine konkreten Tatortangaben vorhanden sind. Dies gilt auch für das vorgeworfene Überfahren einer Sperrlinie, sodass letztlich für beide Übertretungen kein zur Bestrafung führender Nachweis möglich ist.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

3.1. Gemäß § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen, wenn andere Straßenbenützer, insbesondere Entgegenkommende, gefährdet oder behindert werden könnten oder wenn nicht genügend Platz für ein gefahrloses Überholen vorhanden ist.

 

Diesbezüglich wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe trotz Gegenverkehrs überholt und obwohl nicht genügend Platz für ein gefahrloses Überholen vorhanden war.

 

Was nun den im Spruch des Straferkenntnisses angeführten "Gegenverkehr" anbelangt, so erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich im konkreten Falle, dass, zumal die Fahrbahn durch den Transportbegleiter X gesperrt war, kein Gegenverkehr, welcher gefährdet oder behindert hätte werden können, vorhanden sein konnte.

 

Zur Frage hinsichtlich genügend Platz für ein gefahrloses Überholen wird festgestellt, dass die Zeugen diesbezüglich keine exakten Angaben machen konnten. Die Fahrbahnbreite beträgt im gegenständlichen Bereich mindestens 7 m, sodass grundsätzlich ein Vorbeifahren an einem auch sich bewegenden Sondertransportfahrzeug möglich sein müsste. Darüber hinaus ist auch in diesem Punkt die Tatortbeschreibung äußerst unexakt, zumal die Angabe "im Bereich der Autobahnauffahrt Regau" bezogen auf den konkreten Fall nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44a VStG entspricht.

 

3.2. Gemäß § 9 Abs.1 StVO 1960 dürfen Sperrlinien (§ 55 Abs.2) nicht überfahren werden.

 

Auch diesbezüglich konnte keiner der Zeugen eine exakte Tatortbeschreibung angeben, es wurde lediglich erwähnt, der Berufungswerber habe eine Sperrlinie überfahren. Es liegt daher auch diesbezüglich eine mangelnde Tatortumschreibung vor, zumal auch diese nicht den Kriterien des § 44a VStG entspricht.

 

3.3. Gemäß § 45 Abs.1 Z.1 hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Wie oben dargelegt wurde, können den Beschuldigten die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht mit einer zur Bestrafung führenden Sicherheit nachgewiesen werden. Der Berufung war daher Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

4. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.


Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Alfred Kisch

 

 

 

 

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