Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166127/5/Zo/Gr VwSen-166128/5/Zo/Gr

Linz, 07.09.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Hofrat Mag. Gottfried Zöbl über die Berufungen des Herrn X, vertreten durch Rechtsanwalt X vom 22. Juni 2011 gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 25. Mai 2011, Zahlen: VerkR96-1107-2010 und VerkR96-1109-2010, jeweils wegen einer Übertretung der StVO zu Recht erkannt:

 

I. Die Berufungen werden abgewiesen und die angefochtenen Straferkenntnisse vollinhaltlich bestätigt.

 

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag von zweimal von 14,40 Euro zu bezahlen (je 20 Prozent der von der Erstinstanz verhängten Geldstrafe).

Rechtsgrundlagen:

Zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG

Zu II: § 64 ff VStG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat dem Berufungswerber im Straferkenntnis zu Zahl: VerkR96-1107-2010 (VwSen-166127) vorgeworfen, dass er am 4. November 2009 um 08:21 Uhr in Kematen an der Krems auf der B 139 bei Kilometer 28.210 in Fahrtrichtung Bad Hall als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen X die in diesem Bereich durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 27 km/h überschritten habe.

Im Straferkenntnis zur Zahl VerkR96-1109-2010 (VwSen-166128) hat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land dem Berufungswerber vorgeworfen, dass er am 4. November 2009 um 8:37 Uhr in Kematen an der Krems auf der B 139 bei Kilometer 28.210 in Fahrtrichtung Linz als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen X die durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 27 km/h überschritten habe.

 

Der Berufungswerber habe dadurch jeweils eine Verwaltungsübertretung nach
§ 52 lit.a Z.10a StVO 1960 begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.3 lita. StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 72 Euro (EFS 24 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von jeweils 7,20 Euro verpflichtet.

 

2. In den dagegen jeweils rechtzeitig eingebrachten Berufungen hat der Berufungswerber zusammengefasst angeführt, dass das Vorgehen der Behörde gegen das in Art.6 EMRK verankerte Verbot der Selbstbezichtigung verstoße, weil gegen den Beschuldigten zuerst eine Strafverfügung erlassen worden sei und er erst danach aufgefordert wurde, den Fahrzeuglenker bekannt zu geben. Zum Zeitpunkt der Lenkeranfrage war er daher bereits "wesentlich berührt" im Sinne der Rechtssprechung des EGMR, weshalb seine Lenkerauskunft gegen das Verbot der Selbstbeschuldigung verstoße und nicht verwertet werden dürfe.

 

Das Recht, sich nicht selbst bezichtigen zu müssen, sei nach der Rechtssprechung des EGMR zwar nicht absolut und der Behörde stehe es offen, eine Lenkererhebung durchzuführen, bevor sie ein Verwaltungsstrafverfahren einleitet. Nach der Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens durch die Strafverfügung war der Berufungswerber jedoch jedenfalls Beschuldigter und daher nicht mehr verpflichtet, den Lenker bekannt zu geben bzw. hätte seine Lenkerauskunft nicht mehr verwertet werden dürfen. Dabei handele es sich nach der Rechtssprechung des UVS um einen ex post nicht mehr sanierbaren Verfahrensfehler. Das Verfahren sei auch insofern mangelhaft gewesen, als der Sachverhalt nicht ausreichend erhoben worden sei und keine Messtoleranz berücksichtigt worden sei. Auch sei die verhängte Strafe nicht tat- u. schuld angemessen und daher überhöht.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der UVS des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verfahrensakte. Aus diesen ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich war. Diese wurde vom anwaltlich vertretenen Berufungswerber auch nicht beantragt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Lenker des PKWs mit dem Kennzeichen: X fuhr mit seinem PKW am 4. November 2009 in Kematen an der Krems auf der B 139 in Fahrtrichtung Bad Hall. Um 08:21 Uhr wurde vom geeichten Radargerät der Marke MUVR mit der Nummer 6F158 eine Geschwindigkeit von 103 km/h gemessen, was nach Abzug der 5-prozentigen Messtoleranz eine verwertbare Geschwindigkeit von 97 km/h ergibt. Wenige Minuten später um 08:37 fuhr derselbe PKW an der gleichen Straßenstelle in die andere Richtung, nämlich in Fahrtrichtung Linz. Auch zu diesem Zeitpunkt hielt er eine mit demselben Radargerät gemessene Geschwindigkeit von 103 km/h bzw. nach Abzug der Messtoleranz von 97 km/h ein. An der gegenständlichen Straßenstelle ist in beiden Fahrtrichtungen eine 70 km/h verordnet, die Verkehrszeichen sind entsprechend der Verordnung angebracht.

