Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-301079/2/Gf/Mu

Linz, 13.09.2011

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung des x gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 11. August 2011, Zl. Pol96-915-2010/Gr, wegen einer Übertretung des Oö. Jugendschutzgesetzes zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.      

II. Der Berufungsverfahren hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 11. August 2011, Zl. Pol96-915-2010/Gr, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 21 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 15 Euro) verhängt, weil er am 11. Dezember 2010 in X einem 15-jährigen Jugendlichen die Begehung einer Verwaltungsübertretung dadurch erleichtert habe, dass er an diesen Alkohol ausgeschenkt habe. Dadurch habe er das Delikt des § 4 Abs. 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 des Oö. Jugendschutzgesetzes, LGBl.Nr. 93/2001, in der hier maßgeblichen Fassung LGBl.Nr. 90/2005 (im Folgenden: OöJSchG), begangen, weshalb er nach § 12 Abs. 1 Z. 1 OöJSchG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass das dem Rechtsmittelwerber angelastete Verhalten auf Grund entsprechender behördlicher Ermittlungen als erwiesen anzusehen sei, während seine dahingehende Verantwortung, sich nicht daran erinnern zu können, Alkohol an diesen Jugendlichen ausgeschenkt zu haben, als eine bloße Schutzbehauptung gewertet werden müsse.

Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; die von ihm bekannt gegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (monatliches Nettoeinkommen: 1.040 Euro; kein Vermögen; keine Sorgepflichten) seien entsprechend berücksichtigt worden.

1.2. Gegen dieses ihm am 17. August 2011 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 29. August 2011 – und damit rechtzeitig – per e-mail eingebrachte Berufung.

Darin führt der Rechtsmittelwerber zusammengefasst aus, dass das Verfahren in keiner Weise ergeben habe, dass es tatsächlich er gewesen sei, der den Alkohol an den in der Folge einem Alkotest unterzogenen Jugendlichen ausgeschenkt habe. Da dieser nicht einmal in der Nähe seines Verkaufsstandes am Weihnachtsmarkt angetroffen worden sei, könne er sohin den Alkohol durchaus auch bei einem anderen Anbieter gekauft und konsumiert haben. Außerdem sei die Beschreibung seiner Person schon insofern nicht zutreffend gewesen, als er zum Tatzeitpunkt keine bis zu den Ohren reichenden Haare, sondern vielmehr einen Kurzhaarschnitt getragen habe. Schließlich habe sich auch sein Verkaufsstand weit entfernt von jenem Ort, den der Jugendliche bezeichnet habe, befunden.

Aus diesen Gründen wird daher die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Linz-Land zu Zl. Pol96-915-2010/Gr; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen dementsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis den Betrag von 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen nicht verhängt wurden – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 4 Abs. 2 OöJSchG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 7.000 Euro – und im Fall der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen – zu bestrafen, der als Erwachsener einem Jugendlichen eine Übertretung der Jugendschutzbestimmungen ermöglicht oder erleichtert.

 

Nach § 8 Abs. 1 erster Satz OöJSchG ist Jugendlichen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr u.a. der Erwerb und der Konsum von alkoholischen Getränken verboten.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall steht allseits unbestritten fest, dass der betretene Jugendliche zum Tatzeitpunkt das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet, jedoch ein oder mehrere alkoholische(s) Getränk(e) konsumiert und somit gegen § 8 Abs. 1 OöJSchG verstoßen hatte.

 

3.3. Hinsichtlich der Frage, ob es der Beschwerdeführer war, der diesem Jugendlichen die Begehung dieser Verwaltungsübertretung dadurch ermöglicht hat, dass er damals als Betreiber eines Punschstandes an diesen Alkohol ausgeschenkt hat, ergibt sich aus der Anzeige der PI Neuhofen vom 13. Dezember 2010, Zl. A1/29085/01/2010, dass der einschreitende Polizeibeamte nach Durchführung eines Alkoholtestes eine Gegenüberstellung vorgenommen und der Jugendliche in deren Zuge den Rechtsmittelwerber als den Verkäufer des von ihm konsumierten alkoholischen Getränkes "zweifelsfrei wieder erkannt" hat (vgl. auch die Zeugenaussage dieses Beamten vor der belangten Behörde vom 11. Februar 2011, Zl. Pol96-915-2010, S. 2); darüber hinaus hat der Beschwerdeführer damals zu seiner Rechtfertigung angegeben, dass "er geglaubt habe, dass der Bursch schon älter sei". Diese in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zur Tat erfolgten und daher grundsätzlich einen höheren Grad an Glaubwürdigkeit als eine erst zu einem späteren Zeitpunkt sowie nach allfälliger zwischenzeitlicher Rechtsberatung erfolgte Beweiserhebung aufweisenden Feststellungen erscheinen zudem auch objektiv besehen durchaus lebensnah.

 

Davon ausgehend trifft zwar der vom Beschwerdeführer erhobene Einwand, dass sich in der Folge keine ihn belastenden Beweismittel ergeben haben, zu; allerdings haben sich auch keine Anhaltspunkte dafür ergeben, die begründete Zweifel an der im Zuge der vorerwähnten Gegenüberstellung erfolgten Identifikation seiner Person hätte hervorrufen können. Denn zum einen laufen die Aussagen aller einvernommen Zeugen letztlich darauf hinaus, dass sie diesbezüglich keine brauchbaren Wahrnehmungen gemacht haben bzw. sich daran nicht mehr erinnern konnten; und zum anderen liegt auch der vom Rechtsmittelwerber behauptete Widerspruch bezüglich seiner Haarlänge tatsächlich nicht vor, weil der Jugendliche ohnehin zeugenschaftlich angegeben hat, dass "die dunklen Haare ..... bis zu den Ohren, vielleicht auch etwas länger" reichten (vgl. die Niederschrift des Magistrates der Stadt Linz vom 21. Februar 2011, Zl. 6405/2011-BzVA, S. 2), was mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, damals einen "Kurzhaarschnitt" getragen zu haben, ja nicht gänzlich unvereinbar ist. Gleiches gilt für den Einwand bezüglich des Standortes: Denn der Jugendliche hat entgegen der Behauptung des Rechtsmittelwerbers nicht ausgesagt, dass sich dieser auf dem "zweiten Parkplatz", sondern vielmehr "auf dem zweiten Platz, wenn man von der Kirche Richtung Brunnen geht (der Brunnen befindet sich auf dem ersten Platz)" befunden hat, wobei sich diese Angabe mit der vom Berufungswerber selbst beigelegten Skizze deckt.   

 

Angesichts dieser Beweislage ist die belangte Behörde daher zutreffend davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer die ihm angelastete Tat verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten hat.

 

3.4. Der vorliegenden Berufung kommt im Ergebnis aber dennoch aus folgendem Grund eine Berechtigung zu:

 

Während § 8 Abs. 1 OöJSchG eine unmittelbare Täterschaft des Jugendlichen selbst normiert, stellt dem gegenüber das Delikt des § 12 Abs. 1 Z. 1 i.V.m § 4 Abs. 2 OöJSchG – wie sich schon aus dem Wortlaut der zuletzt angeführten Bestimmung zweifelsfrei ergibt – eine Sonderform der Beitragstäterschaft, nämlich die (Ermöglichung bzw. die) Erleichterung der Begehung einer Übertretung des OöJSchG seitens eines Jugendlichen durch Erwachsene unter Strafe.

 

In den Gesetzesmaterialien (vgl. Blg 1142/2001 StenProtLT, 25. GP) findet sich hierzu der Hinweis,  dass grundsätzlich "die Beihilfe bzw. die Anstiftung zur Übertretung des Jugendschutzgesetzes schon nach § 7 VStG strafbar" ist, "allerdings wäre dabei Vorsatz erforderlich. Durch diese Bestimmung soll das Verbot aber verstärkt werden."