 

Der Berufungswerber ist Zulassungsbesitzer des angeführten PKW, die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat ihm jeweils mit Strafverfügung vom 18. Jänner 2010 die gegenständlichen Geschwindigkeitsüberschreitungen vorgeworfen.

 

Aufgrund rechtzeitig eingebrachter Einsprüche wurden die Raderlichtbilder angefordert und der Berufungswerber mit Schreiben vom 22. März 2010 gemäß § 103 Abs.2 KFG zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers aufgefordert. In diesem Schreiben wurde er auch darauf hingewiesen, dass das nicht Erteilen der Auskunft oder das Erteilen einer falschen Auskunft als Verwaltungsübertretung strafbar ist.

 

Dazu gab der Berufungswerber bekannt, dass er das Fahrzeug selbst gelenkt habe, er wies jedoch darauf hin, dass er bereits Beschuldigter in den Verwaltungsstrafverfahren war und nach der Rechtssprechung des EGMR ihn die Lenkeranfrage daher in seinem Recht verletzte, sich nicht selbst beschuldigen zu müssen. Die Behörde dürfe diese Beweismittel (die Lenkerauskünfte), welche gegen den Willen des Berufungswerbers erlangt wurden, nicht verwerten.

 

Nachdem der Berufungswerber von der Erstinstanz auf eine (ältere) Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Frage hingewiesen wurde, führte er nochmals aus, dass er im gegenständlichen Verfahren zum Zeitpunkt der Lenkeranfrage bereits Beschuldigter war und seine Lenkerauskunft nach der Rechtssprechung des EGMR daher nicht verwertet werden dürfe. Zur Vermögensschätzung durch die Erstinstanz (monatliches Nettoeinkommen von 1300 Euro, bei keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten) machte er keine Ausführungen. Die Erstinstanz erließ schließlich am 9. Juni 2011 die beiden Straferkenntnisse.

 

Dem Vertreter des Berufungswerbers wurde mit Schreiben vom 13. Juli 2011 die Radarfotos sowie der Eichschein übermittelt und ihm die Möglichkeit eingeräumt, sein Berufungsvorbringen zu ergänzen. Diese Möglichkeit hat er nicht wahrgenommen.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht folgendes erwogen:

 

5.1. Das Verkehrszeichen gemäß § 52 lit.a Zf.10a StVO 1960 „Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)“ zeigt an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

 

Gemäß § 103 Abs.2 KFG kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer – im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung – zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

5.2. Der Berufungswerber hat in beiden Fällen (unter Berücksichtigung der Messtoleranz) innerhalb einer 70 km/h Beschränkung eine Geschwindigkeit von 97 km/h eingehalten. Diese wurde mit einem geeichten Radargerät festgestellt und der Berufungswerber hat auch keine konkreten Gründe geltend gemacht, warum die Radarmessungen nicht richtig sein sollten. Er hat daher die ihm vorgeworfenen Übertretungen in objektiver Hinsicht zu verantworten und bezüglich seines Verschuldens ist gemäß § 5 Abs.1 VStG von fahrlässigen Verhalten auszugehen.