 

Bedenkt man in diesem Zusammenhang einerseits, dass eine Abweichung von der Anordnung des § 7 VStG nach Art. 11 Abs. 2 B-VG und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur dann und insoweit getroffen werden dürfen, wenn sie zur Regelung des Gegenstandes unbedingt (vgl. die Nachweise bei H. Mayer, Das österreichische Bundes-Verfassungsrecht, 4. Aufl. [2007], 72) erforderlich sind, und andererseits, dass ein gesetzgeberischer Wille zur Normierung einer dementsprechenden Sonderregelung im Normtext selbst in keiner Weise zum Ausdruck kommt, so folgt daraus insgesamt, dass § 7 VStG auch im Zuge der Anlastung einer Übertretung des § 4 Abs. 2 OöJSchG in vollem Umfang maßgeblich, also nicht auch bloß fahrlässiges, sondern nur vorsätzliches Verhalten strafbar ist. Dies bedeutet, dass im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses der Umstand, dass die Tat vorsätzlich begangen wurde, sowohl explizit zum Ausdruck gebracht werden als auch dieser Aspekt sachverhaltsbezogen entsprechend konkretisiert werden muss (vgl. die Nachweise bei W. Hauer – O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Aufl. [2003], 1273).

 

Eine solche Konkretisierung fehlt jedoch im gegenständlichen Fall und konnte auch seitens des Oö. Verwaltungssenates schon angesichts der zwischenzeitlich bereits eingetretenen Verfolgungsverjährung nicht substituiert werden.

 

3.5. Der vorliegenden Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

 

VwSen-301079/2/Gf/Mu vom 13. September 2011

Erkenntnis

 

Oö. JSchG §4 Abs2, §8 Abs1;

Oö. JSchG §8 Abs1;

VStG §7

 

Während § 8 Abs1 Oö JSchG eine unmittelbare Täterschaft des Jugendlichen selbst normiert, stellt dem gegenüber das Delikt des § 12 Abs1 Z1 iVm § 4 Abs2 Oö JSchG – wie sich schon aus dem Wortlaut der zuletzt angeführten Bestimmung zweifelsfrei ergibt – eine Sonderform der Beitragstäterschaft, nämlich die (Ermöglichung bzw die) Erleichterung der Begehung einer Übertretung des Oö JSchG seitens eines Jugendlichen durch Erwachsene unter Strafe. In den Gesetzesmaterialien (vgl Blg 1142/2001 StenProtLT 25. GP) findet sich hierzu der Hinweis,  dass grundsätzlich "die Beihilfe bzw. die Anstiftung zur Übertretung des Jugendschutzgesetzes schon nach § 7 VStG strafbar" ist, "allerdings wäre dabei Vorsatz erforderlich. Durch diese Bestimmung soll das Verbot aber verstärkt werden."

Bedenkt man in diesem Zusammenhang einerseits, dass eine Abweichung von der Anordnung des § 7 VStG nach Art 11 Abs2 B-VG und der hierzu ergangenen RsP des VfGH nur dann und insoweit getroffen werden dürfen, wenn sie zur Regelung des Gegenstandes unbedingt (vgl die Nachweise bei Mayer, Das österreichische Bundes-Verfassungsrecht (200)7] 72) erforderlich sind, und andererseits, dass ein gesetzgeberischer Wille zur Normierung einer dementsprechenden Sonderregelung im Normtext selbst in keiner Weise zum Ausdruck kommt, so folgt daraus insgesamt, dass § 7 VStG auch im Zuge der Anlastung einer Übertretung des § 4 Abs2 Oö JSchG in vollem Umfang maßgeblich, also nicht auch bloß fahrlässiges, sondern nur vorsätzliches Verhalten strafbar ist. Dies bedeutet, dass im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses der Umstand, dass die Tat vorsätzlich begangen wurde, sowohl explizit zum Ausdruck gebracht werden als auch dieser Aspekt sachverhaltsbezogen entsprechend konkretisiert werden muss (vgl die Nachweise bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens (2003) 1273).

 

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