 

Zu prüfen ist jedoch, ob die Auskunft des Berufungswerbers, dass er selbst Lenker des Kraftfahrzeuges war, überhaupt verwertet werden darf. Dazu verweist der Vertreter des Berufungswerbers grundsätzlich zutreffend auf Art. 6 EMRK, wonach niemand unter Zwang verpflichtet werden darf, sich selbst zu beschuldigen. In diesem Zusammenhang darf aber nicht übersehen werden, dass die Pflicht zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers in § 103 Abs. 2 KFG ebenfalls in Verfassungsrang steht. Es handelt sich dabei auch um die jüngere Bestimmung und sie ist – weil sie sich konkret nur an Zulassungsbesitzer von Kraftfahrzeugen richtet – auch die speziellere Norm. Es gibt daher nach Ansicht des zuständigen Mitgliedes des UVS keinen Grund, diese Bestimmung nicht anzuwenden.

 

Der EGMR hat zur (vergleichbaren) britischen Rechtslage betreffend die Lenkerauskunft in den Fällen O'Halloran und Francis (Beschwerdenummer 15809/02 und 25624/02) in einem Urteil der Großen Kammer vom 29. Juni 2007 mit 15 zu 2 Stimmen im Ergebnis festgehalten, dass die Verpflichtung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers keine Verletzung des Art.6 Abs.1 und 6 Abs.2 EMRK darstellt. Dies hat der zusammengefasst damit begründet, dass das Recht zu schweigen kein absolutes Recht darstellt sondern es von den Umständen des konkreten Falles abhängt, ob das Verfahren "fair" im Sinne des Art.6 EMRK ist. Dabei berücksichtigte der EGMR den Umstand, das Art und Grad des Zwanges zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers nicht besonders schwer waren und den Beschwerdeführern als Zulassungsbesitzer die Verpflichtung zur Lenkerbekanntgabe von vornherein bekannt war. Er führte weiters aus, dass niemand verpflichtet ist, Zulassungsbesitzers eines Kraftfahrzeuges zu werden. Wer jedoch ein Kraftfahrzeug halte und mit diesem am Verkehr teilnehme, akzeptiere damit auch bestimmte Verantwortlichkeiten und Verpflichtungen, zu welchen es auch gehört, die Behörden im konkreten Fall über die Identität des Fahrers aufzuklären.

 

Weiters führte der EGMR aus, dass die Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers eine bloße Tatsache darstelle und das Lenken eines Fahrzeuges an sich nichts Strafbares ist. Auch die angedrohte sowie verhängte Strafe war moderat.

 

In den Fällen Lückhof und Spanner, Beschwerdenummern 58452 und 61920/00 bestätigte der EGMR im Wesentlichen diese Rechtsprechung und führte aus, dass auch die Verpflichtung des § 103 Abs.2 KFG 1967 nicht gegen Art. 6 Abs.1 der EMRK verstoße. Dabei nahm er auch zu dem in Österreich bestehenden System der Ersatzfreiheitsstrafe Stellung, kam jedoch zu keinem anderen Ergebnis.

 

Unter Berücksichtigung dieser Rechtssprechung des EGMR sowie der ständigen Rechtssprechung der österreichischen Höchstgerichte waren die auf § 103 Abs.2 KFG gestützten Lenkerauskünfte des Berufungswerbers nach Ansicht des zuständigen Mitgliedes durchaus verwertbar. Sie hindern nicht seine Bestrafung wegen der Geschwindigkeitsüberschreitungen.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die gesetzlich Höchststrafe für die gegenständlichen Übertretungen beträgt gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO jeweils 726 Euro.

 

Die beiden Vorfälle liegen bereits annährend zwei Jahre zurück, wobei die Erstinstanz zwischen Erhalt der Stellungnahme vom 30. April 2010 und Erlassung des Straferkenntnisses einen Zeitraum von 13 Monaten verstreichen lassen hat.

 

Diese lange Verfahrensdauer bildet daher entgegen der Ausführung der Erstinstanz einen erheblichen Strafmilderungsgrund. Im konkreten Fall führt dieser jedoch nicht zur Herabsetzung der Geldstrafen, weil über den Berufungswerber eine verkehrsrechtliche Vormerkung wegen einer Übertretung des § 14 Abs.8 FSG aus dem Jahr 2008 aufscheint. Diese ist gegen dasselbe Rechtsgut, nämlich die Sicherheit im Straßenverkehr, gerichtet und stellt daher einen wesentlichen Straferschwerungsgrund dar. Die Erstinstanz hat diesen Straferschwerungsgrund nicht berücksichtigt, er kann natürlich nicht zu einer Erhöhung der Geldstrafe durch den UVS führen, führt jedoch dazu, dass trotz des Milderungsgrundes der langen Verfahrensdauer die von der Erstinstanz verhängten Strafen nicht herabgesetzt werden konnten.

 

Der Berufungswerber hat in beiden Fällen die erlaubte Höchstgeschwindigkeit um fast 40 Prozent überschritten, sodass der Unrechtsgehalt der Übertretungen jedenfalls als hoch anzusehen ist. Auch deshalb kommt eine Herabsetzung der Strafen nicht in Betracht. Es bedarf offenbar spürbarer Geldstrafen, um den Berufungswerber in Zukunft von der Begehung weiterer ähnlicher verkehrsrechtlicher Übertretungen abzuhalten. Auch generalpräventiven Überlegungen sprechen gegen eine Herabsetzung der Geldstrafen.

 

Die Geldstrafen entsprechen auch den finanziellen Verhältnissen des Berufungswerbers, welcher nach der unwidersprochenen Einschätzung der Erstinstanz über ein monatliches Nettoeinkommen von 1300 Euro bei keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten verfügt.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Gottfried Zöbl

 

VwSen-166127/5/Zo/Gr vom 7. September 2011, Erkenntnis

VwSen-166128/5/Zo/Gr vom 7. September 2011, Erkenntnis

 

EMRK Art6;

KFG 1967 §103 Abs2

 

Die Bestimmungen des Art 6 EMRK sowie des § 103 Abs2 KFG 1967 stehen beide im Verfassungsrang, also im Stufenbau der Rechtsordnung auf der gleichen Stufe. § 103 Abs2 KFG 1967 bezieht sich konkret nur auf Zulassungsbesitzer von Kraftfahrzeugen und ist daher die speziellere Norm, weshalb sie anzuwenden ist.

Nach der Rsp des EGMR in den Fällen O´Halloran und Francis (appl 15809/02 und 25624/02) verstößt die (britische) Verpflichtung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers nicht gegen Art 6 Abs1 und Abs2 EMRK. Dies zusammengefasst deshalb, weil Art und Grad des Zwanges zur Erlangung der Lenkerauskunft nicht besonders schwer waren und dem Zulassungsbesitzer diese Verpflichtung von vornherein bekannt war. Wer sich (freiwillig) dazu entschließt, ein Kraftfahrzeug zu halten und mit diesem am Verkehr teilzunehmen, akzeptiert damit auch bestimmte, ihm vom Gesetz auferlegte Verantwortlichkeiten und Verpflichtungen (konkret die Verpflichtung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers). Das Lenken eines Kraftfahrzeuges ist an sich nicht strafbar und bei der Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers handelt es sich um eine bloße Tatsache.

In den Fällen Lückhof und Spanner (appl 58452 und 61920/00) bestätigte der EGMR im Wesentlichen diese Rsp auch zur Bestimmung des § 103 Abs2 KFG 1967. Dabei nahm er auch zu dem in Österreich bestehenden System der Ersatzfreiheitsstrafe Stellung, welche bei einem Verstoß gegen § 103 Abs2 KFG 1967 droht, kam jedoch zu keinem anderen Ergebnis.

Die Verpflichtung zur Lenkerbekanntgabe verstößt daher nicht gegen Art 6 EMRK, das Nicht-Erteilen der Auskunft ist strafbar und die erteilte Auskunft darf im Verwaltungsstrafverfahren auch als Beweismittel verwertet werden, selbst wenn der Zulassungsbesitzer zum Zeitpunkt der Anfrage bereits Beschuldigter war (dh das Verwaltungsstrafverfahren wegen des Grunddeliktes gegen ihn bereits eingeleitet war).

 

 

 

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